- @Tempranillo - chiron, 22.06.2003, 10:12
- Re: Warum soll ich mir Probleme aufhalsen? - Tempranillo, 22.06.2003, 11:30
- Re: Warum soll ich mir Probleme aufhalsen? - chiron, 22.06.2003, 12:25
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tempranillo, 22.06.2003, 13:47
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tassie Devil, 22.06.2003, 23:17
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Miesespeter, 22.06.2003, 23:33
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tassie Devil, 23.06.2003, 01:21
- Re: @ Tassie Devil: Bitte mehr Fleisch - Tempranillo, 23.06.2003, 09:07
- Re: @ Tempranillo - Some beef ;-) - Tassie Devil, 24.06.2003, 05:42
- Re: @ Tassie Devil: Bitte mehr Fleisch - Tempranillo, 23.06.2003, 09:07
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tassie Devil, 23.06.2003, 01:21
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Miesespeter, 22.06.2003, 23:33
- Re: Und noch etwas:... - Tassie Devil, 23.06.2003, 01:17
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tassie Devil, 22.06.2003, 23:17
- Re: Endstation Multi-Kulti: Das Gesetz des Dschungels. - Tempranillo, 22.06.2003, 13:47
- Geht es Dir um Rechtsempfinden oder Kultur... - Pudelbirne, 23.06.2003, 03:11
- Re: Geht es Dir um Rechtsempfinden oder Kultur... - PuppetMaster, 23.06.2003, 09:11
- Schmackhaftes und Abgeschmacktes im Deutschen kulturellen Einheitsbrei... - Pudelbirne, 23.06.2003, 09:31
- Re: Geht es Dir um Rechtsempfinden oder Kultur? Vor allem um Eigenständigkeit - Tempranillo, 23.06.2003, 10:20
- Du unterstellst mir, Dir zu unterstellen.... - Pudelbirne, 23.06.2003, 10:51
- Re: Das Schönste ist die Einzigartigkeit - Tempranillo, 23.06.2003, 11:59
- Re: Noch ein Kämpfer gegen amerikanischen Einheitsbrei, Dominique de Villepin - Tempranillo, 23.06.2003, 14:32
- Re: @ Pudelbirne: Und noch ein Kämpfer gegen Einheitsbrei, Daniel Barenboim - Tempranillo, 23.06.2003, 15:32
- Und noch ein Kämpfer gegen Einheitsbrei, Daniel Barenboim - richtig! - CRASH_GURU, 23.06.2003, 16:14
- Re: @ Pudelbirne: Und noch ein Kämpfer gegen Einheitsbrei, Daniel Barenboim - Tempranillo, 23.06.2003, 15:32
- Du unterstellst mir, Dir zu unterstellen.... - Pudelbirne, 23.06.2003, 10:51
- Re: Geht es Dir um Rechtsempfinden oder Kultur... - PuppetMaster, 23.06.2003, 09:11
- Re: Warum soll ich mir Probleme aufhalsen? - chiron, 22.06.2003, 12:25
- Re: Warum soll ich mir Probleme aufhalsen? - Tempranillo, 22.06.2003, 11:30
Re: Noch ein Kämpfer gegen amerikanischen Einheitsbrei, Dominique de Villepin
-->Hallo Pudelbirne,
welche Genugtuung, mich durch den französichen Außenminister Dominique de Villelepin in meiner Abneigung gegen den amerikanischen Globalisierungsbrei bestätigt zu sehen. Heute Vormittag habe ich doch geschrieben, daß ich mir meine seltsamen Ansichten, wie früher manch anderer eine galante Krankheit, größtenteils in Frankreich und Italien zugezogen habe.
Ein paar Stunden später entdecke ich auf SPIEGEL-Online einen Beitrag, in dem das eine oder andere, wofür ich mit aller Leidenschaft plädiere, vom französischen Außenminister, D. de Villepin, stammt. Am Ende des Beitrags fällt ein Begriff, den ich, exakt im Zusammanhang MuKi ebenfalls verwendet habe, Kulturkampf, der fälschlicherweise OvB zugeschrieben wird, in Wahrheit stammt er von Rudolf Virchow (Berliner Charite), aus einer Rede, in der er OvB geantwortet hat. So falsch ist es also nicht"Kulturkampf" mit OvB und seiner Zeit in Verbindung zu bringen.
SPIEGEL-Online:
FRANKREICH
Schwarze Magie der Worte
Außenminister de Villepin hat sein Innerstes offenbart - nicht Staatsmänner imponieren ihm, sondern unglückliche Dichter.
Politiker de Villepin: Liebe zur Poesie
Am Anfang steht Verblüffung. Wie konnte er nur? Als würde er sich selbst ein wenig genieren, hat Dominique de Villepin, im Hauptberuf französischer Außenminister und erprobter Widerstandskämpfer gegen die Übermacht Amerika, sein jüngstes Werk klammheimlich, fast verschämt vollbracht. Dass ein Minister ein Buch veröffentlicht, gilt im Land der schreibwütigen Politiker noch nicht als Heldentat. Gerade das Pariser Außenministerium hat viele Literaten hervorgebracht, von Stendhal und Chateaubriand bis zu Paul Claudel und Jean Giraudoux.
Doch dieser 800-seitige Wälzer, gespickt mit Fußnoten und Zitaten, der ohne jede Werbung im Großverlag Gallimard erschien, sprengt den Rahmen*. De Villepin hat sich selbst entblößt - aber nicht als eitler Staatsschauspieler, sondern mit einer Liebeserklärung an die Poesie, einer tief empfundenen Huldigung an alle Dichter der Welt, die ihn als unverbesserlichen Romantiker auf der ewigen Suche nach dem Absoluten ausweist.
Falls irgendjemand in Washington sich der Tortur unterzöge, diese Betrachtungen über Hoffnung und Verzweiflung, Weltschmerz und Sinnsuche, Leidenschaft und Aufbegehren zu studieren, sähe er sich in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Achtung, wir haben es mit einem gefährlichen Mystiker zu tun.
Schon der Titel enthält das gesamte Programm."Lob der Feuerdiebe" nennt de Villepin seine Hommage, eine Anspielung auf den rebellischen Jungpoeten Arthur Rimbaud, für den die Aufgabe des Dichters darin bestand, wie Prometheus den Göttern das Feuer zu stehlen, um es den Menschen zu schenken.
Seit frühester Kindheit liebt Frankreichs temperamentvoller Außenminister die Dichtung mit leidenschaftlicher Hingabe. Seine Mutter, erzählt er, schob ihm jeden Tag kleine Zettel mit Versen in die Tasche, so wie andere Eltern ihre Sprösslinge mit Süßigkeiten voll stopfen.
Zugleich wirkte die raunende Sprache der Lyriker auf den kleinen Dominique wie Glockenklang aus der fernen Heimat. Denn der Sohn aus einer großbürgerlichen Industriellenfamilie, der in Marokko geboren wurde und in Caracas und New York aufwuchs, fühlte sich in der Fremde wie im Exil. In seiner Sehnsucht erschien Frankreich ihm als Paradies - der Brennpunkt von Schönheit, Reinheit und Idealismus.
Der zweite Antrieb, sich der Welt der Poesie zuzuwenden, entstand aus einem seelischen Schock - dem frühen Tod des älteren Bruders Eric. Die Dichterworte, schillernd"wie farbige Luftballons", halfen Dominique de Villepin, den Schmerz zu überwinden:"Ja, die Poesie, um weiterzuleben. Über Monate hinweg zerriss sie die Lähmung."
Seine Lyriklektüre wuchs sich zu immensem Kenntnisreichtum aus. Scheinbar mühelos spielt de Villepin, der auch selbst schon - im Handel allerdings wohlweislich unauffindbare - Gedichte geschrieben hat, mit Zitaten von Hunderten Dichtern aus allen Jahrhunderten, den berühmtesten und unbekanntesten. Doch es fällt auf, dass er eine Vorliebe für die"poètes maudits" hat, die Verdammten und Unglücklichen wie den mittelalterlichen Mörder François Villon, den unberechenbaren Rimbaud, den suizidären Gérard de Nerval und den geistesgestörten Antonin Artaud. Sie alle sind für de Villepin keine Verwirrten, sondern Propheten.
Und die Politik darin? Manchmal kann das heilige Feuer der Poesie höchst weltlichen Zwecken nützen. So versetzte Präsident Jacques Chirac das Fernsehpublikum in Erstaunen, als er lästige Affärenvorwürfe gegen ihn mit dem bizarren Wort"abracadabrantesque" zurückwies. Souffliert hatte es ihm de Villepin, damals Generalsekretär im Elysée-Palast. Es stammt aus Rimbauds Gedicht"Das gestohlene Herz".
Doch der wahrhaft politische Kern der Dichtkunst ist für de Villepin der Akt der Rebellion, der Aufstand gegen die Schnödigkeit der Welt und den Tanz ums Goldene Kalb. Deshalb trotzte er im Sicherheitsrat der Uno den amerikanischen Hegemonisten mit einem fieberhaften Pathos, an dem Rimbaud Gefallen gefunden hätte:"Feuer! Feuer auf mich! Hier!" Sah er sich tatsächlich in der Reihe"zerzauster Dichtergestalten, der entfesselten Menge ausgeliefert, der Verachtung unterworfen", aber"allen die Brust darbietend?"
Gewiss doch. Ganz am Ende seines Buches legt de Villepin sein politisch-poetisches Geständnis ab. Als es vor der Uno um Krieg und Frieden ging, in einer so ernsten Stunde, wie hätte er da nicht an jene Feuerdiebe denken können, die durch die Jahrhunderte hindurch die Herzen und die Phantasien in Flammen setzten -"um im Innersten des Menschen den sinnlosen Krieg zum Schweigen zu bringen und durch die Magie der Worte die Dämonen auszutreiben".
Sein amerikanischer Gegenspieler Colin Powell kann sich wohl schon heute auf die nächste Runde im Kulturkampf zwischen Geist und Macht gefasst machen.

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