- Dollar Depreciation and Economic Growth / wieder geht´s um Währungen und EXPORT - RK, 14.10.2003, 16:42
- Von wegen schlechter »Wirtschaftsstandort«: D ist wieder führende Exportnation!! - RK, 14.10.2003, 21:37
Von wegen schlechter »Wirtschaftsstandort«: D ist wieder führende Exportnation!!
-->Sehr lesenswert!!! Neben den 33 Milliardären gibts hiezulande auch mehr als 10% der weltweiten Millionäre!!!
RK
http://www.jungewelt.de/2003/10-15/011.php
15.10.2003
Inland
Klaus Fischer
Die Weltmeister
Von wegen schlechter »Wirtschaftsstandort«: Deutschland ist wieder führende Exportnation
Es gibt Titel, die sind nicht offiziell. Wie zum Beispiel der eines »Exportweltmeisters«. Dafür gibt es keine Medaille und keine Urkunde. Doch was ist schon ein Fußballweltmeister gegen einen Meister der Exporte? Die Bundesrepublik Deutschland jedenfalls hat sich diesen inoffiziellen Titel zurückerobert, und das Echo in den Medien ist bei weitem nicht so groß wie bei dem Ereignis vom Wochenende, als ein gebürtiger Kerpener in einem roten Auto Formel-1-Weltmeister wurde. Der Financial Times Deutschland (FTD), bekannt dafür, daß sie die informelle Nachrichtenhierarchie der bürgerlichen Blätter gern gegen den Strich bürstet, war die Rückkehr der BRD auf den Spitzenplatz der Exporteure eine Titelseite wert. Zu Recht, aber irgendwie unpassend in der allgemeinen gesellschaftlichen Hysterie um »Reformen«, Sozialabbau und Finanzkrise der öffentlichen Haushalte.
Im August 2003 führte Deutschland dem Bericht zufolge Waren im Wert von 62 Milliarden US-Dollar aus. Damit habe das Land die Exporte der USA um mehr als sieben Prozent übertroffen und sich wieder auf Platz eins der Weltrangliste vorgeschoben, schrieb die FTD unter Bezugnahme auf Daten der OECD, des Internationalen Währungsfonds und von Statistikämtern. Diesen Platz hatte die nationale Wirtschaft der BRD letztmals im Sommer 1992 inne und wurde in den folgenden 11 Jahren von der im »New-Economy«-Boom befindlichen Ã-konomie der Vereinigten Staaten übertroffen.
Diskussionen um den vermeintlich schlechten »Standort Deutschland« klingen eigentlich schon anhand simpler Daten merkwürdig: Die BRD nimmt gemessen an der Fläche den 61. Platz in der Welt ein. Mit knapp 82 Millionen Einwohnern steht sie auf Platz 12 der bevölkerungsreichsten Staaten, mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von etwa 1,8 Billionen US-Dollar auf dem dritten Rang der Wirtschaftsmächte der Welt. Hinzu kommt die Exportstatistik und die Tatsache, daß das Land weit mehr Waren aus- als einführt, also eine dickes Plus in der Handelsbilanz erwirtschaftet. Fragt sich nur, wo ist das ganze Geld, das damit realisiert wird?
Wer ein bißchen etwas von Wirtschaftswissenschaft versteht, weiß, daß die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, möglichst viel Waren und Leistungen zu exportieren, etwas über ihre Stärke aussagt. Eine Wirtschaft, die mehr exportiert als alle anderen, kann zumindest zum Zeitpunkt dieses Zustandes als stärkste der Welt betrachtet werden. Es gehört zu den zahlreichen scheinbaren und realen Widersprüchen, daß diese Volkswirtschaft seit mehr als zwei Jahren kein Wachstum mehr verzeichnet, das Koordinierungsinstrument der gesamten Produktionsweise, der Staat, hochverschuldet ist, das Realeinkommen der Bevölkerung sinkt. Auch die Tatsache, daß das Pro-Kopf-Einkommen, gemessen am BIP, in der BRD dem der USA und Japans ebenso hinterherhinkt wie dem kleiner Staaten à la Luxemburg oder Norwegen, trägt zur Widersprüchlichkeit bei.
Aber weder werden die Exporte vom Staat wesentlich subventioniert, noch verkaufen die Exportfirmen ohne Profit. Die Ausfuhrraten werden nicht mit Massenware, sondern zum übergroßen Teil mit komplexen, technologisch hochentwickelten Gütern realisiert. Und während ein stetig abnehmender Teil der Bevölkerung immer mehr produziert, aber die vom Produktions- und Distributionsprozeß »freigesetzten« Menschen per Umlage oder über die Steuer vom kleiner werdenden Anteil der Beschäftigten alimentiert werden, steigt der Reichtum auf der Gewinnerseite. Schlaglichtartig wird das von einer weiteren Zahl aus der Statistik erhellt: Deutschland hat nach den USA die meisten Milliardäre, und auch bei der Zahl der Millionäre und Multimillionäre steht das Land spitzenmäßig da. Ende 2002 verfügten nach einer Studie der US-Bank Merrill Lynch 755000 Privatpersonen in der Bundesrepublik über ein Finanzvermögen von mehr als einer Million US-Dollar. Ende 2001 lag die Zahl der Millionäre in Deutschland - ohne Immobilienvermögen - noch bei 730000 Personen. Die BRD stellt mehr als zehn Prozent der Millionäre der Welt - eine Zahl die wunderbar korrespondiert mit dem deutschen Anteil an den globalen Exporten, der ebenfalls über zehn Prozent liegt.
»Die Erfolge (der Exportwirtschaft) drängen eine Neubewertung der aktuellen deutschen Wirtschaftskrise auf«, schlußfolgert dann auch die FTD. In der Tat konterkarieren die Daten das wehleidige Klagen von Lobbyisten, Politikern und Journalisten über das »Schlußlicht in Europa«. So sei ein Grund für die gute Leistung der Exportwirtschaft eine von Experten diagnostizierte günstige Kostenentwicklung seit Mitte der neunziger Jahre, schreibt die FTD. Deutschland habe durch zunehmende Lohnzurückhaltung merklich aufgeholt, wird ein Volkswirt der Dresdner Bank zitiert. So gesehen haben der praktizierte Sozialabbau, der lauthals verkündete Reformeifer und das Schlechtreden des »Standortes« nur ein Ziel: Die Leistungsfähigkeit und Effizienz der deutschen Wirtschaft soll noch größer werden, als sie schon ist. Daß damit die politische Macht des Staates wächst, dürfte ebenso gewollt sein.

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