- Knigge für Nichtbayern........sunst fangst a paar - Tofir, 07.09.2003, 11:52
- Preisfrage:"Was ist ein 'Bayer'?" - Galiani, 07.09.2003, 12:02
- Geschnitten oder gezuzelt? - HB, 07.09.2003, 13:39
- ..und der Rundfunkempfänger heisst hier -DER Radio-! und...weiter... - ottoasta, 07.09.2003, 18:13
- Re:..und der Rundfunkempfänger heisst hier -DER Radio-! und...weiter... - Euklid, 07.09.2003, 18:16
Geschnitten oder gezuzelt?
-->Damit die Nordlichter auch wissen, wie sie die Weißwürscht zu essen haben, wenn es sie mal in den Freistaat verschlägt, hier was Bruno Jonas in"Gebrauchsanweisung für Bayern" dazu schreibt:
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Im ersten Kapitel dieser Schrift habe ich die Frage
aufgeworfen, ob es in Bayern tatsächlich Würste gibt, die hören
können? Das war selbstverständlich nicht ernst gemeint.
Tatsache aber ist, daß die Redewendung von den Würsten, die
das »Zweifeleitn net hören derfn«, in Bayern sehr gebräuchlich
ist. Ich werde Sie deshalb nun noch mit den intimsten
Geheimnissen der original Münchner Weißwurscht vertraut
machen.
Gehört diese bayerische Spezialität nun gezutzelt, oder muß
die Haut vor dem Verzehr von der Wurscht abgezogen werden,
und wenn ja, wie wird dabei das Messer geführt? Wo wird die
Weißwurscht vorschriftsmäßig gegessen, und vor allem wann?
Bevor wir nun diese letzten Fragen klären, darf ich, um meine
fachliche Qualifikation in punkto Weißwurscht
herauszustreichen, noch einmal auf meine Herkunft verweisen.
Ich stamme aus einer niederbayerischen Metzgerei und bin
hautnah, von Kindesbeinen an, mit der Produktion von
Leberkäse und Weißwürschten und sonstigen Wurstwaren
vertraut. An meiner Kompetenz als Sohn eines zwar
ostpreußischen Metzgermeisters, der aber in Niederbayern die
treue Kundschaft jahrelang mit Münchner Weißwürschten
verzaubert hat, das möchte ich betonen, besteht nicht der
geringste Zweifel. Zumindest von meiner Seite aus nicht.
(Bösartige Zungen behaupten, ich hätte wenig Ahnung und mein
Wissen über Bayern weise große Lücken auf. Das stimmt, vor
allem was die Jahre 550 v. Chr. bis 1950 n. Chr. betrifft. Ich bin
aber für jede Korrektur dankbar und freue mich riesig, wenn
einer mehr weiß als ich.)
Also: Es stimmt! Die Weißwürscht dürfen das Zwölfuhrläuten
nicht hören. Verkünden jedenfalls die Metzger, weil sie die
Ware vorher verkauft haben möchten. Sie können die
Weißwürschte selbstverständlich auch nach zwölf Uhr essen,
allerdings müssen sie frisch sein.
Im Normalfall werden die Münchner Weißen in den frühen
Morgenstunden produziert. So war es jedenfalls bei meinem
Vater in der elterlichen Metzgerei. Ich war oft genug dabei,
wenn die ersten Weißwürschte frisch aus dem Wurschtkessel
gehoben wurden, um sie zu verkosten. Zu diesem Zeitpunkt
gewährleisten sie den optimalen Genuß. Wer später zubeißt,
muß mit Geschmacksabschwächungen rechnen.
Wenn Sie in einer Wirtschaft Weißwürschte kredenzt
bekommen, wurden sie in der Regel zum zweitenmal erwärmt.
Ein drittes Erwärmen dieser Wurstsorte ist möglich, aber nicht
anzuraten. Je älter die Ware ist, desto grauer wird ihre Haut.
Achten Sie also auf die Haut, sie muß glänzend weiß sein.
Und nun zum wichtigsten Teil: Wie ißt man die Weißwurscht
richtig?
Die Antwort ist einfach und eindeutig: Es gibt eine genaue,
vorgegebene Vorschrift, die wahrscheinlich seit mehr als
tausend Jahren gilt, aber nirgends niedergeschrieben ist. Jeder
Bayer kennt sie. Die Weißwurschtweisheit, wie man dieses
Münchner Manna ißt, wird seit Generationen von Eltern an die
Kinder weitergegeben. Die ursprünglichste und vermutlich
reinste Form, diese Wurscht zu verzehren, ist das Auszutzeln.
Dabei nimmt man die Wurscht in die Hand und saugt oder
schlürft den Inhalt aus der Haut. So steckt in jedem Bayern ein
Weißwurscht-Vampir.
Eine weitere, von Diplomweißwurschtessern erlaubte Art ist
es, die Weißwurscht in der Mitte komplett durchzuschneiden
und dann beide Hälften auszuzutzeln.
Gerade noch toleriert wird die Methode, die Wurscht in der
Mitte querzuteilen und beide Teile mit dem Messer oder mit den
Fingern vor dem Verzehr zu häuten.
Sollten Sie auf die Idee kommen, die Weißwurscht der Länge
nach aufzuschneiden und ihr dann die Haut abzuziehen, so
gelten Sie als unkultivierter Barbar.
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