- Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - das Kapital verschwindet... - dottore, 13.11.2003, 10:31
- Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - stocksorcerer, 13.11.2003, 10:40
- Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - Euklid, 13.11.2003, 10:56
- Deine Infla-Theorie ist schon aus philosophischen Gründen nicht plausibel: - Taktiker, 13.11.2003, 11:24
- Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - dottore, 13.11.2003, 13:23
- Re: und was beeinflußt die Konsumentenstimmung? Die Politik! - Baldur der Ketzer, 13.11.2003, 13:52
- Re: Fuchsbau - Tassie Devil, 13.11.2003, 17:22
- Vielen lieben Dank ;-) - stocksorcerer, 13.11.2003, 14:21
- Re: Vielen lieben Dank ;-) - Euklid, 13.11.2003, 14:31
- Re: Vielen lieben Dank ;-) - saschmu, 13.11.2003, 15:42
- Re: Vielen lieben Dank ;-) - Euklid, 13.11.2003, 16:15
- Re: Vielen lieben Dank ;-) - saschmu, 13.11.2003, 15:42
- Re: Vielen lieben Dank ;-) - Euklid, 13.11.2003, 14:31
- Re: und was beeinflußt die Konsumentenstimmung? Die Politik! - Baldur der Ketzer, 13.11.2003, 13:52
- Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - Euklid, 13.11.2003, 10:56
- Genauere Quelle? Frage zu Privaten - McShorty, 13.11.2003, 13:01
- Re: Genauere Quelle? Frage zu Privaten - dottore, 13.11.2003, 13:40
- Quelle - off-shore-trader, 14.11.2003, 01:37
- Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus - stocksorcerer, 13.11.2003, 10:40
Re: Der letzte Hurrah des deutschen Kapitalismus
-->>Hallo dottore, [img][/img]
>wenn ich Dich richtig verstehe, meint das auch, dass wir für lange Zeit vermutlich das letzte Mal gesehen haben, dass Geld im größeren Stil in die Börse gepumpt wird von Privatanlegern und die kommenden Dips einem Käufer den Hals brechen werden.... weil am Ende hat Börse ja doch etwas mit Wirtschaft zu tun, oder?
Hi stocksorcerer,
ich teile Deine Skepsis ganz und gar. Vielleicht sollte man es sich so erklären (extrem simples Beispiel):
Jemand gründet eine AG. Dazu braucht er Vermögen (aktiv) und Kapital (passiv). Sein Vermögen: Grundstück, Halle, Maschinen, PCs, also alles, was man (fälschlich gern)"Sachkapital" nennt, korrekt ist es"Sachvermögen". Summa: 10 Mio €. Diese 10 Mio beschafft er sich über einen IPO. Der Wert der Aktien kann zunächst nur bei 10 Mio liegen (Kurs = 100 %). [Üblicherweise liegt er höher, da auch bereits Erwartungen eingepreist werden, dass die AG gut läuft usw., aber das lassen wir mal weg].
Er muss im laufenden Geschäftsjahr auch 10 Mio Löhne bezahlen, die kann er sich aber nicht von der Börse als"Kapital" holen, sondern er muss sie (bis die ersten Umsätze laufen) über einen kurzfristigen Bankkredit beschaffen (Bank stimmt zu, weil sie ebenfalls vom Geschäftserfolg überzeugt ist, aber das lassen wird hier auch weg).
Der Kurs der Aktie, die mit - angenommenen 100 % gestartet war - beginnt sich zu heben. Sofern die AG die Erwartungen erfüllt, ist das alles auch in Ordnung. Normalerweise steigt also der Firmenwert. Nun muss das Sachvermögen, da es veraltet usw., abgeschrieben werden. Werden keine zusätzlichen Nettoinvestitionen getätigt (Brutto minus Abschreibungen), sondern wird nur immer das neu investiert, was abgeschrieben wurde (also alte durch neue Maschinen ersetzt, usw.) - unbeschadet etwaigem Geschäftserfolg, der in Ausschüttungen sich niederschlägt, wobei die Ausschüttungen nicht für weitere Investitionen zur Verfügung stehen, da ausgeschüttet -, kann sich die Bewertung des Kapitals des Unternehmens letztlich nicht erhöhen.
Die AG hat nun das Kapital erhalten (die Abschreibungen verdient), die Löhne bezahlt (die Bank hält die Linie aufrecht) und keinen Gewinn gemacht, also auch nichts ausgeschüttet. Steigt der Kurs der Anteile an dieser AG dennoch, kann dies nur mit einer Spekulation (selbstverständlich jedem unbenommen) erklärt werden und zwar mit einer Spekulation darauf, dass sich die AG erfolgreicher entwickelt als bisher, da sie eher ein Kapitalerhaltungs-Verein war.
Entwickelt sich eine Unternehmung besser, kann dies natürlich darauf zurückzuführen sein, dass mit dem gleichhohen Sumnmen, die investiert werden,"modernere" Maschinen gekauft werden, die dann doch"irgendwie" zu höheren Ergebnissen führen als nur zum summenmäßig gleichen Kapitalerhalt (und den auszuzahlenden Löhnen).
Treffen diese Ergebnisse ein, steht die AG vor der Frage: Wohin mit dem Gewinn, der das ja ausdrückt. Normalerweise wird die AG diesen zunächst nicht ausschütten, sondern versuchen, ihn im Unternehmen zu halten und (sofern nicht zusätzliche Lohnforderungen sie belasten), zu investieren, also wiederum in zusätzliches"Kapital" (Sachvermögen) zu verwandeln, also neue Halle, weitere Maschinen, kurzum zu"expandieren".
Reicht diese"Selbstfinanzierung" nicht aus, kann sie auch versuchen, zusätzliches Kapital (Ausgabe weiterer Aktien) zu beschaffen (Kapitalerhöhung) oder in anderer Form (Anleihen o.ä.) Mittel dafür aufzutreiben.
Letztlich läuft es aber immer darauf hinaus, dass die Investitionen in einem Zusammenhang mit dem Kapital und dessen Bewertung an der Börse stehen, d.h. - genau wie Du schreibst - die Wirtschaft letztlich doch etwas mit der Börse zu tun hat und vice versa - also alle Spekulation, Wellen usw. außen vor - am Schluss die Fundamentals entscheiden - auch wenn sie"zwischendurch", wie wir wissen, keine Rolle spielen.
Nehmen wir an, die AG, die immer nur summenmäßig das Kapital erhalten hat, würde liquidiert (alle Mitarbeiter kostenneutral entlassen, keine sonstigen Abwicklungskosten, die Banklinie auf Null gefahren, usw.), dann können die Aktionäre letztlich nur aus der Verwertung des Vermögens (Sachkapital) bedient werden, das, angenommen es lässt sich zu 100 % (Buchwert) verwerten, dann zu einer Rückgabe des Kapitals an die Aktionäre zu 100 % führen würde. Sonstige Vorgänge, wie Verwertung von inzwischen von der AG erstellten eigenen Patente, Markennamen usw. lassen wir der Einfachheit halber ebenfalls weg.
Will heißen: Auf Dauer kann sich die höhere Bewertung des Kapitals (an der Börse oder wo und wie auch immer) und zwar summenmäßig gesamtwirtschaftlich nicht von der zusätzlichen Bildung von Kapital (ebenfalls summenmäßig) nicht lösen.
Nehmen also die Nettoinvestitionen so dramatisch ab, wie bis inkl. 2002 zu beobachten, und steigen gleichzeitig die Bewertungen des gesamten Kapitals (das immer nur entlang der Kurve der Nettoinvestitionen wachsen kann) kann dies nur bedeuten, dass sich ein Schere öffnet, die sich - wann auch immer - wieder schließen wird.
Noch Zahlen dazu: 1992 lagen die Bruttoinvestitionen bei 373 Mrd € und 2002 bei 371 Mrd. Also nachher wie vorher (Preiseffekte nicht berücksichtigt).
Im Jahr 2000, also dem Hi des Hype an der Börse betrugen sie 433 Mrd. Die Abschreibungen sind von 1992 kontinuierlich gewachsen, von 225 auf 310 Mrd. (Differenz = Nettoinvestitionen). Da noch eine Menge Abschreibungen in der Pipeline stecken (die CoBank hat schon einen Befreiungsschlag versucht), ist nicht auszuschließen, dass auch in der Wirtschaft die Abschreibungen noch näher an die Bruttoinvestitionen wachsen als seit 2000 schon zu beobachten.
Dies"bereinigt" zwar, wie es so schön heißt, einzelne Bilanzen und ist auch zu begrüßen, aber auf Dauer kann es nur positiv weiter gehen, wenn die Nettoinvestitionen nicht ab-, sondern zunehmen, was (Selbstfinanzieurng oder zusätzliche Fremdfinanzierung als einzige"Quellen" vorstellbar) nur heißen kann: Die Erträge (Erlöse minus Kosten und Steuern) müssen nicht nur die Abschreibungen verdienen, sondern auch darüber hinaus genügend Mittel den Unternehmen an die Hand geben, um selbst- und/oder fremdfinanziertes zusätzliches Sachvermögen zu ermöglichen.
Nach meinem (völlig unmaßgeblichen) Gefühl sind die Gewinnerwartungen, die sich vice versa in Börsenbewertungen (oder anderen) ausdrücken, maßlos überrissen, zumal wenn man bedenkt, dass sich Gewinne nicht"von selbst" einstellen, sondern, da nicht in den verausgabten Kosten enthalten, sondern nur mit Hilfe zeitlich späterer (!) Nettoneuverschuldung (diese wiederum durch zusätzliches Kapital, also zusätzliche Nettoinvestitionen besichert) überhaupt realisiert werden können.
Wenn Deutschland (vom Export ganz abgesehen!) 2,5mal so hohe Nettoinvestitionen der privaten (!) Haushalte gegenüber den"eigentlich" als Investitions-Maschinen zuständigen"normalen" inländischen Firmen zu beobachten sind, hängt Gedeih und Verderb von der Verschuldungsbereitschaft (Vornahme von Bruttoinvestitionen) der privaten Haushalte ab, die ihrerseits zu kleinen"Unternehmen" mutiert sind, welche die großen stützen.
Die privaten Bruttoinvestitionen waren mit 137 Mrd. in 2002 nur etwa ein Drittel so hoch wie die der Unternehmen (371) und gegenüber 2001 und 2000 rückläufig (146 und 157).
Es hängt also viel mehr von sog."Verbraucher" auch in Deutschland ab als wir ahnen. Ob dessen Stimmung und ergo Verschuldungsbereitschaft (---> Bruttoinvestitionen) steigt, ist ungewiss (Hausbau, Autokauf, langlebige Wirtschaftgüter usw.). Wird die Stimmung durch Steuersenkungen usw."befügelt", mag dies mit zeitlicher Verzögerung vielleicht funktionieren. Andererseits bedeutet dies noch größere Haushaltsprobleme im Sektor Staat, der bereits"ent-investiert", was es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben hat.
Der Fuchs muss also aus dem Bau!
Meine (völlig unmaßgebliche) Einschätzung zur weiteren Entwicklung ist oft genug vorgetragen worde: Es kommt zu einer Neubewertung des Kapitalstocks (vulgo: Crash und/oder schwere Baisse) und einer deflationären Depression mit ungewissem Ausgang.
Ich würde gern etwas anderes mitteilen, kann es aber aufgrund meiner Analysen und der sie aus immer neuen Ecken kommenden und sie bestätigenden Zahlen leider nicht. (Vor einer Woche hatte ich von den, wie ich finde, verheerenden Zahlen der Bundesbank noch keine Ahnung).
So sorry for that!
>Mir ist das Risiko mitterweile eh zu hoch, mich in konventionellen Wertpapieren zu engagieren....
Mir auch.
Herzlichen Gruß!

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