- Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-) - nasdaq10000, 10.08.2003, 08:07
- Re: Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-)....und noch einer! - kizkalesi, 10.08.2003, 09:51
- Re: Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-)....und noch einer! - nasdaq10000, 10.08.2003, 15:46
- wie wär's mit einem Niquet-Archiv?! Wir lassen ihn dann jeweils mit dem - kingsolomon, 10.08.2003, 15:50
- Re: Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-)....und noch einer! - nasdaq10000, 10.08.2003, 15:46
- Re: Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-) - -- Elli --, 10.08.2003, 10:42
- Ob der gute Martin ahnt, welches Kuckuksei sein deutscher Statthalter ins Nest - kingsolomon, 10.08.2003, 10:59
- Immerhin reagiert er sensibel auf Börsenschwankungen - Bob, 10.08.2003, 11:24
- Re: Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-)....und noch einer! - kizkalesi, 10.08.2003, 09:51
Niquet scheint am Morgen immer noch dicht zu sein ;-)
-->Elliottwellen und der Preis der Freiheit
Von Dr. Bernd Niquet
Im Leben wie an der Boerse, ist es sehr schwer,
sich zu orientieren und einigermassen durchzukommen.
Beobachtet man die Menschen, dann hat man oft den
Eindruck, sie faenden es am besten, wenn alles nach
erkennbaren Gesetzmaessigkeiten funktionieren wuerde.
Es wird zwar viel ueber Freiheit geredet, doch im
Grunde unseres Herzens ist unser ganzes Leben ein
einziges Suchen nach Gesetzmaessigkeiten. Im Leben
wie an der Boerse.
Daraus ergibt sich eine Situation, dass die Menschen
an mehr Naturgesetze glauben als es ueberhaupt Natur-
gesetze gibt. Will sagen: Es wird auch in Bereichen,
in denen es gar keine festen Gesetzmaessigkeiten gibt
und auch nicht geben kann, an Gesetzmaessigkeiten ge-
glaubt. Dieser Irrglaube hat jedoch fatale Kon-
sequenzen.
Zwei Bereiche sind hierbei von hauptsaechlichem
Interesse: vermeintliche Geschichtsgesetze und
Gesetzmaessigkeiten im menschlichen Handeln. In-
teressanterweise hat die Boerse ganz entscheidend
mit beiden Bereichen zu tun, weshalb sie sicherlich
auch eines der am schwersten zu durchdringenden
Gegenstaende ist, die es ueberhaupt gibt.
(1) Geschichtsgesetze, so hat Karl Popper eindeutig
bewiesen, kann und wird es niemals geben. (Daran
sind unter anderem Adolf Hitler und seine Schergen
gescheitert.) Denn um Geschichtsgesetze aufstellen
zu koennen, muessten wir unsere eigene Kreativitaet
und unser eigenes Handeln vorhersagen koennen, was
offensichtlich unmoeglich ist. Oder aber, wir muessten
die Menschen um alle ihre Kreativitaet und Handels-
freiheit kastrieren. Doch ein derartig"neuer Mensch"
ist ebenfalls eine reine Fiktion. (Daran sind unter
anderem Josef Stalin und seine Schergen gescheitert.)
(2) In Bereichen des Aufstellens von Gesetzen
menschlicher Handlungen ist die Situation noch
schwieriger, wenngleich auch nicht ganz so hoffnungslos.
Natuerlich gibt es hier Gesetzmaessigkeiten, doch sie sind
gemeinhin empirisch nutzlos. Beispiel. Jeder Mensch
trachtet danach, seinen Nutzen zu maximieren. Das ist
sicherlich richtig, doch da wir individuelle Nutzen-
vorstellungen weder genau kennen noch diese im Zeitablauf
stabil sind, ist eine derartige Gesetzmaessigkeit nichts
anderes als das beruehmte"Muster ohne Wert".
Menschliches Verhalten ist einerseits nicht stabil
im Zeitablauf, und zweitens kann kein Mensch sein
eigenes Verhalten in Gaenze verstehen. Weil hier das
erkennende Subjekt und das zu erkennende Objekt
identisch sind - und damit das Ergebnis nicht
eindeutig, sondern vielmehr voellig beliebig wird.
Vollstaendige Erkenntnis des Menschen vom Menschen
waere daher nur moeglich, wenn Subjekt und Objekt
sich gegenseitig verfaelschen, um die Identitaet
zu sprengen. Doch aus einer Verfaelschung kann
natuerlich niemals eine Wahrheit entspringen.
(Daran sind unter anderem nicht nur viele Boersianer
gescheitert, sondern auch die Abonnenten ihrer
Boersendienste.)
Umso erstaunter bin ich, wenn ich Dinge lese,
wie neulich von einem Elliottwellen-Anhaenger, der
doch allen Ernstes schreibt, die Marktpsychologie
waere nicht nur der einzige Bestimmungsfaktor des
Marktgeschehens, sondern"die Marktpsychologie
richtet sich, wie alle vom Menschen gepraegten
Entwicklungen, nach unumstoesslichen Naturgesetzen."
Der schwierigste Konflikt waere daher, so der
Elliottwaver weiter, stets aufs Neue zu entscheiden,
ob man das glaubt, was man selber denkt, oder
vielmehr das, was die Wellentheorie sagt.
Hier wird nun in der Tat der Stalinismus im Mikroformat
weitergefuehrt: Soll ich meinem eigenen Urteilsvermoegen
glauben oder lieber doch dem meines Modells,
meinem Geschichtsgesetz? Ich glaube nur zu gut,
dass viele Menschen tatsaechlich einem derartigen
Konflikt unterliegen. Ich halte ihn jedoch fuer
einen Scheinkonflikt. André Kostolany sagt,
dass jeder Systemspieler, den er jemals getroffen
hat, und das Handeln nach Elliottwellen und
Geschichtsgesetzen ist nichts anderes, letztlich
Pleite gemacht haben.
Wenn es also nicht einmal Geld bringt, warum
unterwerfen sich dann trotzdem Hunderttausende,
wenn nicht gar Millionen, freiwillig der Diktatur
allmaechtiger Gesetzmaessigkeiten? Wahrscheinlich
deshalb, weil Freiheit und Indeterminiertheit
der Welt nur schwer zu ertragen sind. Wuerde die
Freiheit an der Boerse gehandelt, waere sie also
ein wunderbarer Leerverkauf. Denn kaum einer
hat sie, kaum einer will sie und kaum einer
weiss sie zu nutzen. Der Preis der Freiheit wird
daher erst dann steigen, wenn es zu spaet ist.
Kurz vorher muss man sich also eindecken und
ganz dick"long" gehen.

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