- @dottore: Frage zu einer Variante des Goldstandards - Theo Stuss, 19.07.2003, 17:12
- Re: @dottore: Frage zu einer Variante des Goldstandards - dottore, 20.07.2003, 11:49
- Re: @dottore: Frage zu einer Variante des Goldstandards / Vielen Dank! (owT) - -- Elli --, 20.07.2003, 14:35
- Re: @dottore: Frage zu einer Variante des Goldstandards - dottore, 20.07.2003, 11:49
Re: @dottore: Frage zu einer Variante des Goldstandards
-->>Hi Dottore,
>
>in Ihren Beschreibungen des Goldstandards wird immer eine Obergrenze der Deckung festgelegt und eine Untergrenze. Sobald die Obergrenze erreicht ist, sinken die Zinsen, bei absinken bis zur Untergrenze ziehen die Zinsen wieder an.
Hi Theo,
eine Grenze im Sinne eiens"Bandes" gab es mW nirgends. Sondern nur die bekannten 30, 33,3, 40 usw. Prozent. Wurde diese Grenze überschritten, waren also mehr Noten ausgegeben (Noten: Gold = Grenze) war eine Banknotensteuer fällig. Die RB hatte sehr häufig diese bezahlen müssen (vgl. Kammerer, RB unter dem GS).
Die RB musste also den Rediskontsatz in jedem Fall erhöhen, falls sie nicht Gewinn oder letztlich gar Kapital verlieren wollte. In der Praxis war es wohl so (weshlab der Satz auch stark schwankte), dass die Herren immer schon an der Zinsschraube drehten (Re rauf), als sich die Grenze näherte. Die Protokolle der Direktoriumssitzungen sind mW nicht veröffentlicht, möglicherweise sind sie auch vernichtet oder verbrannt.
>Weit entfernt von der heutigen Blasenwirtschaft gäbe es dadurch aber doch Konjunkturzyklen.
Die gab's nicht als von der RB"initiiert", dazu war das Re-Volumen viel zu klein. So etwas wie"(vorausschauende) Konjunkturpolitik" gab's schon gar nicht, der Begriff war völlig fremd. Die Konjunkturen hießen noch"wirtschaftliche Wechselllagen" (Spiethoff!) und galten als von der Wirtschaft selbst initiiert, in die man nicht hineinpfuschen wollte und auch gar nicht konnte.
Damals (wie heute) folgte die ZB den Marktsätzen am kurzen Ende. Die GM-Sätze liefen, soweit zu sehen, denen der ZB zunächst voraus und ein"Abwürgen" der Konjunktur ist eigentlich nicht zu beobachten, zumal auch damals fast durchgehend Vollbeschäftigung war (Alo-Quote um die 2 %, mit nur zwei Jahren nach 1900 als kurze Ausnahme).
>Wäre in der heutigen Zeit der Computer folgende Variante praktikabel:
>Man arbeitet absolut an der Solldeckungsgrenze und hält diese mit volatilen Zinsen stabil.
Die Veränderungen der Deckung (= Gold in die ZB oder aus ihr raus) war bereits die"Instabilität" und die ist wohl nicht beeinflussbar. Letztlich war die RB"lender of last ressort" - jeweils bis zur Deckungsgrenze. Aber das lending selbst konnte sie nicht beeinflussen, das machte der Markt, damals wie heute.
>Genauso, wie es einen Kursticker an der Börse gibt, hätten wir einen Zinsticker und es würden sich wahrscheinlich Terminmärkte und Zinsbörsen bilden, die auf die volatilen Zinsänderungen hin spekulieren.
Der Mechanismus läuft nicht ZB ---> Wirtschaft, sondern Wirtschaft ---> ZB ---> Wirtschaft.
>Meine Hauptfragen:
>Wäre der ans Publikum weitergereichte mittlere Zins nicht sehr niedrig und das dauerhaft?
Die ZB reicht nicht einen Zins weiter. Sie lässt die Wirtschaft laufen und das bis zur Deckungsgrenze. Die Wirtschaft macht den Zins und zockt so lange auf diesen, bis letztlich die Deckungsgrenze erreicht ist. Dann geht's noch ein wenig weiter, weil die ZB nicht Wechsel ablehnen kann, sondern erst nachdem diese zu mehr ZB-Noten führen als"erlaubt" und sie die Banknotensteuer bezahlen muss, geht sie mit den Sätzen hinauf. Sie kann nicht schon vorher reagieren, weil sie nicht wissen kann, wieviel Wechsel bei ihr eingereicht werden.
>Könnte man so, von den Kreditbörsen und ihrem Zinsticker abgesehen, nicht beim Publikum fast absolute Preisstabilität erreichen?
Die Preise macht die Nachfrage und die hat mit Banknoten nichts zu tun. Jeder kann auf Kredit (hier: Wechsel) kaufen und ob und wann in Cash erfüllt werden muss, ist nicht ermittelbar. Es besteht Vertragsfreiheit und jeder kann (zunächst) kaufen, so viel er will. Bei der Erfüllung der Kaufverträge erst beginnen die Probleme.
>Da sich Zinssätze minütlich ändern würden, der Computer rechnet die Sätze ständig aus, könnte man durch die Volatilität der Zinsen, die als Regelparameter die Golddeckung auf Sollwert halten, doch Konjunkturzyklen völlig ausschalten.
Halte ich für ausgeschlossen. Es steckt niemand in den Köpfen der Käufer. Käufe sind - wie Gedanken an selbige - frei.
>Zoff gäbe es nur an den Kreditbörsen, wo die Broker der Banken mit Krediten und der Änderung der Zinsen ständig versuchen umzuschulden, die einen mit Gewinn, die anderen mit Verlust.
Das wird immer so bleiben. Konjunkturen sind letztlich Konjunkuturerwartungs-Phänomene und im Reich der Psychologie anzusiedeln.
>Geht so etwas?
Ich weiĂź, dass wir darĂĽber schon mal philosophiert hatten und dass Dir"Mechanismen" am Herzen liegen. Ich glaube nicht, dass man Entscheidungen, die sich aus Erwartungen ergeben, rationalisieren kann.
SommerlochgrĂĽsse zurĂĽck!

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