- Die Weisheiten von Bernd N. - kizkalesi, 07.09.2003, 10:32
- Re: Die Weisheiten von Bernd N. - zucchero, 07.09.2003, 14:15
Die Weisheiten von Bernd N.
-->Vom Reichwerden an der Börse
"Zu guter Letzt..." (Wams)
von Bernd Niquet
Die Illusion, dass man an der Börse schnell reich werden kann, scheint ungebrochen zu sein. Ein Blick auf das, was die selbst ernannten Börsengurus in ihren Börsenbriefen, Faxabrufen und Hotlines von sich geben, spricht eine deutliche Sprache. Doch gibt es überhaupt noch Menschen, die nach den bitteren Erfahrungen der letzten Jahre auf den ganzen Unsinn vom schnellen Reichwerden noch hören?
Offensichtlich, wenn man das Internet als Indikator heranzieht. Neben der Kolumne in der WELT am SONNTAG veröffentliche ich viele Beiträge im Internet. Dieses Medium hat gegenüber einer Zeitung den Vorteil, dass man sofort sieht, wie viele Leser die jeweiligen Kolumnen angeklickt haben. Ich gebe normalerweise niemals Aktienempfehlungen ab, sondern schreibe über generelle und allgemeine Entwicklungen. In der letzten Zeit habe ich einige Male über die miesen Methoden der Aktiengurus geschrieben und dafür deren eigene Überschriften als meine Headlines beibehalten, wie beispielsweise"Hier werden Sie reich!" und"Tolle Tipps zum schnellen Reichwerden".
Und was soll ich Ihnen sagen? Die Klickraten bei diesen Kolumnen sind in etwa doppelt so hoch wie bei den seriösen Themen. Mindestens die Hälfte meiner ansonsten so kritischen Leser scheint also weiterhin (oder schon wieder) vom Traum des Reichtums verhext zu sein. Doch ob man das nun bereits als Kontraindikator deuten und deshalb zum Ausstieg aus Aktien raten sollte, da bin ich sehr skeptisch. Ich denke nicht, dass der Traum vom schnellen Reichwerden sehr viel mit aktuellen Phasen an den Aktienmärkten zu tun hat. Ich glaube vielmehr, dass sich hier schlicht und einfach einer der größten Träume des Menschen manifestiert. Was letztlich dazu führt, dass die Menschen gerade in diesem Bereich immer wieder und zu jeder Zeit allen möglichen Scharlatanen auf den Leim gehen. Leider jedoch ist die Börse ein unglaublich schlechter Ort, um schnell reich zu werden. Natürlich kann man einmal einen Glückstreffer landen, doch keiner der Glücksritter der Börse wird die Nerven haben, Kurssteigerungen von über 1000 Prozent durchzuhalten, ohne nervös zu werden und zu verkaufen.
Die bittere Wahrheit der Börse ist daher vielmehr, dass sie eher die Besitzer großer Vermögen noch reicher macht, den Glücksspielern jedoch meistens noch das letzte Hemd raubt. Da der durchschnittliche historische Kursgewinn bei Aktien etwa um die acht Prozent pro Jahr liegt, bedeutet das: Wer zehn Millionen Euro auf der hohen Kante hat - und dementsprechend hart gesotten ist und nicht so schnell nervös wird -, fährt also im Schnitt 800 000 Euro pro Jahr ein. Brutto für netto, denn nach einem Jahr sind alle Kursgewinne steuerfrei.
Wer hingegen nur über 10 000 Euro verfügt, muss sich schon sehr strecken und viel Glück haben, um mehr als die durchschnittlichen 800 Euro Kursgewinn pro Jahr zu erreichen.
Das ist dann zwar eine gute Rendite, doch davon wird man keinesfalls reich. Und wenn er dann noch ein Trader ist, das heißt durch viele Umsätze viele Gebühren bezahlen muss und sich sehr oft die dümmlichen Hotlines und Ratschläge anhört, bei denen er jeweils weit mehr als eine viertel Stunde Banalitäten für 1,86 Euro die Minute serviert bekommt, dann kann schon rein rechnerisch unter dem Strich eigentlich kaum noch etwas übrig bleiben.
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