- Das große Spiel mit den Wechselkursen - marocki4, 26.09.2003, 09:54
Das große Spiel mit den Wechselkursen
-->Eurasisches Magazin 09/03 · Seite 8
Währungspolitik:
Das große Spiel mit den Wechselkursen
China gilt in den USA als Hauptschuldiger an den amerikanischen Wirtschafts- und
Finanzproblemen - Pekings Währung steht unter massivem Aufwertungsdruck - die USA leben
über ihre Verhältnisse und verstricken sich in eine unproduktive Militärpolitik - von Experten
wird bereits ein Dollar-Absturz prophezeiht.
EM - Um ihre Rolle als „einzige Weltmacht“
zu behaupten, kämpfen die USA an allen
Fronten. Eine ganz entscheidende ist dabei die
der Wirtschaft und der Finanzen. Und hier
geraten sie nach Ansicht vieler internationaler
Finanzexperten weltweit zunehmend ins
Hintertreffen.
Es ist auch bereits ein Hauptschuldiger
ausgemacht. Er heißt China. Der Vorwurf
lautet, die Volksrepublik sichere sich mit der
festen Anbindung der seit der
Machtübernahme der Kommunisten 1949 als
Renmimbi (Volksgeld) bezeichneten
Landeswährung an den Dollar unfaire
Wettbewerbsvorteile. Seine Exporte in die
Vereinigten Staaten seien viel zu billig und
verdrängten US-Waren aus dem Markt. Fast
ein Viertel des US-Außenhandelsdefizits
entstehe aus diesem Grunde gegenüber China.
Allein in den vergangenen zwei Jahren hätten
dadurch drei Millionen US-Amerikaner ihren
Job verloren - sie waren fast alle im
verarbeitenden Gewerbe tätig. Jede vierte
Waschmaschine in den USA kommt aus
chinesischen Fabriken, dazu drei Viertel aller
Uhren, die Hälfte aller Kameras. Was Japan in
den 80er Jahren für die USA war, ist nun
China geworden: die ökonomische Bedrohung
Nummer eins. Derzeit liegt die US-Arbeitslosenquote
bei 6,4 Prozent, das ist der
höchste Stand seit acht Jahren. US-Verbände
und Gewerkschaften fordern nun bereits
Handelszölle von bis zu 80 Prozent auf Waren
aus China, um die heimische Wirtschaft und
die Arbeitsplätze zu schützen.
Tatsächlich hat Peking seit 1994 den gleichen
Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar. Er
beträgt knapp 8,3 Yuan (Einheit der China-Währung)
und damit ist er ganz sicher
unterbewertet. Denn in den zurückliegenden
Jahren hat Chinas Wirtschaft einen
beispiellosen Aufschwung erlebt. Seine
Kaufkraft ist inzwischen wesentlich höher als
die 8,3 Yuan pro Dollar. Amerikanische
Finanzexperten gehen davon aus, daß die
chinesische Währung um rund 40 Prozent zu
niedrig bewertet ist.
Die Wirtschaftskraft der Volksrepublik
China lehrt die USA das Fürchten
Keine der großen Volkswirtschaften wächst
zur Zeit schneller als die Chinas - im ersten
Halbjahr 2003 legte die Industrieproduktion
erneut um über 16 Prozent zu - trotz der
Einbrüche durch das Schwere
Atemwegssyndrom SARS. Kein anderes Land
zieht derzeit soviel ausländisches Kapital an,
nirgends läßt es sich so billig produzieren.
Die Chinesen werden nun immer heftiger von
westlichen Währungspolitikern - vor allem aus
den USA - gedrängt, ihre Währung
aufzuwerten und damit ihre Exporte zu
verteuern. Auch auf den jüngsten
Währungskonferenzen der sieben führenden
Industrienationen, der sogenannten G7-
Staaten, und des Internationalen
Währungsfonds (IWF) war dies eines der
Hauptthemen.
Es lastet ein großer Aufwertungsdruck auf dem
Yuan - das zeigt auch die enorme Summe von
rund 600 Millionen US-Dollar, die von der
chinesischen Zentralbank jeden Tag aufgekauft
wird, um die Währung stabil zu halten. Die
chinesischen Devisenreserven sind laut IWF
allein von Dezember 2002 bis Mai 2003 von
290 Milliarden Dollar auf 345 Milliarden
Dollar gestiegen, die Devisenreserven der USA
im gleichen Zeitraum von 68 auf 71
Milliarden.
China spielt bei den Wechselkursen auf Zeit.
Chinesische Politiker taten gegenüber US-Finanzminister
John Snow bei dessen
kürzlichem Besuch in Peking wortreich kund,
die Volksrepublik werde sich langfristig für
flexiblere Wechselkurse entscheiden - aber in
naher Zukunft, das machten sie deutlich, werde
es nicht zu Änderungen der starren
Dollarbindung kommen.
Ein Leitartikel in der staatlichen Zeitung
„China Daily“ zeigt die Haltung der
Chinesischen Führung in dieser Frage. Die
Forderung der Amerikaner nach
Wechselkursänderungen seien reine
Wahlkampfmanöver. US-Hersteller würden
von einer Renmibi-Aufwertung keinesfalls
profitieren. Chinas entscheidender
Wettbewerbsvorteil liege nämlich in seinen
niedrigen Lohnkosten, und die würden davon
nicht betroffen.
Forderung nach Wechselkursänderung -
Waffe im wirtschaftlichen
Konkurrenzkampf
Der Chef des IWF, Horst Köhler, erklärte in
verschiedenen Interviews anläßlich der Tagung
von IWF und Weltbank im September in
Dubai am persischen Golf, der Yuan sei
tatsächlich unterbewertet. Aber er stellte
gleichzeitig fest: „Ich bin beeindruckt, mit
welcher Sorgfalt die chinesische Führung die
Risiken einer weiteren Ã-ffnung des Landes
abwägt. Ich halte deshalb nichts davon, China
öffentlich unter Druck zu setzen.“
Es wäre fatal, führte Köhler aus, wenn China
seine Politik „über Nacht“ plötzlich ändern
würde. „Die Chinesen sollen das gar nicht, sie
dürfen es gar nicht und sie können es auch gar
nicht“, sagte der internationale
Finanzfachmann geradezu beschwörend.
Köhler: „Vor einem Hauruckverfahren zur
Lösung dieses Problems über drastische
Wechselkursveränderungen rate ich ab. Das
könnte die ganzen internationalen
Wirtschaftsbeziehungen ins Chaos stürzen. Ich
kann nur dringend davon abraten, dieses
Thema zum Anlaß für Kraftmeierei zu
nehmen.“
In Dubai und bei den Diskussionen um
Wechselkurse und um die internationale
Wirtschaftsentwicklung kam indes ein ganz
anderes Thema zur Sprache. Es hat nichts mit
dem gewesenen World-Trade-Center zu tun,
wenn dabei vom „Zwillingsdefizit der USA“
die Rede ist. Gemeint ist das gleichermaßen
hohe Haushalts- und das Leistungsbilanzdefizit
der Vereinigten Staaten.
IWF-Chef Köhler sagte unmißverständlich:
„Dieses Zwillingsdefizit der USA ist eines der
Hauptrisiken für dauerhaftes gesundes
Wachstum der Weltwirtschaft.“ Die USA
müßten „einen Plan haben, wie sie ihre hohen
Haushaltsdefizite wieder abtragen.“
Der Euro leidet unter der Stärke Chinas
und der Schwäche Amerikas
Auch Wim Duisenberg, Chef der Europäischen
Zentralbank (EZB), erläuterte kürzlich, unter
welchen Problemen der Euro und die
wirtschaftliche Entwicklung in Europa derzeit
besonders zu leiden hätten: unter dem großen
Spiel um Wechselkurse zwischen den USA
und Asien - aber auch den riesigen US-Defiziten
im Haushalt und der Leistungsbilanz.
Der Devisenhandel sei zur Zeit quasi bipolarer
Natur. Auf der einen Seite stehe der Dollar, in
dessen Schlepptau sich die manipulierten
Währungen Asiens befänden, vom
chinesischen Yuan über den japanischen Yen
bis hin zum koreanischen Won. Die andere
Seite dieser bipolaren Welt verkörpere der
Euro, dessen Wechselkurs weitgehend dem
Spiel der Marktkräfte überlassen werde. Hier
spielten sich dann die Wertberichtigungen ab,
die eigentlich zwischen den USA und Asien
stattfinden müßten. Der vom Dollar
ausgehende Abwertungsdruck, der aus dessen
Schwäche aufgrund des „Zwillingsdefizits“
herrühre, entlade sich vor allem auf die
europäische Gemeinschaftswährung. Der
Dollar-Wechselkurs sei seit Anfang 2002
gegenüber den Währungen seiner weltweiten
Handelspartner im Schnitt um sieben Prozent
gefallen. In der gleichen Zeit jedoch gegenüber
dem Euro um satte 27 Prozent. Um etwa
diesen Betrag sei die Währung Europas
aufgewertet und somit teurer geworden. Das
bedeute natürlich Exporteinbußen. Der Euro
habe den Löwenanteil der Dollarabwertung
auffangen müssen.
Der von den USA so heftig kritisierte
Wechselkurs der chinesischen Währung ist
nach Ansicht von international angesehenen
Fachleuten keineswegs das Hauptproblem der
US-Wirtschaft. Stephen Roach, Chefvolkswirt
des globalen Finanzdienstleisters Morgan
Stanley hält dagegen: Der Renmimbi sei gar
nicht unterbewertet. Stattdessen hätten sich
amerikanische Firmen die Vorteile der
günstigen und gut ausgebildeten chinesischen
Arbeiter zu eigen gemacht und Teile ihrer
Produktion nach China verlagert. Die
Produktion in Asien sei zu einem wichtigen
Teil der amerikanischen Zuliefererkette
geworden. Deshalb sei es unsinng, nun eine
Währungsaufwertung von den Chinesen zu
verlangen. (Das ist in etwa auch die Meinung
der bereits zitierten Daily China).
Roach warf der US-Regierung vor, selbst für
das wachsende Außenhandelsdefizit
verantwortlich zu sein. „Indem der US-Kongreß
auf China zeigt, lenkt er von seiner
eigenen Verantwortung ab,“ so der Ã-konom.
Ursache des US-Außenhandelsdefizits sei
weniger Chinas Wettbewerbsdruck als
vielmehr der Mangel an inländischen
Ersparnissen in den USA. Das ausufernde US-Staatsdefizit
trage immens dazu bei, die
geringen Ersparnisse in den USA immer noch
weiter zu verringern. Kurzum: Die USA lebten
einfach über ihre Verhältnisse.
Chinesische Fachkräfte - Dienstleister für
Westfirmen
Viele Tätigkeiten westlicher Firmen werden
tatsächlich bereits in chinesische Metropolen
ausgelagert, nach Shanghai, nach Peking usw.
Bisher waren es vor allem einfache
Büroarbeiten. Aber schon in den nächsten
Jahren wird sich auch der Umsatz mit
anspruchsvollen Computer-Dienstleistungen
verdoppeln. Schon 2007 soll China damit
knapp 30 Milliarden Dollar verdienen, das
doppelte von dem, was derzeit Indien mit
seinen Software-Spezialisten verdient.
Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist
einer der wichtigsten Absatzmärkte für Waren
aus dem Westen geworden. Die Exportquote
nach China steigt noch schneller als die Menge
der Güter, die das Land verlassen. - Schon im
nächsten Jahr könnte die Volksrepublik mehr
ein- als ausführen.
An den chinesischen Ausfuhren sind westliche
Multis in hohem Maße beteiligt. Zwei Drittel
der chinesischen Exporte kommen aus
Fabriken, die eng mit westlichen Konzernen
zusammenarbeiten. Auch US- Firmen wie
General Electric, Du Pont oder General
Motors. Eine Verteuerung chinesischer Waren
würde also nicht nur US-Konsumenten teuer
zu stehen kommen. Auch die Konzerne
bekämen Probleme.
Der niedrige Wechselkurs, den China fährt, hat
außerdem auch eine bedeutende asiatische
Komponente: Die Länder der Asien-Region
profitieren indirekt vom Kurs des Renminbi,
da sie Rohstoffe und Vorprodukte nach China
liefern. Während China im letzten Jahr einen
Handelsüberschuß von 103 Milliarden Dollar
gegenüber den USA hatte, lag es gegenüber
seinen asiatischen Handelspartnern mit 68
Milliarden im Defizit. Bei einem Rückgang der
chinesischen Exporte hätten sie einen
entsprechenden Rückgang der Nachfrage
Chinas nach ihren eigenen Produkten zu
befürchten.
Erinnerungen an Vietnam
Jenseits aller Wechselkursproblematik und
ihres Doppeldefizits kranken die USA auch an
der „Militarisierung der US-Gesellschaft“, wie
Werner Biermann und Arno Klönne schreiben
(„The Big Stick. Imperiale Strategie und
globaler Militarismus - die USA als
Megamacht“?, (PapyRossa Verlag, Köln
2003). Die Rüstungsbetriebe stellten demnach
im amerikanischen Wirtschaftsleben einen
enormen Faktor dar. Ohne ihn würden in den
Südstaaten ganze Regionen und
Wirtschaftszweige nicht überleben können.
Und die Folgen? Dieser überbetonte
Rüstungskomplex sei, ähnlich wie seinerzeit in
der Sowjetunion, als vergeudete „Wirtschaft in
der Wirtschaft“ zu kritisieren. Die Vereinigten
Staaten hätten den gleichen Weg
eingeschlagen, wie ihr einstiger Kontrahent.
Dies werde den ökonomischen Niedergang
beschleunigen.
Ganz aktuell schreibt dazu Deanne Julius,
Vorsitzende des britischen Royal Institute of
International Affairs in der „Financial Times
Deutschland“ unter dem Titel „Erinnerungen
an Vietnam“. Sie meint, die Außenpolitik von
US-Präsident Bush sei ökonomisch nicht
durchzuhalten. Er brauche Verbündete - oder
er werde seine Strategie irgendwann aufgeben
müssen. In dem Beitrag heißt es: „Präsident
George W. Bushs jüngste Rede an die Nation
war das erste Zeichen dafür, daß sich im Krieg
gegen den Terrorismus auch eine
wirtschaftliche Front aufbaut. Diese wird in
den USA sein, nicht im Irak. Der Ausgang
dieser Schlacht wird nicht nur für die
Amerikaner, sondern für uns alle von
Bedeutung sein.“
Bush selbst habe die Verbindung zur US-Wirtschaft
hergestellt, indem er sagte: „Wir
werden so viel Geld ausgeben wie notwendig,
um diesen wichtigen Sieg im Kampf gegen den
Terrorismus zu erringen, um die Freiheit zu
fördern und unser eigenes Land noch sicherer
zu machen.“ - Er habe weitere 87 Milliarden
Dollar von den US-Steuerzahlern gefordert,
wovon 75 Milliarden für die Besatzungsmacht
im Irak ausgegeben werden sollen.
„Die erste Forderung von einmalig 75
Milliarden Dollar für den Irak im April“,
schreibt Deanne Julius, „ ist jetzt durch Bushs
neue Forderung verdoppelt worden. Wie viel
Vertrauen kann man in diese Rechnung
setzen?“
Die Vorsitzende des Royal Institute rechnet
vor: „Bei den neuen Etatzahlen werden nun
dieselben Fehler begangen, denn die Kosten
beziehen sich nur auf die Zeit bis Oktober
2004. Offensichtlich erwartet man, daß die
meisten Kosten danach durch Ã-lexporte oder
Verbündete getragen werden. Zusatzkosten,
die durch die Nahost-Krise entstehen könnten,
werden ignoriert. Schon jetzt ist Israel mit drei
Milliarden Dollar jährlich größter Empfänger
von US-Hilfen. Im Gegenzug für eine neue
Vereinbarung wird das Land vermutlich noch
mehr Geld fordern.“
Dazu kämen innerhalb von Bushs neuer
Weltordnung möglicherweise bald weitere
Kosten hinzu: für einen Palästinenserstaat, für
Verwicklungen, die mit dem Iran und mit
Nordkorea entstehen könnten. „Die
gegenwärtig nicht abzusehenden Elemente der
US-Außenpolitik könnten sich schnell auf 100
bis 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr
belaufen.“
Wer wird als erstes die Reißleine ziehen?
Wie auf anderen Gebieten auch sind die USA
in punkto Wirtschafts- und
Währungsentwicklung keiner Kritik
zugänglich. Bush sagt, das
Leistungsbilanzdefizit zeige doch nur, wie
attraktiv die USA für ausländisches Kapital
seien. Das ist blanker Zynismus. Zwar haben
die Notenbanken von Japan, China, Südkorea
und Taiwan über ihre Käufe amerikanischer
Staatsanleihen allein in diesem Jahr
rechnerisch rund 60 Prozent des
amerikanischen Leistungsbilanzdefizits
finanziert. Doch mit Sicherheit nicht wegen
der Attraktivität der USA.
Über die Entwicklung der US-Wirtschaft gibt
es im eigenen Land inzwischen immer mehr
besorgte Stimmen. Der demokratische US-Senator
Robert Byrd sagte: „Die Bush-Regierung
hat uns an den Rand einer Krise
gigantischen Ausmaßes gebracht.“
„Ab Mitte nächsten Jahres wird die
Haushaltspolitik der US-Regierung restriktiv
auf die Konjunktur wirken“, prophezeite Bill
Dudley von der international tätigen
amerikanischen Investmentbank Goldmann
Sachs. Dann würden die derzeit einsetzenden
Positiveffekte der Steuersenkungen auslaufen,
während Bundesstaaten und die
Zentralregierung in Washington wegen der
hohen Defizite im Haushalt die Ausgaben stark
kürzen und die Abgaben erhöhen müßten.
Ähnlich sehen es auch Experten im Euro-Raum.
So David Milleker von der Dresdner
Bank, der damit rechnet, daß das derzeitige
US-Wachstum nach kurzer Beschleunigung -
rechtzeitig zum Wahlkampf des Präsidenten -
ab Mitte 2004 wieder deutlich abstürzt. „Der
Aufschwung ist ein politikindiziertes
Strohfeuer“ sagt Milleker.
Das US-Haushaltsbüro sagt allein der
Zentralregierung für 2004 das höchste Defizit
in der Geschichte der USA voraus: knappe 500
Milliarden Dollar. Zusammen mit den
Fehlbeträgen der Bundesstaaten wird es sich
auf über 600 Milliarden Dollar belaufen.
Ã-konomen halten aber inzwischen für
keineswegs mehr ausgeschlossen, daß die
Anleger weltweit plötzlich nicht mehr gewillt
sein könnten, die Massen von US-Anleihen zu
kaufen, die zur Finanzierung des US-Außenhandelsdefizits
nötig sind. - Immer öfter
tauchen die Schlagworte vom „unkontrollierten
Dollar-Absturz“ und vom „Dollar-Chrash“ in
den Finanzspalten der Medien auf. Auf der
Seite „Finanzen“ der Tageszeitung DIE WELT
hieß es kürzlich beispielsweise: „Angst vor
Dollar-Kollaps wächst“.
David Rosenbaum von der US-Investment-Bank
Merrill Lynch stellt fest: „Es gibt keinen
Zweifel, die Tage des starken Dollars sind
vorbei.“ Heute müssen die USA pro Minute
insgesamt 2,3 Millionen Dollar an
ausländischem Kapital ins Land locken, um
ihre Schuldenexistenz aufrechtzuerhalten.
J. Bradford DeLong, Professor für
Wirtschaftswissenschaften an der Universität
von Kalifornien in Berkeley und ehemaliger
stellvertretender Staatssekretär im US-Finanzministerium
wird mit einem Beitrag von
„Project Syndicate“ in der Ausgabe der
Tageszeitung die Welt vom 23. September wie
folgt zitiert:.
„Klar ist, daß Amerikas Leistungsbilanzdefizit
auf Dauer nicht finanzierbar ist.“ Eine
Möglichkeit, dem Leistungsbilanzdefizit
beizukommen, sei das Aufholen der
Volkswirtschaften im Rest der Welt und damit
verbunden ein rasches Ansteigen der
Nachfrage nach US-Exporten.
„Die andere Möglichkeit, dem
Leistungsbilanzdefizit ein Ende zu bereiten,
wäre, die Kapitalzuflüsse nach Amerika zu
stoppen. Dadurch würde der Dollar zwischen
25 und 50 Prozent an Wert einbüßen.“
Die amerikanischen Auslandsschulden seien
größtenteils Schulden in Dollar. Deshalb
verringere ein Wertverlust des Dollars den
realen Wert der Bruttoauslandsschulden
Amerikas. DeLong: „Ein Kurssturz des Dollars
würde so zwar den Lebensstandard der
Amerikaner vermindern, aber keine
Liquiditäts- oder Solvenzkrise auslösen.“
Der US-Experte weist stattdessen auf
Probleme hin, die durch einen Dollarabsturz in
Bereichen entstehen würden, an die man nicht
sofort denkt: „Durch eine rapide Entwertung
des Dollars würden Arbeitnehmer verarmen,
deren Produkte nach Amerika exportiert
werden, und Investoren, die zusehen müßten,
wie der Wert ihrer Dollar-Portefeuilles
dahinschmilzt.“
Sein Resumé: „Die Investoren sitzen in einer
Falle. Sie erkennen das Ausmaß des
Handelsbilanzdefizits, berechnen den
wahrscheinlichen Kursverlust des Dollars, der
nötig ist, um das Defizit zu eliminieren, und
kommen darauf, daß der Zinssatz und die
Unterschiede in der Eigenkapitalrendite ihrer
Investitionen in den USA nicht ausreichen, um
das Risiko verminderter Kapitalzuflüsse
abzudecken. Das ist der Grund, warum der
Kapitalzufluß nach Amerika nun schon viel
länger andauert, als dies prinzipienorientierte
Ã-konomen für möglich gehalten hätten.
Sicherkich, irgendwann werden die Investoren
die Reißleine ziehen. Aber kein Ã-konom ist in
der Lage zu sagen, wann das sein wird.“
Johann von Arnsberg
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