- Schwindendes Erdmagnetfeld als Ursache groĂflĂ€chiger StromausfĂ€lle - RK, 07.10.2003, 20:05
- am Boden liegend - Bauch haltend - ne tolle Rezension zu THE CORE - must read - Praxedis, 07.10.2003, 20:23
- Re: Schwindendes Erdmagnetfeld als Ursache groĂflĂ€chiger StromausfĂ€lle - Karl52, 07.10.2003, 21:34
- Re: Schwindendes Erdmagnetfeld als Ursache groĂflĂ€chiger StromausfĂ€lle - fridolin, 07.10.2003, 21:36
- Antworten... - RK, 07.10.2003, 21:58
- Re: Schwindendes Erdmagnetfeld als Ursache groĂflĂ€chiger StromausfĂ€lle - fridolin, 07.10.2003, 21:36
- Hier die ESA: MagnetstĂŒrme, Spannungsschwankungen, Stromausfall, Treibhauseffekt - RK, 07.10.2003, 21:35
- rpo: Der magnetische Nordpol wandert aus (immer schneller!) - RK, 07.10.2003, 21:50
Hier die ESA: MagnetstĂŒrme, Spannungsschwankungen, Stromausfall, Treibhauseffekt
-->http://www.esa.int/export/esaCP/ESAFM97708D_Germany_0.html
Weltraumwetter: Gefahren fĂŒr die Erde
15 November 2002
Wenn die Sonne auf Sturm steht, bedrohen solare Teilchenlawinen das Leben auf der Erde. Die Folgen können vielfĂ€ltig sein: Stromnetze brechen zusammen, Computer spielen verrĂŒckt, Navigationsnetze werden gestört. Das PhĂ€nomen heiĂt Weltraumwetter. Dieses wurde im Rahmen der EuropĂ€ischen Woche fĂŒr Wissenschaft und Technologie auf vielfĂ€ltigen Veranstaltungen in zahlreichen europĂ€ischen StĂ€dten Anfang November vorgestellt. FĂŒr das Hauptforum wĂ€hlte die EuropĂ€ische Raumfahrtagentur ESA zusammen mit den anderen Veranstaltern das Berliner Zeiss-GroĂplanetarium aus. Der richtige Ort fĂŒr eine viel beachtete internationale Expertenrunde, eine Sonderausstellung, fĂŒr die Premiere einer multimedialen 3-D-Wissenschaftsshow âDonnerwetter - Weltraumwetterâsowie fĂŒr die Live-Schaltung zur Internationalen Raumstation ISS.
Eine Wende liegt in der Luft. Und das ausgerechnet auf einem Gebiet, in dem man fundamentale Erkenntnisse derartiger DimensionalitĂ€t gar nicht vermuten wĂŒrde, dem Wetter. Bislang schien âWetterâ - der Zustand der Luft an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit - eine höchst irdische Angelegenheit zu sein. Doch die von Satelliten gewonnenen Forschungsergebnisse der letzten Jahre belegen zweifelsfrei, dass die Strahlung aus dem All das Klima auf der Erde beeinflusst. Und zwar sogar stĂ€rker, als viele Experten bisher dachten. Das neue PhĂ€nomen wird umschrieben mit dem friedvoll klingenden Namen âWeltraumwetterâ.
AuĂerirdisches Wetter
âWeltraumwetter wird durch die kosmische Strahlung unseres Zentralgestirns oder die anderer Sterne verursachtâ, eröffnete Dr. Frank Jansen von der UniversitĂ€t Greifswald, Spiritus rector der âWeltraumwetterâ-Veranstaltungen, das Berliner Forum. âIn der MagnetosphĂ€re sowie der IonosphĂ€re der Erde werden so Wechselwirkungen mit den dort vorhandenen Feldern und geladenen Teilchen erzeugt. Die dabei verursachten PhĂ€nomene in der Umgebung der Erde werden als Weltraumwetter bezeichnet.â
Darunter fallen alle auĂerirdischen Ereignisse, die sich auf das irdische Leben auswirken. Es beeinflusst nicht nur die FunktionstĂŒchtigkeit technischer Systeme im Weltraum und auf der Erde, sondern kann auch Gesundheit und Leben von Menschen gefĂ€hrden. Die Auswirkungen sind vielfĂ€ltig. Sie reichen von Elektronikpannen, Unterbrechungen im Nachrichten- und Navigationsverkehr, StromausfĂ€llen in der Energieversorgung bis hin zu Störungen im Bahnverkehr. Weltraumwetter stört den Handyempfang, macht Satelliten unbrauchbar, gefĂ€hrdet Raumfahrer und Flugzeugbesatzungen, bringt Stromleitungen und Flugzeugelektronik aus dem Takt, lĂ€Ăt Ă-l- und Gaspipelines korrodieren, Trafostationen explodieren und vieles mehr. Die meisten Auswirkungen sind wissenschaftlich bewiesen, an anderen wird noch geforscht. Weltraumwetter ist eben weit mehr als die bekannte eindrucksvolle Erscheinung der Polarlichter.
Alexi Glover, die Koordinatorin des Space Weather Working Teams der ESA, erlĂ€uterte die AktivitĂ€ten der EuropĂ€ischen Weltraumagentur:"Aus der Entfernung von 1,5 Mill. km - also aus nĂ€chster NĂ€he - untersuchen wir seit Jahren die AktivitĂ€ten der Sonne mit unserem Sonnenobservatorium SOHO. Es dient zugleich als WĂ€chtersatellit. DarĂŒber hinaus werden die Auswirkungen dieser SonnenaktivitĂ€ten im Umfeld der Erde durch das Cluster-Satellitenquartett in bisher unerreichter zeitlicher wie rĂ€umlicher Auflösung erfasst. Wir sind damit dem PhĂ€nomen Weltraumwetter hautnah auf der Spur.â
StĂŒrme aus dem All
Wer sehnt sich nicht nach Licht und den wÀrmenden Sonnen-Strahlen? Unsere Sonne hat aber noch ein zweites Gesicht. Sie emittiert elektromagnetische Strahlen und energiereiche Teilchenstrahlen, wie den mit Protonen, Elektronen und hochionisierten Atomen beladenen Sonnenwind sowie die solare kosmische Strahlung.
WĂ€hrend die elektromagnetische und die kosmische Strahlung unseren Heimatplaneten in acht Minuten erreichen, treffen die Bestandteile des Sonnenwindes erst nach vier bis fĂŒnf Tagen ein.
Die zweite Quelle, aus der das Weltraumwetter gespeist wird, ist die galaktische kosmische Strahlung. Sie stammt von den Sternen unserer Heimatgalaxis - der MilchstraĂe - und besteht ebenfalls aus Atomkernen, Protonen und Elektronen. Sie wird auf ihrem langen Weg bis zur Erde nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und besitzt deshalb hohe Energien. Dadurch kann sie bis zur ErdoberflĂ€che vordringen, aber auch Materialien verschiedenster Art durchdringen. Sie stellt daher auch eine Gefahr fĂŒr die Raumflugbesatzungen dar.
Wenn die galaktische kosmische Strahlung mit Teilchen der ErdatmosphĂ€re zusammenstöĂt, entstehen neue Teilchen, die sogenannte sekundĂ€re kosmische Strahlung. Sie hat besondere Bedeutung fĂŒr die Luftfahrt, da die Flugzeugbesatzungen hier den Gefahren erhöhter Strahlenbelastung ausgesetzt sind.
Das Erdmagnetfeld als Schutzschild
HĂ€tte die Erde kein Magnetfeld, wĂŒrde es auf ihr kein Leben geben. Der GroĂteil der fĂŒr den Menschen und andere Lebewesen schĂ€dlichen Strahlung wird dank seiner Existenz um die Erde herumgeleitet. Bei erhöhter SonnenaktivitĂ€t nimmt aber die IntensitĂ€t von Sonnenwind und Strahlung so zu, dass die Wechselwirkungsprozesse in der IonosphĂ€re intensiviert werden und geladene Teilchen bis weit hinunter in die ErdatmosphĂ€re vordringen. Das Ergebnis sind die in hohen geographischen Breiten zu beobachtenden Polarlichter. Die eindringenden geladenen Teilchen induzieren aber auch elektrische und magnetische Felder, die zu StromflĂŒssen in der Erde bzw. zu Potentialunterschieden fĂŒhren. In allen leitfĂ€higen Teilen, das können beispielsweise Erdölpipelines oder Stromleitungen sein, flieĂen deshalb geomagnetisch induzierte Ströme.
Strahlen der Zerstörung
Unsere moderne Welt bedient sich immer mehr technischer Systeme, die das Leben erleichtern sollen. Doch diese Systeme sind gegen die Strahlung aus dem All nicht immer immun. Die ersten diesbezĂŒglichen Effekte wurden 1940 in Nordamerika beobachtet. Starke MagnetstĂŒrme fĂŒhrten zu Transformatorabschaltungen. Das berĂŒhmteste Ereignis fand am 13. MĂ€rz 1989 in Kanada statt. Schwere MagnetstĂŒrme verursachten die magnetische SĂ€ttigung von Transformatoren im Quebec-Kraftwerkssystem. Das fĂŒhrte zur Selbstabschaltung und Spannungsoszillationen im Netz, was schlieĂlich den Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes in Quebec bewirkte. Der Stromausfall dauerte neun Stunden.
Gravierende Auswirkungen können in anderen elektrischen Systemen durchaus zu Katastrophen fĂŒhren. So wurden in Schweden durch Weltraumwettereffekte bedingte Fehlfunktionen von Eisenbahnsignalen beobachtet.
Elektronische Bauelemente sind aus der technisierten Welt nicht mehr wegzudenken. Teilchenschauer der galaktischen kosmischen Strahlung erzeugen in den zunehmend miniaturisierten Chips sogenannte Soft Errors. So zeigten Speicherchips nach Untersuchungen von IBM eine 13 fach höhere Fehlerrate in 3100 Meter Höhe als auf Meeresspiegelniveau. Und wer Elektronik an den Polen betreibt, ist ebenfalls wesentlich stĂ€rker betroffen, als am Ăquator.
Fehlfunktionen elektronischer Systeme durch Einwirkung des Weltraumwetters fĂŒhrten auch in der Raumfahrt zu Störungen bzw. zum Totalausfall von Satelliten. So erwischte es 1994 den kanadischen Satelliten ANIK und 1997 Telstar 401.
Die aufgezeigten Risiken sind nur ein Teil des Gesamtproblems, das erst in den letzten Jahren in seiner gesamten Tragweite erkannt wurde. Betroffen sind im Prinzip alle hochtechnisierten Teile einer Gesellschaft, wie die Telekommunikation, die Gas- und Ă-lindustrie, Energieversorgung oder das Verkehrswesen.
Streitfall Klima: Treibhauseffekt von der Sonne?
In den letzten Jahren wurde offensichtlich, dass direkte und indirekte EinflĂŒsse des Weltraumwetters auf das irdische Wetter bestehen: Zum Beispiel die Verringerung der Ozonkonzentration wĂ€hrend starker SonnenaktivitĂ€t, Langzeiteffekte auf das Klima und die Wolkenbildung in der ErdatmosphĂ€re. Nachgewiesen ist, dass der Wasserstand des Nils mit dem elfjĂ€hrigen AktivitĂ€tszyklus der Sonne variiert. Es erhebt sich daher die Frage, ob die HĂ€ufigkeit der Fluten in den groĂen Flusssystemen vielleicht durch das Weltraumwetter beeinflusst wird.
Noch brisanter ist die Frage, inwieweit die Sonne mit ihrer schwankenden Strahlung einen messbaren Einfluss auf das irdische Klima hat. Gibt es ihn, dann wird nicht nur die herrschende Lehrmeinung des bedrohlichen Treibhauseffektes in Frage gestellt. Dann ist möglicherweise der Mensch gar nicht fĂŒr den Klimawandel verantwortlich. Dann wiederum wĂŒrden die politischen BemĂŒhungen um den Klimaschutz in Frage gestellt werden.
Und die Stimmen, die dem Weltraumwetter einen nicht unerheblichen Einfluss auf das irdische Klima zuschreiben, mehren sich. Beeindruckende Beispiele nannte Prof. Rainer Schwenn vom Max-Planck-Institut fĂŒr Aeronomie in Katlenburg-Lindau wĂ€hrend des Berliner Symposiums. FĂŒr den solaren Wetterforscher Schwenn besteht ein unmittelbarer Zusammenhang: âJe kĂŒrzer ein Sonnenzyklus ist, desto wĂ€rmer ist es auf der Erde.â Mehr noch. Zeitreihenanalysen hĂ€tten ergeben, so Schwenn, dass eine âverstĂ€rkte kosmische Strahlung die Wolkenbildung in drei Kilometer Höhe fördert.â Die Folge: mehr Regen, denn âgesĂ€ttigter Wasserdampf wird auskondensiertâ. FĂŒr Schwenn sei der Anstieg des Kohlendioxidgehaltes der Luft keinesfalls die alleinige Hauptursache fĂŒr den gegenwĂ€rtig feststellbaren Klimawandel. Beide Effekte ĂŒberlagern sich, wobei der âTreibhauseffekt noch auf dem Weltraumwetter-Effekt sitztâ.
Weltraumwetter-Forschungen made by ESA
Derzeit entspricht die QualitĂ€t der Weltraumwetterprognosen denen von vor 50 Jahren beim irdischen Wetter. âVon einer dem irdischen Wetterbericht vergleichbaren Weltraumwetter-Vorhersage sind wir noch weit entferntâ, berichtete Jansen und ergĂ€nzte: âAber wir arbeiten weltweit an einem Service zur Vorhersage von WeltraumwetterstĂŒrmen, um lebensbedrohende Gefahren fĂŒr den Menschen rechtzeitig zu erkennen."
Das setzt aber die stĂ€ndige Beobachtung der SonnenaktivitĂ€t und deren Auswirkungen im interplanetaren sowie erdnahen Raum voraus. Auch eine weitere Intensivierung der Grundlagenforschung ist nötig, denn zahlreiche PhĂ€nomene wurden erst in den letzten Jahren entdeckt und bedĂŒrfen noch einer genaueren Untersuchung, um sie zu verstehen.
Weltweit widmen sich deshalb Organisationen, Institute und UniversitÀten der Weltraumwettervorhersage. Bei der ESA wurde ein Space Weather Working Team (SWWT) installiert, das alle AktivitÀten innerhalb der ESA und die Zusammenarbeit mit anderen Teams zu diesem Thema koordiniert. Dazu gehört auch die Einbeziehung von Ergebnissen der ESA-Projekte SOHO und Cluster. WÀhrend SOHO kontinuierlich die AktivitÀten der Sonne erfasst, untersucht das Cluster-Satellitenquartett die Wechselwirkungen zwischen Erdmagnetfeld und Sonnenwind erstmals in dreidimensionaler Verteilung.
Klar ist: Hinter den Wettererscheinungen sowohl im interplanetaren Raum als auch in der TroposphĂ€re verbergen sich vielschichtige, schwer fassbare Prozesse. In jĂŒngster Zeit setzte sich die Erkenntnis durch, dass alles noch wesentlich komplizierter ist, als man es je vermutet hĂ€tte. Weil alles mit allem zusammenhĂ€ngt. FĂŒr die Forscher gibt es also noch genug zu tun.

gesamter Thread: