- Fundsache zum Thema Staatenlosigkeit - Baldur der Ketzer, 31.10.2003, 17:37
- Re: noch ne Fundsache zum Thema Staatenlosigkeit - Baldur der Ketzer, 31.10.2003, 17:42
- aus meinem Fundus - Dieter, 31.10.2003, 19:59
- Re: noch ne Fundsache zum Thema Staatenlosigkeit - Baldur der Ketzer, 31.10.2003, 17:42
Re: noch ne Fundsache zum Thema Staatenlosigkeit
-->Â Staatenlosigkeit
Wer eine Staatsangehörigkeit nicht besitzt, ist staatenlos. Staatenlosigkeit entsteht durch automatischen oder gewillkürten Entzug sowie die freiwillige Aufgabe der Staatsangehörigkeit.
Rechtliche Grundlagen
Im deutschen Recht ist der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit im Staatsangehörigkeitsgesetz geregelt. Danach ist ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nur unter engen Voraussetzungen möglich.
In anderen Staaten gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Regelungen. So haben viele Nachfolgestaaten der Sowjetunion Regelungen in den jeweiligen Staatsangehörigkeitsgesetzen, wonach langer Auslandsaufenthalt zum automatischen Verlust der jeweiligen Staatsangehörigkeit führen kann. Andere Staaten lassen einen Verlust der Staatsangehörigkeit dagegen überhaupt nicht zu.
Die Staatenlosigkeit führt in vielen Staaten zu ganz erheblichen Einschränkungen der Rechtssphäre des Betroffenen. Zum Abbau der Staatenlosigkeit hat die Völkergemeinschaft die Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.8.1961 und zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit vom 13.9.1973 verabschiedet. Die Bundesrepublik Deutschland hat beide Übereinkommen mit Gesetz vom 29.6.1977 ratifiziert. Bislang sind den Übereinkommen nur wenige Staaten beigetreten. Einige Staaten haben allerdings den Übereinkommen entsprechende gesetzliche Vorschriften, ohne die Übereinkommen ratifiziert zu haben.
Die Übereinkommen führen unter bestimmten Voraussetzungen zum erleichterten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Anwendung der Übereinkommen allerdings voraus, daß die betroffene Person einen legalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, also in Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung ist....(...)
Staatenlose erhalten, wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung haben, einen sog. Staatenlosenpaß.
Staatenlosigkeit als Abschiebungshindernis
Allerdings kann für diesen Personenkreis die Staatenlosigkeit gleichwohl erhebliche Bedeutung haben.
Zum einen kann der Entzug der Staatsangehörigkeit durch den Herkunftstaat als asylerhebliche Verfolgung zu werten sein. (....)
Die Staatenlosigkeit kann zum anderen ein rechtliches Abschiebungshindernis sein.
Ein rechtliches Abschiebungshindernis kann sich etwa aus § 53 Abs.6 S.1 AuslG ergeben, wenn der betroffene Staatenlose in dem Zielstaat der Abschiebung aufgrund seiner Staatenlosigkeit soweit unter das Existenzminimum fällt, daß er individuell von einer erheblichen und unmittelbaren Lebensgefahr bedroht ist. Ebenso kann ein solches Abschiebungshindernis vorliegen, wenn kostenlose erforderliche medizinische Versorgung nur Staatsangehörigen des Zielstaates zuteil wird und der Betroffene wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die lebenswichtige medizinische Versorgung aus eigener Kraft sicher zu stellen. Das ist unter Auswertung der Rechts- und Sachlage der jeweiligen Staaten zu überprüfen.
Die Abschiebung eines staatenlosen Ausländers kann sich auch als unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen. Dieses wäre ein rechtliches Abschiebungshindernis gemäß Â§ 55 Abs. 2 AuslG.
Schließlich kann die Staatenlosigkeit zur Annahme eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses gemäß Â§ 55 AuslG führen. Das ist der Fall, wenn der Herkunftsstaat nicht - mehr - bereit ist, den Betroffenen wieder aufzunehmen. Es gilt das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht, daß Abschiebungen von Personen von einem Staat in den anderen nur mit Zustimmung des Zielstaates erfolgen dürfen. Lehnt dieser die (Wieder-) Aufnahme ab, besteht ein tatsächliches Abschiebungshindernis. Für die Frage des dauerhaften Verbleibs in der Bundesrepublik Deutschland ist in diesem Falle dann entscheidend, ob der Betroffene dieses Abschiebungshindernis in zumutbarer Weise - etwa durch Wiedereinbürgerungsanträge bei der Botschaft - beseitigen kann. Einige Staaten sehen eine solche Wiedereinbügerung gesetzlich nicht oder nur sehr eingeschränkt vor.
Aufenthaltsrechtlich problematisch ist die Zeit bis zur Feststellung der Staatsangehörigkeit/Staatenlosigkeit. Häufig werden Ausländer mit Laissez-Faire-Papieren abgeschoben, obwohl die Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist. Laissez-Faire-Papiere bestätigen nur die Aufnahmebereitschaft des Staates, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, treffen hingegen nicht notwendigerweise eine Aussage über die Staatsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit ist Grundlage für die rechtlichen Behandlung des Betroffenen in vielen Rechtsbeziehungen. Meiner Auffassung stellt sich die Abschiebung von Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit zumindest dann als unmenschliche Behandlung dar, wenn der mögliche Verlust der Staatsangehörigkeit nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten des Betroffenenen beruht und er sich selbst redlich um die Klärung der Frage der Staatsangehörigkeit bemüht.

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