- Schulden und Zinsen - Henne und Ei - Frank, 18.06.2003, 20:49
- Re: Schulden und Zinsen - Henne und Ei - - Elli -, 18.06.2003, 21:03
- Re: Zuerst Inflation - jetzt Deflation- dann wieder Inflation - Goldfinger, 18.06.2003, 22:16
- Re: Beides hat absolut nichts miteinander zu tun - wie Henne und Zigarre - dottore, 19.06.2003, 12:20
Re: Beides hat absolut nichts miteinander zu tun - wie Henne und Zigarre
-->Hi Frank,
>Frage: Schulden bedeuten Zinsen, aber bedeuten nicht auch Zinsen Schulden? Wer war zuerst da, die Schulden oder die Zinsen? Nach- und mitdenken!
Alles beginnt mit einer erwarteten Leistung, die A gegenüber B zu erbringen hat.
Diese Leistung hat einen Termin (Fälligkeit), sonst ist sie keine.
B kann warten, bis A die Leistung erbringt. Keinerlei Zins, da ja die Leistung vorher vertraglich vereinbart bzw. gesetzlich festgesetzt wurde. Dennoch eine Leistungsschuld (egal in was die Leistung"ausgedrückt" bzw. vereinbart wurde).
B kann versuchen, früher an die Leistung des A zu kommen. A wird nicht früher leisten. Warum auch, es war ja so vereinbart.
Also muss B über die Leistung des A einen Titel vorweisen, in dem Art, Umfang und Fälligkeit der Leistung festgehalten ist. Und möglchst auch festgehalten ist, was B unternehmen kann, falls A zum Termin nicht leistet (Pfand usw.).
Diesen Titel kann B nun anderen (C,D,E usw.) anbieten. Die anderen werden B natürlich nicht schon früher das zukommen lassen, was er selbst (und sie natürlich auch) erst später aufgrund des Titels zu erwarten hätte(n).
Also entsteht ein Abgeld auf die Leistung (Disagio = es wird früher weniger für die Leistung geboten, die erst später eintrifft).
Nimmt ein C den Titel, wird er dem B weniger dafür geben, da er selbst aus dem Titel, der jetzt an ihn abgetreten wurde (Gläubiger-Zession) auch erst zum zwischen A und B vereinbarten Termin die Leistung des A bekommt bzw. im Nichtleistungsfalle das Pfand (falls vereinbart).
Hat C jetzt den Titel, der bei Fälligkeit über 100 % lautet, schon früher übernommen als zur Fälligkeit, hat er für die 100 % z.B. nur 80 % gegeben. Natürlichste Sache der Welt.
Nun hat C also einen Titel über 100 % (wenn auch später fällig) und hat dafür (sofort fällig) 80 % hingegeben.
Die 80 % laufen bis zum Leistungstermin des B auf 100 %. C"vermehrt" also seine 80 um ein Fünftel, also 20 bis zur Fälligkeit. Dies ist der sogenannte"Zins".
Einen Zins"als solchen" gibt es nicht. Er kann nur entstehen, wenn jemand, der aufgrund einer Schuld, die er einfordern kann an das, was die Schuld beinhaltet, früher kommen möchte als zu dem Termin, an dem die Schuld fällig wird.
Werden alle Vereinbarungen über Leistungen, die jemand in der Zukunft erwartet, von dem, der sie zu erwarten hat (egal, aus welchem Grund er sie erwartet), genau zu dem genau zu dem Termin erfüllt, an dem die Leistungen fällig werden, kann es niemals zu einem"Zins" kommen.
Schulden (in Zukunft fällige Leistungen durch den Schuldner) haben (siehe auch JüKüs Hinweis auf"Verbindlichkeiten") a priori absolut nichts mit einem"Zins" zu tun.
Niemand kann einen anderen zum Nicht-Warten zwingen.
Das Machtgebilde Staat ausgenommen, weshalb der erste"Zins" die Abgabe ("census", Wortstamm!) ist und der Staat als erster in der Lage war, auf künftige an ihn zu leistende Abgeben"zu ziehen", also die Leistung, der er erst später erhalten würde, in die Gegenwart zu holen. Siehe Staatsverschuldung.
Ich hoffe, das es jetzt klarer ist.
Und noch ein Hinweis: Wenn sich jemand"Geld" leiht, zahlt er auch keinen"Zins", sondern er holt"Geld", das er später zu erwarten hat (z.B. Gehalt) dadurch in die Gegenwart, dass er seine Gehaltsansprüche oder sonstigen erwarteten Zahlungen de facto zur Diskontierung (Disagio) anbietet. Dieses Disagio bezahlt er dann nur pro forma selbst - aus den später an ihn fließenden Geldern. Tatsächlich zahlt derjenige, der dem Jemand zum vorher vereinbarten Zeitpunkt das Geld zukommen lässt.
Konkret: Den"Zins" des Gehaltsempfängers zahlt nicht dieser, sondern dessen Firma. Der Gehaltsempfänger hat nur keinen Anspruch auf den"Zins", da er seine Forderung gegen die Firma (oder was auch immer) abgetreten hat.
Beweis: Hätte der Gehaltsempfänger keinerlei Zahlungen in der Zukunft zu erwarten, würde er auch niemals"Geld sofort" bekommen (von keiner Bank der Welt), da er keinen Anspruch auf"Geld später" hat bzw. nachweisen kann (darüber klärt jede Bank gern auf).
Niemand jedoch ist zu einem solchen Vorgehen bzw. Verhalten (nämlich späteres Geld in früheres zu verwandeln) gezwungen bzw. kann dazu gezwungen werden, also z.B. sich ein Haus zu bauen oder ein Auto zu kaufen, obwohl er das"Geld" dafür nicht als sofort fällig (bar) in Händen hat.
Die Argumente, dann müsse der Arme weiter zur Miete wohnen oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren usw., mögen zwar aus"sozialen" oder"Gerechtigkeits"-Gründen eine Rolle spielen.
Mit der Ã-konomie von Leistung, Schuld, Zahlung, Termin und Zins haben sie aber absolut nichts zu tun.
Gruß!

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