- Nachschub für die Billigjobs... schrftl. Sprachkenntnisse nicht notwendig - Mat72, 23.07.2003, 17:09
- Re: Nachschub für die Billigjobs... schrftl. Sprachkenntnisse nicht notwendig - Worldwatcher, 23.07.2003, 22:08
Nachschub für die Billigjobs... schrftl. Sprachkenntnisse nicht notwendig
-->Gericht hat Zweifel an den Deutschtests
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Richter: Schriftliche Sprachkenntnisse nicht erforderlich
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Brauchen Ausländer, die die deutsche Staatsangehörigkeit wollen, mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse? Das Verwaltungsgericht hat gestern befunden, dass mündliche Kenntnisse ausreichen können - und damit die Praxis erneut in Frage gestellt.
Von Nicole Höfle
Der Richter Albrecht Keim hat gestern den Gerichtssaal zum Prüfungsraum gemacht. Von ihm befragt wurde ein 40 Jahre alter Türke, der seit 25 Jahren in Stuttgart lebt, in Zuffenhausen Hotel und Restaurant betreibt und 1999 die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt hat. Da er keinen deutschen Schulabschluss vorweisen kann, musste der 40-Jährige zum Deutschtest, den er zweimal nicht bestanden hat. Probleme machte ihm vor allem der schriftliche Teil. Der allein erziehende Vater zog vor Gericht und musste dort seine Deutschkenntnisse im Gespräch und bei einem Lesetest unter Beweis stellen.
Der Kleinunternehmer erzählte über seine Schulbildung in der Türkei, über die Sprachkurse, die er in Deutschland besucht hat, über seine Arbeit und die Schulbildung seiner Tochter. Und er erklärte, warum er die deutsche Staatsbürgerschaft anstrebt:"Ich lebe und arbeite seit 25 Jahren in Deutschland, meine Tochter ist hier aufgewachsen, und ich zahle pünktlich meine Steuern." Obwohl ihm in der Aufregung nicht einfallen wollte, wie der derzeitige deutsche Bundeskanzler heißt, und er auch beim Lesen eines Zeitungsartikels ab und zu ins Stocken kam, befand der Richter, dass die Deutschkenntnisse für eine Einbürgerung ausreichen: Der 40-Jährige könne ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorweisen und es bestünden keinerlei Zweifel an der beruflichen und sozialen Integration des 40-Jährigen."Der Gesetzgeber schreibt nicht ausdrücklich vor, dass schriftliche Kenntnisse für eine Einbürgerung erforderlich sind", so Keim. Mit seinen Deutschkenntnissen könne der 40-Jährige gut im Alltag bestehen, was er in den vergangenen Jahren auch bewiesen habe.
Damit hat das Stuttgarter Gericht zum zweiten Mal die baden-württembergische Einbürgerungspraxis in Frage gestellt: Bereits im Oktober hat das Gericht entschieden, dass ausreichende Sprachkenntnisse bei einem Einbürgerungsbewerber auch dann gegeben sein können, wenn er nicht die Fähigkeit besitzt, einen Text in deutscher Sprache verständlich zu schreiben. Damals hatte ein Afghane aus Stuttgart geklagt, der ebenfalls am Test gescheitert war. Dieser Fall ist inzwischen beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim anhängig. Auch im aktuellen Fall will die Stadt den VGH anrufen.
Hintergrund des gerichtlichen Streits ist die Haltung des Landes, das seit Anfang 2001 bei der Einbürgerung den Nachweis schriftlicher und mündlicher Kenntnisse verlangt. Die rot-grüne Bundesregierung hatte zum 1. Januar 2000 mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht die Einbürgerung von Ausländern erleichtert, das Land hatte daraufhin die Hürden über die Sprachtests wieder hochgesetzt. Andere Bundesländer, wie Hessen zum Beispiel, prüfen ausschließlich die mündlichen Kenntnisse. Dort sind die Gerichte ebenfalls bereits am Zug: Im vergangenen Jahr hat der dortige Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass auch schriftliche Kenntnisse abgefragt werden müssten, das Verfahren ist inzwischen beim Bundesverwaltungsgericht."Die Berliner Entscheidung müssen wir abwarten. Im Moment jedenfalls behalten wir unsere Praxis bei", kommentierte Dorothea Koller, die Leiterin der Stuttgarter Ausländerbehörde, die gestrige Verhandlung.
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Aktualisiert: 23.07.2003, 05:05 Uhr
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