- Der neueste Malik: US-Zahlen irreführend vom 14.09.2003 - LenzHannover, 15.09.2003, 20:06
Der neueste Malik: US-Zahlen irreführend vom 14.09.2003
-->Nix neues für die meisten hier, vielleicht mal der Beraterin bei der Bank vorlegen: Ich habe das was gelesen, was meinen Sie den dazu... [img][/img]
Es sind natürlich wieder nur"Plattheiten", nur werden diese nunmal nicht beachtet und dadurch ist es wichtig!
Malik Aktuell
US-Zahlen irreführend vom 14.09.2003
- Unkritische Medien
- Falsche Vergleiche
- Täuschende Hoffnungen
Einmal mehr haben wir ein krasses Beispiel dafür, wie mit amerikanischen Wirtschaftszahlen unkritisch - nachgerade dumm - umgegangen wird. Offenbar wird jede US-Zahl einfach naiv geglaubt. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind falsch, irreführend und zum Teil gefährlich. Man kann darauf keine Anlageentscheidungen stützen, keine Konjunkturbeurteilung und schon gar keinen
Vergleich mit Europa und Deutschland. Die Wahrheit der Zahlen machen die Hoffnung auf eine deutliche Konjunkturerholung in den USA mehr als fragwürdig.
Wäre die US-Wirtschaft im 2. Quartal tatsächlich 3,1% gewachsen, würden wir sie mit Recht bewundern und müssten uns für unsere eigenen Zahlen schämen. Dann wären auch die jetzt im Wallstreet Journal publizierten Prognosen von 53 US-Oekonomen einigermassen glaubhaft, nämlich 4,7% für das dritte Quartal und 4,0% für das vierte.
Abgesehen davon, dass die historischen Prognose-Erfolge dieser Umfragen miserabel sind, müssen folgende Korrekturen an der Zahl für das 2. Quartal gemacht werden:
1. Annualisierung
Alle US-Zahlen werden annualisiert. Niemand sonst tut das. Es ist Unfug, den man nicht verhindern kann. Wer in den Medien glaubt, darauf Jubel-Schlagzeilen stützen zu können, beweist seine ökonomische Ignoranz.
Die Zahlen müssen durch 4 dividiert werden, um quartalsrelevant zu sein. Es ergibt sich somit ein Wachstum von knapp 0.8%. So würde das in anderen Ländern publiziert (und wäre Grund für mediale und politische Lamentos). Das ist höchst bescheiden. Der absolute Zuwachs entspricht genau dem; es sind rund 73 Mia Dollar.
2. Erwartungen übertreffen
Einer der Tricks, mit dem man Psychologie bei jenen macht, die darauf hereinfallen, ist die Verbreitung von"erwarteten" Zahlen. Für das 2. Quartal waren das 1,5%. Wenn die"realen" Zahlen dann mit 3,1 mehr als doppelt so hoch liegen, dann ist die Euphorie in den Medien kaum noch zu bremsen. Dass die Börse trotzdem nur geringfügig reagiert hat, müsste nachdenklich machen.
3. Zusammensetzung
Man muss die Zusammensetzung des Wachstums anschauen. Es gibt gesundes und krankes Wachstum. Mehr als die Hälfte der Wachstumsrate, nämlich 1.53 Prozentpunkte sind Staatsausgaben, und zwar reine Verteidigungsausgaben - wofür, ist offenkundig.
Der zweite dominierende Posten sind die"Business fixed investments". Das tönt nach deutlichem Erholungssignal. Das Wallstreet Journal konnte sich vor Freude kaum beherrschen.
3. Blähungen
Darin wiederum der grösste Anteil entfällt auf Computer. Die Investitionen für Computer seien -so die Berichte - um 12% oder 38.4 Mia Dollar gestiegen. Schön, wenn es so wäre. 85% dieser Ziffer sind aber reine Statistik, nämlich"hedonic pricing". Die tatsächlichen Ausgaben für Computer betrugen bescheidene 6.3 Mia Dollar. Genau dieser Betrag - und kein Dollar mehr - findet sich in den Umsätzen der Unternehmen, genau für diesen Betrag können Löhne, Zinsen, Vorleistungen bezahlt werden; genau um diesen Betrag ist das Volkseinkommen gestiegen. 32,1 Mia Dollar oder eben 85% der Computer-Investitionen sind rein statistischer Schönrechnungseffekt.
4. Wirklichkeit
Der Schönrechnungstrick beträgt mit 32,1 Mia auf das Gesamtwachstum von 73.1 Mia 44%. Wenn beinahe die Hälfte des Wachstums aus reiner Statistik entsteht, für die es keine Dollarausgaben gibt, dann wird die Sache definitiv lächerlich. Wenn das in den Medien als Erfolg gewertet wird, Europa, insbesondere Deutschland schlechtgeredet wird, dann wird es bedenklich. Wenn man noch die anderen Probleme der US-Wirtschaft in Rechnung stellt, z. B. das Aussenhandelsdefizit, die verwüsteten Unternehmensbilanzen, die Verschuldung, die niedrigen Ersparnisse und das monströs geleveragte Finanzsystem, dann zeigt sich die Vorbild-Wirtschaft der Welt in einem desolaten Zustand. Kein Grund für Europa, nichts zu tun; aber ein Grund für Zuversicht.

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