- The Daily Reckoning - Armistice Day (Bill Bonner) - Firmian, 12.11.2003, 19:18
- Der Tag des Waffenstillstands - Firmian, 12.11.2003, 19:20
- Re: The Daily Reckoning - hier auf deutsch - geza, 12.11.2003, 19:30
- Re: The Daily Reckoning - hier auf deutsch - sorry - zu spät (owT) - geza, 12.11.2003, 19:32
Re: The Daily Reckoning - hier auf deutsch
-->von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Oh, liebe(r) Leser(in)... es ist nicht einfach.
Die Presse... die Schlagzeilen... Ihre Nachbarn... Volkswirte... Broker... Analysten... vielleicht sogar Ihr Ehepartner(in) - fast jeder im gesamten finanziellen System sagt Ihnen, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Es steht auf den ersten Seiten der Zeitungen, wie in USA Today:"Neue Daten weisen auf mehr Arbeitsplätze hin..."
Es hat einen"Wetterwechsel" gegeben, sagen sie. Jetzt denkt jeder, dass der schöne Himmel und vorteilhafter Wind sie überall dahin bringen werden, wohin so wollen - zu Reichtum ohne Mühen, Gewinne ohne Schmerz, und jeden Abend Essen gehen. Schulden? Keine Sorge deshalb, sagen sie. Zumindest die US-Wirtschaft ist so dynamisch, so prosperierend, so innovative - die Amerikaner werden sich schon ohne Schweiß aus den Schulden herausarbeiten können.
Wie kann das sein, liebe(r) Leser(in)? Gestern schrieb ich, dass in den USA die Schulden sechsmal so schnell wie die Einkommen wachsen. Im September haben sich die Verbraucherschulden um 15,1 Mrd. Dollar erhöht - was die Gesamtschuld auf 1,97 Billionen (!) Dollar gebracht hat. Wie arbeitet man sich aus den Schulden heraus, wenn man für jeden Dollar mehr Einkommen 6 Dollar neue Schulden macht? Der Betrag, den die amerikanische Nation dem Ausland schuldet, ist 3 Billionen Dollar größer als der Betrag, den die Ausländer den USA schulden. Und dieser Betrag wächst pro Jahr um eine halbe Billion Dollar, dank einem Handelsbilanzdefizit, das 10 Mal so groß ist wie vor 10 Jahren. Als Prozentsatz am BIP haben die amerikanischen Schulden schon Rekordwerte erreicht. Für fast 100 Jahre lag das Verhältnis von gesamten Schulden zu BIP zwischen 120 und 160 %. Nur 1929 wurde das Verhältnis grotesk... als es 260 % erreichte. Und raten Sie mal, wo es heute steht? Bei über 300 %, und es wächst weiter (Anmerkung: Dabei sind alle Schulden, also auch die privaten, berücksichtigt).
Ja, das BIP ist zuletzt um mehr als 7 % pro Jahr gewachsen. Ja, die Produktivität ist um mehr als 8 % gestiegen. Und ja, die jüngsten Zahlen zeigen, dass die Beschäftigung steigt.
Aber diese paar Informationen sind nicht mehr als zufälliger Lärm. Die Beschäftigtenzahlen mögen steigen - aber verglichen mit dem Anstieg, den sie bei jeder der letzten Wirtschaftserholungen geschafft haben, ist dieser Anstieg lächerlich.
Und im nächsten Monat könnte die Beschäftigtenzahl auch schon wieder fallen. Und eine genaue Untersuchung würde zeigen, dass die Zahlen zum Produktivitätswachstum so täuschend und bedeutungslos sind wie eine Wahlkampagne. Und das BIP? Ein großer Humbug... Scharlatan."Gib mir eine Billion Dollar, und dann werde auch ich Dir eine gute Zeit geben", sagte Buffett über den derzeitigen Boom. Was er damit sagen wollte: Wenn man genug Staatsausgaben und neue Kredite in die Wirtschaft pumpt... dann wird irgendetwas passieren.
Was passiert ist, ist, dass die Flut an neuem Geld und billigen Krediten es den Amerikanern ermöglicht hat, noch größere Idioten aus sich zu machen - sie konnten Geld leihen und ausgeben, wo sie es doch eigentlich notwendig hätten, zu sparen.
Buffett schreibt in einem Artikel im Fortune-Magazin, dass das Antürmen von Schulden seiner Meinung nach vergleichbar mit dem Verkauf der Vermögensgegenstände der Nation an Ausländer sei."Mein Grund, warum ich mein Geld schließlich dahin getan habe, wo mein Mund ist (er hat ausländische Währungen gekauft), ist, dass sich unser Handelsbilanzdefizit drastisch vergrößert hat, bis zu dem Punkt, wo der 'Netto-Reichtum' unseres Landes jetzt mit einer alarmierenden Rate ins Ausland transferiert wird."
Laut Warren Buffett haben die Amerikaner Jahr für Jahr ihren nationalen Reichtum verschwendet. Buffett schätzt, dass das gesamte Vermögen der USA bei ungefähr 50 Billionen Dollar liegt. Aber Jahr für Jahr geben die Amerikaner mehr aus, als sie verdienen. Bereits 5 % des Nationalvermögens ist in ausländische Hände gegangen...
Für den Moment scheint die Fed Erfolg gehabt zu haben. Sie hat die Amerikaner tiefer in die Schuldenfalle gelockt, sie hat sie ermuntert, noch mehr Geld, das sie nicht haben, für Dinge, die sie nicht brauchen, auszugeben.
Aber wie lange kann das noch so weitergehen? Verschlimmert nicht jeder Dollar an neuen Krediten die Situation... denn die Rechnung wird dadurch größer, und die muss eines Tages irgendwie bezahlt werden - entweder vom Schuldner oder vom Gläubiger?
Was für eine"Erholung" ist das, wenn man nur sein Vermögen schneller los wird?
Ich bin ein Spielverderber, weil ich diese Frage stelle.
Hier ist Eric, mit mehr News...
Mittwoch, 12. November 2003
Neuer Bullenmarkt... nicht bei Aktien, sondern bei Rohstoffen?
von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York
Monatelang haben die Investoren jetzt im warmen Wind einer Wirtschaftserholung gelebt, während sie die kalte Realität der eskalierenden Gewalt im Mittleren Osten ignoriert haben. Und jede Menge positive wirtschaftliche News zu Hause haben es leichter gemacht, den stetigen Strom negativer Nachrichten"von dort" zu ignorieren.
Aber es wird immer schwieriger, die schlechten News aus dem Mittleren Osten zu ignorieren. Sicher, ein oder zwei Attentate auf US-Soldaten im Irak oder Saudi Arabien werden nicht die Gewinne der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen reduzieren. Andererseits ist die eskalierende terroristische Aktivität auch nicht gerade bullish... außer für Rohstoffpreise.
Der Ã-lpreis ist auf ein frisches 3-Wochen-Hoch von 30,88 Dollar pro Barrel gestiegen, und der Goldpreis auf gut 387 Dollar heute Vormittag."Der Bullenmarkt für Rohstoffe hat gerade erst begonnen, besonders für Ã-l", so John Myers, Herausgeber von Outstanding Investments."Saudi Arabien hat große, große Probleme. Innerhalb der eigenen Grenzen steigt die Spannung. Nicht nur, dass die Zukunft des königlichen Hauses der Saud, der herrschenden arabischen Familie, bedroht wird... dadurch wird auch die Zukunft jeder Nation, die von saudischem Ã-l abhängt, aufs Spiel gesetzt. Besonders betroffen ist natürlich Amerika."
"Die Zukunft der USA und die der Saudis ist so miteinander verflochten, dass die Amerikaner einfach betroffen sein MÜSSEN. Aber in jeder Krise liegt auch eine Chance. Wenn ich Recht habe, dann werden die Ã-lpreise wieder einmal einen steigenden Trend haben. Nur dass dieser Trend dieses Mal permanent sein wird..."
Ich könnte mir vorstellen, dass die"Desillusions-Phase" des Marktes jetzt bald beginnen wird. Die Probleme im Mittleren Osten sind wahrscheinlich schlimmer, als es aussieht, während die Stärke der US-Wirtschaft wahrscheinlich weniger groß ist, als es aussieht.
In den USA scheint die Wirtschaft beeindruckend zu wachsen."(Aber) die offensichtliche und wichtige taktische Frage ist doch, ob diese neu gefundene Vitalität nachhaltig ist", so Stephen Roach, der immer auf der Bärenseite steht."Die jüngsten US-Arbeitsmarktzahlen können mit vergleichbaren Zahlen von vorherigen Wirtschaftserholungen nicht mithalten. So konnte die große amerikanische Job-Maschine zum Beispiel in den Erholungen Mitte der 1970er und Anfang der 1980er rund 300.000 neue Arbeitsplätze pro Monat generieren, und das 6 Monate nachdem der Aufschwung begonnen hatte... in diesem breiteren Kontext sind 125.000 neue Arbeitsplätze in den letzten 2 Monaten beklagenswert wenig."
"Die Details hinter der Verbesserung am Arbeitsmarkt in den letzten drei Monaten erfordern besondere Aufmerksamkeit", so Roach weiter."78 % des Zuwachses bei den Beschäftigten konzentrierte sich auf drei besonders geschützte Bereiche - Bildung und Gesundheit, Zeitarbeit und Arbeit beim Staat. Das sieht kaum wie ein breit gefächertes Schaffen von Arbeitsplätzen durch Unternehmen aus, was die Basis für eine klassische zyklische Erholung sein würde... ich denke weiterhin, dass es zu früh, ist, für diese an Ersparnissen knappe, überschuldete Post-Spekulationsblasen US-Wirtschaft Entwarnung zu geben - es gibt eine Grenze für die Robustheit der US-zentrischen weltweiten Wirtschaftsdynamik."... Oder zumindest sollte das so sein.
Aber wieder einmal ist das den meisten Investoren einfach egal. Das Job-Wachstum mag schwach sein, aber die Spekulation hat Hochkonjunktur. Der volatile Nasdaq Composite-Index hat in den letzten 12 Monaten über 75 % zugelegt, während zahlreiche ehemalige"Pennystocks" jetzt wieder mehrere Dollar wert sind.
Seit mehr als einem Jahr hat die halsbrecherische Spekulation die"normalen" Formen der Spekulation übertroffen. Auch das sollte sich ändern. Während der Desillusionsphasen von Aktienmarktzyklen ist normalerweise die Vorsicht größer als die halsbrecherische Spekulation.
"Während die vergangene Performance suggeriert, dass der aktuelle Bullenmarkt, der am 10. Oktober seinen ersten Geburtstag feiert, immer noch jung ist, warnt das auch die Investoren davor, dass der obere Wendepunkt auftauchen könnte", so USA Today."Wenn dieser Bullenmarkt nur ein kurzfristiger Anstieg in einem längerfristigen Bärenmarkt sein sollte - was oft ein 'zyklischer' Bullenmarkt genannt wird -, dann könnte die Zeit gegen den derzeitigen Aufwärtstrend sein. Ned Davis hat herausgefunden, dass die 17 zyklischen Bullenmärkte seit 1900 im Durchschnitt 371 Tage angedauert haben. Der derzeitige Bullenmarkt ist bereits 394 Tage alt."
Man sollte den Leichenwagen in Reichweite halten.
Mittwoch, 12. November 2003
Tag des Waffenstillstands
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
*** Gestern war in den USA und Kanada der"Veteran's Day", also der Tag der Kriegsveteranen. Und in Frankreich wurde der Tag des Waffenstillstands gefeiert. Während in Deutschland der Beginn der"Fünften Jahreszeit", also des Karnevals bzw. Faschings, gefeiert wurde, wurden zur 11. Stunde des 11. Tags des 11. Monats überall in Frankreich die Glocken geläutet - zur Erinnerung an den teuersten Krieg der Nation, der an diesem Tag im Jahr 1918 endete.
Genau an diesem Tag erhielt die Mutter des Dichters Wilfed Owen ein Telegramm, das sie darüber informierte, dass ihr Sohn gefallen sei. Da dieses Telegramm genau am Tag des Kriegsendes eintraf, muss es mehr als nur Kummer gebracht haben."Wofür?" mag sie sich gefragt haben.
Wilfred Owen mag sich auch gewundert haben. Seine Gedichte waren gegen die Kriegsverherrlichung. Er beschrieb Soldaten, die in einen Giftgasangriff geraten waren:
"You would not tell with such high zest To children ardent for some desperate glory The old lie: Dulce et Decorum est Pro patria mori."
Owen sah viele Männer sterben; und das war niemals ein süßer Tod, noch war es glorreich, so beobachtete er. Sondern grauenvoll.
Dennoch wollen die Menschen sich von Zeit zu Zeit töten. Im ersten Weltkrieg starben Millionen von Menschen. Man kann die Leute heute fragen, warum sie gestorben sind, und keiner kann einem einen guten Grund nennen. Keine Nation konnte irgendetwas gewinnen... und keine hat auch gewonnnen. Aber die Toten waren nicht weniger tot.
Der kanadische Rundfunk sendete einen Tag vor dem Gedenktag:"Vergessen Sie nicht, einen Moment an die vielen Kanadier zu denken, die gestorben sind, als sie unsere Freiheit und unser Land verteidigten."
Auch ich glaube daran, dass man die Toten ehren sollte. Aber ohne Humbug. Kanada war weniger an den Kriegen beteiligt als andere größere Kriegsteilnehmer. Egal, wie der Erste Weltkrieg ausgegangen wäre - in Kanada selbst hätte das wohl kaum einen großen Unterschied gemacht. Aber ich erkenne Tapferkeit auch schon der Tapferkeit willen an - selbst in einem absurden Fall.
Einer der letzten kanadischen Veteranen aus dem Ersten Weltkrieg ist letzte Woche im Alter von 106 Jahren gestorben. Es gibt nur noch 10 solcher Veteranen (in Frankreich gab es letzte Woche noch 36 solcher Männer). Aber diese alten Soldaten sterben schnell. Bald wird es keinen mehr von ihnen geben.
Die kanadischen Soldaten waren mit die besten britischen Kolonialtruppen... und deshalb wurden sie auch am wahrscheinlichsten getötet. Wenn das Sterben im Krieg süß ist, dann waren die Soldaten aus Neufundland besonders gesegnet. Ein Viertel der 6.000 Männer des Neufundland-Regiments kam nie wieder nach Hause. Aber"nichts übertraf den Blutzoll des Massakers in Beaumont-Hamel an der Westfront am 1. Juli 1916", so der Toronto Globe and Mail."Ungefähr 800 Soldaten aus Neufundland kletterten aus ihren Schützengräben, und sie rannten gegen die deutschen Maschinengewehre an. Ihnen war gesagt worden, dass die Deutschen durch ein intensives Bombardement geschwächt worden waren und dass der Stacheldraht vor ihren Linien durchlässig sei. Nichts davon stimmte. Am nächsten Morgen meldeten sich beim Appell des Regiments nur noch 68 Männer."
"Ein Augenzeuge sagte, dass die Leute aus Neufundland in einen Kugelregen vorstießen..."
Aber die alte Lüge schluckte sie alle, wie ein Sturm. Mehr dazu in meinem Artikel weiter unten...
*** Meine Tochter Maria ist übrigens der Hit in Deutschland. Sie ist zwei Monate in Folge auf dem Cover des"Madame"-Magazins gewesen. Und gestern war sie bei einer Probe... es ging darum, ob sie zur Londoner"Royal Academy of Dramatic Arts" zugelassen wird. Ich werde heute erfahren, wie es lief...
Mittwoch, 12. November 2003
Der Tag des Waffenstillstands
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Im August 1914 zogen Millionen junger Männer Uniformen an. Diese Männer wurden dann überall in europäischen Städten in Züge gesetzt und an die Front gefahren. Zu Hause rollten die Mütter, Väter und Kneipenbesitzer Karten aus, auf denen sie den Fortschritt der Männer und Jungs, die sie liebten, verfolgen konnten... und sie konnten mit ihren Fingern den Ruhm und den Ernst des Krieges verfolgen.
Ich habe eine dieser alten Karten gefunden... auf der die Front des Jahres 1916 dargestellt war... zusammengerollt auf dem Dachboden unseres Hauses in Frankreich. Ich habe mir diese Karte angesehen und mich gefragt, was sich die Leute gedacht haben... und wie entsetzt sie über die Ereignisse gewesen sein müssen.
Der Erste Weltkrieg war ein Krieg, der anders war als die Kriege, die die Welt vorher gesehen hatte. Alte Generäle... sahen sich den Amerikanischen Bürgerkrieg und den Deutsch-Französischen Krieg von 1870 an, um Hinweise zu erhalten, wie der neue Krieg ablaufen könnte. Das war eine neue Ära der Kriegsführung.
Die Leute waren mit dem neuen Zeitalter der Maschinen schon vertraut. Sie hatten es kommen gesehen, sich entwickeln, eine lange Zeit lang. Sie hatten auch ihre Sprache verändert, um zu reflektieren, dass sie verstanden hatten, wie die Dinge funktionieren."Unter Dampf stehen","auf dem richtigen Gleis sein", und so weiter waren neue Begriffe, die damals entstanden. Diese neuen Metaphern hätte vor dem Industriellen Zeitalter niemand verstanden. Die neue Technologie hatte die Art, wie die Leute dachten, geändert... und die Art, wie sie sprachen.
Der Erste Weltkrieg zeigte der Welt, dass das neue Paradigma eine tödliche Kraft hinter sich hatte, die niemand erwartet hatte.
Zu Beginn des Krieges folgten die deutschen Truppen dem sogenannten Schlieffen-Plan. Sie rückten durch das neutrale Belgien nach Nordfrankreich ein und trieben die französische Armee vor sich her. Bald zogen sich die Franzosen an den Fluss Marne bei Paris zurück. Und es sah so aus, als ob die Deutschen bald siegen würden.
Die deutschen Generäle glaubten, dass die französische Kampfkraft gebrochen sei. Deshalb wich General von Kluck vom Plan ab; statt Paris zu nehmen, entschied er sich dazu, die französische Armee zu verfolgen, die sich in die Nähe der Stadt zurückzog, weil er hoffte, diese Armee komplett vernichten zu können.
Aber es gab etwas Ungewöhnliches... es wurden kaum französische Soldaten gefangen genommen. Eine Armee, die zusammenbricht, verliert normalerweise jede Menge Kriegsgefangene.
Es zeigte sich, dass die französische Armee doch nicht geschlagen worden war. Sie zog sich in guter Ordnung zurück. Und als der alte französische General Galieni sah, was passierte... nämlich dass sich die deutschen Truppen von Paris wegbewegten... da sprach er seine berühmten Worte:"Sie bieten uns ihre Flanke an."
Galieni griff an. Die Deutschen wurden zurückgeschlagen und der Krieg wurde zum Schützengraben-Alptraum von Maschinengewehren, Senfgas, Stacheldraht und Artillerie. Jeden Tag brachte die britische"Times" eine Liste mit den britischen Verlusten. Als die Generäle in London ihre Angriffsbefehle gaben... wurde die Liste länger. Während der Schlacht an der Somme bestand diese Liste Tag für Tag aus mehreren Seiten, voll mit Namen.
Als die USA in den Krieg eintraten, lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Soldaten an der Front bei nur 21 Tagen.
Nach und nach bekamen die Leute zu Hause das mit... durch Telegramme... Briefe. Die Kirchenglocken läuteten. Die schwarzen Kleider der Hinterbliebenen. Und nach und nach wurden die Karten wieder eingerollt. Die Finger vergaßen die Karten, und jetzt hielten sie nervös Kreuze und Zigaretten. Es gab keinen Ruhm mehr... nur noch Tränen.
In den kleinen französischen Dörfern gab es kaum eine Familie, die nicht betroffen war. Die Namen auf den Denkmälern in den Dörfern... auf denen steht"Nos Heros... Mort Pour La France" enthalten fast alle Namen der Familien im Dorf. So auch in unserem Dorf: Fast alle Namen, die ich kenne, sind enthalten - Bremeau, Brule, Lardeau, Moreau, Moliere, Demazeau, Thollet... die Liste geht noch weiter. Es gab einen"Bullenmarkt des Todes", der erst am 11. November 1918 endete... um 11 Uhr.
In den Jahren danach läuteten in Frankreich immer am 11. November um 11 Uhr die Glocken, und selbst in den USA standen die Leute dann für einen Moment still... und sie erinnerten sich an den schrecklichen Blutzoll der vier Kriegsjahre. Aber jetzt ist das fast vergessen.
Wir haben jetzt neue Paradigmen. Und einen neuen Krieg. Die neue Technologie hat wieder unsere Sprache geändert... und sie hat die Welt geändert, in der wir leben. Wie damals die Eisenbahnen das auch getan hatten. Wir denken anders, und wir nutzen neue Metaphern, um zu verstehen, wie die Welt funktioniert.
Wir sind von der neuen Technologie fasziniert... wir glauben, dass sie uns helfen wird, Kriege zu gewinnen, mit nur sehr geringen Verlusten. Und wir glauben, dass diese neuen Technologien neuen Reichtum schaffen werden... und eine Lebensqualität, die vorher nicht möglich war.
Ich habe gestern um 11 Uhr eine Schweigeminute eingelegt.
P.S.: Die Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs sind noch sehr, sehr lange zu spüren gewesen. In den 1980ern machte mein Vater eine kleine Erbschaft von einem"Onkel Albert". Ich erinnere mich daran, dass mein Vater sagte:"Onkel Albert? Wer ist das denn?" Dieser Mann war aber tatsächlich ein Onkel meines Vaters, aber er war seit vielen Jahren vergessen. Er war ein Soldat im Ersten Weltkrieg gewesen, und dort hatte er durch eine explodierende Bombe eine Gehirnverletzung erlitten... von der er sich niemals erholte. Er verbrachte sein gesamtes Erwachsenenleben in einem Militärkrankenhaus.

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