- Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Sascha, 12.09.2003, 17:49
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Euklid, 12.09.2003, 17:58
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Karl52, 12.09.2003, 18:15
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Re: Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 22:42
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Ausbildungsniveau auf den meisten Berufsschulen katastrophalt! [mkT] - Sascha, 15.09.2003, 01:31
- Drohungen bringen doch nichts - Sascha, 15.09.2003, 01:39
- Am Einmaleins gescheitert (WamS, über das katastrophale Bildungsniveau) - Sascha, 15.09.2003, 01:46
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
Ausbildungsniveau auf den meisten Berufsschulen katastrophalt! [mkT]
--> Hallo Karl!
> Leider, Sascha, Congratulations zur bestandenen Prüfung übrigens, ist das
> nicht die ganze Wahrheit.
Zuerst einmal danke hierfür.
> Als Mitglied des Prüfungskommitees der IHK zu Aachen (Kunststofformgeber)
> muß ich leider seit Jahren beobachten, daß deutlich mehr als die Hälfte der
> Lehrlinge nur mit Hängen und Würgen die Facharbeiterprüfung schafft, sowohl
> in der Theorie und leider auch in der Praxis.
Ich beobachte ähnliches. Ich war zwar selbst durch Abitur und Studium nie selbst in einer Berufsschule als Schüler aber ich bekomme von VIELEN so einiges mit. Und was da teilweise läuft ist alles andere als noch normal. Es fallen haufenweise Stunden aus, die Lehrer checken ihren Stoff teilweise (ich will ja nicht alle ausnahmslos verurteilen denn das wäre auch falsch) selbst nicht mehr und es fehlt an vielen Schulen auch an den benötigten Lehrmitteln (neue Bücher, PCs, Internetzugang u.v.m.).
Ich denke, daß diese Faktoren zum schlechter werdenden durchschnittlichen Bildungsniveau beitragen. Aber ich glaube die Hauptfaktoren liegen in der Tat an den Schülern und Eltern selbst.
> Die theoretische Prüfung ist mittlerweile bundesweit zentralisiert, ein
> Werturteil verkneife ich mir hier mal ausdrücklich. Die praktische Prüfung
> ist betriebsorientiert. Die allermeisten Ausbilder kenne ich seit vielen
> Jahren, die Klagen sind immer die gleichen, die Ergebnisse auch, Tendenz nach
> unten!.
Das glaube ich dir sofort. Das ist teilweise auch mit Schulabschlüssen so. Obwohl immer mehr Schüler das Abitur gemacht haben im Verlaufe der letzten Jahrzehnte sind seltsamerweise auch immer mehr Eltern der Meinung gewesen, daß es an der Schule liege und es"zu schwer sei". Da frage ich mich dann manchmal wie das zusammenpasst. Aber um zurück zu kommen zur absteigenden Tendenz.
Was ich so von den Berufsschulen aus Mannheim, Heidelberg, Wiesloch, Speyer und Umgebung mitbekomme ist eine einzige KATASTROPHE. Teilweise werden Diktate mit Niveau der 5. Klasse geschrieben. In Mathematik lernt man das dritte Mal den einfachen Dreisatz. Viele haben Probleme damit einen einfachen Text zu verstehen und viele verstehen einfache(!) logische Zusammenhänge nicht. Wo es aber auch häufig mangelt ist der Einsatz und die Disziplin. All das was man auch gerne unter"Pflichtwerte" zusammenfasst. Höflichkeit, Pünktlichkeit und ein gewisses Maß an Einsatz und Engagement ist bei vielen genausowenig zu erkennen wie ein gewisser Sinn für Realität. Viele träumen da scheinbar schon mit 16 von den Strandbars von Barbados und Palmen.
Jedoch kann man vielen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht mal immer einen Vorwurf machen. Woher sollen sie denn die Realität kennen wenn sie zuhause extrem überbehütet aufwachsen und von der Realität regelrecht ferngehalten werden? Wie soll aus den Jugendlichen die in Armut aufwachsen was werden. Viele sehen wie die Eltern jeden Tag an der Schnapsflasche hängen, sich prügeln oder sich durchschmarotzen.
Das was ich in Deutschland suche ist auch bei der Jugend die Mittelschicht. Es gibt auf der einen Seite immer mehr junge Menschen die unter - nach unseren Verhältnissen - sehr ärmlichen Verhältnissen aufwachsen und auf der anderen Seite gibt es die Jugendlichen die extrem überbehütet aufwachsen. Beides ist für die Leistung m.E. negativ zu werten. Wer überbehütet aufwächst, von der Realität ferngehalten wird, alles bekommt, nie mit anpacken muß der hat auch keine große Motivation und lebt in Traumwelten denn in der realen Welt. Wer unter armen Bedingungen aufwächst hat oft schlechtere Startchancen und hat es in dieser Gesellschaft sehr schwer wenn er/sie aus der Armut herauskommen will. Die Wenigsten schaffen das.
> Da braucht die Berufsschule ein ganzes Jahr, um innerhalb der Klasse
> einen in etwa gleichen Bildungsstand herzustellen, wenigstens was Fachrechnen
> und Deutsch angeht, Fähigkeiten, ohne die es nunmal nicht geht; von
> Disziplin, rechtzeitig zum Unterricht zu erscheinen, oder gar regelmäßig,
> will ich gar nicht reden.
Du sagst es!
> Das Problem fängt im Elternhaus an, wird in der Schule verschlimmbessert,
> letztlich auch ein Problem des Elternhauses, es gibt schließlich eine
> Schulaufsicht, und wird genau so an die noch willigen Ausbildungsbetriebe
> herangetragen, die die Chose dann ausbaden dürfen; das Ganze, versteht sich,
> zu deutlich überhöhten Kosten. Lehrlingsvergütungen wurden von den
> Gewerkschaften eingefordert, allerdings von den AG-Vertretern
> gegengezeichnet.
Die Lehrlingsvergütungen müßte man flexibler gestalten. Ich habe schon oft beobachtet, daß engagierte und wirklich lernbereite Jugendliche das gleiche Geld bekommen als irgendwelche faulen Jugendlichen die mit einer Null-Bock-Mentalität daherkommen das man es fast nicht glauben würde wenn man es nicht selbst gesehen hätte.
Heute habe ich auch einen Artikel über Yahoo gefunden worin der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lehrer/Lehrerinnen der beruflichen Schulen, Günther Besenfelder, zitiert wird, daß zehn bis 15 Prozent der Schüler/Schülerinenn nicht ausbildungsFÄHIG oder ausbildungsWILLIG seien. Nach meinen eigenen Beobachtungen und Eindrücken gebe ich diesem Mann Recht.
Sonntag 14. September 2003, 16:33 Uhr
<font size=5>Streit um Verantwortung für Lehrstellenmisere</font>
Berlin (AP) <font color="#FF0000">Wirtschaftsverbände und Politik haben sich gegenseitig die Verantwortung für den drastischen Mangel an Lehrstellen zugewiesen</font>. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn sagte der Zeitung «Die Welt» (Montagausgabe), es liege in der Hauptverantwortung der Unternehmen, Ausbildungsplätze zu schaffen. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun gab im Gegenzug <font color="#FF0000">der schlechten schulischen Ausbildung der jungen Menschen eine Mitverantwortung an der Lehrstellenmisere</font>. Ende August fehlten noch über 100.000 Ausbildungsplätze.
Bulmahn sagte, es könne nicht hingenommen werden, dass zigtausende junge Menschen keine Lehrstelle haben. Die Bundesregierung könne die Unternehmen nicht ersetzen. <font color="#FF0000">Die SPD-Politikerin räumte aber ein, dass zu viele Schüler die Schule mit schlechten Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt verließen</font>. Deshalb müssten die Hauptschul-Ergebnisse der Pisastudie veröffentlicht werden, um die Situation schwächerer Schüler zu analysieren. Bulmahn forderte zugleich die Bundesländer auf, Reformen wie das Ganztagsschulprogramm voranzubringen.
DIHK-Präsident Braun kritisierte in der «Berliner Zeitung», nun werde der Schaden sichtbar, «den die Kultusminister mit ihrer jahrelang falschen Schulpolitik zu verantworten haben.» Der DIHK-Präsident sagte, <font color="#FF0000">jedes Jahr verließen 90.000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss und seien kaum vermittelbar</font>. <font color="#FF0000">Diejenigen, die keine Lehrstelle fänden, seien zumindest in Westdeutschland in der Regel nicht die Lernstärksten, sagte Braun und bezeichnete es als unfair, der Wirtschaft dafür die Verantwortung zu geben</font>.[Eigener Kommentar: Da hat der Mann sicher nicht ganz Unrecht!]
Der Leiter der beruflichen Bildung beim Handwerksverband ZDH, Karl Spelberg, stimmte Braun in der «Welt am Sonntag» zu. «<font color="#FF0000">Die Schere zwischen geeigneten Bewerbern und wachsenden Anforderungen klafft immer weiter auseinander</font>», wird Spelberg zitiert. Alleine das Handwerk rechne bis Ende des Jahres mit 15.000 Stellen, die deshalb nicht besetzt werden könnten. <font color="#FF0000">Es sei schwer, einen Lehrling zu finden, der noch richtig rechnen könne</font>. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen, Günther Besenfelder, sagte, <font color="#FF0000">viele Lehrlinge könnten keinen Satz fehlerfrei schreiben und scheiterten bereits am kleinen Einmaleins. Zehn bis 15 Prozent eines jeden Jahrgangs seien nicht ausbildungsfähig oder -willig</font>.
DIHK-Präsident Braun warnte die Bundesregierung eindringlich vor Einführung einer Lehrstellenabgabe, mit der sich Betriebe von der Ausbildungsverpflichtung freikaufen könnten. Braun erneuerte indes das Versprechen der Wirtschaft, jedem ausbildungsfähigen und -willigen Jugendlichen eine Lehrstelle anzubieten. Dies werde aber nicht immer der gewünschte Beruf sein, wird der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zitiert.
IG-Metall-Vizechef Berthold Huber sieht dagegen in verbindlichen Absprachen zwischen Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften einen Ausweg. Eine Ausbildungsabgabe könne nur das allerletzte Mittel sein. «Ich bin gegen die schnelle Keule», sagte Huber dem «Focus».
Quelle: http://de.news.yahoo.com/030914/12/3n0mk.html
- - - - - - - - - - - - - -
P.S.: Heute abend um 21 Uhr soll in Report/Mainz auf ARD u.a. etwas zu folgendem Thema kommen:
"Lehrstellenmisere - Schulmisere: Zu wenig Bildung für den Beruf?"
Viele Grüße
Sascha
gesamter Thread:
Mix-Ansicht

