- Statistik des Grauens Teil III / Lehrstellen - Sascha, 11.08.2003, 22:29
- Re: Statistik des Grauens Teil III / Lehrstellen - Karl52, 11.08.2003, 23:38
- Da ist sehr sehr viel Wahres dran! [mkT] - Sascha, 12.08.2003, 02:17
- Re: Da ist sehr sehr viel Wahres dran! [mkT] - Sascha, 12.08.2003, 04:33
- Die Erziehungskrise & Die Elternkatastrophe (aus: Die Zeit) - Sascha, 12.08.2003, 05:07
- Re: Die Erziehungskrise /Das Problem ist die staatl. ZWANGSSCHULE - Cujo, 12.08.2003, 13:11
- Re: Die Erziehungskrise /Das Problem ist die staatl. ZWANGSSCHULE - Cujo, 12.08.2003, 13:20
- Re: Die Erziehungskrise /CDU gegen freie Schulen - Cujo, 12.08.2003, 13:22
- Re: Die Erziehungskrise /SPD gegen freie Schulen - Cujo, 12.08.2003, 13:32
- Re: Die Erziehungskrise /Das Problem ist die staatl. ZWANGSSCHULE - Cujo, 12.08.2003, 13:11
- Adidas und Co: Der Markenfetischismus in den Schulen - Sascha, 12.08.2003, 05:51
- Re: Adidas und Co: Der Markenfetischismus in den Schulen - marotte, 12.08.2003, 23:15
- Mama, da ist Ei auf dem Teppich... Anspruchsdenken und Fungesellschaft - Sascha, 12.08.2003, 06:34
- Re: Mama, da ist Ei auf dem Teppich... Anspruchsdenken und Fungesellschaft - Jagg, 12.08.2003, 06:37
- Da ist sehr sehr viel Wahres dran! [mkT] - Sascha, 12.08.2003, 02:17
- Re: Statistik des Grauens Teil III / Lehrstellen - Karl52, 11.08.2003, 23:38
Adidas und Co: Der Markenfetischismus in den Schulen
--> Nochmal etwas zu den"armen Kindern" und Markenterror in der Schule.
<font size=5>Adidas und Co: Der Markenfetischismus in den Schulen</font>
Von Josef K r a u s, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL)
Manche Urteile über die Jugend sind so alt wie die Menschheit selbst."Diese Jugend ist verdorben, gottlos und faul. Mit ihr wird es nicht gelingen, unsere Kultur zu erhalten." <font color="#FF0000">Allein dieses Lamento hat 5000 Jahre auf dem Buckel, es ist nämlich eingeritzt in einen babylonischen Tonziegel</font>. Wenn solche Klagen auch heute noch gelten sollen, dann müßten sie auf jeden Fall um eine Beschreibung erweitert werden: <font color="#FF0000">Diese Jugend ist eitel</font>. Die Zeit der kultivierten Häßlichkeit, der zerrissenen oder geflickten Jeans ist"out"."Prolo"-mäßig kommen allenfalls die sog. Skater daher, deren Hosenzwickel gerade eben über den Knöcheln hängt - ein Zustand, der Lehrer bereits dazu veranlaßt haben soll, Schülern ein ausrangiertes Paar Hosenträger anzubieten.
<font color="#FF0000">Ansonsten sind die"Kids" heute eher auf"Schicki-Micki" gestylt</font>. Daß Aldi in seinen Sonderangeboten kaum Hosen, T-Shirts und Schuhe für Kinder zwischen sechs und sechzehn führt, hat seinen Grund. <font color="#FF0000">Mit Aldi-Klamotten könnte man in der Schule, beim Jugend-Treff oder in der Disco schlicht und einfach nicht antreten. Das wäre uncool</font>. Kultig ist etwas anderes - <font color="#FF0000">kultig ist die Markenware, kultig sind Designer-Klamotten; das Original-Fußballerdress von Bayern München oder von ManU (Manchester United) ist zumindest unter Jungs ohnehin Pflicht</font>. Dementsprechend gehen den Kindern zig Markennamen leichter von den Lippen als so manche Vokabeln aus dem Englischunterricht: Vor kurzem waren es noch C.K. (Calvin Klein), Chiemsee, jetzt sind es Mexx, Tom Taylor.
<font color="#FF0000">Die Eltern wissen ein Lied davon zu singen, was das heißt, wenn ihre Kinder die Schule als Laufsteg betrachten</font>. Die Einkleidung der Kinder im Bekleidungsgeschäft oder in der Boutique wird dann zum Kampf und das morgendliche Anziehen zum Drama."Mit diesen Fetzen kann ich mich nicht sehen lassen, damit steh ich ja da wie ein Aso (Asozialer)." So oder noch viel deftiger fallen dann die Weigerungen aus, ein T-Shirt oder einen Pullover von der Stange anzulegen. Was Wunder, wenn in den Elternhäusern das Wort vom Markenterror die Runde macht!
<font color="#FF0000">Da ist es dann keine Seltenheit, wenn die Zehnjährigen oder der Zwölfjährigen mit Kleidung im Wert von 500 Euro und mehr am Leib in die Schule marschieren - Handy und Discman nicht mitgerechnet</font>. Die meisten Lehrer haben keinen Blick dafür. Vor und zwischen den Stunden, im Schulbus und in den Pausen genießt man dann als solchermaßen gedresster und gestreßter Schüler die tatsächlich oder vermeintlich neidvollen Blicke der Mitschüler. Und wenn man sie nicht genießt, dann ist man wenigstens damit glücklich, nicht verspottet zu werden.
<font color="#FF0000">Es gibt nicht wenige Schülerinnen und Schüler, die bereit sind, für dieses Gefühl alles Erdenkliche anzustellen. Für den Kauf der ersehnten Kleidung an der Tankstelle oder im Supermarkt zu jobben, das ist die legale Methode, wenngleich darunter nicht selten die schulischen Leistungen leiden</font>. <font color="#FF0000">"Durchgefallen, aber overdressed"</font> könnte es dann heißen - oder treffender noch: <font color="#FF0000">"durchgefallen, weil overdressed"</font>. Gar nicht sonderlich legal sind die anderen Methoden, an die ersehnten Klamotten zu kommen: der Diebstahl im Kaufhaus oder das sog. Jackenziehen, also die erpresserische Aneignung der begehrten Kleidung eines Mitschülers. Und äußerst ungesund ist die Methode, neben dem Outfit auch noch die Figur eines angehimmelten magersüchtigen"models" haben zu wollen.
Schlaue Leute haben dagegen ein Rezept: die Schuluniform. Damit könne, so heißt es, dem Schaulaufen der Kinder in der Schule ein Ende gesetzt und dem Markenterror ein Riegel vorgeschoben werden. Außerdem werde dadurch die Identifikation der Schüler mit der Schule gefördert und im Endergebnis das Leistungsniveau gehoben. Fromme Wünsche! Die Realität sähe trotzdem anders aus. Die ganz Schicken haben dann eben andere Statussymbole: besondere Schuhe oder eine Sonderanfertigung des Schul-T-Shirts. Oder sie reißen sich die Schulklamotten mittags bereits im Schulbus wieder vom Leib, um Marke anzulegen. Und was, wenn die Schule Uniform verlangt, aber die kleinen Hyperindividualisten sich dem nicht beugen? <font color="#FF0000">Man riecht schon den ersten Verwaltungsgerichtsprozeß, der die Abmahnung eines uniformresistenten Schülers durch die Schule als Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Schüler und in die Erziehungsrechte der Eltern deklariert</font>.
Nein, Schuluniform, das ist auch wieder eines dieser Patentrezepte, die in anderen Ländern wie England vielleicht funktionieren, für die es in Deutschland aber keine mentale Basis gibt, weil man sich im Deutschland der Nachkriegszeit gefälligst mit nichts zu identifizieren hat, eigentlich nicht einmal mit der deutschen Fußballnationalmannschaft. Nutznießer dieses Individualismus ist die Wirtschaft. Die Heranwachsenden mit ihrer Kaufkraft sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. <font color="#FF0000">Laut KidsVerbraucherAnalyse des Jahres 2000 verfügen Kinder und Jugendliche pro Jahr über Geldmittel von 18 Milliarden Mark, also rund 9 Milliarden Euro</font>.
Das sei ihnen gegönnt, und es sei ihnen auch gegönnt, daß sie als die Kinder des beginnenden 21. Jahrhunderts eine Generation von Erben sein werden, wie es zuvor noch keine Generation von Erben gab. Alles, was die Großeltern und Eltern in den vergangenen fünfzig Jahren aufbauten und ersparten, geht ab jetzt an die Jungen. Das sind Billionen und Aber-Billionen. Wenn es keine weltwirtschaftlichen und währungswirtschaftlichen Katastrophen gibt, <font color="#FF0000">dann werden sich die jungen Deutschen des Jahres 2002 in Kürze Dinge leisten können wie keine Jugend vor ihr</font>. <font color="#FF0000">Hier kann man nur hoffen, daß dies den Trend dieser unserer Gesellschaft zum Schein und zum Äußerlichen nicht noch mehr verstärkt</font>. <font color="#FF0000">Immerhin ist es ja die heutige Eltern-Generation der Mitt-Dreißiger und Mitt-Vierziger, die der Jugend vorlebt, wie wichtig Outfit und Body sind. Wie sollen die Jungen da anders sein?</font>
Irgendwie ist das alles spießig, weil diese Eitelkeit bei jung und alt nichts anderes ist als eine besondere Form von Konformismus, ja von Uniformierung.

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