- Typisch Schramm: Alles halb so schlimm - und vor allem der letzte Satz! - kizkalesi, 23.06.2003, 08:19
Typisch Schramm: Alles halb so schlimm - und vor allem der letzte Satz!
--><font size="5">Übertriebene Pensions-Panik </font>
Kolummne von Michael Schramm
(Generalbevollmächtigter der Berenberg Berg)
In den vergangenen Monaten waren dramatisch klingende Meldungen über tickende Zeitbomben in den Unternehmensbilanzen und milliardenschwere Nachschussverpflichtungen zu vernehmen. Gemeint waren Lücken in den betrieblichen Pensionssystemen. Dabei wurde oft vereinfacht und verengt berichtet. Eine strukturiertere Betrachtung kommt zu eher beruhigenden Ergebnissen.
Erstens: In Deutschland spielen die betrieblichen Renten im Rahmen der Altersversorgung nur eine ergänzende Rolle. Der Gesetzgeber beaufsichtigt zudem die Einhaltung einer Obergrenze für Aktieninvestments von 30 Prozent in den für die Vorsorge bestimmten Sondervermögen. Der Bärenmarkt hat so zwar auch hier zu Lande zu schmerzlichen Einbußen geführt. Das Ausmaß bleibt allerdings im Vergleich zu angelsächsischen oder niederländischen Pensionskassen erträglich.
Zweitens: Es sollte unterschieden werden zwischen dem cash-wirksamen Teil der Verpflichtungen - also den monatlichen Auszahlungen an die"Betriebsrentner" - und den buchmäßigen. Bei Letzteren spielt eine Rolle, welcher Art die Zusage an die Mitarbeiter ist. Handelt es sich um feste Betrags-Zusagen für das Rentenalter ("defined benefits") oder um monatlich fixierte Einzahlungen bis zum Beginn des Rentenalters in ein Sondervermögen ("defined contributions")? Im Fall der"defined benefits" sind die zukünftigen Pensionsleistungen in der Regel deutlich höher einzuschätzen.
Was die Börse jetzt bewegt, sind die Deckungslücken, die sich aus Wertverlusten der Fondsaktiva und/oder unrealistischen Zinsannahmen ergeben haben. Die internationalen Rechnungslegungswerke wie IAS oder US-GAAP behandeln Unterdeckungen wie Pensionszusagen als von Rentnern in spe gewährte Kredite oder Fremdkapital. Das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdmitteln und die Fähigkeit der Unternehmen zur Bedienung dieser"Kredite" aus dem freien Cash Flow ist auch zum Thema der Rating-Agenturen geworden. Im angelsächsischen Bereich gibt es Fälle, in denen die Verpflichtungen die Börsenkapitalisierung um das Vier- bis Sechsfache übersteigen. Sollten sich die Zinsen und Aktienkurse nicht schnell wieder nach oben bewegen, werden bei US-Firmen Teile des Bilanzgewinns zur Rentenzahlung verwandt werden müssen.
Für die Dax-Unternehmen wurde dieses Thema genauso dramatisiert. Die Kombination aus hohen Unterdeckungen und Ertragsproblemen stellte sich als Belastungsfaktor für Thyssen-Krupp, Linde oder MAN heraus. Bei Daimler sieht die Börse Chryslers"defined benefits" skeptisch. Siemens, ebenfalls mit potenziellen Milliardenlöchern gespickt, wurde allerdings nicht abgestraft. Hier traut man dem Unternehmen dank seines sehr starken Cash Flows die Bewältigung der Probleme zu.
Generell lässt sich für deutsche Standardtitel sagen, dass stets sehr konservativ bilanziert wurde und keine oder nur geringe Lasten bestehen. Allein die stillen Reserven, die in den großen Immobilienbesitztümern schlummern, werden ausreichen, auch bei den zyklischen Firmen die Probleme zu lösen. Zudem werden Pensionen nicht alle an einem Tag fällig.
Die Zinsen und Ertragschancen werden weiter stark schwanken; Hochrechnungen mit Zahlen aus dem schlechtesten Börsen- und Zinsjahr sind also wenig hilfreich. Wer auf diese Weise Dax-Werte arm rechnet, hat vor, nie wieder Aktien zu kaufen. Und Pessimisten sind ungeeignete Aktionäre.
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