- Interessanter Artikel über Manager: 'Überall das gleiche Bild' (FACTS) - Frank1, 02.11.2000, 10:08
- Re: Verschremppung.......Verbreuerung........Vermartiniung.....Verkopperung.... - Baldur der Ketzer, 02.11.2000, 10:23
- Re: Verschremppung.......Verbreuerung........Vermartiniung.....Verkopperung.... - Diogenes, 02.11.2000, 12:28
- Re: Verschremppung.......Verbreuerung........Vermartiniung.....Verkopperung.... - Baldur der Ketzer, 02.11.2000, 10:23
Interessanter Artikel über Manager: 'Überall das gleiche Bild' (FACTS)
Spitzenleute in der Wirtschaft werden sich immer ähnlicher. Nichts wird mehr dem Zufall überlassen - selbst persönliche Marotten werden inszeniert.
Die fernsehende Nation stutzte. Vergangene Woche strahlte die «Tagesschau» Aufnahmen einer Pressekonferenz des Elektromultis ABB in die guten Stuben. Im Bild der abtretende Konzernchef Göran Lindahl, der seinen Nachfolger Jörgen Centerman präsentierte. Mancher dürfte aufgeschreckt sein und sich gefragt haben: Sehe ich doppelt?
Nicht, dass die «Tagesschau» Namen verwechselt hätte. Auch fing die Kamera sehr wohl zwei Männer ein. Es ist nur so, dass Centerman aussieht wie Lindahl und Lindahl wie Centerman. «Zwillinge?», fragte anderntags der «Blick».
Die Ähnlichkeit der ABB-Gewächse - 48 der eine, 55 der andere - ist frappant. Frisur, Kinn, Lippen, Brille, Habitus - die beiden gleichen sich aufs Haar. Amüsant auch: Schon ein flüchtiger Blick in die Chefetagen zeigt, dass sich dieses Phänomen nicht auf ABB beschränkt. Ringsum gleichen sich die Manager einander an. Je weiter hinauf es in der Unternehmenshierarchie geht, desto grösser ist das Einerlei.
Werner Helfenstein, Chef des Baukonzerns Batigroup, ähnelt augenscheinlich Martin Huber, Chef des Maschinenbauers Georg Fischer. Rolf Schäuble, Vormann der Bâloise, ist das Abbild von Selecta-Chef This Schneider. CS-Chef Lukas Mühlemann hat ein optisches Pendant im Zürcher Flughafen-Lotsen Josef Felder.
Nicht nur optisch, auch inhaltlich herrscht Gleichmacherei. Eigentlich logisch: Auf dem Weg zur Spitze eines Milliardenkonzerns wird modelliert, geschliffen, gefeilt. Wenn ein Normalsterblicher zum Gipfel strebt, Stufe um Stufe, lernt er früh, das Spiel mitzuspielen. Die Globalisierung der Unternehmen mit deren ungestümem Wachstum hat einen durchschnittlichen mitteleuropäischen Managertyp geschaffen: stark, grundsätzlich positiv eingestellt, nie ängstlich, aber immer mit verdächtig dicken Schulterpolstern.
Das System spuckt Prototypen in Serie aus. Vorne rein, hinten raus und immer Herr der Lage. Ob sie auf- oder abtreten - sie wirken souverän. «Es wäre seltsam, wenn ich die Chance ausschlagen und mich nicht der Herausforderung stellen würde», kommentiert Centerman seine Wahl im «Cash»-Interview. Das sagen inzwischen alle, wenn sie eine Stelle antreten. Wird das in Elite-Schmieden wie Fontainebleau gelehrt?
Herausforderung gehört zu den Lieblingswörtern der grauen Eminenzen. Ein Gewinnrückgang des Unternehmens ist eine Herausforderung, Massenentlassungen ebenfalls, alles Ungewisse ohnehin. Jedes Wagnis eine Chance. Angst? Frage der «Basler Zeitung» an Werner Helfenstein, Chef des Baukonzerns Batigroup: «Jetzt kommen ausländische Firmen in die Schweiz. Macht Ihnen das keine Angst?» Helfenstein: «Nein. Ich begrüsse den zusätzlichen Wettbewerb.»
Für Björn Johansson, Chef der gleichnamigen Zürcher Executive-Search-Firma, ist indes klar: Angst regiert in vielen Topetagen. Angst, sich zu exponieren, Angst vor Negativschlagzeilen, Angst vor Jobverlust. Um dem zu begegnen, reden die Chefs den lieben langen Tag und absolvieren Meeting auf Meeting. «Da ist viel Blabla dabei», sagt Johansson, «jeder will nach links und rechts absichern.»
Für die richtige Rhetorik sorgen im Hintergrund Ã-ffentlichkeitsarbeiter und Imageberater. Im Corporate Wording fuchsen sie Manager auf eine einheitliche Sprachregelung ein. Mit dem Effekt, dass jedes Kadermitglied - so es zum Reden befugt ist - auf eine Frage die gleiche Antwort gibt. Vor jedem Auftritt in der Ã-ffentlichkeit arbeiten sich die Topshots durch die «Nasty Questions» - seitenweise Fragen und entsprechende Antworten zum Auswendiglernen. Sie prägen sich Wortunge-tüme ein wie «industrielle Logik», «fundamentale Veränderungen» (Unaxis-Chef Willy Kissling in «Cash») und natürlich «den permanenten Wandel in allen Kategorien» (Valora-Chef Reto Hartmann in der «HandelsZeitung»). Auffällig oft ist Hartmann am Verhandeln - um wen es sich handelt, will er aber nicht sagen. Am Ende ist der Verkauf komplizierter und braucht mehr Zeit, als der Chef gemeint hat.
Nach wie vor zeigt sich die Mehrzahl der Führungskräfte den Anforderungen gewachsen. Ihre einzige Schwäche, wenn sie denn welche zugeben, heisst Ungeduld. Die langen Arbeitszeiten, die vielen Auslandreisen sind für keinen ein Problem; der Job macht allen Spass - das wiederum motiviert sie für den aufreibenden Job. Ihre Erfolgsrezepte sind zuweilen erstaunlich banal und einspurig: Etwa jene des viel gerühmten Jack Welch, als Chef des Elektrokonzerns General Electric Konkurrent von ABB. In seinem Buch postuliert er 31 Erfolgsgeheimnisse. Titel: «Business is simple». Oder, wie es Managementberater Roger Rytz von Spencer Stuart ausdrückt: «Doing the right things». Erfolg hat, wer das Richtige tut - so einfach ist das.
Gefragt nach ihrer Macht, antworten Vorsitzende von Geschäftsleitungen mit fast hundertprozentiger Sicherheit, sie hätten keine oder seien sich ihrer nicht bewusst. O-Ton eines Chefs von 55 000 Mitarbeitern: «Ich habe nicht das Gefühl, sehr mächtig zu sein», sagt UBS-Chef Marcel Ospel in der «Schweizer Illustrierten». Höchstwahrscheinlich ist das Geplänkel pure Koketterie. Oder ist Ospel vielleicht der Ansicht, dass nicht er Macht über das Unternehmen hat, sondern das Unternehmen über ihn?
Laut Studien besteht mehr als die Hälfte aller Kommunikation aus dem Visuellen, inklusive Kleider, Accessoires und Haltung. Der perfekte Auftritt zählt in Managerkreisen alles. In einer Umfrage der PR-Agentur Burson Marstaller bei über 300 US-Chief Executive Officers gaben 70 Prozent an, Image sei «sehr» oder «ziemlich» wichtig. Daher kommts, dass Profil nicht zu den herausragenden Eigenschaften eines Managers gehört. Es sei denn, ihm gehöre der Laden. Uhrenpionier Nicolas Hayek, mit mehr als einer Swatch an jedem Handgelenk und wilden Krawattenknöpfen, nimmt kein Blatt vor den Mund. Nicht in die klassische Managergussform passt auch Medienunternehmer Roger Schawinski. Von sich überzeugt, führt er sein Unternehmen selbstherrlich und nach seinen Vorgaben.
Hayek und Schawinski sind nicht zuletzt deshalb bunte Vögel, weil sie viel von sich preisgeben. «Human Touch» kommt an und ist daher in den Chefetagen ein Thema, allerdings wird auch er mehrheitsfähig durchgestylt. Einen Hauch von Menschlichkeit verleihen Zigarren, ein gutes Glas Wein, ein schlechtes Handicap beim Golfen, ein unvernünftig schnelles Auto, eine Kunstsammlung oder Kulturbefliessenheit. «Ich bin von früh auf Theaterfan gewesen», gesteht Winterthur-Chef Thomas Wellauer. UBS-Lenker Ospel leistet sich als einziges Drittmandat einen Verwaltungsratssitz im Zürcher Opernhaus. Swisscom-Chef Jens Alder schmaucht in Musseminuten eine Zigarre, CS-Chef Lukas Mühlemann tut es auch.
Zum Human Touch gehört ebenfalls, Bodenhaftung zu signalisieren. Rentenanstalt-Lenker Manfred Zobl sagt gern, er kenne «keine Berührungsängste. Im Grunde genommen bin ich einfach geblieben.»
CS-Manager Mühlemann gibt zu, «ab und zu Tram zu fahren». Zudem, so teilte der Jaguar-Fahrer der «Schweizer Illustrierten» mit, kaufe er in den Geschäften rund um die Zürcher Bahnhofstrasse ein.
Die Schatten, die die perfekt kultivierte Managerfassade wirft, sind oftmals lang. Ospels erste Ehe ging in die Brüche, Mühlemann ist geschieden. Auch SAirGroup-Chef Philippe Bruggisser und sein Kollege Paul Reutlinger haben ihr Ehe-glück der Karriere geopfert. Managerehen halten selten; die Familie steht häufig hintan. Macht nichts, es gibt dafür in der Managerwelt ein Rezept: Es heisst Quality Time - weniger ist mehr. «Wie oft haben Sie Zeit für Ihren Sohn?», fragt die «Schweizer Illustrierte» UBS-Chef Ospel. Antwort: «Wenig. Aber diese knapp bemessene Zeit geniessen wir dafür umso intensiver.» Das sagt nicht nur er so. «Für mich ist Qualität wichtiger als Quantität. Ich pflege meine Familie», sagt Manfred Zobl in der «Schweizer Illustrierten». Und die Elite nickt.
Gruss
Frank
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