- Big Brother wächst und wächst... - - Elli -, 06.09.2003, 14:16
- das ist der Fluch des Apparates - Dieter, 06.09.2003, 17:36
- Re: und in der Praxis siehts dann immer so aus - kingsolomon, 06.09.2003, 18:59
- Re: oder so - in Zeiten knappen Geldes braucht es Ideen - kingsolomon, 06.09.2003, 19:06
- wieder ein schönes Beispiel, wer die eigentlich Interessierten an 9/11 sind. oT - igelei, 07.09.2003, 10:15
wieder ein schönes Beispiel, wer die eigentlich Interessierten an 9/11 sind. oT
-->>SPIEGEL ONLINE - 05. September 2003, 16:24
>URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,264401,00.html
>EU-Sicherheitspolitik
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>Big Brother wird Europäer
>Von Sylvia Schreiber, Brüssel
>Nach den Terroranschlägen des 11. September erkannten die Europäer ihre Schwächen: Kleinstaaterei in der Innen- und Sicherheitspolitik führt nicht weiter. Antiterrorspezialisten erhielten, was vorher politisch kaum durchsetzbar war: neue Gesetze, neue Gremien. Doch auf dem Weg zur totalen Kontrolle leiden die Bürgerfreiheiten.
>Brüssel - Ungewöhnlich, dass ein Amerikaner vom 11. September schwärmt. Aber für James J. Foster, hat"Nine/Eleven" den Durchbruch gebracht:"Der gemeinsame Kampf gegen den Terror hat die zivilisierte Welt doch erst zusammengeschweißt", blickt der Vize-Botschafter der US-Mission bei der Europäischen Union in Brüssel zufrieden zurück."Der kalte Krieg ist endgültig vorbei, jetzt zeigt sich ein ganz neuer Feind."
>Foster zählt ein Arsenal von Übereinkünften im Innen- und Justizbereich auf, die seither zwischen der EU und den USA geschlossen werden konnten - die gegenseitige Rechtshilfe etwa, die Zusammenarbeit mit Europol, den Austausch von Polizeiakten oder das Auslieferungsabkommen von verdächtigen Straftätern, wobei sich die Europäer ausbedungen haben, dass die Todesstrafe nicht angewandt wird.
>Musste zuvor mühsam zwischen 15 einzelnen EU-Ländern und den Vereinigten Staaten verhandelt werden, zeigen sich die ersten Kooperationsschritte jetzt auf supranationaler, europäischer Ebene."Vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar gewesen", so Foster, der sich seit Mitte der Neunziger von US-Seite aus mit Europa beschäftigt.
>Plötzlich wurden neue Gesetze möglich
>Ein europäischer Rechtsstaat sei nur rudimentär vorhanden gewesen. Jetzt würden Personenschutz, Justiz- und Polizeiangelegenheiten und die Sicherheit im Transportwesen, Zivil- und Katastrophenschutz oder auch der Bioterrorismus plötzlich auf ganz anderem Level diskutiert. Zur neuen US-europäischen Augenhöhe meint er:"Alles in allem, ein Gewinn. Das stimmt mich optimistisch."
>Für viele im Polizei- und Fahndungsbereich tätige Experten ist der 11. September, welch bittere Ironie der Geschichte, zu einer Art Sesam-öffne-dich geworden -"Nine/Eleven", die Chiffre, die plötzlich Gesetze möglich machte, die vorher wegen ihres harten Law-and-Order-Gehaltes kaum durchsetzbar gewesen wären.
>In Deutschland wurde Überwachung und Abhören für die Polizei mit dem neuen Paket der Antiterrorgesetze des Bundesinnenministers, auch"Otto-Katalog" genannt, erleichtert. In Belgien konnten plötzlich Muslimextremisten, welche der al-Qaida-Organisation jahrelang als Passfälscher und Logistiker gedient hatten, festgenommen werden. Wegen erweiterter, grenzüberschreitender Polizeikooperation ging den Fahndern in Spanien ein wichtiger Angehöriger der al-Qaida ins Netz.
>Muslime stehen unter Generalverdacht
>Die Kehrseite: Bürger aus islamischen Ländern, die in Europa leben, werden beschimpft und sehen sich seither einer Art Generalverdacht ausgesetzt. In einer von der belgischen Tageszeitung"De Morgen" Ende August publizierten Studie gaben 55 Prozent der Befragten an, dass die Anschläge des 11. September ihre Haltung gegenüber dem Islam negativ beeinflusst haben.
>Dennoch: EU-Diplomaten zeigen sich erfreut darüber, dass seit dem 11. September politischer Schwung in einen Themenbereich kam, der zuvor eher lustlos zwischen den Beamten der einzelnen Mitgliedsstaaten hin- und hergeschoben wurde.
>Die Terrorbekämpfung wurde zu einem Arbeitsschwerpunkt in der EU. Mit einem Mal herrscht nach jahrzehntelanger Funkstille rege Kommunikation zwischen Innen- und Außenpolitikern, zwischen Finanzleuten und Polizeiexperten. Die Europäer haben den europäischen Haftbefehl auf den Weg gebracht, womit die unbürokratische, rasche Überstellung von Verdächtigen zwischen den EU-Ländern bei bestimmten Straftaten ermöglicht werden soll. Sie haben sich mit"Eurojust" ein internationales Verbindungsbüro für Staatsanwälte zum Akten-Austausch geschaffen, und sie haben sich auf eine gemeinsame Straftatsbestands-Definition von Terrorismus geeinigt.
>Ã-ffentliche Terrorliste auf EU-Ebene
>Peinlichkeiten wie jene, als sich spanische Eta-Extremisten jahrelang unbehelligt in Frankreich aufhalten konnten, weil die Franzosen die Eta nicht als terroristisch einstuften, sollen damit ein Ende haben. Auch Verwicklungen zwischen Deutschland und den Niederlanden, welche die kurdische PKK unterschiedlich bewerten, gehören damit der Vergangenheit an. Seit dem 11. September führt die EU auch im Rahmen ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Gasp) eine öffentliche Terrorliste, auf der in der EU aktive, als terroristisch eingestufte Organisationen gelistet sind.
>Darübern hinaus verständigten sich die Polizeifahnder in ganz Europa auf eine zweite, geheim gehaltene Liste, die auch Personennamen und andere vertrauliche Angaben von Organisationen oder Firmen, die möglicherweise zu den Unterstützern zählen, enthält.
>Fragliche Konten, im Verdacht als Geldquellen für Terroraktionen, werden durch einen Mehrheitsbeschluss eingefroren, wie jetzt an diesem Wochenende beim Außenministertreffen am Gardasee für die palästinensische Hamas und ihre Unterstützervereine in Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden geplant wurde. Hamas könne nach den jüngsten Selbstmordanschlägen nicht"mehr als Befreiungsbewegung" angesehen werden, sagen hohe Beamte in Brüssel. Schon länger verlangen Israelis und Amerikaner Maßnahmen von den Europäern - eine direkte Folge des 11. September.
>Guthaben werden eingefroren, Immobilien beschlagnahmt
>Doch damit fingen für manche Unbeteiligten die Probleme auch gleich an: Einige Kleinunternehmer muslimischen Glaubens in Schweden gerieten voriges Jahr als Verdächtige auf die EU-Liste. Ihre Guthaben wurden eingefroren, Immobilien und Fuhrparks eingezogen, Existenzvernichtung drohte. Sie legten Widerspruch bei einem schwedischen Gericht ein. Dort konnten sie ihre Unschuld glaubhaft nachweisen - jedoch nicht auf europäischer Ebene.
>Auf supranationalem Niveau fehlt bislang jegliche Einspruchinstanz für den Bürger. Den schützt nur der eigene Staat. Zwischen den Staaten ist er vogelfrei. Eine europäische Gerichtsbarkeit existiert für diese Fälle nicht. Erst nach massiver Intervention über das Europaparlament konnte über einen politischen Beschluss im so genannten Clearinghouse-Gremium in Brüssel die schwedische Gerichtsentscheidung von allen anerkannt werden. Die Vermögen wurden freigegeben.
>Amerikaner wollen"Bewegungsprofile" erstellen
>Ungemach befürchten viele Europäer auch von den amerikanischen Wünschen nach immer mehr Zugriffen auf europäische Daten: So müssen seit März diesen Jahres Fluggesellschaften die Passagierdaten bei Transatlantikflügen aus ihren Datenbanken an die amerikanischen Behörden weitergeben - wo und wie lange die Personenangaben dann in den USA gespeichert werden, weiß in Europa niemand.
>Die Amerikaner wünschen sich auch den Einblick in Meilensammler-Programme und Kreditkarteninformationen, um"ganze Bewegungsprofile" erstellen zu können, wie ein US-Diplomat sagt. Doch so weit möchte niemand in der EU gehen, solange nicht geklärt ist, in welchen Behörden und bei welchen Diensten die Daten in den USA herumgereicht werden.
>Die Brüsseler EU-Kommission will jetzt erst einmal Druck wegen der Unklarheiten bei den bereits gelieferten Passagierdaten machen und auf ein klares Abkommen drängen."Wir wissen nicht einmal genau, zu welchem Zweck sie sammeln", moniert ein Kommissionssprecher,"auf gar keinen Fall bieten die Amerikaner Datenschutz auf europäischem Niveau." Vornehm gesagt: Die USA kennen das Wort"behördlichen Datenschutz" nicht einmal.
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