- RIESIGE Goldvorkommen entdeckt... - Hirscherl, 28.07.2003, 11:14
- Link geht nicht. ot - Bodo, 28.07.2003, 12:20
- Re: Ich habe keine Probleme - vielleicht... - Hirscherl, 28.07.2003, 12:37
- noch n'e Frage - Bodo, 28.07.2003, 20:00
- Re: noch n'e Frage - Hirscherl, 28.07.2003, 20:13
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RIESIGE Goldvorkommen entdeckt...
-->... jedoch nicht wirtschaftlich ausbeutbar
<big><big>Gold aus dem Meer?</big></big>
Dietrich Stoltzenberg
<big>Fritz Habers Arbeiten über den Goldgehalt im Meerwasser.</big>
<small>Chemie in unserer Zeit / 28. Jhrg. 1994 / Nr. 6. Dieser Beitrag ist eine überarbeitete Version des Kapitels 11.5.1 aus der Fritz-Haber-Biographie von Dietrich Stoltzenberg (VCH, Weinheim, 1994). Er wurde für diese Zeitschrift um weitere Abbildungen ergänzt.</small>
Seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts tauchte immer wieder die Frage auf: Ist es möglich, wirtschaftlich Gold aus dem Meerwasser zu gewinnen?
Wie gelangt Gold, eines der seltensten Elemente, in das Meerwasser? Aus den Primärlagerstätten (Einsprengung oder Beimengung in Quarzgesteinen oder in Sulfiden oder chemisch gebunden in Form von Telluriden) wird ein Teil des Goldes aus den verwitternden Gesteinen fortgewaschen, in Gewässer eingetragen (Seifen- oder Waschgold) und schließlich weiter in das Meer transportiert.
Es ist offensichtlich, daß eine wirtschaftliche Gewinnung dieses Goldes vornehmlich davon abhängt, wie hoch seine Konzentration ist. Die ersten Annahmen lagen bei ca. 50 mg/m3. In der sechsten Auflage des „Römpp" wird noch von einem Goldgehalt von 0,03 - 44 mg/m3 ausgegangen [l]. Nach einem sorgfältigen Literaturstudium mußte auch Fritz Haber von einer solchen Konzentration ausgehen. Warum aber beschäftigte sich Haber mit dem Gold im Meerwasser?
Nach der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg und nach längeren Verhandlungen war am 28. Juni 1919 der Versailler Friedensvertrag unterzeichnet worden. Eine der schwerwiegendsten Bedingungen dieses Vertrages war die Zahlung von Reparationsgeldern in einer noch zu bestimmenden Höhe. Diese wurde dann im Juni 1920 auf 263 Milliarden Mark festgelegt. Es war kaum möglich, eine solche Summe zu zahlen, und sei es auch nur in Raten. Die Reichsregierung war guten Willens, zumindest einen Teil dieser Forderung zu erfüllen und suchte nach Möglichkeiten der Geld- und Goldbeschaffung. Hier sah Haber eine Möglichkeit, dem Vaterland einen Dienst zu erweisen. Er setzte sich in Verbindung mit Regierungsstellen und mit der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt (Degussa) und prüfte, ob das Projekt einer Gewinnung von Gold aus dem Meerwasser sinnvoll sei. Er erhielt eine positive Antwort und so entschloß er sich, die ersten Schritte zu unternehmen. Diese bestanden dann, den Goldgehalt zu überprüfen und eine Methode zur Abscheidung des Goldes zu entwickeln.
Vorarbeiten
Die Arbeitsgruppe, die Haber mit den Untersuchungen betraute, wurde von Johannes Jaenicke, der bereits während des Krieges im Haberschen Institut tätig war, geleitet. Dreizehn weitere Mitarbeiter, teils fest angestellt im Institut, teils als Doktoranden arbeitend, nahmen.in den Untersuchungen teil, darunter einige, die Haber als junge Freunde betrachtete, so z. B. H. Eisner, Fritz Epstein, F. Matthias und K. Quasebarth. Sie sind nach 1933 z. T. in die USA oder nach Südamerika emigriert. Die Arbeiten zu diesem Projekt begannen 1920 mit der Untersuchung von dem Seewasser nachgestellten Standardlösungen. In dieser Zeit war es schwierig, Proben aus dem Meer zu ziehen, ohne daß die alliierten Kommissionen davon Kenntnis erhielten. Die Standardlösungen enthielten Goldchlorid mit einer Konzentration, die dem damals angenommenen Gehalt von Gold von 5 mg/m3 entsprach. Verschiedene analytische Methoden, von der die befriedigendste die Mikrokupellation des Goldes war, das man durch eine Fällung mit Bleisulfid aus der Lösung gewann, wurden erarbeitet.
Die Kupellation ist ein sehr altes Analysenverfahren. Sie soll bereits den Babyloniern bekannt gewesen sein und wird in der Bibel von dem Propheten Jeremia (ca. 600 v. Chr.) in einem Gleichnis erwähnt. Hier heißt es (Jeremia, 6,29-30): »Der Blasbalg ist verbrannt, das Blei verschwindet; das Schmelzen ist umsonst, denn das Böse ist nicht davongeschieden. Darum heißen sie auch ein ver-
worfenes Silber...«
Das Verfahren läßt sich wie folgt beschreiben: Versetzt man Au/Ag mit einem Vielfachen der Masse an Blei und erhitzt, so oxidieren die Verunreinigungen und werden in der flüssigen Bleiglätte gelöst. Führt man diese Prozedur in einem porösen Tontiegel (Kupelle) aus, so dringt in diesen die heiße Bleiglätte ein, das Blei bleibt der Luft ausgesetzt. Es verbleibt schließlich ein Edelmetallkörnchen.
Dieses der Probierkunst entlehnte Verfahren wurde von Haber und seinen Mitarbeitern zu der mikroanalytischen Methode der Goldbestimmung entwickelt. Mit dieser Methode, die später noch erheblich verfeinert wurde, wurden die Standardlösungen überprüft, bis die richtige Menge Gold ermittelt war. Schließlich bestimmte man mit dieser Analysenmethode den Goldgehalt von natürlichem Meerwasser. Allerdings war die Anzahl der Proben nur gering, aber als man die angenommene Menge von ca. 5 mg pro Tonne tatsächlich mit großer angenommener Sicherheit ermittelte, wurden die Ergebnisse als ausreichend betrachtet, um die nächste Stufe des Projektes anzugehen: die Entwicklung einer Extraktionsmethode bei einer solchen Goldkonzentration im Meerwasser.
Die Ausarbeitung dieses Verfahrens und vor allem der Aufbau einer Apparatur, die in einem Raum eines seegehenden Schiffes installiert werden konnte, benötigte nun Mittel, die nicht mehr unter der schwierigen finanziellen Situation des Institutes aufgebracht werden konnten. Haber wandte sich daher an die Geschäftsleitungen der Degussa und der Metallgesellschaft in Frankfurt. Beide Firmen beschäftigten sich mit der Gewinnung von Gold und anderen edlen Metallen. Mit der Degussa hatte Haber schon im Kriege auf dem Gebiet der Schädlingsbekämpfung zusammengearbeitet, so daß er einen guten Kontakt zu deren leitenden Herren hatte.
Bei der Metallgesellschaft wandte er sich vor allem an Alfred Merton, den Aufsichtsratsvorsitzenden. Alfred Merton war ein großer Förderer der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und zur selben Zeit in den Senat der Gesellschaft gewählt worden. Für die Finanzierung war es von Vorteil, daß die Metallgesellschaft eine eigene Bank besaß, die Metallbank, die auch heute noch eine Konzernfirma der Metallgesellschaft, Frankfurt, ist.
Aus einem Brief Habers an Jaenicke [2] geht hervor, daß Haber mit Merton einen Schriftwechsel im Sommer 1922 geführt hatte, der nach weiteren Verhandlungen zusammen mit der Degussa zum Abschluß eines Vertrages im November 1922 führte [3]. Damit standen Haber jetzt ausreichend Mittel zur Verfügung, die es ihm ermöglichten, das Projekt zügig fortzuführen. Bei der Ausarbeitung des technologischen Verfahrens zur Entgoldung des Meerwassers wurden konkurrierende Analysenmethoden sowohl an synthetischem Meerwasser als auch an isotonischen Kochsalzlösungen und Magnesiumchloridlösungen gleichen Flockungsvermögens nochmals auf ihre Verlässigkeit geprüft. Jaenicke schrieb dazu [4]: „Kein Ergebnis der jahrelangen Vergleichsversuche deutete darauf hin, daß die Bestimmungen bei dem als reell angenommenen Goldgehalt des Meerwassers von etwa 5 mg je Kubikmeter mit Fehlern behaftet sein könnten."
Die nach vielen unterschiedlichen Verfahren schließlich erarbeitete Arbeitsweise zur Gewinnung des Goldes lief darauf hinaus, das Edelmetall an kolloidem, von Natriumpolysulfid innerhalb des Meerwassers spontan abgespaltenem Schwefel unter Reduktion zu adsorbieren und die rasch koagulierende Suspension über feinkörnigen, oberflächlich mit Schwefel gleicher Entstehungsart beladenen Sand zu filtrieren. Das Gold wurde so vollständig entfernt, und das Konzentrat konnte
leicht aufgearbeitet werden.
Nach den Vorarbeiten im Labormaßstab war der Zeitpunkt gekommen, das erarbeitete Verfahren auch auf hoher See zu erproben.
Die Fahrt mit der"Hansa"
Man schrieb den Sommer 1923. Mit der Fürsprache und der finanziellen Unterstützung der Degussa und der Metallgesellschaft wurde auf dem Passagierschiff „Hansa" der Hapag (Hamburg-Amerikanische Paket AG) ein Labor eingerichtet und für Haber und seine Mitarbeiter Eisner, Lehrecke, Matthias und Zisch eine Passage nach New York und zurück gebucht [5]. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hamburg, bei dem auch das Labor auf dem Schiff eingerichtet wurde, verließ die „Hansa" mit 923 Passagieren, davon 522 Auswanderern, Hamburg. In seinem Schreiben aus dem Jahre 1967 erinnert Eisner an diese Fahrt [6]. Dabei berichtet er von den Bemühungen, das Unternehmen geheimzuhalten:
»Um Passformalitäten zu vermeiden, waren Haber und seine Assistenten als Besatzungsmitglieder angemustert. Was man so nicht verbergen konnte, erschien in der Besatzungsliste als überzählige Zahlmeister. Bei der Landung in New York mußte die gesamte Mannschaft an Deck in Reih und Glied antreten. Unter einer Anzahl Studenten, die als Tellerwäscher die Reise machten, und Angehörigen der Hapag, die die gleichen Probleme hatten, stand Haber mit den überzähligen Zahlmeisierassistenten zusammen. Es machte ihm sichtlich Spaß, als der überzählige Zahlmeisterassistent Fritz Haber aufgerufen wurde und vom Emigration Officer seine Landungskarte in Empfang nahm. Als ihn später einer der Reporter fragte, warum die »Hansa« so viele Zahlmeister hätte, sagte er: <Der vielen Nullen wegen>. Das war mitten in der Inflation.«
Nach dem Erreichen des freien Meeres begannen sofort die Probeaufnahmen, die durch eine extra Vorrichtung von Bord des Schiffes vorgenommen wurden. Diese Arbeit blieb bei den Passagieren nicht unbemerkt, und es entstanden die wildesten Gerüchte, ja selbst die Offiziere verbreiteten seltsame Nachrichten, wohl zum Teil, um auf Wunsch von Haber von dem eigentlichen Zweck der Arbeiten abzulenken. So schrieb nach der Ankunft des Schiffes in New York eine Zeitung einen Artikel mit der Überschrift: „German Scientists see way to drive ships by using mysterious Force". Verschiedene Mannschaftsmitglieder waren befragt worden. So sagte ein Passagier, daß er gehört hätte, daß, wenn die Versuche erfolgreich wären, alle arbeitenden Maschinen, auch die „most-up-to-date" verschrottet werden könnten, und daß der Antrieb von Fahrzeugen dann nur noch halb so viel kosten würde. Die Irreführung schien vollkommen gelungen zu sein.
Unten im Schiff aber schufteten Haber und seine Mitarbeiter, um die Proben aufzuarbeiten und zu analysieren. Haber hat in einem seiner typischen „Gedichte" die Situation wie folgt in Versform geschildert:
»Durch kaltes Wasser oder Eis
Wir brauchen beides zentnerreich
der Femel (?) fliegt bald durch den Orkus.
Wir destillieren mit dem Korpus
Wir bringen's auf zwölf Liter täglich
Wenn's kühler ist, wird die Leistung kläglich.
Dann wird filtriert und kupelliert,
die Eisenfilter ausprobiert.
Anfänglich geht noch alles gut
dann packt den Zisch jedoch die Wut
denn alle Filter sind versaut.
.Drum heißt es: Jetzt wird ausgebaut.
Damit der Rost und Planktonmist
der pfundweis in der Leitung ist
Herausgepopelt werden kann.
Das Schraubenlösen, das strengt an. «
Das schöne Gedicht geht seitenweise weiter. In dem Bericht über die Arbeiten auf dieser Reise heißt es [7]:
»Die Erfahrungen der Reise liegen einerseits auf dem Gebiete der Gehaltsermittlung, andererseits auf dem der Filterentwicklung. Hinsichtlich der Gehaltsermittlung bestand eine Schwierigkeit solange wir nicht Salpetersäure vor der Fällung zugeben... (dann) trat keine Störung ein und wir erhielten durchweg gute Perlen... Eine zweite fatale Störung verursacht die Kupellation. Es ist auf dem Schiff selbst bei völlig glatter See kaum möglich, Perlen von der Kupelle aufzunehmen und rund zu schmelzen... Die Anwendung einer Methode, die ohne Kupellation auskommt, würde erwünscht sein. «
In diesem Bericht wird auf andere Verfahren eingegangen, die aber nicht sicher genug seien. So brachte diese Reise erste Erfahrungen hinsichtlich der Ausgestaltung des schwimmenden Labors und der Arbeitsweise. An einer weiteren Fahrt nach Nordamerika nahm Haber selbst nicht teil, ließ sich aber die verschlüsselten Analysendaten nach Berlin übermitteln.
Die Fahrt mit der „Württemberg"
Im Herbst des gleichen Jahres reiste er mit seinen Mitarbeitern, durch Mittel der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften und der Reichsmarine zusätzlich gefördert, von Hamburg auf der S. S. „Württemberg" nach Buenos Aires, an Bord ein an den bisher gewonnenen Erfahrungen ausgereiftes Laboratorium zum Studium des wärmeren Wassers des Südatlantiks. Auf dieser Fahrt war auch Eisner wieder dabei. In seinem Schreiben vom September 1967 erinnert er sich ebenfalls an diese Fahrt und vor allem an die Äquatortaufe [6]:
»Es war auf unserer Südamerika-Goldfahrt. Bei der Annäherung an den Äquator und den Vorbereitungen für die übliche Feier und Taufe der Neulinge fragte einer der Offiziere mich: »Können wir den Geheimrat auch taufen?« Ich sagte: »Natürlich, weil ich wußte, daß Haber so etwas Spaß machte. Am nächsten Morgen fragte mich der Geheimrat: »Muß ich das mitmachen?« Ich kam mir nicht ganz aufrichtig vor, als ich sagte: »Ich glaube, Sie können sich dem nicht entziehen«.
Haber ließ mich 3 Flaschen Wien bereithalten. Als der Moment kam, sprang er mit einem perfekten Hechtsprung ins Bassin, überreichte mit einer Rede in Versen Neptun die drei Flaschen mit der Bitte, sie zu entleeren und zu erlauben, sie mit Seewasserproben zu füllen. Der Hechtsprung imponierte Besatzung und Passagieren und wurde auf der abendlichen Speisekarte mit einer Zeichnung verewigt. Habers Taufname war: »Alchimistaton.«
In Buenos Aires zu repräsentieren war für Haber eine Pflicht, weil er ja auch mit Mitteln der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften reiste und nun bei den Deutschen in Argentinien für Unterstützung werben sollte. Er hielt einen Vortrag vor dem deutschen Club [8], in dem er hochpatriotische Worte zu dem Thema „Die Deutsche Chemie in den letzten 10 Jahren" erklingen ließ.
In seinem Brief an Jaenicke schrieb er vornehmlich über die Schwierigkeiten, die auch bei dieser Fahrt aufgetreten waren. Er leitete seine Ausführungen mit den Worten ein: „Unsere Reise erfolgte, weil die Gewissheit fehlte, daß das Verfahren auf hoher See richtig arbeitet. Diese Gewißheit fehlt heute wie vor l Monat." Dabei ging es um analytische und auch Filtrierungsfragen. War Sand das richtige Anschwemmittel, konnte es nicht Magnetit oder Kohle sein?
Haber hat in seiner Veröffentlichung im Jahre 1927 [9] die Schwierigkeiten und die Möglichkeiten ihrer Überwindung ausführlich geschildert.
Analysenprobleme
Bei den Schiffsfahrten wurden nicht nur Analysen direkt an Bord durchgeführt, sondern das Meerwasser wurde auch zunehmend in Flaschen abgefüllt und dann im Institut in Dahlem untersucht, weil die Arbeit auf dem Schiff doch erhebliche Probleme bereitete. Was aber beim Abfüllen und Aufbewahren in Flaschen wieder berücksichtigt werden mußte, beschreibt Haber ausführlich:
»Das Meerwasser wird in Flaschen von 2 l Inhalt gesammelt. Das Flaschenglas birgt eine Gefahr. Es kann sich aus der Wasserfüllung stammendes Edelmetall fest daran setzen, so daß es nicht losspülbar ist und der Bestimmung entgeht. Behandelt man aber die Glasinnenwand, um dieser Gefahr zu entgehen, intensiv mit stark wirkenden Agenzien, so entzieht man dem Flaschenglas kleine, aber doch wahrnehmbare Anteile des Edelmetalls, die es nach einer Erfahrung immer enthält... Wir haben einen Teil der Flaschen vor der Aussendung mit einem Spiegel von Bleisulfid versehen, damit sich nicht Edelmetall aus dem Wasser an die Glaswand setzt... Läßt man aber das Bleisulfid... auf das Glas aufwachsen, so macht sich die unvollkommene Widerstandsfähigkeit des Glases gegen alkalischwässerige Lösungen geltend, die damit längere Zelt Laboratorium auf der „Hansa" in Berührung sind... und führt zu einem nachweisbaren Übergang von Edelmetall aus der Glassubstanz in den Bleisulfidspiegel... Deshalb haben unverspiegelte Flaschen den Vorzug. Um das Ansetzen des Edelmetalls an die Glaswand zu hindern, gibt man bei der Probennahme zu dem Wasser entweder etwas Mercurinitrat oder etwas Bleiacetat und Schwefelalkali. Die entstehenden Niederschläge von Kalomel oder Bleisulfid hüllen das Edelmetall ein. Kommt die Flasche mit der Schöpfprobe nach dem Transport zur Untersuchung, so wird zunächst vor der Verarbeitung 100 mg Bleiacetat hineingegeben, und dieses Bleiacetat mit Schwefelammonium ausgefällt. Dadurch werden alle Schwebeteile eingehüllt und leicht filtrierbar gemacht. Nun wird das Seewasser durch ein Eintauchfilter aus gefrittetem Glas herausgenommen. Dabei bleibt alles Gold und Silber im Flaschenrückstand.«
Haber beschreibt dann weiter, wie die Analyse verfeinert wurde. Nach Wiederauflösen des Flaschenrückstands durch Bromwasserstoff wurde die Lösung in ein anderes Gefäß übergeführt, in dem das Gold und Silber wieder mit Ammoniumsulfid versetzt, der Niederschlag zentrifugiert und in einen Spitztiegel überführt wurde. Nach Trocknung und Reduzierung mit Wasserstoff zum Metall begann die Kupellation. Wie diese durchgeführt wurde, wird von Haber so geschildert: »Die Schmelze wird dann in demselben Porzellantiegel unter Zusatz von Borsäure in einer Sauerstoffatmosphäre über einer Flamme soweit verschlackt, daß nur ein kleiner Bleiregulus von 5 mg Gewicht zurückbleibt. Diese Arbeitsweise ersetzt das übliche Ansieden in Tonscherben, die nicht silberfrei sind und kleine Spuren Edelmetall als Staub von den Muffelöfen autnehmen können, in denen das Ansieden zu erfolgen pflegt, und in denen Gold und Silber von früherer Benutzung her an Wänden und Decken haften kann. Sie ersetzt zugleich die erste Etappe des üblichen Abtreibens auf der Kupelle.
Der kleine Bleiregulus wird in einer dünnwandigen Schale von unglasiertem Porzellan mit einem Flämmchen an der Luft abgetrieben, sehr schnell gekühlt und die verbleibende Edelmetallperle in der durchscheinenden Schale mikroskopisch gemessen. Dann fügt man Borax hinzu und erhitzt die Schale etwa 2 min auf 1050-1100 °C; dabei verliert das mikroskopische Edelmetallkorn alles Silber, während das Gold als eine schöne, runde Perle zurückbleibt. Diese Perle ist unbequem von der Boraxschlacke zu trennen, die an ihr angeschmolzen ist. Deswegen nimmt man sie mit anhängender Schlacke aus der erkalteten Schale und trägt sie in Bromnaphthalin ein. In dieser Einbettung wird sie mikroskopisch ausgemessen.«
Aus dieser Beschreibung geht hervor, wie bei jedem einzelnen Arbeitsschritt Fehler vermieden werden mußten, z.B. die Erfahrung mit den Muffelöfen, und wie auch die Ausmessung der winzigen Goldperle in der Handhabung Probleme bereitete. Erwähnt hat Haber hier nicht, daß das Mikroskop selbst von besonderer Qualität sein mußte, und verschiedene Mikroskope der Firma Zeiss wurden verwandt, bis die Messung ausreichend genau erfolgen konnte.
Diese genaue Überarbeitung des Analysenverfahrens war notwendig geworden, da die Proben, die auf den Fahrten nach Nordamerika und Südamerika dem Seewasser entnommen wurden, sehr unterschiedliche Goldgehalte ergaben. Auch das Verfahren der Aufarbeitung war unzureichend und hätte noch wesentlich überarbeitet werden müssen. Aber nachdem die gefundenen Goldgehalte teilweise wesentlich unter dem angenommenen Gehalt von etwa 5 mg pro m3 Seewasser waren, mußte erst einmal sichergestellt werden, dass die Analyse nicht doch mit Fehlern behaftet war. Deshalb wurde auch die Entscheidung getroffen, die Proben nicht mehr auf See, sondern im Institut zu untersuchen.
Nach der mühevollen Ausschaltung aller möglichen Fehlerquellen stellte sich heraus, daß die vorher gefundenen Werte zu hoch waren. Noch gab Haber nicht auf. Er ließ sich von verschiedenen Stellen, an denen ein relativ hoher Goldgehalt vermutet werden konnte, Proben kommen, so aus der Bucht von San Francisco, durch Vermittlung des Professors Kofoid. Er wandte sich an Professor Knudsen in Kopenhagen, der veranlaßte, daß von den dänischen Forschungsschiffen „Dana" und „Godthaab" Seewasserproben und Eismeerproben vor Island und Grönland gesammelt wurden.
Schließlich hatte er noch die Notgemeinschaft für den Plan gewonnen, seinen letzten Mitarbeiter auf dem Goldgebiet, K. Quasebarth, an einer Durchquerung des Atlantischen Ozeans auf dem Forschungsschiff „Meteor" teilnehmen zu lassen, um völlig authentisches Belegmaterial zu erhalten. So wurden insgesamt etwa 5000 Proben gesammelt und untersucht.
Die Ernüchterung
Das Ergebnis war und blieb für Haber niederschmetternd. Der Goldgehalt der Proben aus der Bucht von San Francisco lag im Mittel bei 0,01 mg Gold pro Tonne Seewasser, der höchste Einzelwert bei 0,055 mg Gold. Im Eismeer wurde im Durchschnitt 0,047 mg Gold gefunden, und die Proben von der Meteorfahrt hatten einen Durchschnittsgehalt von 0,008 mg in der Tonne Seewasser mit einem höchsten Einzelwert von 0,044 mg pro Tonne.
J. Jaenicke hat in seiner Publikation vom Jahre 1935 [4] Betrachtungen darüber angestellt, warum in der ersten Zeit des Projektes höhere Werte gefunden wurden. Er schreibt dazu:
»Bis heute ist das Rätsel, warum die frühesten Untersuchungen echten Meerwassers so hohe Goldwerte (Haber gab sie mit 2,25 bis 8,5 mg pro Tonne Meerwasser an) zutage förderten, denen später unter dem erdrückend reichhaltigen Probenmaterial nur noch in ein paar Ausnahmefällen wieder begegnet worden ist. Es mag sein, daß in der Tat die ersten Wassermuster zufällig an Orten vorübergehender hoher Goldkonzentration geschöpft waren. Näher liegt die Annahme, daß es sich auch bei ihnen um einen irrealen Goldgehalt gehandelt hat, den die noch nicht ausgereiften Analysenverfahren nur vorspiegelten. Bei deren kritischer Überprüfung an synthetischem Meerwasser wurde zwar eine ausreichende Übereinstimmung zwischen zugesetztem und ausgebrachtem Golde und in Leerproben nichts gefunden. Aber einer ihrer fundamentalen Mängel war der, daß ihnen bevorzugt die technisch und wirtschaftlich allein interessanten Konzentrationen, für die auch die Befunde der älteren Autoren sprachen, nämlich die ganzen Mikrogramme je Liter, zugrundegelegt wurden und demzufolge ihr Versagen bei niedrigerem Gehalte und ihre Fehlerquellen verborgen blieben.«
In einem weiteren Absatz erwähnt Jaenicke diese Fehlerquellen:
»Chemikalien, Gefäße, Staub enthalten Gold und Silber in Mengen, die groß genug sind, um die Bestimmung völlig zu entwerten. Auch die Übertragbarkeit ansehnlicher Metallmengen durch lose Berührung von Schmuckstücken mit den Fingern ist keineswegs ein Kinderschreck, als den man Habers leicht belegbaren Hinweis auf diese Gefahrenquelle hinzustellen versucht hat. In einem mikroanalytischen Laboratorium, das sich mit der Edelmetallanalyse befaßt, muß nach Grundsätzen gearbeitet werden, die denen der Asepsis ähneln.«
Alle diese Maßnahmen brachten schließlich eine Nachweisgrenze, die einer vorgelegten Menge von l x 10-8 g/1 bei einer Fehlergrenze von ±3 % entsprach. Diese Nachweisgrenze ist erst in den fünfziger Jahren bei der Verwendung neuartiger physikalisch-analytischer Methoden verringert worden.
Hier sei noch erwähnt, daß Haber und seine Mitarbeiter auch den Goldgehalt des Rheins untersucht haben [10]. Sie ließen das Wasser bei Karlsruhe und bei Leverkusen entnehmen. Insgesamt wurde im Mittel ein Goldgehalt von 0,003 mg/m3 gefunden. Dabei traten Unterschiede zwischen 0,065 und 0,0001 mg auf. Haber erklärte diese hohen Schwankungen damit, daß die Edelmetalle nicht nur gelöst oder in Form von Submikronen im Wasser verteilt sind, sondern auch in Gestalt vereinzelter Partikel von ungleicher Größe.
Für Haber und seine Mitarbeiter war das Scheitern des Projektes „Gold im Meerwasser" eine große Enttäuschung. Haber endete seine Ausführungen im Jahre 1927 mit den Worten [11]:
»Es gibt nichts Mannigfaltigeres als die Verhältnisse in den Weltmeeren. Möglich, daß sich einmal irgendwo eine Art Goldfundstelle zeigt, an der die Edelmetallteilchen sich regelmäßig anhäufen. Möglich, daß eine solche Goldfundstelle in zugänglichen Klimaten gelegen ist und daß diese Bedingungen den Gedanken an eine Verarbeitung des Wassers noch einmal wecken. Ich habe es aufgegeben, nach dieser zweifelhaften Stecknadel in einem Heuhaufen zu suchen.«
Der Traum geht weiter
Nach dieser „Stecknadel" wurde aber auch nach den Haberschen Arbeiten weiter gesucht. Ja, es wurden sogar weitere Verfahren vorgeschlagen, das Gold aus dem Meerwasser zu gewinnen. 1942 erschien eine Arbeit von E. Baur, der schon vor dem Ersten Weltkrieg zusammen mit 0. Nagel mehrere Patente auf dem Gebiet der Goldgewinnung aus dem Meerwasser angemeldet hatte [12]. Er übte scharfe Kritik an den Haberschen Untersuchungen und meinte, es wäre zu wenig Gold gefunden worden, da das Gold an den Flaschen adsorbiert gewesen sei. Außerdem meinte er, daß Haber keinen Beleg für einen quantitativen Niederschlag des Goldes gebracht hätte. Allerdings stellte Baur keine eigenen Untersuchungen an natürlichem Meerwasser an. Er zitierte vielmehr ältere Befunde, Ein Jahr später wurde eine weitere Arbeit von W. Stark publiziert [13]. Stark wandte als Anreicherungsmethode die Adsorption an Holzkohle an und als Analysenmethode die Kupellation. Dabei bezieht er sich vorwiegend auf Baur. Proben aus der Adria ergaben einen Goldgehalt von 0,02 mg/m3, für das Mittelmeer 0,4 mg und für Meerwasser vor der iberischen Atlantikküste 2 mg/m3. In den fünfziger Jahren änderte sich das Analysenverfahren für Spuren von Edelmetallen erheblich. Auf das Gebiet des Goldgehalts im Meerwasser wandte R. W. Hummel zuerst die Neutronenaktivierungsanalyse an, die später mit der Gamma-Spektroskopie verbunden wurde [14]. Hummel fand 0,0015 bis 0,4 mg Au /m3 Seewasser. Als er Polyethylenflaschen als Aufbewahrungsgefäße benutzte, bemerkte er, daß diese Gold erheblich absorbieren. Danach wurde der Goldgehalt in verschiedenen Teilen der Weltmeere untersucht, so vor den Küsten Japans, wo 0,0006 bis 0,4430 mg/m3 gefunden wurde [15], vor den Küsten Indiens [16], im Atlantischen Ozean und in tropischen Zonen (0,00404-0,34 mg/ m3 [17], im Schwarzen Meer (0,006 bis 0,3 mg/m3) [18], in der Bucht von Tokio (0,0023 mg/m3) [19], im Discovery Park und im Pike Place Market bei Seattle (0,00211 und 0,0017 mg/m3) [20] und in der Bering-See (0,016 mg/m3 [21].
Vergleicht man diese in den letzten Jahrzehnten gefundenen Werte mit denen, die Haber und seine Mitarbeiter gefunden haben, z.B. auf der Meteorfahrt (Mittelwert 0,008 mg Gold pro Tonne Seewasser), so ergibt sich eine gute Übereinstimmung. Im Jahre 1973 verfaßte F. H. Lancaster einen Artikel [22], den er überschrieb: „Der Goldgehalt des Meerwassers, seine Extraktion - ein nicht realisierbarer Traum." Aus allen Versuchen, die angestellt wurden, das Gold aus dem Meerwasser zu gewinnen, auch nach Haber, zog er den Schluß, daß eine ökonomische Gewinnung von Gold aus dem Meerwasser, auch wenn die Goldpreise einmal im Rahmen der realen Weltwirtschaft erheblich steigen sollten, nicht möglich ist. Aber Träume sind aus den Köpfen der Menschen nicht zu verbannen, und so wird sicher auch in Zukunft die Schatzsuche im Meerwasser fortgeführt werden.
Artikel im Word-Format, inkl. Literaturverzeichnis (1,4 MB)

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