- Die Irren sind los. Tatsachen aus der Tagesschau-Redaktion - Tempranillo, 14.11.2003, 23:58
- @ Tempranillo - Turon, 15.11.2003, 00:14
- Re: Die Irren sind los. Überall. Und die besoffenen Affen dazu. - Baldur der Ketzer, 15.11.2003, 01:21
- Re: Die Irren sind los. Tatsachen aus der Tagesschau-Redaktion - Peacemaker, 15.11.2003, 01:40
Re: Die Irren sind los. Tatsachen aus der Tagesschau-Redaktion
-->Aus der Homepage der Tagesschau:
Hohmann-Rede: Was ist daran antisemitisch?
Eine strenge Mahnung von der Parteiführung hat es, bis jetzt jedenfalls, für den Bundestagsabgeordneten Nitzsche gegeben, mehr nicht. Das gleiche gilt, zumindest bis jetzt, für den hessischen Bundestagsabgeordneten Hohmann, der auf einer Veranstaltung mit antisemitischen Äußerungen hervorgetreten ist. Brigadegeneral Günzel, der ihm schriftlich zu seinen Äußerungen gratuliert hat, wurde dagegen von Verteidigungsminister Struck umgehend entlassen. Ob die Union es wirklich bei einer Ermahnung belassen kann, halte ich zumindest für offen. Und das noch mehr, wenn man sich einmal eingehend mit den Äußerungen des Herrn Hohmann beschäftigt. Was war denn genau an seinen Äußerungen antisemitisch und woher bezieht er das Gedankengut. Robin Lautenbach hat Hohmanns Rede daraufhin untersucht.
Ist Martin Hohmann ein Ewiggestriger und unbelehrbarer Judenhasser? Selbst seine schärfsten Kritiker glauben das nicht. Trotzdem ist das Unbehagen an seinen Äußerungen groß. Der Historikern Juliane Wetzel kam bei Hohmanns Rede vieles sehr bekannt vor. Sie arbeitet am Institut für Antisemitismusforschung und kennt die gängigen antijüdischen Klischees. Bei Hohmann beginnt das mit der Behauptung, das Ausland verbiete den Deutschen das nationale Selbstbewusstsein.
Zitat Hohman-Rede:"Trotz der allseitigen Beteuerungen, dass es Kollektivschuld nicht gebe, trotz nuancierter Wortneuschöpfungen wie 'Kollektivverantwortung' oder 'Kollektivscham': Im Kern bleibt der Vorwurf: die Deutschen sind das 'Tätervolk'."
Juliane Wetzel, Historikerin: „Es gibt doch keine Kollektivschuld. Es hat auch nie jemand behauptet, dass es eine Kollektivschuld gäbe. Das haben die Deutschen sich immer selber angezogen. Sie haben immer gesagt, die anderen, also die Juden in erster Linie, würden immer behaupten, Deutschland sei kollektiv Schuld. Das hat nie jemand behauptet, und wenn, dann waren dies Außenseiter.“
Hohmann überrascht seine Zuhörer mit der russischen Revolution von 1917. Viele revolutionäre, wie Trotzki, so führt er aus, waren Juden, auch viele Anführer der berüchtigten Geheimpolizei Tscheka. Und dann kommt er zu seinem eigentlichen Thema.
Zitat Hohmann-Rede:"Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als auch bei den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung als 'Tätervolk' bezeichnen. Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet."
Juliane Wetzel: „Die jüdischen Bolschewisten ist auch ein Thema, was wir schon lange kennen als bekanntes antisemitisches Stereotyp. Der Jude als Kommunist. Was die Nazis natürlich wesentlich in ihrer Propaganda benutzt haben, um gegen Juden anzugehen.“
In der Tat: Für die NS-Propaganda war die bolschewistisch-jüdische Weltverschwörung zentral. Hohmann nennt dann eine Zahl von Opfern jüdischer Täter, die nicht ohne Grund höher liegt als die Zahl der sechs Millionen jüdischen NS-Opfer.
Zitat Hohmann-Rede:"Ein besonders grausames Kapitel war das Niederringen jeglichen Widerstandes gegen die Zwangskollektivierung in der Ukraine. Unter maßgeblicher Beteiligung jüdischer Tschekisten fanden hier weit über zehn Millionen Menschen den Tod."
Zwei Quellen hat Hohmann für seine Thesen: Der internationale Jude, ein 1920 vom amerikanischen Autokönig Henry Ford geschriebenes und weithin unbekanntes antisemitisches Pamphlet. Und ein neues Buch über den so genannten jüdischen Bolschewismus.
Juliane Wetzel: „Der Henry Ford mit 'Der internationale Jude' gehört zur klassischen antisemitischen Literatur und findet sich auch auf den einschlägigen Internetseiten. Rogalla von Biberstein ist neueren Datums, bedient aber insgesamt auch Verschwörungstheorien. Beide sprechen auch die Protokolle der Weisen von Zion an. Das ist eines der klassischen Pamphlete des Antisemitismus."
Am Ende nimmt Hohmann die These vom jüdischen Tätervolk dann mit einer überraschenden Wendung zurück. Die bolschewistischen Juden seien gar keine Juden mehr gewesen, sie seien vom Glauben abgefallen, wie auch die Nazis ja keine gläubigen Christen mehr gewesen seien.
Zitat Hohmann-Rede: „Verbindendes Element des Bolschewismus und des Nationalsozialismus war also die religionsfeindliche Ausrichtung und die Gottlosigkeit. Daher sind weder 'die Deutschen', noch 'die Juden' ein Tätervolk.“
Juliane Wetzel: „Das ist eine klassische Form der Rhetorik, dass man Dinge anspricht, antisemitische Stereotypen bedient und das hinterher dann wieder so relativiert, dass man glaubt, nicht mehr angreifbar zu sein, zumindest nicht rechtlich. Wir kennen das aus der rechtsradikalen Szene, dass man damit verhindert, Straftatbestände zu schaffen.“
Für Juliane Wetzel ist der Fall Hohmann beinahe Routine: Ein erneuter Versuch, die deutsche Verantwortung für den Holocaust zu mindern. Traurige Routine auch, dass dafür die immer wieder gleichen anti-jüdischen Vorurteile benutzt werden.
Meine persönliche Anmerkung: Es war in der Tat unklug von Hohmann, Beispiele aus der russischen Revolution heranzuziehen, nur um auszudrücken, daß es keine deutsche Kollektivschuld gibt.
Was ich dann wiederum fragwürdig finde, ist unten der Kommentar:
"Für Juliane Wetzel ist der Fall Hohmann beinahe Routine: Ein erneuter Versuch, die deutsche Verantwortung für den Holocaust zu mindern. Traurige Routine auch, dass dafür die immer wieder gleichen anti-jüdischen Vorurteile benutzt werden."
Wenn es wie anfänglich ausgedrückt keine Kollektivschuld gibt, dann gibt es auch keine Kollektivverantwortung.
Was damals passiert ist, ist schrecklich und sollte nicht wieder vorkommen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten wir uns von sämtlicher Schuld und ungerechtfertigter Verantwortung befreien und unser ganzes Entwicklungspotential nutzen, um glückliche Menschen zu werden oder zu sein.
Alles Gute!
PeaceMaker
<ul> ~ http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2624232_BAB2624148,00.html</ul>

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