- Fine Game Wallraf - Investigative unter sich (Text aus WELT Morgen) - dottore, 12.08.2003, 18:08
- Könnte ja glaubwürdig sein... wenn es nicht ausgerechnet in der WELT stünde... (owT) - NaturalBornKieler, 12.08.2003, 18:23
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? (owT) - Jochen, 12.08.2003, 19:29
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? - Koenigin, 12.08.2003, 21:00
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? - Euklid, 12.08.2003, 21:05
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? - Jochen, 12.08.2003, 21:17
- korrektur - Euklid, 12.08.2003, 21:06
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? - Euklid, 12.08.2003, 21:05
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? - Koenigin, 12.08.2003, 21:00
- Re: Wo hat die WELT bisher gelogen? (owT) - Jochen, 12.08.2003, 19:29
- Wenn die Springerpresse von"Wahrheit" spricht, wird mir schlecht!! - Standing Bear, 12.08.2003, 22:20
- Re: Wo bleiben die Stasi-Akten über Kohl, Genscher, Gysi etc.?????? (owT) - Tempranillo, 12.08.2003, 23:51
- Re: Wo bleiben die Stasi-Akten über Kohl, Genscher, Gysi etc.?????? - Zwackelmann, 13.08.2003, 00:32
- Springer macht Meinung - und vergisst offensichtlich nichts - zucchero, 13.08.2003, 00:19
- Re:"Besonders bevorzugte, höfliche Abfertigung" - dottore, 13.08.2003, 10:04
- Re:"Besonders bevorzugte, höfliche Abfertigung" - Standing Bear, 13.08.2003, 10:20
- Re: Wo bleiben die Stasi-Akten über Kohl, Genscher, Gysi etc.?????? (owT) - Tempranillo, 12.08.2003, 23:51
- Re: Keine Ahnung, kann mir aber gut vorstellen, daß ihm fast jede Hilfe recht - LenzHannover, 12.08.2003, 23:01
- Könnte ja glaubwürdig sein... wenn es nicht ausgerechnet in der WELT stünde... (owT) - NaturalBornKieler, 12.08.2003, 18:23
Fine Game Wallraf - Investigative unter sich (Text aus WELT Morgen)
-->Text vorab gelaufen:
"Günter Wallraff hat Verdienste. Er hat aufgedeckt und aufgeklärt und dem investigativen Journalismus hier zu Lande den Weg geebnet. Ein Idol im Kampf für das Gute und Wahre, der Robin Hood der Reporter, von seinen Gegnern gefürchtet, angegriffen - und heimlich bewundert. Eine moralische Instanz, die auch im Hause Axel Springer etwas verändert hat. Wallraffs System indes war das eines Undercover-Agenten.
Er hat sich verkleidet ins Vertrauen von Menschen geschlichen, um ihnen Geheimes zu entlocken und gegen sie zu richten. Oder, wie er es sagt, 'um die Gesellschaft zu demaskieren'. Doch man hat ihm seine fragwürdigen Methoden verziehen, weil sein Motiv so hehr erschien: die Suche nach der Wahrheit.
Nun erscheint alles in neuem Licht. Wallraff hat nicht demaskiert, sondern die Wahrheit über sich und seine Motive verschleiert. Er hat nicht selbstlos für das Gute gekämpft, sondern im fremden Interesse gegen ein ihm verhasstes System. Welch' Ironie der Geschichte: Investigative Reporter des Verlages, dem Günter Wallraff unsaubere Arbeitsmethoden und übelste moralische Vergehen vorgeworfen hat, decken übelste moralische Vergehen Wallraffs auf, dessen Arbeitsmethoden sprichwörtlich für investigativen Journalismus geworden sind.
Aber um die Ironie der Geschichte geht es nicht, nicht um späte Rache und Triumphgefühl. Es geht um ein Drama: Der Mann, der in der Bundesrepublik der große Enthüller war - er hat, diesen Schluss muss man heute ziehen, für den Geheimdienst der DDR gearbeitet.
Dass Wallraff als 'Inoffizieller Mitarbeiter mit Arbeitsakte' (IMA) bei der Stasi registriert war und Informationen geliefert wurden, gibt seinem Fall eine neue Dimension und Brisanz.
IM mit Arbeitsakte heißt, dass Material aus dieser Quelle strömte, dass Aufträge oder geheime Treffen dokumentiert wurden - und es deshalb auch höchst unwahrscheinlich ist, dass der IM nicht wusste, mit der Stasi zusammenzuarbeiten. Das ist die Faktenlage.
Umso mehr erstaunt die öffentliche Reaktion auf die Enthüllung: Nicht der Stasi-Mitarbeiter wird angegriffen, sondern seine Enthüller. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, die noch am 26. Juli 2001 offiziell bestritt, dass sich ein Bezug zwischen Stasi-Vorgängen und Günter Wallraff herleiten lässt, qualifiziert die erstmalige Herleitung durch die WELT nun als 'nichts Neues' aus den 90er Jahren ab.
Warum warnt die Birthler-Behörde im Fall Wallraff (West) davor, 'auf eine IM-Belastung zu schließen', während sie im Fall Bisky (Ost) bei nahezu identischer Aktenlage eine IM-Belastung für 'erhärtet' hält? Und warum überprüft sie nicht endlich die Rosenholz-Datei auf Wallraff? Das Ergebnis wird die Darstellung der WELT bestätigen.
Erstaunlich auch die Reaktion einiger Medien. Der Berliner 'Tagesspiegel' etwa sieht in einem großen nachrichtlichen Artikel am Dienstag zwar die gleiche Beweislage wie die WELT am Montag. In einem Kommentar dazu aber betrachtet man die IMA-Registrierung Wallraffs als quasi selbstverständlich. Dies sei 'so originell und überraschend wie eine Enthüllung..., die Konrad-Adenauer-Stiftung habe Helmut Kohl in ihren Akten als Referenten geführt.' Was Wallraff getan hat, 'als was er registriert war, ändert kaum etwas an seinem öffentlichen Bild.'
Weil nicht sein darf, was nicht sein soll? Das Bild hat sich geändert, und zwar fundamental. Nicht alles, was Günter Wallraff schrieb, muss und wird eine Lüge sein. Natürlich nicht. Aber es ist jetzt anrüchig, zweifelhaft, entwertet. Was ist Wahrheit, was Dichtung, wenn jemand unter dem Deckmantel der Aufklärung für eine Organisation arbeitet, die Desinformation und Diskreditierung betreibt?
Wallraff schreibt am Ende seines Bestsellers 'Ganz unten' über eines seiner Enthüllungsopfer: 'Nichts wäre falscher, als ihn zu dämonisieren. Er ist einer von zigtausenden Erfüllungsgehilfen und Nutznießern des Systems der... Menschenverachtung' gewesen.
Die Wahrheit hat Wallraff eingeholt."
Lovely killing fields, nice game & prey...

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