- Roland Leuschel: Aktienmärkte vor bösem Erwachen: 1987 lässt grüßen (Artikel) - Dimi, 08.08.2003, 21:47
Roland Leuschel: Aktienmärkte vor bösem Erwachen: 1987 lässt grüßen (Artikel)
-->Roland Leuschel
Aktienmärkte vor bösem Erwachen: 1987 lässt grüßen
Vieles erinnert mich an das Crashjahr 1987: Im Sommer davor stiegen Aktienkurse, die Renditen und auch Goldaktien und Gold legten zu, und plötzlich hörte diese Spassparty so gegen Mitte August auf. Die Stimmung war damals prächtig, und sie ist es auch heute. Am letzten Sonntag war auf der ersten Seite der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung der Aufmacher: « Schröder: Jetzt kommt der Aufschwung ». Im Text lernt der Leser, dass das überraschende Ansteigen um 2,4% im zweiten Quartal des amerikanischen Bruttosozialproduktes die Hauptursache für diese Euphorie ist. Drei Tage später kam bereits eine leichte Ernüchterung in diese Euphorie: 305.000 mehr Arbeitslose in Deutschland im Juli dieses Jahres als vor einem Jahr, ein trauriger Juli-Rekord seit 1997. Ich hoffe, Sie erinnern sich noch, als dieser Bundeskanzler ein paar Wochen nach seiner Wahl im Jahr 1998 vor einem Millionenpublikum im Fernsehen genüsslich an seiner Havanna zog, und während er blaue Rauchringe in die Luft stiess, vollmundig sagte: « Dies ist mein Aufschwung ». Dabei weiss jeder, der etwas von Wirtschaft versteht, dass man in ein paar Wochen keinen Aufschwung inszenieren kann. Mit seiner damaligen Aussage und mit der vom letzten Sonntag beweist Schröder, dass er von Wirtschaft keinen blauen Dunst hat, und vielleicht deswegen den Havanna-Rauch braucht; denn seine Aussage beruht auf der Hoffnung, dass im nächsten Jahr in Amerika plötzlich der Aufschwung eintritt.
Schröder & Co. sollten wissen, dass die amerikanische Notenbank und die Regierung die amerikanische Wirtschaft an die Wand fahren werden. Die kurze Erholung in Amerika ist durch niedrige Zinsen und mit dem grössten Schuldenberg in der Geschichte des Landes erkauft. Das Wachstum von 2,4% im zweiten Quartal wäre ohne die explosionsartig angestiegenen Rüstungsausgaben (+44%) magere 0,7%. Technisch betrachtet befindet sich die US-Ã-konomie bereits seit sieben Quartalen in einer Aufschwungsphase. Es ist aber die schwächste Erholung in der neueren Geschichte Amerikas. Und insgesamt fällt die Bilanz der Bush-Regierung katastrophal aus. In seiner Amtzeit entstand die schwerste Arbeitsmarktkrise der letzten 20 Jahre und die längste seit dem Zweiten Weltkrieg. Vielleicht wird Bush sogar der erste US-Präsident seit mehr als 80 Jahren, in dessen Amtszeit mehr Arbeitsplätze vernichtet als geschaffen wurden. Der letzte US-Präsident, der das geschafft hat, war Herbert Hoover (1929 - 1933). Ein führender Kongress-Abgeordneter fasste Bushs Wirtschaftspolitik trocken so zusammen: « 3 Billionen (=3.000 Milliarden US-Dollar) Staatsschulden und 3 Millionen Jobs weniger in der Wirtschaft ». Dass es letzten Endes nur 2,4 Millionen Arbeitslose mehr gab, ist einzig und allein einem umfangreichen Einstellungsprogramm des öffentlichen Sektors zu verdanken. (Mich wundern immer noch die grossen Steigerungsraten der amerikanischen Produktivitätszahlen, mit denen auch jetzt Alan Greenspan die neue Aktienblase rechtfertigt.)
Die öffentliche Verschuldungseuphorie nimmt langsam gigantische Ausmasse an. Noch im März dieses Jahres schätzte das CBO (Congressional Budget Office), dass in dem kommenden Jahrzehnt der Überschuss des amerikanischen Haushalts eine Billion (1.000 Milliarden Dollar) erreichen würde. Heute sagt der Nobelpreisträger Akerlof ein Defizit von 6.000 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2013 voraus. In einem Spiegel Online Interview sagt er wörtlich: « Was wir jetzt haben ist eine Form der Plünderung. Kommende Generationen und schon die Bürger in 10 Jahren werden mit massiven öffentlichen Defiziten und riesiger Staatsverschuldung konfrontiert sein ». Jeder Anleger sollte ernsthaft über das nachdenken, was Akerlof als Quintessenz sagt: « Ich denke, dass diese Regierung die schlimmste in der mehr als 200-jährigen Geschichte der USA ist … Für die Bevölkerung ist die Zeit gekommen, zivielen Ungehorsam zu leisten. »
Was dies für den Dollar bedeutet, kann sich jeder Anleger ausmalen. Der Internationale Währungsfonds IWF warnt die amerikanische Regierung. Nach deren Berechnungen könnte das Defizit der öffentlichen Hand im Jahre 2003 auf 6 (sechs) % des Bruttoinlandproduktes steigen. Die USA würden dann doppelt so viele neue Schulden aufnehmen, wie den Staaten der Eurozone laut EU-Vertrag erlaubt ist.
Fazit: Wenn Sie an dieser dritten Rallye nach dem Crash vom März 2000 teilgenommen haben, nehmen Sie Ihre Gewinne mit. Bleiben Sie nach wie vor liquide, und profitieren Sie von dem Anstieg der Anleihezinsen, um Ihr Triple A Anleiheportefeuille-Bestand zu erhöhen. Ansonsten erhöhen Sie systematisch Ihren Goldanteil Ihres Portefeuilles, und warten Sie auf die kommende Aktienkorrektur, sie könnte deftig ausfallen. Nach dem Börsencrash vom Oktober 1929 kam es zwischen April 1930 und Juli 1932 zu einer Periode, in der die Luft aus der Blase auf Raten entweichen musste. Aber in diesem Zeitraum gab es sieben satte Erholungen. Diese sogenannten Rallyes hatten eine Durchschnitssdauer von 40 Tagen und einen durchschnittlichen Anstieg von 24%. Dies hinderte jedoch den Dow Jones nicht daran, in diesem Zeitraum 86% an Wert zu verlieren.
Roland Leuschel
08.08.2003
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