- Wie geht es mit der Wirtschaft weiter? Ein Blick in die Geschichtsbücher - chiron, 14.08.2003, 12:30
- Danke. Also erwarten uns Aufstände & Bankrotte in... 30, 40, 50 Jahren? (owT) - Zardoz, 14.08.2003, 13:05
- Nein, ich rechne viel früher damit...ausser bei Währungsreform - chiron, 14.08.2003, 13:29
- Re: Wie geht es mit der Wirtschaft weiter? Ein Blick in die Geschichtsbücher - Amanito, 14.08.2003, 13:41
- Re: Wie geht es mit der Wirtschaft weiter? Ein Blick in die Geschichtsbücher - chiron, 14.08.2003, 14:02
- @YooBee - chiron, 14.08.2003, 13:55
- Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - Dreiherrenstein, 14.08.2003, 15:06
- Re: Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - Euklid, 14.08.2003, 15:41
- Re: Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - vladtepes, 14.08.2003, 21:38
- Re: Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - Euklid, 14.08.2003, 22:00
- Re: Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - vladtepes, 14.08.2003, 21:38
- Re: Die Auflösung Belgiens - hatten wir schon 1914 angedacht (owT) - Bob, 14.08.2003, 18:47
- Re: Ein Blick in ein Zukunftsbuch; Die Auflösung Belgiens - Euklid, 14.08.2003, 15:41
- Danke. Also erwarten uns Aufstände & Bankrotte in... 30, 40, 50 Jahren? (owT) - Zardoz, 14.08.2003, 13:05
Wie geht es mit der Wirtschaft weiter? Ein Blick in die Geschichtsbücher
-->Wie geht es mit der Wirtschaft weiter? Eine Frage, welche sich nicht nur Unternehmer stellen. Unsere Altersvorsorge hängt von der Börsenentwicklung ab, die Politiker sind zu Wirtschaftspolitikern verkümmert, in den Medien nehmen die Finanzmärkte einen immer grösseren Bestandteil ein und Stars und Sternchen der Show- und Sportszene machen Werbung für Anlagefonds.
Da ich davon ausgehe, dass sich alles in ständig wiederholenden Zyklen bewegt, habe ich einen Blick in die Geschichtsbücher geworfen und dabei überraschend viele Parallelen gefunden. Besonders verblüffend präsentiert sich dabei die Zeit um 1500. Schon damals galt die Losung „Geldpolitik=Weltpolitik“ mehr als jemals zuvor oder auch danach, bis heute….?
Christoph Kolumbus läutete Ende des 15. Jahrhunderts die Zeit der Globalisierung ein. Im Namen der spanischen Krone entdeckte er die Bahamas, Kuba, Honduras und Nicaragua. Der Portugiese Vasco da Gama eroberte ungefähr zur gleichen Zeit die Weltmeere. Cabrals stach 1500 in See und sollte im Auftrag Portugals mit seiner Entdeckungsfahrt die Ansprüche Portugals im Orient deutlich machen. Dabei landete er auf Grund eines Navigationsfehlers in Brasilien.
Die Wurzeln des Kolonialismus lagen mit der Gründung der portugiesischen und spanischen Kolonialreiche am Anfang des 16. Jahrhunderts. Als die Seewege erst einmal erforscht waren, richtete sich der Expansionsdrang schnell auf den Welthandel. Portugal gründete in den folgenden Jahren zur Sicherung seiner Rechte Siedlungskolonien im Atlantik, in Afrika, Indien und Brasilien. Spanien eroberte gleich drei grosse Reiche in Lateinamerika. 1519 besiegt Hernan Cortes das mächtige Aztekenreich. Pizarro eroberte später das Inka-Reich. Valdivia nahm Chile ein. Die spanischen Konquistadoren hatten jedoch nur wenig Sinn für die Grösse der Kulturen, auf die sie trafen. Sie zerstörte die Kulturgüter und raubten deren Schätze. Ausserdem beuteten sie die Gold-, Silber- und Edelsteinminen aus.
Selbstverständlich musste dieser Entdeckungs- und Expansionsdrang auch finanziert werden. Dazu kam auch noch die masslose Prunksucht der europäischen Herrscherhäuser und die gegenseitige Kriegsführung. All das konnte auf die Dauer durch Steuern und Abgaben nicht gedeckt werden. Die so aufgerissene Lücke zwischen Finanzbedarf und wirtschaftlicher Kraft weckte den Heisshunger auf Geld. Dieser erst ermöglichte den Financiers ihren grossen Aufstieg. Indem sie das gewünschte Geld zur Verfügung stellten, gewannen sie neben dem finanziellen zunehmend auch politischen Einfluss, der durch die - wiederum zu finanzierenden - Zinsen immer grösser wurde. Die grossen Banker der damaligen Zeit erlebten ihre Blüte.
Allen voran die Habsburger machten sich auf den Weg zur ersten Weltmacht begleitet von ständig leeren Kassen. Der Augsburger Kaufmann Lucas Rehm beschrieb das Finanzgebaren Maximilians so „Er war fromm, nicht von hoher Vernunft und stets arm. Er hatte Räte, die waren Lausbuben, die regierten ihn gänzlich. Diese wurden fast alle reich, Maximilian aber arm“. Nur der schlaue Jakob Fugger schaffte es mit einer geschickten Politik seines Konzerns, Einfluss auf den König zu behalten. Mal verweigerte er Kredite, dann wurde wieder etwas gezahlt. Immer waren die Geschäfte verknüpft mit Privilegien, Sicherheiten und grossen Geschäften mit Rüstungsgütern und Verpflegung.
Durch die permanent steigenden Ausgaben waren die Herrschaftshäuser gezwungen ihre Schulden durch die Abtretung von Minen, Münzmonopol und ähnlichen Privilegien zu begleichen. Es kam zu einem schleichenden Ausverkauf der königlichen Besitztümer, die in den Taschen der Handelshäuser landeten. Die Abhängigkeit zwischen Herrscher und Geldgeber wurde dadurch ständig erhöht. Die Fugger und andere operierten über alle nationalen Grenzen und Machtblöcke hinweg. Ueberall, wo Geld zu verdienen war, tauchten ihre Faktoren auf. Und nie dauerte es lange, bis die Fugger zu einem übermächtigen Konkurrenten wurden. Dank ihrer ausgedehnten und hervorragend funktionierenden Handelsorganisation, ihrer erstklassigen Beziehungen und der unerschöpflichen Finanzkraft waren sie schon in den ersten Jahren der neuen Jahrtausendhälfte die grösste Firma Europas. Dabei stärkten sie auch ihre Stellung bei Hofe und bestachen die wichtigsten Finanzbeamten der Herrschaftshäuser.
Um seinen Verpflichtungen nachzukommen, kam Maximilian (Habsburg) 1508 auf die Idee, die Unternehmenssteuern zu erhöhen. Tatsächlich zahlten die grossen Unternehmen nur minimale Steuer. Der reichste Mann Deutschlands, Jakob Fugger, führte zum Beispiel pro Jahr kaum 1000 Gulden an den Fiskus ab. Nur hatte Seine Majestät eines übersehen; Sie verfügte weder über die Macht noch über die Fähigkeit, die weit verzweigten Geschäfte der grossen Handelsgesellschaften exakt einzuschätzen und dadurch ihre Steuerschuld festzustellen. So endete auch dieses Vorhaben des Herrschers wie so viele andere auch mit einer Niederlage. Gewitzt, wie die Kaufleute waren, traten sie nicht selbst gegen die Steuerpläne des Königs auf. Sie schickten vielmehr die Reichsstädte und befreundete Adelige ins Gefecht.
Ohne Zweifel waren die Fugger zu diesem Zeitpunkt bereits in den Rang einer europäischen Grossmacht aufgerückt, und mancher scharfsichtige Politiker fragte sich, ob denn das Handelshaus noch der Habsburger Monarchie diene oder ob nicht in Wirklichkeit längst Jakob Fugger der Machthaber und Kaiser Maximilian sein Erfüllungsgehilfe sei. Während aber alle Welt das politische Geschick und den immensen Reichtum der Fugger bewunderte, stand die Firma in Wahrheit vor einem tödlichen Abgrund. Niemand ausser Jakob Fugger selbst wusste, wie zerbrechlich seine wirtschaftliche Macht war und wie vergänglich sein Reichtum. Die Firma lief Gefahr, an ihrem eigenen Erfolg zu ersticken. Obwohl Jakob dafür bekannt war, nie ein Geschäft zu riskieren, das keinen ausreichenden Gewinn versprach, reichten doch die selbstverdienten Erträge bei weitem nicht aus, die stürmische Expansion des Unternehmens zu finanzieren. Das Eigenkapital betrug 1509 nur etwas ein Zehntel des Umsatzes. Ein solches Missverhältnis war damals lebensgefährlich.
Schon seit langem arbeitete Jakob Fugger mit Fremdkapital, und zwar vorzugsweise mit schwarzem Geld. Dazu gehörten insbesondere hohe kirchliche Würdenträger, denen das kanonische Zinsverbot alle Einkünfte aus Kapitalvermögen strikt untersagte. Dass dieselbe Firma auch noch für die Kirche den Ablasshandel organisierte, kann weiter nicht verwundern. Ganz im Stile eines Versicherungskonzerns für Seelenfragen liess der Papst damals so genannte Ablassbriefe anbieten. Gegen Zahlung einer Gebühr konnte sich der Gläubige von den Qualen des Fegefeuers loskaufen. Das war den Theologen denn doch zu viel. Viele murrten und Martin Luther machte Ernst. Am 31. Oktober 1517 schickte er einen Brief an den Erzbischof von Magdeburg und Mainz mit seinen berühmten 95 Thesen. Ob er diese auch öffentlich an die Eingangstür der Schlosskirche in Wittenberg nagelte, ist bis heute umstritten. Die Spaltung der christlichen Kirche hatte hier ihren Ursprung. Als der Mönch am 10. Dezember 1520 einige Bücher über Kirchenrecht öffentlich verbrannte, war das eine offene Kampfansage an Rom, der auch prompt der päpstliche Bann gegen Luther folgte. Jakob Fugger beförderte also mit seinen Ablassgeschäften indirekt die geschichtsträchtige Kirchenspaltung. Aber nicht nur die Fugger sondern auch andere Kaufmannsfamilien waren in dieser Zeit überaus aktiv, unter anderen die Welser, die Hochstetter und die Medicis. Letztere brachten es sogar fertig, dass Giovanni de Medici zum Papst Leo X gekürt wurde. Der zweitälteste Sohn Lorenzos des Prächtigen war bereits im frühen Alter von 19 Jahren Kardinal und bisher eher durch kostspielige Hobbys und einen aussergewöhnlichen Verschleiss an hübschen Mädchen aufgefallen als durch übergrosse Frömmigkeit.
Diese Zeitepoche war aber nicht nur durch Globalisierung, Ausbeutung, Kirchenspaltung und Marktmonopole geprägt, sondern auch durch die Verbreitung des Buchdrucks. Die von Johannes Gutenberg und anderen erfundene Technik trat nicht zuletzt dank dem weit verzweigten Netz der Handelskonzerne seinen Siegeszug an, ähnlich wie heute E-Mail und Internet.
Die darauf folgende Zeit war geprägt durch Bauernaufstände, Pleiten der grossen Handelskonzerne und Staatsbankrotte: Spanien 1557 und 1575, Frankreich 1560.
<ul> ~ http://www.zeitenwende.ch/default/l1/index.htm?nav=22&SUBnav=1696</ul>

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