- über Freigeld... - ottoasta, 06.10.2003, 18:46
- Re: über Freigeld... - Frank, 06.10.2003, 19:13
Re: über Freigeld...
-->>Geschichte des Freigeldes
>aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
>Die Geschichte des Freigeldes beginnt (soweit bekannt) mit Geld, welches lediglich umlaufgesichert war.
>Darunter zählen:
>Getreidebestätigungsscheine im alten Ägypten.
>mittelalterliche Brakteaten (dies ist umstritten)
>Wära
>Wörgler Schillinge
>Der Begriff Freigeld stammt aus der Physiokraten-Bewegung (vor allem in Deutschland) anfang des 20. Jahrhunderts. Die Physiokraten gliedern sich in unterschiedliche Strömungen, die das gesamte politische Spektrum abdecken. Wichtigster Vertreter war Silvio Gesell, ein argentinisch-deutscher Kaufmann, der auf der Grundlage der o.g. Geldsysteme die erste umfassende Geldtheorie entwickelte.
>In Misskredit geriet die Freigeld-Idee durch rechtsextreme Einflüsse. Von Gesell selbst ist die Vision von einer eugenisch kontrollierten Gesellschaft überliefert, die sich auch später wieder in den nationalsozialistischen Vorstellungen von Rassenreinheit und Projekten, wie dem Lebensborn, zumindest entfernt wiederfinden. Diese Vorstellung von Volksgesundheit ist jedoch keine Voraussetzung für die Existenz einer Freiwirtschaft, sondern ergibt sich nach Gesells Weltbild angeblich von selbst, wenn das Paarungsverhalten nicht mehr von wirtschaftlichen Abhängigkeiten beeinflusst wird.
>Von solchen Merkwürdigkeiten abgesehen stand Gesell eher den anarchistischen Kreisen um Gustav Landauer nahe und war vor deren Sturz (zunächst durch Milizen der KPD) als Wirtschaftsminister der Münchner Räterepublik designiert.
>Auch später wird die politisch neutrale Freigeld-Theorie immer wieder von Nazis vereinnahmt. Der Finanzexperte der NSDAP, Gottfried Feder staffierte 1927 das Parteiprogramm mit einem agressiven Antikapitalismus aus ("Brechung der Zinsknechtschaft"), der sich in weiten Teilen bei der Gedankenwelt der Physiokraten bediente. Feder hat jedoch nie ein ausgereiftes Konzept vorgelegt und wurde nach 1933 durch Hjalmar Schacht ersetzt, der strikt auf Feders sozialrevolutionäre Romantik verzichtete und die Eliten des reichsdeutschen Kapitals hinter dem nationalsozialistischen Regime sammelte (Schacht war Verfechter des Goldstandards, wie er von der Weltbank bis 1976 im Bretton-Woods-Vertrag aufrecht erhalten wurde).
>Nach Kriegsende lebte die Freigeld-Idee wieder auf und kondensierte in der Partei FSU (Freisoziale Union), die in der Tradition der Physiokraten zunächst wieder ein bunter Mix unterschiedlichster politischer Strömungen darstellten, die allein durch die Freigeld-Idee zusammengeschmiedet werden. Einziges verbindendes Element ist eine fast religiöse Verehrung Silvio Gesells und seiner Schriften. In den Fünfzigern und Sechzigern wird die Partei in den absehbaren Flügelkämpfen zunehmend von nationalkonservativen Kreisen vereinnahmt, die wiederum einer art nationalem Sozialismus nachhängen. Seit den 70er-Jahren spielt die FWU in der Parteienlandschaft keine nennenswerte Rolle mehr.
>Gegen den naheliegenden Trugschluss, Freigeld und faschistische Ideologie gehören untrennbar zusammen, spricht eine zunehmende Anzahl von Tauschringen, die ideologiefrei das Konzept selbstverwalteter Währungen umsetzen. neben einer Unzahl regionaler Organisationen ist das weltweit agierende LETS wichtigster Vertreter dieser Bewegung. In Deutschland haben diese Tauschringe weitgehend den Status"harmloser" Nachbarschaftshilfen.
>Dagegen hat sich beispielsweise in Argentinien mit seinem katastrophalen ersten Markt eine unabhängige Schattenwirtschaft herausgebildet, die der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung das Überleben sichert, indem sie lokale Währungen ausgibt, die unabhängig von der Kontrolle einer Zentralbank existieren.
>Das bisher einzige Land, das den Umlauf von Freigeld nicht nur duldet, sondern gesetzlich anerkennt, ist Neuseeland. Der Gesetzestext würdigt die sozial stabilisierende Wirkung der lokalen Währungen innerhalb der Gemeinschaften, die sie verwenden.
-------------- Die Freigeld-Theorie (und zarte -Praxis) lässt sich leicht über ihre historischen"braunen Verflechtungen" verunglimpfen. Sie ist jdoch eine reine neutrale Wirtschaftlehre und mit freier Wirtschaft sowie Demokratie mehr als voll vereinbar.
Komisch, dass ausgerechnet das"Freigeld-Neuseeland" zu den Musterländern gehört, nicht ;-) Wüsste gern mehr darüber.
Danke und Gruß
F

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