- Bildungsnotstand bremst deutsche Wirtschaft (Handelsblatt) - Sascha, 17.09.2003, 02:03
- Na und? Dafür sind wir äußerst erfinderisch... - King Henry, 17.09.2003, 05:08
Bildungsnotstand bremst deutsche Wirtschaft (Handelsblatt)
--><font size=5>Bildungsnotstand bremst deutsche Wirtschaft </font>
OECD-Untersuchung belegt gravierenden Mangel an Hochschulabgängern
HANDELSBLATT, 17.9.2003
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bag/ost/wb BERLIN. <font color="#FF0000">Die im internationalen Vergleich geringe Zahl von Abiturienten und Hochschulabsolventen in Deutschland ist nach einer OECD-Studie mitverantwortlich für die aktuelle Wachstumsschwäche der Bundesrepublik</font>. <font color="#FF0000">Mehr</font> und <font color="#FF0000">bessere Bildung</font> der Erwerbsbevölkerung, vor allem mehr hoch qualifizierte Nachwuchs-Akademiker hätten in allen wichtigen Industrienationen wesentlich zur Steigerung der Arbeitsproduktivität beigetragen. <font color="#FF0000">"In Deutschland ist dagegen in den 80er- und 90er-Jahren wenig passiert"</font>, sagte Andreas Schleicher von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), in der die wichtigsten Industrieländer organisiert sind.
Die <font color="#FF0000">Bildungsstagnation </font>habe in Deutschland den Anstieg der Arbeitsproduktivität entsprechend gedämpft, heißt es in der am Dienstag in Berlin vorgestellten Analyse der Organisation. Im Schnitt der in der OECD organisierten Industrieländer wird rund die Hälfte des BIP-Wachstums pro Kopf auf den Anstieg der Arbeitsproduktivität zurückgeführt. Seit Mitte der 90er Jahre liegen die Wachstumsraten in Deutschland unter dem Durchschnitt in der Euro-Zone.
Ã-konomen stützen die These der OECD."<font color="#FF0000">Der Standort Deutschland hat von der Bildungsseite her in den vergangenen Jahren massiv gelitten</font>", betont auch Klaus Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. „Das ist einer der Gründe dafür, dass Deutschland derzeit wirtschaftlich so schlecht dasteht.“ Schließlich sei Wissen „einer der entscheidenden Produktionfaktoren des 21. Jahrhunderts“. Auch Christoph M. Schmidt, Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, mahnt: „Eine Gesellschaft, die an der Bildung spart, bringt sich um ihre Zukunftschancen.“
Weil andere Länder frühzeitig massiv umgesteuert haben, bleibt Deutschland nach OECD-Berechnungen mittlerweile sowohl bei den Gesamtausgaben für Bildung als auch beim Anteil Hochqualifizierter „weit hinter dem OECD-Durchschnitt zurück“. Ganz aktuell gebe es zwar eine erfreuliche Trendwende: <font color="#FF0000">Der Anteil der Studienanfänger ist von 1998 bis 2001 von 28 auf 35 % gestiegen</font>.[Eigener Kommentar: Einige vertreten die These, daß die zunehmende Verschlechterung am Lehrstellenmarkt ziemlich stark dafür verantwortlich ist] Doch das ist immer noch viel weniger als in vergleichbaren Staaten. Verschärfend kommt hinzu, dass das „Potenzial damit fast erschöpft ist“, so Schleicher. <font color="#FF0000">Denn in Deutschland haben nur 42 % der Schulabgänger einen hochschultauglichen Abschluss - im OECD-Mittel sind es 57 %</font>.[Eigener Kommentar: Nur 42 Prozent haben einen hochschultauglichen Abschluss! Und das obwohl das Abitur und Schule nun wirklich nicht gerade schwerer geworden sind in den vergangenen Jahrzehnten...]
Um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, empfahl OECD-Experte Schleicher der Bundesrepublik, „prinzipiell jedem jungen Menschen die Tür zur Hochschulbildung zu öffnen“. Das Diplom durch das zweistufige Bachelor/Mastersystem zu ersetzen gehe „in die richtige Richtung“. [Eigener Kommentar: Was bringt das wenn man das ändert? Die Bildung muß besser werden. Man erreicht dies nicht indem man das Abitur immer einfacher macht bzw. die Erreichung von Abschlüssen vereinfacht. Das ist der falsche Weg. Dann haben am Ende alle ein Diplom und einen Dr. und können trotzdem nicht mehr. Damit lügt man sich doch in die eigene Tasche].Politisch hat sich die Bundesrepublik zwar auf dieses Ziel der EU verpflichtet, die Realisierung steht jedoch noch ganz am Anfang.
Die Wirtschaft schlägt angesichts der Bildungsmisere Alarm. „Wenn es nicht gelingt, die dringend notwendigen Reformen in unseren Bildungssystemen zügig und mit Nachdruck voranzutreiben, <font color="#FF0000">werden wir aus der ersten Liga der Industrie- und Technologiestandorte absteigen</font>“, warnt Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die BDA mahnt umfassende Strukturreformen an. <font color="#FF0000">Fast einem Viertel der Jugendlichen fehle faktisch die Ausbildungsreife</font>. Nur entschlossenes Handeln der Bildungspolitik heute sichere in Zukunft Produktivität, Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Deutschland.
„Wir verzehren unser Saatgut“, mahnt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig-Georg Braun, mit Blick auf die alarmierenden OECD-Ergebnisse. „<font color="#FF0000">Dieser Substanzverlust </font>ist die denkbar schlechteste Grundlage für die künftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. In vielen Bereichen haben wir ohnehin den Anschluss an die Weltspitze schon verloren.“
Abhilfe ist nicht in Sicht. So klagt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (VDE): „Die Zahl der Studienanfänger in der Elektro- und Informationstechnik ist in diesem Jahr gesunken, die Zahl der Absolventen 2002/2003 mit etwa 6 000 niedriger als erwartet. Da der Bedarf bei mindestens 13 000 Absolventen pro Jahr liegt, <font color="#FF0000">hat dies Konsequenzen für den Innovationsstandort Deutschland</font>.“
Herbert Kircher, Geschäftsführer der IBM Deutschland Entwicklung GmbH, hatte gerade vor kurzem heftig kritisiert, dass Deutschland den Anschluss in wichtigen Technikfeldern „fast völlig verpasst“ habe. Als noch schlimmer bezeichnete er es, dass es keine Zeichen einer Aufholjagd gebe und dass auch keine Regierungserklärung entsprechende Ankündigungen enthalte. SEITE 11
Quelle: Handelsblatt, Titelartikel
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BILDUNG
<font size=5>Tiefe Wunde</font>
Sie ist tief, die Wunde, in die die OECD den Finger gebohrt hat: Unsere Wirtschaft kommt auch deshalb nicht hoch, weil wir die Bildung unserer Kinder vernachlässigen - seit Jahrzehnten.
<font color="#FF0000">Dass Bildung unser einziger Rohstoff ist, ist eine viel zitierte Binsenweisheit</font>. Doch statt die Konsequenz daraus zu ziehen, über den Tellerrand zu schauen und zu registrieren, dass andere Länder schon vor Jahren umgesteuert haben und nun weit vor uns liegen, haben wir fast ausschließlich über Lohnkosten, Sozialbeiträge und Tarifrecht gestritten.
Schlimm genug, dass es so weit kommen konnte. Noch viel schwerer wiegt jedoch, dass wir die Misere nur sehr langsam wieder korrigieren können. Umso schneller müssen die Weichen gestellt werden, und zwar an zwei Stellen:
<font color="#FF0000">Wir müssen mehr, viel mehr Geld für Bildung ausgeben</font>. Zwar sind die Bildungsetats in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre trotz leerer Kassen gestiegen. Angesichts des internationalen Vergleichs aber eben viel zu wenig. Und die Fortschritte, die gemacht wurden, sind in manchem Bundesland bereits wieder bedroht. Um das Fundament des Wohlstands zu sichern, sind die Ministerpräsidenten in der Pflicht, Bildung zur Chefsache zu machen - allein sind die Kultus- und Wissenschaftsminister auf Dauer zu schwach.
Das Zweite ist die Struktur unserer Ausbildung: In den Schulen ist, dank Pisa, einiges in Bewegung gekommen. Doch noch ist nicht absehbar, wie künftig deutlich mehr Kinder bis zum Abitur geführt werden sollen. Ebenso unklar ist, wann die deutschen Unis komplett auf das Bachelor/Master-System umsteigen, das anderswo mehr Qualifizierung ermöglicht. Die EU-Bildungsminister werden das Ziel noch diese Woche in Berlin bekräftigen. Doch es muss auch realisiert werden. Schnell. bag
Quelle: Handelsblatt, Seite 11

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