- DAX nach Fed-Modell 30 % unterbewertet - HB, 20.07.2003, 22:52
- Tabelle zur Berechnung des"fairen" Dax im Vergleich zum Rentenmarkt - JoBarter, 21.07.2003, 10:14
DAX nach Fed-Modell 30 % unterbewertet
-->High Noon zwischen Anleihen und Aktien
Das"ewige" Duell: Börsen und Anleihen liefern sich ein Rennen um die Sympathie der Anleger - Gastkommentar von Michael Margules
An den Börsen ist seit Wochen eine eigenartige Entwicklung zu beobachten: Die Investoren zeigen sich zuversichtlich und kaufen mutig Aktien, während die große Mehrheit an Analysten und Anlagestrategen auffallend skeptisch sind und vor Übertreibungen warnen. Die wieder einmal berechtigte Frage lautet: Sind die Anleger zu optimistisch, die Analysten zu pessimistisch?
Einen Anhaltspunkt bietet der Vergleich der in den letzten Monaten wie schon davor haussierenden Anleihenmärkte mit den neuerdings wieder geliebten Börsen.
Fed-Modell wieder en vogue
Ungeachtet der ökonomischen Realitäten scheint derzeit wieder einmal das so genannte „Fed-Modell“ zur Bewertung des Aktienmarktes erhöhte Aufmerksamkeit zu genießen. Es setzt die erwarteten Gewinne der in einem Index enhaltenen Unternehmen in Relation zur Rendite zehn- oder auch dreißigjähriger Staatsanleihen (englisch: Treasuries). Das heißt: je niedriger die Rendite der Staatsanleihen, desto höher wäre danach das angemessene Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im Index. Der Vergleich beider Werte wird als Fed-Modell bezeichnet.
Die Analyse basiert auf der Vorstellung, daß Verkäufer von Aktien und Verkäufer von Anleihen um die Gunst der Anleger wetteifern. Sie werben auf dem Anleihemarkt mit der Rendite. Bei zehnjährigen europäischen Staatsanleihen sind das derzeit 3,92 Prozent (siehe Emission der Bundesrepublik Deutschland 2002-2012), im Falle eines sogenannten 30jährigen Langläufers liegt aktuell die Rendite bei 4,87 Prozent. Das Pendant respektive Widerpart auf der gleichlautenden amerikanischen Seite wirft im Moment 3,77 beziehungsweise 4,98 Prozent ab.
KGV im Mittelpunkt
Für den Aktienmarkt wird das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) herangezogen, weil es als langfristige erwartete Rendite der Aktien interpretiert werden kann. Demnach würde ein KGV von 20 einer Rendite von 5 Prozent entsprechen (100 geteilt durch 20). Umgekehrt ließe sich eine Anleiherendite von 4 Prozent als Renten-KGV von 25 verstehen. Auf Basis dieser Betrachtung hat der amerikanische Notenbankpräsident Alan Greenspan im Jahr 1996 erstmals vor"irrationalem Überschwang" der Aktienmärkte gewarnt. Damals war die KGV-Bewertung der Aktien zeitweise 70 Prozent höher als die Bewertung der Anleihen.
Heute hat sich das Verhältnis umgekehrt: Aktien scheinen auf der Grundlage des Fed-Modells billig zu sein. Der Vergleich mit den Anleiherenditen signalisiert teilweise sogar eine deutliche Unterbewertung der Aktienmärkte - beim Dax sind es auf Basis der erwarteten Unternehmensgewinnen für 2004 selbst nach den letzten Kursavancen immer noch rund 30 Prozent, im amerikanischen Bereich scheint der S&P-Index noch mit guten 15 Prozent Aufwärtspotential versehen zu sein.
Einer wird gewinnen
Anleger wie Analysten haben beide gute Argumente: Wer jetzt Aktien kauft, verhält sich historisch im Sinne der letzten großen Börsenbaissen - 1929-32 und 1973-74, wo es im Anschluß daran trotz widriger Wirtschaftsdaten zu nachhaltigen Gegenbewegungen kam -, und erwartet zudem offensichtlich positive Auswirkungen der weltweit rekordtiefen Zinsen sowie der zahlreichen Wirtschaftsstimuli in Form von höheren Unternehmensgewinnen.
Gebrannte Kinder
Auf der andern Seite dominieren die schlechten Wirtschaftsnachrichten noch. Das gilt vor allem für Europa und seinen „Leithammel“ Deutschland. Die unerfreulichen Nachrichten drücken auf die Stimmung - auch die der Analysten. Als gebrannte Kinder wollen sie verhindern, daß die Erwartungen der Anleger erneut unrealistisch werden. Zudem sollten sich die Anleger fragen, ob die niedrigen Renditen nicht auch - über die in ihnen enthaltenen Inflationserwartungen - auf ein deflationäres Umfeld hinweisen.
Dieses würde sich als fatal für Unternehmen und deren Aktien erweisen, ist doch ein solches Umfeld unter anderem durch sinkende Gewinne und eine steigende reale Schuldenbelastung charakterisiert. So hat wohl auch niemand in den vergangenen Jahren im deflationsgeplagten Japan - wo die nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen (JGBs für Japan Government Bonds) bei knapp 1,30 Prozent liegen - ernsthaft das Fed-Modell bemüht.
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste
Fazit: Die Anleger wirken zu optimistisch, die Börsen haben sich schon zu weit vorgewagt. Deshalb ist eine Konsolidierung oder eine zumindest leichte Korrektur notwendig, widrigenfalls droht den Börsen das unweigerliche Platzen einer neuen Blase!
<ul> ~ DAX nach Fed-Modell 30 % unterbewertet</ul>

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