- Gewalttheorie, hier: Die"reisende Macht" - dottore, 18.09.2003, 13:41
- Re: Klar doch - André, 18.09.2003, 14:07
- Re: Klar doch - Diogenes, 18.09.2003, 14:26
- Re: Klar doch - dottore, 18.09.2003, 15:20
- Reisende in Sachen Macht - Popeye, 18.09.2003, 15:00
- Re: Reisende in Sachen Macht - dottore, 18.09.2003, 16:03
- Das erste Stadium ist Raub und Mord im Grenzkrieg... - Popeye, 18.09.2003, 16:42
- Re: Reisende in Sachen Macht - Uwe, 18.09.2003, 22:45
- Re: Reisende in Sachen Macht - Popeye, 19.09.2003, 07:12
- Re: Reisende in Sachen Macht - dottore, 18.09.2003, 16:03
- Re: Klar doch - Diogenes, 18.09.2003, 14:26
- Da sieht man mal wo unser Politikervolk ihre Wurzeln hat! - Burning_Heart, 18.09.2003, 14:25
- Re: Da sieht man mal wo unser Politikervolk ihre Wurzeln hat! - Euklid, 18.09.2003, 15:05
- Re: Doch, sie reisten zum Vergnügen - Bob, 18.09.2003, 14:32
- Re: Doch, sie reisten zum Vergnügen - dottore, 18.09.2003, 15:08
- Die Gen-Uebertragungen halten bis heute an - Emerald, 18.09.2003, 15:36
- Re: Banken-Paläste dienen demselben Zweck: Kreditschaffung - Bob, 18.09.2003, 16:08
- Re: Klar doch - André, 18.09.2003, 14:07
Re: Reisende in Sachen Macht
-->>Hallo, @dottore,
>es mag ja sein, dass ich das Problem nicht richtig durchschaue - das kommt häufiger vor als mir lieb ist.
>Aber so wie ich es sehe, reicht es nicht aus, darauf hinzuweisen, dass bestimmte Machtausprägungen geschichtliche Wirklichkeit waren: Hier, die reisende Macht.
>Deine Macht-Theorie müsste vielmehr eine (notfalls mehrere) theoretische Wege/Ursachen aufzeigen, die mit einer gewissen Zwangsläufigkeit von A nach B führen - hier also von akephalen/egalitären zu kephalen/tributären Strukturen führen. Erst wenn dieser Schritt gegangen ist, können die historischen Beispiele - so amüsant und lehrreich sie sind - als Beweis dienen.
Hi Popeye!
Warum hat das egalitäre Dorf bei Bernbeck eine Mauer?
Ehrlich gesagt, ich sehe das Problem überhaupt nicht (geht mir also noch schlimmer). Bevor ich mich auf Gen-Probleme (Agressivitäts-Gen?) einlasse, von denen ich nichts verstehe, kann man das Problem doch mal auf die Vorstufe verlagern:
Wir haben, wohl unstreitig, Nomaden. Die lebten wovon? Falls Gras, mussten sie sich nur bücken. Falls Vieh, mussten sie sich schon was einfallen lassen, nämlich: Wie fange ich eins, das ich dann einsperren und womöglich züchten kann? Falls Jagdbeute: Wie komme ich dazu, eine Grube zu schaufeln? Womit? Bloße Hände? Wie erfinde ich einen Pfeil? Warum bearbeite ich Obsidian? Zum Thema Obsidian gibt's Bibliotheken, wie gepostet. Warum lasse ich die Metalle nicht liegen, essen kann ich sie ja nicht. Obsidian auch nicht.
Das läuft aufs Thema "Werkzeug" hinaus. Homo faber. Habe ich Werkzeuge, mache ich damit Erfahrungen. Ein Pfeil kann eine Hirschkuh töten, aber auch einen Menschen. Beides Lebewesen, die sich bewegen. Kann ich einen Menschen töten, kann ich dies als Abschreckung benutzen, denn wer stirbt schon lieber als er lebt?
Habe ich Werkzeuge, kann ich sie als Waffen nutzen. Andere haben diese Werkzeuge vielleicht nicht. Obsidian kommt in der Alten Welt aus der selben Ecke, wo später (?) auch die Bronze herkommt. Bekanntlich haben Prof. Pernicka (TU Freiberg) und seine Leute in Uzbekistan natürliche (!) Bronze-Vorkommen entdeckt, eine große Sensation. Wie mache ich Kupfer"hart", die in der Neuen Welt haben's nicht geschafft (siehe Kupfer-Tumi der Inka)?
Was mache ich überhaupt, wenn ich zwei Dinge durch Erfahrung lerne:
1. Mit mehr Leuten kann man mehr anfangen als mit weniger.
2. Mit bewaffneten Leuten kann ich sogar mit Wenigen Viele zwingen.
Warum sollte ich diese Erkenntnis nicht nutzen? Warum statt Menschen zu zwingen, für mich zu arbeiten, selbst den Buckel krumm machen? Herrschen ist immer schöner als beherrscht zu sein. Alles easy. Mein Sozialprodukt kommt gleich von selbst daher. Mit Tributen durchs Leben zu gehen ist produktiver (für mich) als selbst aufs Feld zu strolchen.
Außerdem hatten die Leute eine Menge Zeit für trial & error. Und jene, die als erste den Trick raushatten, überraschten oft genug die anderen. Ich darf nur an die"Seevölker/Hyksos"-Erscheinung erinnern. Da machten die das Maul auf vor Staunen, als sie von diesen Friedensfreunden überrascht wurden.
Was ist mit dem Streitwagen? Mit Eisen? Damit kann man große Reiche schaffen (Assyrer angefangen) und eine Menge Leute zwingen.
Die Gegenthese (Schalmeientheorie) würde doch lauten: Die Leute haben es damals zwar kapiert, dass man mit bewaffnetem Zang arbeiten könnte, mit Trupps und Truppen, mit Waffen aller Art, aber man hat freiwillig drauf verzichtet. Dies ist offensichtlich nicht der Fall gewesen.
>Vielleicht ist das „hit & run“ Modell eine tragfähige Vorstufe auf dem Weg zu permanenten Strukturen.
Ich bitte das Oppenheimer-Posting nochmals zu lesen, Auszug hier:
"Die ersten Herrscher lebten zunächst von den Erträgen ihres eigenen Landes (später"Kronland") und zogen dann auf Eroberungszüge. Zunächst lockt
die Beute, dann der laufende Tribut, usw. Siehe dazu schon Franz Oppenheimer, Der Staat (1912) hg. vom nicht ganz dummen Martin Buber:
"Das erste Stadium ist Raub und Mord im Grenzkrieg...
Allmählich entsteht aus diesem ersten Stadium das zweite, namentlich dann, wenn der Bauer, durch tausend Misserfolge gekirrt, sich
in sein Schicksal ergeben, auf jeden Widerstand verzichtet hat... ein ungeheurer Schritt vorwärts...
Das dritte Stadium der Staatenbildung besteht darin, dass der 'Überschuss' der Bauernschaften von ihnen regelmäßig als 'Tribut'
abgeliefert wird...
[viertes Stadium] Von jetzt an wandeln sich die ursprünglich internationalen Beziehungen beider Grupppen [Kassierer und
Abkassierte] immer mehr in intranationale...
[fünftes Stadium,"das nun schon fast der volle Staat ist"]... sie [die Herrengruppe, sic!] wirft sich zum Schiedsrichter auf und erzwingt
im Notfall ihren Spruch...
[sechstes Stadium]... führt zur Ausbildung des Staates in jedem Sinne, zur vollen Intranationalität und zur Entwicklung der
'Nationalität'. Immer häufiger wird der Zwang, einzugreifen, zu schlichten, zu strafen, zu erzwingen... Der primitive Staat ist fertig,
Form und Inhalt."
Ganz genau so war es und so ist es.
Oppenheimer (1864 - 1943), Lehrer u.a. Ludwig Erhards. Schumpeter bezeichnet ihn als"man of mark". Womit er Recht hat. Dummerweise fingen
die europäischen Herrschaften 1914 wieder bei dem ersten Stadium an. Ansonsten sind wir im finalen Erzwingungsstadium."
Nicht uneinleuchtend, jedenfalls für mich.
Die erste(n) Stufe(n) muss man halt noch aufdröseln. Und das versuche ich.
>Vielleicht ist aber auch die Machtakkumulation nach innen durch Erbschaft (ähnlich der Gendrift bei kleinen Gruppen) ein taugliches Modell.
Die Machtakkumulation nach innen ist eine Folge der Machtakkumulation außerhalb von innen.
>Sicher ist die Kontrolle wichtiger wirtschaftlicher Ressourcen ein Modell.
Nein. Die Kontrolle über jene, welche die Ressourcen für mich nutzen / ausbeuten.
>Aber all das passt in seiner Vielfalt noch nicht unter einen Hut. (Vielleicht gibt es das einheitliche Modell auch gar nicht!?)
Das Modell ist schlicht: Mit einer Glock in der Hand kommt weiter als ohne sie - vorausgesetzt kein anderer hat auch ne Glock. Hat er eine, kommt's zum Problem: Wer zieht schneller oder: wer kann die Glock behalten und den anderen entwaffnen?
Das gilt international (Kriegsmacht vs. Kriegsmacht) genauso wie national (Staat vs. Bürger).
>Und soweit mein Literaturstudium reicht, drücken sich alle einschlägigen Autoren um dieses Thema.
Das kann man wohl sagen. Und deshalb bin ich auch so scharf darauf.
Gruß!

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