- Starke Unterstützung für Putin in Rom, Paris und Moskau - RK, 12.11.2003, 20:37
Starke Unterstützung für Putin in Rom, Paris und Moskau
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Starke Unterstützung für Putin in Rom, Paris und Moskau
(EIR, Corriere della Sera, Echo Moskwij, ORT)
Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Rom Anfang November - zu bilateralen Gesprächen, einem Rußland-EU-Treffen und einer Zusammenkunft mit Papst Johannes Paul II. - ergab wichtige wirtschaftliche und politische Vereinbarungen und bot Putin die Gelegenheit, seine Haltung in der"Yukos-Chodorkowskij-Affäre" zu erläutern. Insgesamt unterzeichneten Italien und Rußland bei diesem Besuch 12 Abkommen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die"Absichtserklärung über die Bildung von Industriegebieten auf dem Territorium der Russischen Föderation". Damit will Rußland ein typisches Merkmal des italienischen Mittelstands nachahmen: Unternehmen bilden in geographisch ausgewiesenen Gebieten sog."Trauben", die darauf spezialisiert sind, gleiche oder ähnliche Güter herzustellen. Diesen"Trauben" aus kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten fast wie ein Großunternehmen, jedoch mit den Vorteilen einer Vielfalt von Familieneigentümern anstelle einer Konzernleitung, Wettbewerb in Technologie und Qualität sowie Rückinvestition von Gewinnen in die Produktion anstatt hoher Dividendenzahlungen ("Shareholder Value").
Am 6. November traf Putin EU-Kommissionschef Prodi, den außenpolitischen EU-Repräsentanten Solana und die EU-Kommissare Patten und Lamy. In einem Interview mit der Tageszeitung Corriere della Sera am 4. November hatte Putin gesagt:"Rußland liegt zur einen Hälfte in Europa und zur anderen in Asien, aber die russische Kultur ist europäisch. Auch die meisten Wirtschaftsbeziehungen unterhalten wir mit Europa. Sicherlich werden wir auch den Beziehungen zu Amerika und dem Fernen Osten angemessene Aufmerksamkeit widmen, aber unsere Zukunft ist in Europa." Putins 45minütiges Treffen mit Papst Johannes Paul II. war ein wichtiger Durchbruch. Der Papst dankte ihm für die russische Haltung zum Irakkrieg und die Unterstützung für den Nahostfriedensplan (Roadmap). Er begrüßte Putins Eintreten für die Wiederannäherung zwischen der katholischen und russisch-orthodoxen Kirche. Gleich anschließend informierte Putin den Moskauer Patriarchen Alexej II. über die Begegnung.
In dem Interview mit Corriere della Sera wies Putin die westliche Kritik an seiner Haltung in der"Yukos/Chodorkowskij-Affäre" zurück. Er verglich den Fall mit der Enron-Korruptionsaffäre in den USA, wo"zwei Dutzend Wirtschaftsführer vor Gericht gestellt wurden... in Handschellen und live im Fernsehen". Als in Rußland das"immense Staatseigentum privatisiert wurde, hatten die Beteiligten an dieser Privatisierung den Eindruck, sie könnten ewig nach ihren eigenen Regeln leben. Dagegen müssen wir heute deutlich machen, daß jeder die Gesetze des Landes respektieren muß." Zu den personellen Veränderungen in der Präsidialverwaltung des Kreml sagte Putin, der Abgang von Woloschin sei"seit langem geplant" gewesen. Später unterstützte Italiens Ministerpräsident Berlusconi den russischen Präsidenten auf einer Pressekonferenz. Er habe"direkte Informationen von Italienern, die in der russischen Lage präsent sind, und ich weiß, daß es bestimmte Rechtsverletzungen von Unternehmen gibt, die Erdöl fördern und verkaufen".
Direkt im Anschluß an seinen Besuch in Rom machte Putin einen kurzfristig anberaumten Abstecher nach Paris, wo er mit dem französischen Staatspräsidenten Chirac, der ihn herzlich empfing,"bilaterale Fragen" erörterte, wie anschließend lakonisch verlautete. Dabei fiel politischen Beobachtern nicht nur die außerordentliche Intensität - und das absolute Stillschweigen über die Inhalte - der Gespräche beider Staatschefs auf, sondern ein für französische Verhältnisse eklatanter"Bruch" mit dem diplomatischen Protokoll: Chirac begleitete Putin nicht nur wie üblich bis zur Treppe des Eliseé-Palastes, sondern stieg überraschend mit ihm in das wartende Fahrzeug, um auf dem Weg zum Flughafen das intensive Gespräch fortzusetzen. Man kann nur vermuten, daß es bei diesem Paris-Besuch - gerade vor dem Hintergrund von Putins Coup gegen Chodorkowkij bzw. dessen anglo-amerikanische Strippenzieher - nicht nur um strategische wirtschaftspolitische Fragen ging, sondern angesichts der imperialen Kriegsstrategie der neokonservativen Fraktion in Washington auch um weitreichende militärstrategische Konzepte.
Unterdessen bekommt Putin auch in Rußland immer mehr Unterstützung für seinen klaren Kurs gegen die Oligarchen. Am 4. November gab Rußlands ehem. Ministerpräsident Primakow, der heute der Russischen Industrie- und Handelskammer vorsteht, eine seiner seltenen Lageeinschätzungen in einem Interview mit dem Radiosender Echo Moskwij. Den Rücktritt des Leiters der Präsidialverwaltung Woloschin nannte Primakow schlicht"gut". Woloschin, so erläuterte Primakow weiter, habe im wesentlichen als"Verbindung zwischen den Oligarchen und der Spitze der Machtstruktur" gedient. Es habe eine stillschweigende Übereinkunft gegeben,"daß die Oligarchen ehrlich ihre Steuern zahlen, Löhne zahlen und erhöhen, und ihren Beitrag zu notwendigen Sozialprogrammen in den Regionen leisten, in denen sie arbeiten, aber sich nicht in politische Machtpositionen hineindrängen und die Gesellschaft nicht korrumpieren". Im Gegenzug"erhielten sie offensichtlich einen gewissen Spielraum, nämlich die Gelegenheit, sich einen substantiellen Teil der Naturalrente anzueigenen". Als"Naturalrente" bezeichnen Prof. Dimitrij Lwow und andere russische Ã-konomen die Einnahmen aus der Ausbeutung der natürlichen Rohstoffe des Landes. Primakow sagte weiter, als Verbindungsmann hätte Woloschin rechtzeitig merken müssen, daß"die Oligarchen alle diese Regeln aufgaben, und er... hätte sie zur Vernunft bringen müssen - ihnen sagen, daß das nicht geht. Aber es zeigte sich, daß er gar kein wirklicher Vermittler war, sondern zum oligarchischen Lager gehörte, weil er zuließ, daß sie so handelten."
Auch der aufstrebende Ã-konom und Duma-Abgeordnete Sergej Glasjew, der den amerikanischen Oppositionspolitiker und demokratischen Präsidentschaftsbewerber Lyndon LaRouche mehrfach getroffen hat, stützte Putin öffentlich. Am 1. November interviewte der Fernsehsender ORT in der Sendung Serkalo Glasjew als Leiter des Wahlbündnisses"Rodina" - neben Jawlinskij von"Jabloko" - zum Fall Yukos Oil. Dort sowie in einer Stellungnahme zu den personellen Veränderungen in der Präsidialverwaltung unterstützte Glasjew das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Chodorkowskij, begrüßte die Neubesetzungen im Präsidialamt und wandte sich gegen Hysterie und Spekulationen. Der Chef der Union der Rechten Kräfte, Tschubajs, habe hysterisch reagiert, als er forderte, der Präsident solle für Chodorkowskij intervenieren -"er hat also den Präsidenten direkt aufgefordert, die Verfassung zu verletzen".
Die Gerichte müßten entscheiden, ob die Behörden ihre Vorwürfe beweisen können, sagte Glasjew weiter."Die Privatisierung der 90er Jahre hat die russischen Finanzmärkte fast ausschließlich den Spekulanten überlassen. Langfristige Investoren, die Geld in sich entwickelnde Unternehmen anlegen wollen, spielen nicht an der Börse - das tun Spekulanten", sagte er. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eigentumsrechte in Rußland begünstigten die Spekulation. Hätten die Staatsanwälte Verdacht, dann solle alles offengelegt werden,"damit die Gerichte endlich entscheiden können, welche Unternehmen in Übereinstimmung mit dem Gesetz privatisiert wurden und welche nicht. Wenn wir hier keine klare Linie ziehen, könnte die Umverteilung des Eigentums in unbegrenzte Zukunft weitergehen... Ich plädiere nicht für Polizeimaßnahmen der Regierung, aber das Problem der zweifelhaften Geschäfte im Rahmen der Privatisierung muß gelöst werden... Durch die Ermittlungen des Rechnungshofes und Generalbundesanwalts sind alle zweifelhaften Fälle wohlbekannt."
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