- Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Sascha, 12.09.2003, 17:49
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Euklid, 12.09.2003, 17:58
- Re: Ausbildung: Die Lehrstellenlüge - Karl52, 12.09.2003, 18:15
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Re: Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 22:42
- Re: Motivation und Können - Euklid, 13.09.2003, 10:21
- Ausbildungsniveau auf den meisten Berufsschulen katastrophalt! [mkT] - Sascha, 15.09.2003, 01:31
- Drohungen bringen doch nichts - Sascha, 15.09.2003, 01:39
- Am Einmaleins gescheitert (WamS, über das katastrophale Bildungsniveau) - Sascha, 15.09.2003, 01:46
- Motivation und Können - Dieter, 13.09.2003, 00:50
Am Einmaleins gescheitert (WamS, über das katastrophale Bildungsniveau)
--><font size=5>Am Einmaleins gescheitert </font>
<font color="#FF0000">Rund 55.000 Lehrstellen können in Deutschland nicht besetzt werden</font>. <font color="#FF0000">Immer mehr Schulabgänger sind nicht ausbildungsfähig</font>
von Heike Vowinkel
Lange hatte Andreas Buß es nicht glauben wollen."<font color="#FF0000">Leute, ihr habt zu hohe Ansprüche</font>", sagte er den Kollegen aus der Personalabteilung, wenn sie darüber klagten, <font color="#FF0000">dass sie keinen geeigneten Bewerber fänden</font>. Bis vor ein paar Wochen. Da setzte sich Buß, Vorstandsmitglied der Laurens Spethmann Holding in Seevetal, <font color="#FF0000">selbst in Gespräche mit potenziellen Lehrlingen - und war schockiert</font>.
Denn der 18-jährige Mann, der im August in Jeans und Pullover vor ihm saß, wollte nach Realschule und Berufsaufbaujahr Fachkraft für Lagerwirtschaft werden."Na, sagen Sie doch mal, was Sie so machen", forderte Buß ihn auf."So'n bisschen rumdaddeln", war die Antwort."Was heißt denn das?" fragte Buß."Na ja, mit Freunden halt rumdaddeln." Ob er denn etwas über das Unternehmen wisse?"Nö". Und als Buß fragte, warum er sich bei ihm beworben habe, sagte der junge Mann:"<font color="#FF0000">Das hat mein Papa mir gesagt</font>." <font color="#FF0000">Die beiden Lehrstellen im Lager, die Buß gern vergeben hätte, sind bis heute unbesetzt</font>.
Was Andreas Buß erlebte, ist kein Einzelfall. Zwar waren Ende August noch immer bundesweit 167 640 Lehrstellen-Suchende unvermittelt - 22,2 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Doch gleichzeitig blieben 54 577 Ausbildungsplätze unbesetzt. Allein das Handwerk rechnet bis Ende des Jahres mit 15 000 noch offenen Stellen. <font color="#FF0000">Laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer fanden 2002 bis zu 18 Prozent ihrer ausbildenden Mitglieder für wenigstens eine Lehrstelle keinen geeigneten Bewerber</font>. <font color="#FF0000">Defizite in der Allgemeinbildung, Deutsch und Mathematik waren dafür ebenso ursächlich wie mangelnde Verlässlichkeit, Pünktlichkeit oder Teamfähigkeit</font>.
In der Praxis lassen meist schon die Bewerbungsmappen erheblich zu wünschen übrig."Mit Eselsohren, Kaffeeflecken, als lose Blattsammlung oder mit falscher Anrede - haben wir alles schon gehabt", sagt Susann Behrendt, Leiterin der Personalentwicklung bei Peek & Cloppenburg Norddeutschland. Rund 60 Ausbildungsplätze besetzt das Unternehmen jedes Jahr, und obwohl diese bei Schulabgängern begehrt sind, <font color="#FF0000">wundert sich Behrendt oft, wie schlecht sich die jungen Leute verkaufen</font>. <font color="#FF0000">"Die kommen zu uns, als gingen sie zur Schule: in Turnschuhen und Jeans."</font>
Eine Erfahrung, die auch Holger Koch immer wieder macht. Als Personalchef des Papierveredlers und -herstellers Werner Achillis GmbH & Co. KG in Celle fand er für fünf Lehrstellen zur Industriekaufmann/frau <font color="#FF0000">gerade Mal eine geeignete Bewerberin. Die Zeugnisse waren meist enttäuschend</font>. <font color="#FF0000">Gute Deutsch- oder Mathematiknoten hatten Seltenheitswert</font>. In Gesprächen überwog <font color="#FF0000">Interesselosigkeit</font>, so dass sich Koch am Ende fragte:"Suchen die nun eine Stelle oder nicht?" Verantwortlich für das traurige Erscheinungsbild der Lehrstellenbewerber will Koch aber nicht allein die Schulen machen:"<font color="#FF0000">Auch Eltern haben versagt, wenn ihre Kinder nicht ordentlich auftreten können</font>." [Eigener Kommentar: Womit ich im Recht gebe.]
Die schulischen Defizite vieler Abgänger bereiten inzwischen auch dem Handwerk Sorgen, dem lange ein Image als Auffangbecken für Lernschwache anhaftete. Durch neue Technologien und Verfahren wächst auch hier der Bedarf an fähigen Lehrlingen."<font color="#FF0000">Die Schere zwischen geeigneten Bewerbern und wachsenden Anforderungen klafft immer weiter auseinander</font>", klagt Karl Spelberg, Leiter der beruflichen Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Er kann nur bestätigen, was die Bildungsstudie Pisa herausfand:"<font color="#FF0000">Es ist schwer, einen Lehrling zu finden, der noch richtig rechnen kann</font>."
Pessimistisch sieht auch Günther Besenfelder in die Zukunft. Der Leiter einer Berufsschule in Donau-Eschingen und Bundesvorsitzender des Berufschullehrer-Verbandes <font color="#FF0000">klagt über Lehrlinge, die keinen Satz fehlerfrei schreiben können und bereits am Kleinen Einmaleins scheitern."Das ist die perfekte Katastrophe</font>", sagt Besenfelder.
Er plädiert für eine Verkleinerung der Klassen an Hauptschulen und für <font color="#FF0000">Benimm-Unterricht, denn Sozialverhalten fehle häufig gänzlich - ebenso wie ein ganz normaler Lernwille</font>. <font color="#FF0000">Zehn bis 15 Prozent eines Jahrganges seien, sagt Besenfelder, nicht ausbildungsfähig oder -willig</font>.
Immer mehr deutsche Unternehmen, wie auch die Laurens Spethmann Holding, versuchen unterdessen, schulische Defizite ihrer Lehrlinge innerbetrieblich mit Nachhilfekursen aufzubessern."<font color="#FF0000">Doch alles können wir nicht ausgleichen</font>", sagt Andreas Buß. Das gelte insbesondere für <font color="#FF0000">mangelndes Sozialverhalten</font>. Wer hier Schwächen zeigt, bekommt oft erst gar keine Chance oder schlimmer noch, verbaut sie anderen Bewerbern. Beispiel: Absagen von Lehrstellen. Bis zu 15 000 Bewerber pro Jahr, die bundesweit eine Lehrstelle ergattert haben, lassen sie wieder verfallen. Für Handels- und Handwerkskammern, die sich auch in diesem Jahr wieder bei Betrieben um Lehrplätze bemüht haben, ist das besonders frustrierend."Erst redet man Firmen in langen Gesprächen gut zu, einen Lehrling zu nehmen, und dann tritt der die Stelle nicht an. Diese Betriebe können sie meist kein zweites Mal überzeugen", sagt Fin Mohaupt von der Handelskammer Hamburg. Allein in der Hansestadt haben zwischen August und September 306 Azubis ihre Stellen nicht angetreten.
Auch Rainer Männert wurde von <font color="#FF0000">unzuverlässigen Jugendlichen </font>enttäuscht. Der Geschäftsführer der Hamburger Wohnungsbaugesellschaft Rebien folgte dem Aufruf der Handelskammer und schrieb nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder einen Ausbildungsplatz im Bereich Bürokommunikation aus. Mehr als 50 Bewerbungen gingen ein. Männert, erschüttert über die <font color="#FF0000">schlechten Schulnoten</font>, die er zu sehen bekam, lud schließlich fünf Kandidaten zum Gespräch. Zwei erschienen nicht zum Termin, ohne abzusagen, aus den restlichen dreien wählte Männert eine Abiturientin aus. Noch am gleichen Tag schickte er ihr den Lehrvertrag. Tags darauf sagte die junge Frau kommentarlos ab, per Fax. Männert schwor sich zunächst,"nun nochmals 20 Jahre lang keinen Lehrling mehr einzustellen". In einem letzten Anlauf guten Willens suchte er sich schließlich doch noch eine geeignete Bewerberin.
Artikel erschienen am 14. Sep 2003
Quelle: http://www.wams.de/data/2003/09/14/168391.html, Welt am Sonntag, 14.09.2003
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