- Ja, wenn die Kohle winkt - rocca, 10.11.2003, 22:27
Ja, wenn die Kohle winkt
-->legt selbst ein Kotzbrocken eine Schleimspur.
Wenn ihr den 1. Artikel gelesen habt, so vergesst den 2. nicht!
Seid gegrüßt, meine deutschen Freunde, stolze Überreste des alten Europa und Anführer der Koalition der Unwilligen! Was zum Teufel ist los mit euch? Habt ihr nicht mehr gewusst, dass ihr gehorchen müsst, wenn die einzige Supermacht der Welt einen Befehl bellt? Wir bellen, ihr springt - das ist die Regel. Hat Mr Bush euch nicht hoch genug bestochen, damit ihr mitmacht und die Bevölkerung des Iraks bombardiert? Habt ihr nicht gewusst, dass Saddam der Übeltäter Massenvernichtungswaffen besaß? Große Waffen! Oh ja! Grausige Waffen! Er … er … er konnte sich unsichtbar machen, und er besaß geheime magische Kräfte, wie dass er, äh, dass er sich in eine Motte verwandeln konnte! Und, und … fliegen konnte er auch! Ich habe gesehen, wie er auf dem Empire State Building landete, und er sah so grimmig drein, als wollte er uns alle töten! Echt!
Millionen von uns versuchen hier in den USA mit aller Macht zu verhindern, dass das Bush-Regime rund um den Erdball noch mehr Unheil anrichtet. Für uns ist es dringend notwendig, dass ihr Deutschen Bush Widerstand leistet, und ihr sollt wissen, dass wir diesen Widerstand geradezu verzweifelt begrüßen. Es schadet uns sehr, dass Leute wie Tony Blair unsere Anstrengungen sabotieren. Aber zum Glück haben in Frankreich und Deutschland und zahlreichen anderen Ländern einige der größten Antikriegsdemonstrationen aller Zeiten stattgefunden. Ich kann dazu nur sagen: Danke, Danke und nochmals Danke.
Ein Volk, das den Irak nicht einmal auf der Landkarte findet
Als ich kürzlich nach Übersee reiste, kamen viele Leute auf mich zu und dankten mir, weil ich „der einzige vernünftige Amerikaner“ sei. Dieses Kompliment entspricht schlichtweg nicht der Realität. Ich kann euch versichern, dass nicht das ganze Amerika verrückt geworden ist. Bitte vergesst niemals die folgende Wahrheit: Die Mehrheit der Amerikaner stimmte nicht für George W. Bush. Es ist nicht der Wille des amerikanischen Volkes, dass er im Weißen Haus sein Amt ausübt. Im Gegensatz zu einem weit verbreiteten Irrglauben ist eine Mehrheit der Amerikaner ziemlich fortschrittlich - ihr würdet es „linksliberal“ nennen -, aber sie hat keine engagierten liberalen Führer. Wenn sich das (hoffentlich bald) ändert, bessert sich die Lage.
Ich schreibe euch, damit ihr wisst, dass ich keineswegs allein bin, sondern mitten in einer neuen amerikanischen Mehrheit stehe. Viele Millionen amerikanischer Bürger denken wie ich, oder ich denke wie sie. Ihr erfahrt bloß nichts von ihnen, jedenfalls bestimmt nicht aus der Presse. Aber sie sind da draußen - und ihre Wut brodelt dicht unter der Oberfläche. Deshalb mache ich weiter meinen Job und versuche, das eine oder andere Loch zu bohren, damit die Wut sich in einem Geysir demokratischen Handelns entladen kann.
Ich kann gut verstehen, dass Deutschland und der Rest der Welt über das Verhalten der Vereinigten Staaten von Amerika ausgeflippt sind. Recht hatten sie! Der Haufen, der bei uns regiert, fühlt sich an kein Gesetz gebunden. Ihr braucht euch nur zu fragen, wozu diese Gauner noch fähig sind, wenn sie schon die Wahl gefälscht haben. So viel kann ich euch sagen: Sie haben keine Hemmungen, alles zu zerstören, was sich ihnen in den Weg stellt, besonders wenn sie unterwegs sind, um noch mehr Geld zu machen. Und sie bestrafen euch, auch als alte Verbündete, wenn ihr nicht mit gebeugtem Knie und gesenktem Kopf am Wegrand steht und ruhig zuseht, wie sie zum nächsten Regimewechsel marschieren (vorzugsweise in einem Land, das ein paar profitversprechende Ã-lfelder hat).
All dies wird natürlich zu ihrem - und unserem - Untergang führen. Ich glaube, eine knappe Mehrheit der Amerikaner spürt das tief unten in ihren Bäuchen. Sie sind nur völlig verwirrt, und zwar nicht zuletzt, weil sie unter einer aufgezwungenen Unwissenheit leiden. Die Grundlage für diese Unwissenheit wird schon in der Schule gelegt, denn in unseren Schulen lernen sie fast nichts über den Rest der Welt. Und sie werden auch ihr ganzes Erwachsenenleben lang unwissend gehalten, weil die Medien kaum noch über das Ausland berichten, es sei denn, die Nachrichten haben etwas mit den USA zu tun. Dass wir nichts über euch wissen, solltet ihr an uns am meisten fürchten. Die meisten von uns finden euch nicht einmal auf der Landkarte. Laut einer kürzlich erschienenen Studie finden 85 Prozent der Amerikaner zwischen 18 und 25 den Irak nicht auf der Weltkarte. Ich meine, die erste Vorschrift des Völkerrechts sollte lauten: Ein Volk, das seinen Feind nicht einmal auf dem Globus findet, darf ihn auch nicht bombardieren.
Sollte ein derart unwissendes Volk die Welt führen? Wie ist es überhaupt dazu gekommen? 82 Prozent von uns haben nicht einmal einen Pass! Nur eine Hand voll kann eine andere Sprache als Englisch (und auch das sprechen wir nicht besonders gut). George W. sieht den Rest der Welt jetzt zum ersten Mal - weil er muss, weil das Reisen bei einem Präsidenten, verdammt noch mal, zum Job gehört. Vermutlich bekamen wir die Verantwortung für die Welt, weil wir die größten Kanonen haben. Komisch, das funktioniert anscheinend immer. Wir haben den Kalten Krieg gewonnen, weil unser Gegner die Flagge gestrichen hat. Die Sowjetunion beschloss dank Mr Gorbatschow, den Kampf aufzugeben, weil sie sich mit einem System stranguliert hatte, das einfach nicht funktionierte. Das Regime in Ostdeutschland ging zu Ende, weil die Leute auf die Straße gingen und gegen eine Mauer hämmerten. Wow, das muss man sich mal vorstellen, ein Regimewechsel, ohne dass ein einziger Schuss abgefeuert wird!
Dasselbe passierte in Südafrika - niemand musste das Land bombardieren, um es zu befreien. Tatsächlich gibt es etwa zwei Dutzend Länder, die - grob gerechnet - im letzten Jahrzehnt befreit wurden, einerseits durch den Druck der Weltöffentlichkeit, vor allem jedoch, weil ihre Bevölkerung durch einen gewaltlosen Aufstand die Macht ergriffen hat.
Aber wir Amerikaner kriegen ja keine Nachrichten aus Gebieten, die jenseits von Brooklyn oder Malibu liegen. Vermutlich haben wir gar nicht erfahren, wie ein richtiger Regimewechsel vor sich geht. Deshalb war es vor dem Irak-Krieg auch so einfach, uns schaufelweise Sand in die Augen zu streuen (meine Lieblingsschaufel war, dass der 11. September mit Saddam Hussein in Verbindung gebracht wurde), und die meisten von uns ließen sich blenden.
Ein Volk, das George W. Bush nicht noch einmal wählen würde
Okay, das ist verständlich. Wir wussten es nicht besser, und ich bin sicher, den meisten von euch ist klar, dass wir ein wirklich leichtgläubiger Haufen sind. Wir gehen das Leben ziemlich offen und großzügig und unkompliziert an. Wenn ihr uns um Hilfe bittet, kommen wir euch zu Hilfe. Und wenn ihr uns sagt, dass Esel fliegen können, glauben wir es (wenn ihr es im Fernsehen sagt). So sind wir nun mal, und ihr habt bestimmt schon festgestellt, dass das eine bezaubernde Eigenschaft von uns ist. Na los, gebt’s schon zu, das ist doch der Grund, warum ihr uns so gern habt. Und unseren Unternehmungsgeist nicht zu vergessen! Wir haben die nächste große Erfindung schon gemacht, bevor es 12 Uhr mittags schlägt. Wir haben Drive! Und Ehrgeiz! Und Selbstvertrauen! Klar, wir haben seit sechs Jahren keinen Tag mehr freigehabt, aber was soll’s! Wer braucht schon Schlaf! Wir müssen eine Welt regieren!
Das erklärt vermutlich, warum wir uns so verhalten haben, wie wir uns verhalten haben. Aber jetzt kommt meine Frage an euch: Welche Entschuldigung habt ihr? Warum habt ihr euren Regierungen im Lauf der Jahre gestattet, immer mehr von dem sozialen Netz wegzuschnippeln, das ihr uns vorausgehabt habt? Ihr Deutschen habt doch immer gesagt: „Wir sind füreinander verantwortlich.“ Deshalb gab es bei euch die Krankenversorgung, die Ausbildung und überhaupt alles, was Alle brauchen, umsonst. Aber jetzt wird das alles immer weniger. Es ist, als ob ihr euch in uns verwandelt, in ein Volk, das glaubt, dass die Reichen immer reicher werden müssten und alle anderen ihnen den Arsch küssen sollten. Ach, kommt schon, ihr Deutschen, ihr wisst es doch besser! Ihr seid belesen. Eure Medien berichten auch, was südlich der Alpen geschieht. Ihr macht Reisen. Ihr wisst Bildung zu schätzen. Und ihr habt im vergangenen Jahr die moralische Führung in der Frage Krieg oder Frieden übernommen. Ich bitte euch inständig, zeigt dieselbe moralische Urteilsfähigkeit, wenn es darum geht, das soziale Netz für jene Deutschen zu erhalten, die in eurem Land die Schwächsten sind. Beschreitet nicht den amerikanischen Weg, wenn es um die Wirtschaft, um Arbeitsplätze und um Dienstleistungen für Arme und Einwanderer geht. Es ist der falsche Weg.
Okay, jetzt kommt eine gute Nachricht: Während ich dies schreibe, wird über eine neue Meinungsumfrage in den USA berichtet. Ihr zufolge sind die Amerikaner zum ersten Mal mehrheitlich der Ansicht, dass Bush keine zweite Amtszeit mehr regieren sollte. Das ist eine großartige Nachricht, wenn man bedenkt, wie viel Unterstützung er zunächst für seinen kleinen Krieg bekam, der inzwischen zu einem endlosen Krieg geworden ist. Es hat also auch etwas Positives, dass wir Amerikaner uns nicht lange auf eine Sache konzentrieren mögen und immer nach sofortiger Befriedigung streben! Der Irak war kein Grenada, und jetzt ist uns die Sache langweilig geworden! Wir wollen Fernsehshows mit Happy End! Hey, warum schießen die immer noch auf uns? Ich will nach Hause! Hilfäääääääääää!
Noch eine letzte Bemerkung: Ich bin ganz überwältigt, wie die Menschen auf der ganzen Welt, seit Stupid White Men und Bowling for Columbine erschienen sind, auf meine Arbeit reagiert haben. Besonders aber bin ich von der Reaktion der Deutschen überwältigt. Die deutschsprachige Ausgabe von Stupid White Men wurde über eine Million Mal verkauft, und das Buch stand über sechs Monate auf Platz eins der Bestsellerliste. Zu einem bestimmten Zeitpunkt war es gleichzeitig Nummer eins und sechs - in der deutschen und in der englischen Version! Während ich dies schreibe, stehen Bücher von mir in Deutschland auf Platz eins und zwei (mein erstes Buch, Querschüsse von 1997, belegt den zweiten Platz). Über vier Millionen Exemplare von Stupid White Men sind inzwischen weltweit gedruckt (anscheinend hat sich nur Harry Potter besser verkauft), und Bowling for Columbine war für einen Dokumentarfilm der größte Kassenschlager aller Zeiten. Ich bin dafür sehr dankbar, weil es bedeutet, dass ich ohne Einmischung anderer die Bücher und Filme machen und veröffentlichen kann, die ich will. Dies ist ein Geschenk, das ich keineswegs als selbstverständlich betrachte. Ich nehme es als Zeichen, dass sich die Ã-ffentlichkeit von der Rechten abgewandt hat und dass die Zeit reif ist für eine Bewegung, die sich für ein paar von den guten Dingen einsetzt, die endlich realisiert werden sollten. Ich hoffe, es ist euch ein Trost, dass die Amerikaner letztes Jahr, als Bush (wie die Medien fälschlich berichteten) so populär war, kein Buch öfter kauften und lasen als Stupid White Men, in dem George W. Bush die Hauptrolle spielt. Wie ihr seht, ist nicht alles verloren! Habt Vertrauen! Habt Hoffnung! Und schickt uns eine Zeitung mit interessanten Artikeln!
September 2003
http://www.zeit.de/2003/46/AbdruckMoor
und hier der wahre Moore!!!!
Michael Moore über Deutschland
ein Kapitel aus dem Buch"Downsize This!" von 1997:
Deutschland hat für seine Sünden noch
immer nicht bezahlt - und ich will die
Schulden eintreiben
Habe ich den aufregendsten Moment versäumt, als der 50. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs gefeiert wurde? Den Moment, als alle Deutschen auf die Knie sanken und um Vergebung baten, als sie in Viehwaggons stiegen, um
ihr Mitgefühl zu zeigen, und versprachen, jede Woche einen Tagesverdienst an einen Überlebenden des Holocaust abzutreten.
Mann, das muß ein toller Anblick gewesen sein! Habt ihr ihn auch versäumt?
Bin ich ein bißchen zu hart mit einem Land, das doch bereits
Reue gezeigt hat und von dessen Bürgern die meisten noch gar
nicht geboren waren, als der Massenmord begangen wurde? Nun
ja. Werfen wir mal einen Blick auf die Anzeigetafel:
6 Millionen Juden ermordet.
3 Millionen katholische Polen ermordet.
500000 Zigeuner ermordet.
12500 Homosexuelle ermordet.
Und dazu noch jede Menge Kommunisten, Zeugen Jehovas
und andere Mißliebige, das macht eine Gesamtsumme von fast
10 Millionen wehrlosen Menschen, die im Holocaust
abgeschlachtet wurden. Nicht mitgerechnet sind die 400 000
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Amerikaner, die in diesem Krieg starben (im Kampf gegen
Deutschland und seine Verbündeten Japan und Italien), die 25
Millionen Sowjetbürger, die getötet wurden oder verhungert
sind, und die Millionen anderer Europäer, Afrikaner und
Asiaten, die von Menschen eines Volkes umgebracht wurden,
das damals für die gebildetste, zivilisierteste und
fortschrittlichste Nation der Welt gehalten wurde. Und das alles
ist gar nicht so lange her.
Wir müssen heute noch mit den Folgen dieser Tragödie leben.
Alle unsere Familien, ob jüdisch oder nicht jüdisch, wurden
irgendwie durch sie in Mitleidenschaft gezogen. Der Bruder
meines Vaters, Lawrence, wurde in der Nähe von Manila
getötet. Die Weltkarte ist durch den Zweiten Weltkrieg für
immer verunstaltet, und gleichgültig, ob es in Bosnien knallt
oder im Nahen Osten oder ob Skinheads die Bürger von Idaho
terrorisieren, all diese Konflikte haben ihre Wurzeln in den
Taten der Deutschen.
Und wie wurde Deutschland für diese Sünden bestraft? Es
wurde eines der reichsten Länder der Welt! Und das in nur drei
Jahrzehnten! Wie um alles in der Welt konnten wir das
zulassen? Heute genießt der durchschnittliche Deutsche einen
Lebensstandard, der schlicht einmalig ist. Ein Fabrikarbeiter in
Westdeutschland verdiente letztes Jahr durchschnittlich 29
Dollar die Stunde. In den USA verdiente derselbe Arbeiter 19
Dollar. Der amerikanische Arbeiter muß pro Jahr fast 200
Stunden länger arbeiten als der deutsche. Das sind die fünf
Vierzig-Stunden-Wochen, die die Deutschen bezahlten Urlaub
kriegen, und dabei verdienen sie auch noch doppelt soviel wie
wir Amerikaner. Und obwohl Deutschland nur ein
Fünfundzwanzigstel der Fläche der USA hat und die USA fast
vier Mal so viele Beschäftigte haben, ist sein
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung fast so groß
wie das der USA.
Könnt ihr euch vorstellen, daß der Großmutter eines heutigen
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Juden auf dem Weg zur Gaskammer in Auschwitz ein Engel
erschien und sagte: »Keine Sorge, die Deutschen werden vom
Rest der Welt mit so viel Reichtum belohnt, daß sie gar nicht
mehr wissen, was sie mit dem Geld anfangen sollen.«
Versteht mich nicht falsch. Ich bin nicht der Ansicht, daß es
besser gewesen wäre, Deutschland wie nach dem Ersten
Weltkrieg zu behandeln, als wir die Deutschen demütigten, um
sie zu unterwerfen, und sie fast verhungern ließen. Diese
Bedingungen waren zweifellos ein Grund, warum so viele
Deutsche Hitler wählten. Außerdem haben nach dem Krieg viele
Deutsche ihr Leben damit verbracht, ihre Eltern für deren
Verbrechen anzuklagen. Tatsächlich sind die jungen Deutschen
von heute - wenn sie sich nicht gerade den Schädel kahlrasieren
und ausländische Arbeiter zusammenschlagen - sehr
progressive, pazifistische Menschen guten Willens, die ohne
eigenes Verdienst einfach ein gutes Leben führen.
Vielleicht sieht es so aus, als sei dieser lange zurückliegende
Krieg nur das Werk von wenigen bösen Nazis gewesen, aber
laut Daniel Goldhagen, dem Autor von Hitlers willige
Vollstrecker, hat die deutsche Regierung über 330000 normale
Durchschnittsdeutsche registriert, die direkt an den täglichen
Judenmorden beteiligt waren. Tausende von diesen Deutschen
sind heute noch am Leben. Tatsächlich leben noch über 12
Millionen Deutsche, die im Zweiten Weltkrieg 15 oder älter
waren.
Und was haben diese Deutschen getan, um in irgendeiner
Form Reparationen für ihre Sünden zu zahlen?
»Wir nennen es nicht Reparationen«, sagte die Frau am
Telefon des deutschen Informationszentrums, »sondern
Wiedergutmachung.« Okay, dann fragen wir eben: Wieviel
»Wiedergutmachung« ist nach Ansicht der Deutschen das Leben
jedes einzelnen Ermordeten wert? Nun, laut ihrer eigenen
Aussage eigentlich gar nichts. Für die Toten wird keine
»Wiedergutmachung« geleistet, wie man mir erklärte. Aber es
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gibt auch eine gute Nachricht: Alle Besitztümer, die Juden
verloren haben, werden ersetzt. Wenn ihr also im Holocaust ein
paar Kerzenleuchter verloren habt, könnt ihr euch melden und
Deutschmark kassieren. Ihr habt nur euer Leben verloren? So
ein Pech. Dann gibt es kein Geld für eure Lieben. Aber… wenn
ihr beweisen könnt, daß ihr »mindestens sechs Monate in einem
Konzentrationslager« oder »in einem Ghetto interniert« wart
oder euch »mindestens acht Monate verstecken« mußtet, dann
bezahlen euch die großzügigen Deutschen etwa 350 bis 600
Dollar für jeden dieser qualvollen Monate. Ihr sagt, ihr wärt nur
5 Monate und 29 Tage in Dachau gefoltert worden? Pech
gehabt! Verklagt die Deutschen, dann kriegt ihr vielleicht eine
einmalige Entschädigung von 3000 Dollar.
Bis heute hat Deutschland 68,3 Milliarden Dollar
»Wiedergutmachung« geleistet. Wieviel ist das, wenn man es
auf alle Menschen umrechnet, die im Holocaust getötet wurden?
Die Antwort lautet: 6831 Dollar pro Person.
Das ist alles, 6831 Dollar für jede Mutter, jeden Säugling,
jeden Jungen und jedes Mädchen, das sie vergasten,
verbrannten, erschossen oder lebendig begruben.
Meiner Ansicht nach sind 6831 Dollar für das Leben eines
unschuldigen Menschen nicht genug. Nicht daß irgendeine
Summe »genug« wäre, aber mein Leben und euer Leben sind
ein bißchen mehr wert als 6831 Dollar.
Ich weiß, daß einige von euch jetzt sagen: »Hey Mike, die
Überlebenden konnten sich nach dem Krieg immerhin in Israel
niederlassen. War das kein Ausgleich für sie, daß man ihnen
dieses Land gegeben hat?« Also, ich bin nicht der Ansicht, daß
ihnen Israel wirklich »gegeben« wurde. Die Briten regierten das
Land (das damals Palästina hieß), und plötzlich kamen all diese
Überlebenden des Holocaust, die nirgendwo anders hinkonnten,
und das hat den Briten überhaupt nicht gefallen. Aber sie hatten
nicht die Energie, gegen die jüdischen Guerilleros zu kämpfen,
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nachdem sie gerade erst den größten Teil ihres Weltreichs
verloren hatten, also zogen sie einfach ab und sagten: »Na gut,
wenn ihr das Land haben wollt, dann gehört es euch.« Von den
arabischen Einwohnern wurde allerdings keiner nach seiner
Meinung gefragt.
Ich habe nie verstanden, warum es so ein großartiges
Geschenk war, den Überlebenden des Holocaust Palästina
beziehungsweise Israel zu überlassen. Seid ihr je dort gewesen?
Es ist eine verdammte Wüste! Es gibt überhaupt nichts dort!
»Wir haben die Wüste zum Blühen gebracht!«, sagen die
Israelis gerne. Angeblich rationalisieren sie damit ja nur etwas…
Aber ich sage euch, es sind wirklich 100 Prozent Sand und Fels
und noch mehr Sand. Wie konnten wir bloß glauben, es sei eine
Entschädigung für sie, daß wir sie in diese schrecklichen Gefilde
brachten, für die sie in weiteren Kriegen weitere Menschenleben
opfern mußten? Weil es in der Bibel steht? Seit wann richtet
sich die Welt nach diesem Buch?
Wenn wir wirklich das Richtige tun und obendrein die
Deutschen hätten bestrafen wollen, hätten wir den Überlebenden
Bayern geben sollen. Bayern ist wirklich ein schönes Land! Und
es hätte die Deutschen sehr geschmerzt, Bayern zu verlieren.
Daß die Juden Palästina bekamen, tat den Deutschen überhaupt
nicht weh. Aber wenn diese Schweinehunde Bayern an die
Juden verloren hätten, das hätten sie wirklich gespürt. Israel hat
nur 28 076 Quadratkilometer, Bayern hat über 72 000! Israel hat
kaum natürliche Ressourcen; Bayern ist reich an Mineralen,
Wald und Wasser. Die Israelis sind seit dem Zweiten Weltkrieg
von Feinden umgeben, die sie umbringen wollen, Bayern
hingegen ist von den herrlichen Alpen umgeben, und die sind
nur von ein paar Ziegen und diesen drei dicken Saunabadern aus
der Ricola-Werbung bevölkert. Leider ist es vermutlich zu spät,
um diesen Fehler noch zu korrigieren, indem wir Tel Aviv nach
München verlegen und die Deutschen probieren dürfen, ob sie
auch die Wüste zum Blühen bringen können.
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Ich meine, die Deutschen sind wirklich glimpflich
davongekommen. Nur 20 Prozent der Deutschen
Kriegsverbrecher kamen überhaupt vor Gericht. Viele, die im
Zweiten Weltkrieg gekämpft haben, leben noch. Und was glaubt
ihr, wo die heute alle sind?
In Florida!
Wirklich! Zehntausende von Deutschen, viele so alt, daß sie
noch im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben könnten, sind für
immer nach Florida gezogen. In den letzten fünf Jahren sind die
deutschen Investitionen in Florida um 200 Prozent gestiegen.
Laut der Tampa Tribune stellen die Deutschen in Florida
zusammen mit den Briten 50 Prozent aller Arbeitsplätze in der
verarbeitenden Industrie zur Verfügung. Sie haben über 1,8
Milliarden Dollar in den Bundesstaat investiert. Drüben an der
Südwestküste, allein in den Countys Collier, Lee und Charlotte,
leben immerhin 86000 Deutsche.
Als ich kürzlich in den Südwesten Floridas reiste, landete ich
auf dem Flughafen in Fort Myers. Die Start- und Landebahn ist
verlängert worden, damit dort unablässig Jumbos aus
Deutschland starten und landen können. Ich sah deutsche
Fahnen auf Wohnhäusern flattern. Wohin ich auch kam, hingen
deutsche Schilder, »RAUCHEN VERBOTEN« zum Beispiel.
Die Speisekarten in den Restaurants waren englisch und
deutsch. Die Deutschen kaufen Grundstücke und Geschäfte, um
hier ein behagliches Leben zu führen. Und immer mehr Freunde
aus dem »Vaterland« schließen sich ihnen an.
Ich bin innerlich gespalten, wenn ich diese deutsche Invasion
in Florida beobachte. Einerseits hasse ich Florida. Es wimmelt
von Ungeziefer, ist unangenehm feucht und voller Idioten, die
mit Gewehren in der Gegend herumrennen. Und dann sind auch
noch diese verrückten Exilkubaner dort. Wenn es eine Schere
gäbe, die groß genug wäre, dann würde ich den Staat am
liebsten vom Rest des Landes abschneiden, an dem er sowieso
bloß mit einem Zipfel hängt. Einer der Seelen in meiner Brust
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gefällt es, daß all diese Ex-Nazis nach Florida ziehen und die
Bewohner terrorisieren. Geschieht ihnen recht. Rechtsextreme
Kubaner gegen Greise von der SS in einem Kampf auf Leben
und Tod. Das würde ich mir sogar im Pay-TV anschauen.
Andererseits ist es eine Ironie des Schicksals, daß
ausgerechnet in Südflorida auch Tausende Überlebende des
Holocaust wohnen. Ist es richtig, daß diese jüdischen Männer
und Frauen, die den Massenmord der Deutschen mit viel Glück
überlebt haben, nun deutsche Speisekarten lesen müssen, damit
sich ihre neuen »Nachbarn« wohler fühlen? Ich bin nicht dieser
Ansicht.
Ich habe eine Lösung. Wir alle wissen, daß Florida für die
Morde an deutschen Touristen berüchtigt ist. Ich glaube, dieses
Phänomen hat nichts mit Bandenkriminalität zu tun. Ich glaube
vielmehr, es hat etwas mit Vergeltung zu tun. Einer nach dem
anderen werden die Überlebenden von der verdienten Rache
ereilt. Jemand mit Gerechtigkeitsgefühl hat die älteren Bürger
von Miami Beach bewaffnet und sie Richtung Fort Myers
geschickt, wo sie die alten Rechnungen begleichen sollen. Wer
hätte je gedacht, daß die Deutschen es den Rächern so einfach
machen würden und so dumm wären, in eine Gegend zu ziehen,
wo mit Ausnahme von New York die meisten Juden leben? Was
haben sich diese Krauts gedacht? Daß die Familie Moskowitz
»leben und leben lassen« und »die andere Wange hinhalten«
würde? Offensichtlich haben diese Deutschen die Anzeigetafel
vergessen.
Ich sage, bewaffnet sämtliche Bingospieler südlich von Fort
Lauderdale, und dann feiern wir das wirkliche Ende des Zweiten
Weltkriegs. Also, RENN´ UM DEIN LEBEN, KLAUS! Und
einen glücklichen 50. Jahrestag!

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