- Pressestimmen zum Fall Berlusconi - Tempranillo, 03.07.2003, 18:26
- Re: Pressestimmen/Berlusconi - Eine gleichgeschaltete, manipulative Presse eben - Galiani, 03.07.2003, 21:58
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte - Tempranillo, 03.07.2003, 22:28
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte - Tassie Devil, 04.07.2003, 16:36
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte ** Oh starkes Italia - Herbi, dem Bremser, 04.07.2003, 17:02
- Re: Forza Italia oder so ;-) - Tassie Devil, 04.07.2003, 17:48
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte ** Oh starkes Italia - Herbi, dem Bremser, 04.07.2003, 17:02
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte - Tassie Devil, 04.07.2003, 16:36
- Re: Wie man auf eine Provokation nicht reagieren sollte - Tempranillo, 03.07.2003, 22:28
- Re: Pressestimmen/Berlusconi - Eine gleichgeschaltete, manipulative Presse eben - Galiani, 03.07.2003, 21:58
Pressestimmen zum Fall Berlusconi
-->Hallo,
nicht nur bei uns schlägt der Fall Berlusconi Wellen. Im internationalen Blätterwald rauscht es gewaltig. Eine Sammlung von Pressestimmen habe ich mal hereinkopiert.
Überrascht hat mich bei der Diskussion - dieser Seitenhieb muß jetzt einfach sein, Baldur und Königin -, wie viele feurige Plädoyers für einen Mann gehalten werden, der wegen seines Grabmals in Pyramidenform in Italien den Spitznamen"Der Pharao" erhalten hat, und der auch sonst nichts ausläßt, was direkt aus der Bilderberger-Küche zu kommen scheint (EU-Osterweiterung, Beitritt von Türkei und Israel etc.).
Hier eine Zusammenstellung der Pressestimmen aus dem"Standard":
Ist der Mann noch bei Trost?
Attacken auf Berlusconis Psyche -"Algemeen Dagblad": Rats-Präsident verwechselt sein Amt mit persönlichen Interessen
Genf/Den Haag/Basel/London/Rom/Mailand - Das internationale Medienecho auf den ersten Auftritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als EU-Ratsvorsitzender vor dem Europäischen Parlament war am Donnerstag dem Skandal entsprechend, den Berlusconi mit seinen Ausfällen gegen den deutschen EU-Parlamentarierer Martin Schulz ausgelöst hatte.
"Ist der Mann eigentlich noch bei Trost?" fragt etwa der in Zürich erscheinende"Tages-Anzeiger"."Ausgerechnet dieser Mann steht nun für ein halbes Jahr an der Spitze der EU. Im Grunde sollte Europa ein halbes Jahr Ferien nehmen, abtauchen, die Fahnen einziehen, bis das Mandat dieser Figur abgelaufen ist. Das geht natürlich nicht. Das Mindeste aber wäre, dass die anderen Staats- und Regierungschefs ihrem Kollegen unmissverständlich sagen: So nicht, Silvio! Als vor drei Jahren der kleine Jörg Haider seine rechtsnationale FPÃ- in die Regierung des kleinen Ã-sterreich hievte, bliesen sich ein paar Spitzenpolitiker - allen voran Frankreichs Präsident Jacques Chirac - ganz groß auf und sorgten außerdem dafür, dass im neuen EU-Vertrag so etwas wie"Interventions"-Paragrafen verankert wurden. Der"Fall Italien" ist viel ernsthafterer Natur, weil an der Spitze dieses Landes nicht nur ein Provokateur steht, sondern ein Mann, der einen großen Teil der nationalen Medien kontrolliert, was demokratiepolitisch äußerst fragwürdig ist."
Basler Zeitung
Die"Basler Zeitung" geht noch einen Schritt weiter:"Berlusconis Ausfälle vor dem Europäischen Parlament waren in der Sache zwar außerordentlich geschmacklos, ihre eigentliche Bedeutung liegt aber in der erschreckenden Erkenntnis, dass der nun höchste Repräsentant der EU schnell die Kontrolle über sich verliert und partiell von Sinnen ist. Wer so in einer wenn auch scharf geführten parlamentarischen Debatte ausklinkt, der ist ein Risiko für die gesamte Union."
"Algemeen Dagblad"
Das niederländische unabhängige"Algemeen Dagblad" schreibt:"Schon am zweiten Tag des italienischen Vorsitzes in der Europäischen Union ist es Ministerpräsident Berlusconi gelungen, sich unmöglich zu machen. Die Darlegung der Pläne seiner Regierung für das kommende Halbjahr mündete in eine ordinäre, eines Ministerpräsidenten unwürdige Vorstellung. (...) Auch jetzt hat er wieder gezeigt, dass er sein Amt auf unverschämte Weise mit persönlichen Interessen verwechselt, als ob er nicht nur Italien vertritt, sondern selbst Italien ist. Europa muss nicht mithelfen, dass dieses Missverständnis weiter besteht."
"Financial Times"
Die Londoner"Financial Times" kommentiert:"Die mangelnde Sensibilität von Berlusconi dürfte ihren Schatten auf seine sechsmonatige EU-Präsidentschaft werfen. Allerdings kann Berlusconi auch diesmal damit rechnen, dass die italienische Presse sanft mit ihm umgeht. Als Besitzer der größten italienischen Mediengruppe kann Berlusconi darauf vertrauen, dass an wichtigen Stellen ihm wohl gesonnene Journalisten sitzen. Es hätte auch für Berlusconi offensichtlich sein müssen, dass der Vergleich eines deutschen Politikers mit einem KZ-Aufseher alle Grenzen des Anstands überschreitet."
"La Repubblica"
Die nicht im Einflussbereich Berlusconis befindlichen italienischen Zeitungen schließen sich dem internationalen Tenor an - allerdings ohne ähnliche Beurteilungen seiner Psyche. So schreibt die römische Tageszeitung"La Repubblica":"Exakt drei Stunden und 25 Minuten, die Zeit zwischen dem Beginn der Sitzung des Parlaments in Straßburg und der Bemerkung Berlusconis, haben ausgereicht, um die Rolle zu zerstören, aufzulösen, zu einer Seifenblase zu reduzieren, die der italienische Ministerpräsident formell begonnen hat, in der Europäischen Union auszuüben. Es ist selten, dass ein politischer Führer eine derart wertvolle Gelegenheit so rasch vergeudet. Ein Rekord."
"Corriere della Sera"
Die Mailänder Tageszeitung"Corriere della Sera" meint zu den verbalen Entgleisungen Berlusconis:"Was befürchtet wurde, ist prompt eingetroffen. Beim Debüt seiner EU-Präsidentschaft ist es Silvio Berlusconi nicht gelungen, starke Nerven zu behalten und seine Zunge im Zaum zu halten, nach den vorhersehbarsten Attacken - die manchmal vielleicht über das Ziel hinaus schossen - einiger Mitglieder des Parlaments in Straßburg. Für Italien und seinen Ministerpräsidenten, der bis dahin eine recht ausgewogene Erklärung abgegeben hatte, hätte das europäische Semester nicht schlimmer beginnen können."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Die"Frankfurter Allgemeine Zeitung" lässt auch die Berlusconi-Gegner nicht ungeschoren: Gerade weil das neue Immunitätsgesetz zwangsläufig als"Lex Berlusconi" interpretiert wird, lag ein solcher Vor- und Ausfall in der Luft. Die Sache ist dennoch unrühmlich. Und sie ist bedauerlich, weil die allgemeine Aufregung die sachlichen Anliegen der italienischen EU-Präsidentschaft in den Hintergrund zu drücken droht.(...) Werden die kommenden Monate nur noch von dummen Rundumschlägen und eifernden Hetzjagden bestimmt, wird es schwer werden, die europäischen Arbeiten voranzubringen. (...) So sollten sich auch diejenigen, denen der italienische Regierungschef ein Dorn im Auge ist, deshalb fragen, wie weit sie mit ihren Attacken gehen wollen und welchen europapolitischen Kollateralschaden sie in Kauf zu nehmen bereit sind. Wenn die EU-Präsidentschaft Italiens, in dem der Faschismus gewiß nicht wiederaufersteht, aber die Gewaltenteilung doch unter Spannung steht, in einem Klima der Berlusconi-Phobie und des Politklamauks versinkt, gibt es mehr als nur ein paar Verlierer."
"Hamburger Abendblatt"
Das"Hamburger Abendblatt" meint:"Als neuer Ratsvorsitzender hat Silvio Berlusconi mit seiner Bemerkung, der deutsche EU-Politiker Martin Schulz eigne sich für die Rolle eines KZ-Schergen, gleich beim Debüt alle Befürchtungen übertroffen. Der reichste und mächtigste Mann Italiens, der sich daheim schon mal Gesetze zum Schutz eigener Strafverfolgung maßschneidern lässt, darf wohl als denkbar trübstes Aushängeschild für die Europäische Union gelten."
"Hamburger Morgenpost"
Die"Hamburger Morgenpost" bleibt unaufgeregt:"Das fängt ja gut an, wurde gemurmelt. Wohl wahr, aber man wird den durchtriebenen Selbstbediener ein halbes Jahr als Mr. Europa ertragen müssen: Die Italiener haben ihn mit deutlicher Mehrheit gewählt, befriedigten auf etwas skurrile Weise vielleicht gar eigene anarchistische Gelüste, und nun ist er turnusgemäß dran. Und, na ja: Im Maßschneidern von Gesetzen nach eigenem Gusto steht er nicht völlig alleine. Mit den Präsidenten Bush und Putin scheint er sich auch sehr gut zu vertragen."
"Nürnberger Nachrichten"
Für die"Nürnberger Nachrichten" dagegen ist alles klar:"Dieser Mann ist kein politischer Führer, er ist eine politische Zeitbombe. Rom muss sich schämen, von einer solchen Figur im Ausland repräsentiert zu werden. Europa wird sechs Monate Zeit verlieren und kann nur hoffen, dass keine schlimmeren Eklats folgen."
"tz"
Die Münchner Tageszeitung"tz" meint, dass Berlusconi"wohl jeden Deutschen einen Nazi schimpfen zu dürfen glaubt. Europa ist empört, aber ficht ihn das an? Ach wo. Wer das Gesetz zu seinem Selbstbedienungsladen macht, dem ist wohl gar nichts mehr peinlich." (APA/dpa/AFP)
<ul> ~ Das Echo auf Silvio B.</ul>

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