- Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Sascha, 12.09.2003, 17:49
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Euklid, 12.09.2003, 17:58
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Karl52, 12.09.2003, 18:15
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Re: Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 22:42
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Ausbildungsniveau auf den meisten Berufsschulen katastrophalt! [mkT] - Sascha, 15.09.2003, 01:31
- Drohungen bringen doch nichts - Sascha, 15.09.2003, 01:39
- Am Einmaleins gescheitert (WamS, über das katastrophale Bildungsniveau) - Sascha, 15.09.2003, 01:46
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
Drohungen bringen doch nichts
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DIHK-Präsident Ludwig-Georg Braun über den Mangel an Lehrstellen, das Warten auf die Konjunktur und die Sorgen um die Union
WELT am SONNTAG: Herr Braun, vor dem Berliner Haus der DIHK hängt ein großes Plakat:"Azubis von heute sind der Erfolg von morgen", steht da zu lesen. Warum weigern sich die Unternehmen, auf den Erfolg zu setzen, und bieten nicht genug Lehrstellen an?
Ludwig-Georg Braun: Was stimmt, ist, dass das Plakat da draußen hängt. Was nicht stimmt, ist, dass die Unternehmen nicht genug Azubis einstellen. Im Gegenteil, trotz der konjunkturell schwierigen Lage liegen wir mit dem Ausbildungsplatzangebot nur knapp unter dem Vorjahr.
WamS: Trotzdem finden viele junge Menschen keine Lehrstelle.
Braun: So pauschal stimmt das nicht. Wir verzeichnen beispielsweise einen <font color="#FF0000">Überhang bei der Nachfrage nach Kfz-Mechanikern</font>. Bäcker dagegen oder Friseur will heutzutage keiner mehr werden. Ich selbst habe händeringend in meinem Betrieb Auszubildende gesucht, teilweise ohne Erfolg.
WamS: Die Regierung mahnt und droht.
Braun: Die Bundesregierung soll mit ihren Warnungen und Drohungen aufhören. Das führt doch zu nichts. Die Unternehmen bilden nach ihren Kräften und nach ihrem Bedarf aus. Was soll ich denn machen, wenn ich keinen Azubi finde? Nein, wir lassen uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben. Wir haben auch nicht die Schuld an dem völlig ungeeigneten Schulsystem. <font color="#FF0000">Wenn die Bewerber heutzutage nicht mehr in der Lage sind, eine ordentliche Bewerbung abzuliefern, wenn sie sich im Vorstellungsgespräch nicht präsentieren können</font>. Auch ist es kein Versäumnis der Wirtschaft, wenn sie nach dem Unterschreiben des Ausbildungsvertrages ihre Lehre doch nicht antreten wollen. Das Problem liegt woanders.
WamS: Trotzdem: Wer nicht genug ausbildet, wird bestraft und muss zahlen, droht die SPD um Franz Müntefering.
Braun: Nirgendwo steht geschrieben, dass wir - die Wirtschaft - genau so viele Lehrstellen anbieten müssen, wie es Nachfrage gibt. Wenn die Regierung uns einen Rahmen setzen würde, in dem wir wachsen und gedeihen könnten, hätten wir auch die Sorge mit dem Lehrstellenmangel nicht.
WamS: Sie glauben nicht an eine Ausbildungsplatzabgabe?
Braun: Nein. Das ist nur eine leere Drohung. Das würde die Regierung nicht durchsetzen können.
WamS: Sie gaben gerade das Stichwort: wachsen und gedeihen. Wann wächst die deutsche Wirtschaft wieder?
Braun: ...
WamS: Wann erwarten Sie den Aufschwung?
Braun: Es geht doch nicht darum, dass die deutsche Wirtschaft wieder um 0,8 oder 1,0 Prozent wächst. Was wir brauchen, ist ein qualifiziertes Wachstum, das Arbeitsplätze schafft.
WamS: Und?
Braun: <font color="#FF0000">Das kann ich nicht erkennen</font>. Aus der Binnennachfrage allein lässt sich ein solches, notwendiges Wachstum jedenfalls nicht generieren.
WamS: Also weiter düstere Aussichten am Arbeitsmarkt? Fünf Millionen Arbeitslose Ende des Jahres?
Braun: Das glaube ich nun wiederum nicht. Die Konjunkturlage bessert sich immerhin leicht, und die Hartz-Reformen greifen, wenn auch in erster Linie nur in der Bereinigung der Statistik. Wir werden zum Jahresende wohl bei 4,5 oder 4,6 Millionen Arbeitslosen stehen, was natürlich immer noch viel zu hoch ist. Aber Deutschland ist und bleibt eine vom Export abhängige Industrienation. Nur wenn wir verlorenes Terrain auf den Weltmärkten zurückerobern, wenn wir die in vielen Sektoren der Wirtschaft verlorene Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen, kann Deutschland auf einen lang anhaltenden Wachstumspfad zurückkehren.
WamS: Darum geht es derzeit in Cancún bei der WTO-Konferenz. Wird in Mexiko der Durchbruch geschafft, so dass der Welthandel endlich wieder in Schwung kommt?
Braun: Jedenfalls gehöre ich nicht zu den Leuten, die alles nur schwarzsehen und für Cancún von einem Scheitern ausgehen. Ich glaube, dass die Industrienationen endlich aufhören müssten, ihre Volkswirtschaften mit Zöllen und sonstigen Handelshemmnissen zu schützen. Je freier der Welthandel, desto höher der Wohlfahrtsgewinn für die Welt.
WamS: Und wenn es dann konkret wird und die Industrie auf lieb gewonnene Subventionen verzichten soll, kneifen Sie?
Braun: Ich plädiere seit langem für einen Subventionsabbau von zehn Prozent per anno. Dann sind wir in zwölf oder dreizehn Jahren bei null.
WamS: Warum schlägt die Regierung nicht ein?
Braun: Weil das für alle gelten muss: Selbstständige, Beamte, Landwirte. <font color="#FF0000">Da machen die sich keine Freunde beim Wähler</font>.
WamS: Auch wenn die Effekte im zweiten Schritt viel größer sind als dauerhaftes Subventioneren von überholten Branchen?
Braun: Wir leben im Zeitalter des dauernden Wahlkampfes. <font color="#FF0000">Nehmen Sie den Menschen etwas, rächt sich das sofort. Mit anderen Worten: Allein die Sorge vor der Wählerstimme lässt die Parteien die unangenehmen Dinge nicht tun</font>.
WamS: Was hält die Opposition von Ihren Vorschlägen?
Braun: Das ist schwierig zu beurteilen. Denn in der Union gibt es doch vor allem in der Steuer- und Finanzpolitik derzeit keine einheitliche Linie.
WamS: Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer wollen ihre Polit-Freundschaft über das Datum 2006 hinaus fortsetzen. Sollte die Union jetzt auch handeln und schon frühzeitig einen Gegenkandidaten aufbauen?
Braun: Ich hielte einen solchen Schritt für richtig. Aber nur, wenn hinter dem dann Auserwählten auch ein Konzept erkennbar wird. Nur einen Namen zu nennen ist zu wenig.
WamS: Ist das realistisch?
Braun: Eher nicht.
WamS: Macht nicht die Kandidatenfrage für die Nachfolge von Johannes Rau alle Hoffnungen zunichte, dass man sich endlich auf die entscheidenden Fragen für die Zukunft dieses Landes konzentriert?
Braun: Ich muss Ihnen leider Recht geben. Wir haben wahrlich andere Sorgen, als darüber zu spekulieren, wer denn der kommende Bundespräsident wird. Wir brauchen ein Gesamtkonzept: Steuern, Bildung, Standort, Arbeitsmarkt, Rente. Das alles sind ungelöste Aufgaben. Und jedes Problem ist mit dem anderen vernetzt. Wenn die Bundesregierung jetzt glaubt, mit einem Vorziehen der Steuerreform alle Probleme zu lösen, liegt sie jedenfalls falsch.
WamS: Die Konzepte liegen auf dem Tisch.
Braun: Ich sage ihnen mal ein Beispiel: Wenn wir, also jeder Deutsche, zweieinhalb Stunden in der Woche mehr arbeiten würden, brächte das langfristig bei den Lohnkosten eine Reduktion von acht Prozent. Ich sage acht Prozent. Das sind über den Daumen gepeilt 20 Minuten am Tag. Ist das zu viel verlangt?
WamS: >...
Braun: Alle derzeit diskutierten Reformen der Sozialversicherungssysteme bringen im ersten Schritt nur eine Begrenzung für den weiteren Anstieg der Beiträge. Ich sage: 20 Minuten am Tag. Das würde uns viel mehr helfen.
Das Gespräch führten Sonja Banze und Ulrich Porwollik
Artikel erschienen am 14. Sep 2003
Quelle: http://www.wams.de/data/2003/09/14/168210.html?s=1, Welt am Sonntag, 14.09.2003
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