- Zinswürger? Auf der Suche nach den fetten Zinsbeziehern ex Staatspapieren.... - dottore, 07.11.2003, 11:54
- Danke - Burning_Heart, 07.11.2003, 16:54
Zinswürger? Auf der Suche nach den fetten Zinsbeziehern ex Staatspapieren....
-->... ist jetzt dieses Ergebnis zu vermelden:
Ultimo 02 lagen die eingetragenen Verbindlichkeiten des Bundes, seiner Sondervermögen sowie der Deutschen Ausgleichsbank bei 723 (Vj. 683) Mrd. €.
Wie bereits besprochen, lassen sich die Bezüge einzelner Zinssummen an bestimmte Personengruppen (anonyme) nur über die Aufbereitung der Kapitalertragsteuer ermitteln, die mit 22,5 Mrd. € zu Buche schlägt. Diese Aufteilung wird derzeit vom Stat. BuAmt vorgenommen und demnächst veröffentlicht (Quelle: Referatsleiter). Über die letzte Aufteilungs-Statistik war bereits berichtet worden. Sie hatte ergeben, dass nur eine sehr geringe Anzahl (im Tausenderbereich) überhaupt Kapitaleinkünfte (Zinsen und Dividenden) von > 1 Mio € hatte.
Dies unbeschadet der schon diskutierten Freibeträge (1601/3202 € p.a.), die sich als steuerfrei kassierte Kapitaleinkünfte darstellen und die lt. Aukunft des BFM in einem "nicht relevanten" Bereich liegen (der sich mit weniger als 10 Mrd. € beziffern lässt, weshalb sich der Wegfall der Freibeträge steuerneutral in einer Senkung der Abzugssteuer, die von allen zinszahlenden bzw. zinsweiterreichenden Stellen von 30 auf 25 % niederschlagen würde).
Die Bundesschulden werden in einem Sammel- und einem Einzelschuldbuch geführt. Die im Sammelschuldbuch eingetragenen Schulden (passiv) des Bundes liegen sämtlich aktiv in der Wertpapiersammelstelle "Clearstream Banking Frankfurt AG" (CBF) und nicht bei einzelnen Banken, Fonds, Privatanlegern usw. direkt. Die CBF ist eine Tochter der Deutschen Börse AG. An sie werden sämtliche Zinsgutschriften erteilt und von dort dann gemäß den jeweiligen Konten bzw. Kontenständen der teilhabenden Banken an diese weitergeleitet, von wo aus sie dann unter Einbehalt der ZAST (Zinsabschlagsteuer = 30 %) an die jeweils Letztberechtigten weitergeleitet werden, sofern sie nicht bei den Banken direkt verbleiben (Nostro-Konten).
Aus dieser Weiterleitung wird wiederum - unter Abzug der jeweligen Depot- und Verwaltungskosten - die KapErtSt alimentiert, die sich mit anderen Steuern aus anderen Kapitalerträgen, z.B. direkt gehaltenen Aktien und die von der BWpV direkt abgeführte ZEST (siehe gleich) auf die besagten 22,5 Mrd. summiert. Ein unbesteuerter Zinsbezug aus inländischen Quellen ist demnach ausgeschlossen.
Da die KapErtSt sofort am Zinszahlungstag an just der"Quelle" erhoben und abgeführt wird, ist diese Steuer aufgrund ihrer Erhebungstechnik die schnellste Staatseinnahme überhaupt. [Korrekt ist es keine erhöhte Staatseinanhme, sofern es sich aus Zinsen aus Staatstiteln handelt, sondern eine verminderte Staatsausgabe].
Eine Verrechnung mit anderen (negativen!) Einkünften und ergo Rückerstattung ist nur mit Hilfe einer normalen Einkommensteuererklärung möglich und schlägt sich dann in deren Aufkommen nach Steuerbescheid und Zahlung nieder.
Der Zusammenhang zwischen gezahlten Zinsen als Teil aller Einkommen (egal, wie die Ergebnisse der anderen Einkunftsarten, wie Lohn, Gehalt, Mieten, usw. ausfallen) und der KapErtSt ist also unmittelbar gegeben. Die entsprechenden Berechnungen wurden hier des öfteren vorgenommen, mit dem Resultat, dass die immer wieder vorgebrachte Summe von ca. 300 Mrd € Zinsausgaben der Banken (nach Abzug der Zinsüberschüsse ---> Kosten der Banken plus Ausschüttungen usw.) und demnach"Netto-Zinseinnahmen des Publikums" (obendrein auch noch auf einige wenige einzelne Zinsauspresser verteilt) komplett an der Realität vorbei geht.
Weder sind die von Banken an Banken gezahlten und ergo von Banken kassierten Zinsen saldiert noch die von Einzelpersonen kassierten und gezahlten Zinsen (LV- oder Bau- oder Terminsparer, hat Zinseinnahmen, die ihm nur gutgeschrieben, aber noch nicht ausgezahlt werden und ist z.B. gleichzeitig mit einem Raten- oder Dispokredit im Soll, auf das er Zinsen zahlen muss, während ihm aus anderen Anlageformen Zinsen gleichzeitig gutgeschrieben werden, usw.).
Nun gibt es auch das Einzelschuldbuch, wo private und auch instutionelle Anleger ihnen direkt zurechenbare Titel halten und die Zinsen daraus (wieder abzüglich der ZAST) ohne Umweg über CBF und damit das Bankensystem kassieren können. Im Einzelschuldbuch des Bundes sind 02 ganze 9 (neun) Milliarden € aufgeührt (1999: 13), die private Anleger halten und 8 (acht) Mrd. € institutionelle Anleger (1999: 10).
Sollten also fat cats gesucht werden, die schon aus Kostengründen (die ZAST ist absolut gleich) den Umweg über Banken meiden dürften (die BWpV verwaltet kostenlos), dann sollten sie sich in diesem Bereich aufhalten.
Der Ausweg über das Ausland ist für Gläubiger mit Steuersitz im Inland nur unter Inkaufnahme von Steuerstrafbeständen möglich und wurde inzwischen mit Hilfe der bekannten zwichenstaatlichen Vereinbarungen ohnehin verstopft. Die Schätzungen des BFM gingen bekanntlich dahin, dass sich eine Summe von 300 Mrd. von Gläubigern mit Inlandssteuersitz als"unbesteuert" im Ausland befinden würde, woraus sich aber auch nur ein Zinsbezug von 15 bis 20 Mrd. p.a. errechnen ließe. Dass es sich dabei nicht um von inländischen Banken gezahlte Zinsen handeln kann, die stets sofort der ZAST unterliegen, versteht sich von selbst. Die Inlandsbanken zahlen, auf welches und wo auch immer geführtes Konto Zinsen nur abzüglich ZAST aus.
Wenn also jemand im Ausland direkt und steuerfrei kassieren wollte, musste er nicht Inlandsbanken (mit ihrem 380 Mrd."Zinsausgaben" brutto und ca. 300 netto) als Partner haben, sondern mit Hilfe von verbrieften (!) Forderungen arbeiten, also z.B. Bundesanleihen oder Aktien direkt und dies in Einzeldepots ("Streifbanddepots") halten.
Das Halten von Bundesanleihen in physischer Form ist nicht mehr möglich, da diese Titel nicht mehr physisch ausgegeben werden, sondern als sog. Wertrechtsanleihen, womit der jeweils Berechtigte unschwer zu enttarnen ist, sei es als Privatperson oder als Gesellschaft ("Holding","Stiftung" usw.). Zoll und Steuerfahndung arbeiten bekanntlich intensiv daran, siehe schon Grenzkontrollen und ausländische"Residenten", die Bankkunden observieren, Auto-Nummern aufschreiben etc.
Um wirklich und straffrei verbriefte Forderungen (nicht etwa Kontenforderungen bei deutschen Banken!) brutto für netto zu kassieren, muss man sich selbst sehr weit weg ansiedeln und die Titel dort halten.
Das Ganze ist überdies auf die Summe der überhaupt verbrieften (und ergo"mitnehmbaren") Titel begrenzt, d.h. wenn man die sichersten und zugleich relativ bestverzinslichen Titel, also Anleihen mit langer Laufzeit nehmen will, kommen überhaupt nur ca. 450 Mrd. € in Frage.
Da die Kreditinstitute mit 533 Mrd € als Gläubiger der öffentlichen Stellen erscheinen und gleichzeitig mit 404 Mrd. Direktausleihungen an diese (z.B. Landesbank gibt Kredit an Landeshaushalt) haben wir einen Saldo von ca. 130 Mrd. €.
In welcher Form diese Gläubigerposition sich darstellt, ist nicht erkennbar, allerdings dürften Kreditinstitute eher Anleihen ins Nostro nehmen als Bundesschatzbriefe, zumal sie zwingend Anleihen im Nostro haben müssen, um überhaupt, wiederum mit Hilfe ihrer"Bund"-Konten bei der CBF am eigentlichen Kapitalmarkt in Erscheinung treten zu können; eine Bank, die nicht am"Bund"-Markt auftreten kann, ist nicht als Bank definierbar, abgesehen davon, dass sie unter Verzicht auf entsprechende"Bund"-Termin-Kontrakte Geschäftsfelder unbesetzt ließe.
Blicken wir jetzt mit Hilfe der Unterlagen der BWpV in den Schuldbuchbestand bei Privatkunden (Summa: 9 Mrd), dann sehen wir:
- 51,7 % Bundesschatzbriefe Typ A
- 18,5 % Typ B
- 11 % Bundesoligationen (Bobls)
- 9 % 1- und 2-jährige Finanzierungsschätze
- 7,6 % Anleihen
- 2,1 % Entschädigungsschuldverschreibungen.
(Stand 11. September 2003)
Demnach wären also die Anleihen, die von sowohl von steuerehrlichen als auch kostenbewussten Anlegern direkt und ohne Umweg über Bankendepots gehalten werden, in der Größenordnung von ca. 700 Millionen € zu entdecken.
Die Anzahl der Konten privater Gläubiger lag Ultimo 02 bei 957.000, der Einfachheit aufgerundet auf 1 Million. Angenommen, die einzelnen Kontenführer wären analog zur Wertpapierstruktur verteilt (also wer Bundesschätze hält, hat keine Anleihen usw.) hätten also knapp 8 % der Kontenhalter, demnach 80.000 Personen Anleihen dort im Bestand, also die unstreitige Summe von ca. 700 Millionen. Damit läge der Durchschnittsbestand bei unter 9.000 € pro Person.
Da Bundesschatzbriefhalter"Kleinsparer" und Anleihehalter"Großsparer" sein dürften, müssen wir zwischen beiden unterscheiden. Nahmen wir dazu den Faktor 100 (also ein Anleihekonto wäre 100mal so groß wie ein Schatzbriefkonto) hätten wir, richtige Rechnung vorausgesetzt, einen Anleihebestand von 900.000, der sich dann auf entsprechend weniger Personen verteilen würde, nämlich ebenfalls korrigiert wären es 800 Personen (an der Summe ändert sich ja nichts).
Nehmen wir den Faktor 1000, dann erscheinen - so gerechnet - 80 Personen mit je 9 Mio. Anleihen pro Person. Diese 80 Reichsten der Reichen würden dann p.a. im Schnitt je ca. 500.000 € brutto und nach ZAST 350.000 zunächst netto an Zinsen kassieren, müssten aber, da sie dann in einer hohen Steuerklasse erscheinen, weitere ca. 50.000 € (unbeschadet eventueller Gegenrechnung in der Steuererklärung, z.B. durch das Zeichnen von Medien-, geschlossenen Immobilien- oder Windkraftfonds) abführen.
Kurzum: Auch aus diesem Material lässt sich ebenfalls nicht das Konstrukt von irgendwo verborgenen Zinswürgern entdecken - ganz abgesehen davon, dass diese Herrschaften nicht Zinsen, sondern Steuern kassieren, die ihnen die überschuldeten öffentlichen Hände abgetreten haben.
Schönen Tag + Gruß!

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