- FTD: *Ohne Analysten wären wir reicher!* - Wal Buchenberg, 05.09.2003, 08:35
- .... es hätte aber auch nicht diese Blase gegeben (owT) - Praxedis, 05.09.2003, 08:45
- Re: Verstehe ich nicht - Theo Stuss, 05.09.2003, 09:14
- Re: Kamelprognosen - Theo Stuss, 05.09.2003, 09:20
- Re:sehr gut, Herr Fricke! Jetzt müssten Sie nur noch kapieren, dass - kingsolomon, 05.09.2003, 09:55
FTD: *Ohne Analysten wären wir reicher!*
-->Thomas Fricke (Financial Times Deutschland)
"Würden Sie einem Arzt vertrauen, dessen Herzoperationen bislang zu 81 Prozent fehl schlugen? Wahrscheinlich nicht - es sei denn, sie wussten nichts vom katastrophalen Ausmaß des Doktorenversagens. Genau so könnte es mit Anlegern und Bankberatern sein. Nach neuen Studien stehen die Erfolgschancen beim Geldanlegen jedenfalls nicht besser als beim zitierten Mediziner - zumindest für die, die auf die Finanzauguren vertrauen. Trotzdem hält sich die Gilde der Marktprognostiker wacker. Noch.
Was die meisten Anleger finanziell zu spüren bekommen, seit sie das Platzen der Aktienblase 2000 überraschte, ist kein Zufall. Darauf lassen gleich mehrere Auswertungen von Daten aus den vergangenen zehn Jahren schließen*. Ob bei Aktien, Devisen oder Zinsen: Die Fehlprognosen haben bei Finanzanlagen offenbar System, wenn auch ungewollt. Und es könnte volkswirtschaftlich etwas Gutes haben, daraus Konsequenzen zu ziehen.
Ohne Finanzprognosen wären wir reicher
Bei mehr als der Hälfte aller Währungsprognosen stimmt am Ende nicht einmal die Richtung, fand der Würzburger Volkswirt Robert Schmidt heraus, als er über gut vier Jahre die Vorhersagen prüfte, die Reuters, Consensus Economics und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) monatlich bei Hunderten Analysten ermittelten.
Mindestens ebenso bitter fallen nach Berechnungen des Wolfsburger Ã-konomen und ehemaligen Finanzanalysten Markus Spiwoks die Tests bei Zins- und Aktienindexprognosen aus. Der Realitätscheck ergab, dass 81 Prozent der Wendepunkte ausblieben, die der Dax laut den Auguren hätte nehmen müssen. Nur 17 Prozent der tatsächlichen Wendungen waren im Schnitt umgekehrt von den vermeintlichen Experten korrekt erwartet worden.
Was besonders auffällt: Die Fehlprognosen treten erstaunlich regelmäßig und ohne große Unterschiede zwischen den Autoren auf. Und mehr noch: Fast immer korrelieren die Vorhersagen weit stärker mit jenen Kursen, die zum Zeitpunkt der Prognose gerade notiert worden waren, als mit den künftigen, die eigentlich vorhergesagt werden sollten. Kurz: Die Prognostiker machen im Schnitt nichts anderes, als die Vergangenheit fortzuschreiben - die Prognosen laufen mit absurdem Gleichlauf hinterher. Und weil die Realität selten unverändert bleibt, ist das die denkbar schlechteste Prognose. Beispiel Euro: Der Höhenflug stoppte schon im Juni, erst Wochen später revidieren die Analysten auch ihre Prognosen - jetzt nach unten.
Hühnerhaufen-Prinzip
Was bei Konjunkturprognosen noch einigermaßen funktioniert, geht bei Finanzdaten völlig daneben. Für Firmen und Investoren bedeute es"ein hohes Risiko", wenn sie bei ihrem Währungsmanagement auf Marktprognosen bauten, sagt Devisenforscher Schmidt. Wie Spiwoks unkt, hätte etwa die Deutsche Bank in den 90er Jahren zwar keine guten, aber immerhin bessere Zinsprognosen gemacht,"wenn sie ihre Prognosebemühungen eingestellt" und stattdessen stets die aktuellen Zinsen fortgeschrieben hätte. (...)"
*"Qualität der Zinsprognosen deutscher Banken", Markus Spiwoks, erscheint im Oktober;"Die Verwendbarkeit der ZEW-Aktienindex-Prognosen für aktives Portfoliomanagement", Spiwoks, unveröffentlicht;"Zur Qualität professioneller Wechselkursprognosen", Robert Schmidt, Würzburg Economic Papers, Juni 2003
Gekürzt aus: Financial Times Deutschland, 5.9.03.
Gruß Wal
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