- Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? - Rumpelstilzchen, 07.11.2000, 19:18
- Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? - Baldur der Ketzer, 07.11.2000, 19:37
- Re: Was ist teuer und was ist billig? Sehr, sehr guter Beitrag! - dottore, 07.11.2000, 20:19
- Re: Mit einem Wort - ELLIOTT - black elk, 07.11.2000, 20:59
- Re: Mit einem Wort - ELLIOTT / GENAU! - JüKü, 07.11.2000, 23:08
- Re: Was ist teuer und was ist billig? Sehr, sehr guter Beitrag! - Rumpelstilzchen, 07.11.2000, 21:39
- Re: noch eins drauf, durcheinandergekommene Werte - Baldur der Ketzer, 07.11.2000, 22:08
- Re: Mit einem Wort - ELLIOTT - black elk, 07.11.2000, 20:59
- Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? - Albrecht, 07.11.2000, 20:57
- Re: Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig? - Rumpelstilzchen, 07.11.2000, 21:27
Grundsatzgedanken: Was ist teuer und was ist billig?
Ein Thread von Baldur, unserem Ketzer, hat mich zu folgenden Überlegungen veranlasst. In dem Thread ging es um einen Analystenkommentar mit der These, Cisco sei jetzt billig, weil die anderen teurer sind.
Was ist nun wirklich teuer und was ist billig?
Ein wesentlicher grundsätzlicher Aspekt bei der Bildung von Preisvorstellungen ist die Herstellung eines Bezugsrahmens. Wenn ich mir in einem Geschäft Butter kaufe, habe ich in der Regel eine Vorstellung, was sie kosten darf. Ich habe Vergleichspreise in Konkurrenzgeschäften, eine Erinnerung über frühere Butterpreise und die Preise anderer Milchprodukte als Bezugsgröße.
Beim Autokauf kann es schon etwas schwieriger werden, da die Zahl der Einflussgrößen auf den Wert des Produktes deutlich höher ist.
Als geschickter Verkäufer könnte ich das nutzen und dem Kunden beispielsweise von einem Wagen, den ich kürzlich meiner Omi für 30000DM verkauft habe, erzählen, ein angeblich echtes Schnäppchen. Ich hätte so, ohne den Widerstand des Kunden zu wecken, da es sich um Dritte handelt, ein Bezugssystem (=Anker) suggeriert.
Ich könnte in einem zweiten Schritt als Preis für ein ähnliches Model wie den gewünschten Wagen 25000 DM vorschlagen, was wahrscheinlich bei der alten Kiste überzogen vorkommen dürfte. Wenn wir dann über den Wunschwagen verhandeln, wird der Kunde aufgrund der vorher zumindest auf unbewusster Ebene suggerierten Anker möglicherweise bereit sein, sein eigenes Bezugssystem auf höhere Preise auszuweiten. Wenn er dann als Preis 21000 DM aushandelt, wird er womöglich noch meinen, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, auch wenn er vorher nur 20000DM ausgeben wollte.
Und welches Bezugssystem gilt nun beim Aktienkauf? Hier ist die Geschichte nun noch mehr Einflussgrößen unterworfen. KGV, Gewinnwachstum, Marktstellung...
Selbst für Börsenprofis ist das alles letztlich sehr, sehr komplex. Also, so meine These, gilt den meisten Marktteilnehmern einfach der Aktienkurs selbst als Anker. Steigt eine Aktie, wird sie teuer. Fällt eine Aktie wird sie billig. Die Bezugsgröße ist dann der Kurs von gestern, oder letzter Woche, auf keinen Fall aber der von letztem Jahr.
Das bedeutet, dass der jeweilige Kurs den Rahmen vorgibt, was eine faire Bewertung ist. So weit ich weiß, glauben die Jünger der efficient markets das immer noch.
Wenn dann ein Unternehmen positive Zahlen erbringt, die über den Analystenschätzungen lagen, meinetwegen auch über den Flüsterschätzungen, müsste dies eine Verschiebung des Ankers rechtfertigen. Was besser ist, als erwartet, das ist auch mehr wert.
Aber genau das scheint zur Zeit nicht mehr zu passieren.
Was ist nun die Folge in einem, wie ich meine, überbewertetem Markt?
Es werden notwendigerweise Zweifel am Bezugssystem geweckt. Wenn eine gute Aktie „billig“ wird und sich weiter „ohne Grund“ verbilligt, kann etwas nicht stimmen.
Die Anleger werden nur eine begrenzte Zeit bereit sein, „billige“ Aktien nachzukaufen. Dann wird schon der Blick zur Seite kommen, mit der Frage, wie es denn den anderen geht. Das Bezugssystem wird erweitert und mit Mitbewerbern verglichen. Daraufhin kann erst einmal Beruhigung eintreten. Die anderen sind nämlich auch nicht billiger.
Aber die Saat des Misstrauens ist damit gesät. Was jetzt noch versucht zu steigen, wird verkauft, da es teuer wirkt. Der Gesamtmarkt kann unter diesen Bedingungen nicht steigen, bestenfalls stagnieren. Der kollektive Preisanker ist äußerst gefährdet, da er letztlich sich selbst verankert und keine äußere Stütze (z.B. ein attraktives KGV) hat.
Ich denke, die Folgen kann sich von hier ab jeder selbst ausmalen.
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