- Boulevard-Theater? Politische Berichterstattung: mehr Entertainment weniger Info - stocksorcerer, 11.08.2003, 21:57
- Re: Ärsche, Titten, Stars and Stripes - Tempranillo, 11.08.2003, 23:12
- Re: Ärsche, Titten, Stars and Stripes - Christian, 11.08.2003, 23:27
- Es liegt daran, dass die Nachrichten bewußt zu oberflächlich sind! - stocksorcerer, 12.08.2003, 06:37
- Danke, Du schreibst viel schöner als ich:-) (owT) - stocksorcerer, 12.08.2003, 06:32
- Re: Ärsche, Titten, Stars and Stripes - Christian, 11.08.2003, 23:27
- Re: Ärsche, Titten, Stars and Stripes - Tempranillo, 11.08.2003, 23:12
Re: Ärsche, Titten, Stars and Stripes
-->Hallo Stocki,
warum soll ich Dir jetzt eine Meinung schreiben? In dieser Frage wirst Du von mir nur das zu lesen bekommen, was Du Dir genausogut selber schreiben könntest. Erwarte von meiner Antwort also bitte keine großartigen Neuigkeiten.
Aber wo ich schon mal dabei bin...
Deine Wahrnehmung kann ich nur voll und ganz bestätigen. Daß mir auf der ersten Seite von BILD-online die Titten entgegenhängen wie die platzprallen Euter von EU-Turbo-Rindern und garantiert eine Meldung zu finden ist, wer gerade mit wem die Federn zerwühlt, das nehmen wir hin, achselzuckend vielleicht, und denken uns, was soll man von der Gossenpresse schon erwarten?
Wer schon mal in Frankreich war, hat vielleicht mal beobachtet, wie jeden Morgen die Straßen gespült werden, und aller Unrat, alle Hundehäufchen den Weg in die Kanalisation antreten; eine Szene, die wir auch aus Billy Wilders"Irma La Douce" kennen.
Dieses BILD hat der Franzose vor Augen, wenn er die Boulevard-Presse als"la presse de caniveau", Gossen-, besser Rinnsteinpresse, bezeichnet.
Irgendwie scheint es eine unterirdische Verbindung von der Pariser Kanalisation in die Redaktionsräume des Springer-Verlags, vor allem seines Flaggschiffs, der BILD-Zeitung zu geben.
Seit einiger Zeit habe ich den Eindruck, noch sehr viel mehr Redaktionen, darunter hochrenommierte, schöpfen aus den gleichen Quellen, was ein kurzer Blick ins Inhaltsverzeichnis von, sagen wir, LOCUS, aber auch des SPIEGELs, sofort klar macht. War das zu Augsteins Zeiten denkbar, Beiträge wie"Geheime Wünsche deutscher Männer: mehr Sex mit dem Kumpel" oder"Boxweltmeisterin Regina Halmich, umbeschreiblich weiblich"?
Ich habe schon lange den Eindruck, das Umsichgreifen privater Themen, mit einem starken Einschlag ins Kopulative, gerne auch mit Homo-, Lesben- oder Emanzipationsaspekt ist Teil der massenmedialen Gehirnwäsche. Mit irgendwas müssen die Spalten und Sendezeiten ja gefüllt werden, wenn das Wichtige, das Politische, vorab auszuklammern ist. War doch bei Goebbels und der UFA kein bißchen anders, nur mit weniger Frischfleisch.
Jeder Mist kommt auf die Mattscheibe, bloß nicht das, was von Interesse wäre. Schon seit Jahren staune ich, wie bei RTL und SAT1 in so ziemlich jeder Nachrichtensendung irgendeine kotzdämliche Meldung aus Amerika kommt. Ich meine jetzt nicht die Berichte aus dem Weissen Haus, sondern Filmberichte über für uns hier, im alten Europa, so waaahhhnsinnig wichtige Ereignisse, wenn z.B. in Alabama mal der Wind ein paar Häuser abdeckt, oder in New Mexico die Kartoffelkernte ausfällt. Es ist wirklich nichts so blöd und belanglos, als daß es nicht in Heiner Bremers Nachtjournal über den Sender gehen würde - Hauptsache, es hat mit den USA zu tun. Ich warte auf den Tag, an dem RTL die Stuhlgangbeschwerden von Arnold Schwarzeneggers Hund zum Thema macht.
Diese Praxis greift jetzt auch auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten (!) über. War nicht in"Heute" (ZDF) gerade was mit Walen zu sehen, die ins Wasser geschoben wurden? Ort der Handlung, natürlich God`s own Country.
Alles nur Zufall, oder der Versuch, D-Land anhand des American Way of Life endgültig zu kolonisieren? Nach dem militärischen und politischen Imperialismus jetzt der kulturelle?
Ärsche, Titten, Stars and Stripes. Herr Saban wird´s schon richten.
Tempranillo

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