- Kommentar: Beamte in der Imagefalle (FAZ) - Sascha, 13.08.2003, 10:16
- Re: Kommentar: Beamte in der Imagefalle (FAZ) - fridolin, 13.08.2003, 10:40
- Unfug, sind Angestellte bei Siemens deutlich besser? - LenzHannover, 13.08.2003, 17:38
- Re: Unfug, sind Angestellte bei Siemens deutlich besser? - Euklid, 13.08.2003, 17:49
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- Re: Kommentar: Beamte in der Imagefalle (FAZ) - fridolin, 13.08.2003, 10:40
Kommentar: Beamte in der Imagefalle (FAZ)
-->Kommentar
<font size=5>Beamte in der Imagefalle</font>
Von Rainer Blasius
12. August 2003 <font color="#FF0000">Die Alimentierten in Bund, Ländern und Gemeinden, mehr als 1,7 Millionen an der Zahl, soll - so empfinden es die Standesvertreter - eine brodelnde Unzufriedenheit befallen haben</font>. Vom <font color="#FF0000">"Druck im Kessel"</font> ist im Zusammenhang mit dem <font color="#FF0000">Betriebsklima </font>in den bekanntlich unklimatisierten deutschen Amtsstuben die Rede; von einem Druck, der sich irgendwann überraschend entladen könne. Damit ist wohl auch zu erklären, warum der Berliner Innensenator Körting nach Ausbruch der jüngsten Hitzewelle seinen Landesbediensteten die Freiheit gewährte, schon vor 15 Uhr bei Außentemperaturen von mehr als 29 Grad"Hitzefrei" zu nehmen, sofern denn keine dienstlichen Gründe entgegenstehen und das Gleitzeitkonto noch nicht überzogen ist.
Was der Senator <font color="#FF0000">als"Fürsorge" verkauft</font>, trägt wieder einmal dazu bei, das Bild der Staats- und Gemeindediener zu verdunkeln. Wenn ein einzelner Dienstherr Polizisten, Krankenschwestern und viele andere, die in sengender Sonne durchhalten müssen, schwitzen läßt und nur an die denkt, die wie er ruhig am Schreibtisch sitzen, hätten schon die Gewerkschaften protestieren müssen. In diesem Fall aber war von ihnen nichts zu hören. Von der Berliner"Hitzefrei"-Verordnung führt ein grader Weg zu der Selbsterkenntnis, die ein höherer Kommunalbeamter kürzlich auf einer Beamtenbund-Tagung äußerte:"Wir haben unter unserem Image zu leiden."
Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (DBB), Erhard Geyer, ist indessen noch weit entfernt von solcher Selbsterkenntnis. Geyer klagt seit Jahresbeginn über die begrenzte Ã-ffnungsklausel, die der Bundesrat schließlich am 11. Juli, dem"Schwarzen Freitag" in der Geschichte des deutschen Beamtenbesoldungsrechts, ohne Debatte verabschiedet hat. Seitdem sind Kürzungen bei den jährlichen"Zuwendungen" in die Entscheidungsfreiheit der einzelnen Länder gestellt. Gleichzeitig stimmten die Ländervertreter für die Beamten der Übernahme der Tariferhöhung zu, die von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Januar den öffentlichen Arbeitgebern abgepreßt worden war: <font color="#FF0000">insgesamt 4,4 Prozent für dieses und nächstes Jahr - bei leeren Kassen</font>.
Statt sich von den Verdi-Forderungen rechtzeitig zu distanzieren und auch gegen Widerstände der eigenen Basis einen tarifpolitisch zurückhaltenden Kurs zu steuern, schwamm der DBB im Fahrwasser des Verdi-Kapitäns Bsirske, der mit seinem neuen dienstgewerkschaftlichen Dickschiff die erste Machtprobe in einer Tarifschlacht suchte. Unverständlich bleibt in der Rückschau, wie Geyer glauben konnte, neben der von Verdi erkämpften Erhöhung der Bezüge auch noch die drohende Ã-ffnungsklausel verhindern zu können. Versucht hat er es: <font color="#FF0000">Das Weihnachtsgeld sollte - mit einem leichten Abschlag - anteilig in die Monatsbezüge integriert, also ein für allemal gerettet werden</font>, <font color="#FF0000">und zwar nicht nur bei den aktiven Beamten, sondern auch bei den Versorgungsempfängern, denn im Gegensatz zu verrenteten Angestellten und Arbeitern darf sich der pensionierte Beamte zur Weihnachtszeit über eine Sonderzuwendung freuen</font>. <font color="#FF0000">Ferner sollte das Urlaubsgeld"in Richtung Regional- und Leistungszulagen" umgewandelt werden</font>. Letzteres ist als löblicher Vorschlag in der hitzigen Diskussion untergegangen, weil der DBB-Vorsitzende umgehend von Verbandsmitgliedern attackiert wurde, die sich darüber erregten, daß Geyer nicht das volle Weihnachtsgeld erhalten wollte.
Das CDU-Mitglied Geyer hat in den letzten Monaten seiner achtjährigen Amtsperiode auf die Unterstützung der Unions-Ministerpräsidenten gesetzt, insbesondere auf die aus Stuttgart und München. Der bayerische Finanzminister Faltlhauser hatte ihn darin bestärkt, sich beim Verstecken des Weihnachtsgelds ein Beispiel an den Volksvertretern zu nehmen, die schon früher darauf gekommen waren, ihre jährlichen Zuwendungen zu zwölfteln <font color="#FF0000">und in ruhegehaltsfähige Einkommensbestandteile umzuwandeln</font>."Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig", heißt es so schön - allerdings im Verständnis der guten alten Zeit, als das Wort"billig" die gleiche Bedeutung hatte wie"recht". Heute steht es vorwiegend für"niedrig im Preis". Diese Bedeutung hatte der Bundesrat im Auge, als er die Ã-ffnungsklausel beschloß, die in regional unterschiedlicher Intensität dazu verhelfen wird, sich einen Teil der Besoldungserhöhung wieder zurückzuholen.
Ein"heißer Herbst" wird daher nicht mehr ausgeschlossen, was immer Beamte darunter verstehen mögen, die nicht streiken dürfen. <font color="#FF0000">Bei 4,5 Millionen Arbeitslosen könnte auch dem Beamtenbund allmählich aufgehen, daß die Forderung nach mehr Geld tarifpolitisch nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann</font>.<font color="#FF0000"> Wo lebt der scheidende DBB-Vorsitzende, wenn er die Bemerkung über den"sicheren Arbeitsplatz" seiner Lebenszeitklientel mit der beckmesserischen Bemerkung quittiert, es gebe"Beschäftigungssicherheit, keine Arbeitsplatzsicherheit"</font>?
<font color="#FF0000">Diese Beschäftigungssicherheit, die Deutschlands Beamte von den existentiellen Sorgen der Nichtalimentierten befreit</font>, hätte die Standesvertreter längst auf die Idee bringen müssen, bei Tarifverhandlungen neue Schwerpunkte zu setzen und mit den Dienstherren über die technische Ausstattung der Arbeitsplätze, über Fort- und Weiterbildungsprogramme, über die Qualifizierung von Vorgesetzten und <font color="#FF0000">über Leistungselemente in der Besoldung </font>zu beraten. Immerhin hat Bundesinnenminister Schily im Juli darauf aufmerksam gemacht, daß ein Teil des durch die Ã-ffnungsklausel eingesparten Betrags in eine <font color="#FF0000">bessere Leistungsbezahlung </font>fließen werde. <font color="#FF0000">Wichtig ist außerdem, daß die Beamten den wirtschaftlich sicheren Hort ihres Lebenszeitbeschäftigungsverhältnisses schätzenlernen</font>. Das sollte die DBB-Bundesleitung, die sich im November neu formiert, offensiv ihren Mitgliedern vermitteln. <font color="#FF0000">Demotivierende Klagen wie"keine Sonderopfer" und"gegen Sparpolitik" kann und will doch niemand mehr hören</font>.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2003, Nr. 186 / Seite 1
[b] Quelle: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~EADCB7E66C7C443659B53E435D902D951~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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