- Hoch im Bogen spritzen braune Jauchewogen - Tempranillo, 29.10.2003, 23:13
- Re: erniedrige Dich stündlich, prostituiere Dich gründlich, grüß Gesslers Hut, - Baldur der Ketzer, 30.10.2003, 00:54
- Zustimmung - zucchero, 30.10.2003, 01:01
- Re: Nun sei bedankt, wenn auch nicht Schwan ;-))) - Tempranillo, 30.10.2003, 01:15
- Re: Entlarvter Schweinejournalismus. Was Arte unterschlägt - Tempranillo, 30.10.2003, 01:47
- Wenn es Dir hilft - Turon, 30.10.2003, 02:23
Re: Entlarvter Schweinejournalismus. Was Arte unterschlägt
-->Hallo,
immer noch rege ich mich über das Schmierenstück von Arte auf. Baldur in seiner unnachahmlichen Art und auch zucchero haben nichts dazu beigetragen, meinen Ärger zu dämpfen.
Ich schreibe das nur, weil ich einen Vorwand suche, um nochmal auf das Thema Furtwängler zurückzukommen, das schon arg weit vom Forumsspektrum weg liegt.
Aber als Symptom für den momentanen Zeitgeist läßt es sich sehr gut darstellen, gerade weil es mit Politik und Geschichte nur mittelbar zu tun hat, zeigt es uns vielleicht besonders deutlich gewisse psychische Befindlichkeiten; vor allem eine hochneurotische Selbstbezichtigung, die sich meist in Form einer krankhaften Einseitigkeit auslebt.
Nach wenigen Augenblicken der Web-Recherche habe ich einiges gefunden, was das Bild, das Arte zeichner, in wesentlichen Punkten korrigiert.
Hier die Fundstellen, in loser Folge, zumeist ohne eigenen Kommentar:
"Emigrieren - das sagt sich so leicht dahin. Aber wenn einer mit der Kultur seiner Heimat so verwurzelt ist wie ich, dann kommt ein solcher Schritt dem künstlerischen Tod gleich. Tausendmal lieber im geschlagenen und verarmten Deutschland, als in Paris in Reichtum und Wohlleben ersticken."
Mit diesen Sätzen versuchte Wilhelm Furtwängler 1936 einer Freundin zu erklären, warum er in Berlin blieb und nicht - wie so viele seiner Künstlerkollegen - dem Dritten Reich den Rücken kehrte. Furtwängler war alles andere als ein Anhänger der Nationalsozialisten, und der Weg, den er gegangen ist - während des Kriegs und nachher -, war sicherlich nicht weniger beschwerlich als die Emigration.
Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernommen hatten, hatten auch die jüdischen Musiker in Deutschland einen schweren Stand. Viele Orchester waren bestrebt, möglichst schnell"arisch" zu werden und kündigten ihren jüdischen Kollegen oder machten ihnen das Leben so schwer, daß sie von selbst aufgaben.
Bei den Berlinern Philharmoniker, das schon damals das deutsche"Vorzeige-Orchester" galt, wäre sicherlich ähnliches geschehen, hätte nicht Furtwängler sich schützend vor seine jüdischen Musiker gestellt. Seine Forderung an die Parteileitung: daß keinem Orchestermitglied Schwierigkeiten wegen nicht-arischer Abstammung entstehen; anderenfalls werde er, Furtwängler, sein Amt niederlegen. Goebbels willigte zähneknirschend in den Handel ein.
Der Machtkampf zwischen Furtwängler und den nationalsozialistischen Ideologen entzündete sich dann an der Person des Komponisten Paul Hindemith. Furtwängler plante Ende 1933 gerade die Uraufführung von Hindemiths Oper"Mathis, der Maler", da wurde der Komponist von der"nationalsozialistischen Kultur-Gemeinde" in aller Ã-ffentlichkeit als"undeutsch" und"kultur-bolschewistisch" diffamiert. Für Furtwängler stand nicht nur eine Opern-Premiere auf dem Spiel, sondern die Freiheit der Kunst.
Innerhalb weniger Tage eskalierte die Situation: Die Zeitungen veröffentlichten Pamphlete, Gegendarstellungen und Protestschreiben - bis es Furtwängler zu bunt wurde und er seine öffentlichen Ämter im Präsidium der Reichs-Musikkammer niederlegte. Was Hitler höchstpersönlich wiederum zum Anlaß nahm, den unbequemen Dirigenten als Chef der Berliner Philharmoniker zu entlassen.
Für Furtwängler zunächst einmal das Ende seiner glanzvollen Karriere. Doch wenige Monate später schon mußten die Machthaber ihn wieder bitten. Denn seit Furtwänglers Rücktritt lag das Berliner Musikleben darnieder. Die Abonnenten gaben reihenweise ihre Karten zurück, die Solisten sagten aus Solidarität ihre Termine ab, und die ausländischen Konzertagenturen stornierten ihre Engagements: Ohne Furtwängler waren die Berliner Philharmoniker im Ausland nicht mal mehr die Hälfte wert.
<ul> ~ Quelle</ul>

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