- The Daily Reckoning - Beyond Nietzsche (Bill Bonner) - Firmian, 17.11.2003, 19:19
- Re: Deutsche Fassung - Firmian, 17.11.2003, 19:21
Re: Deutsche Fassung
-->Ruin
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Es gibt in jedem Land jede Menge Ruin", sagte John Maynard Keynes.
Wie viel Ruin gibt es in Amerika? Das will ich herausfinden.
Jeden Tag wird mehr und mehr von Amerika verkauft, mit Hypotheken
belastet, verschwendet und aufgegessen. Das Handelsbilanzdefizit hat
sich zuletzt weiter vergrößert. Die Konsumenten verschulden sich
weiter - und das Tempo ist erschreckend: Fast 1 Billion Dollar pro
Jahr. Wenn man noch die neuen Schulden von Regierung und Unternehmen
hinzufügt, dann kommt man laut Richard Russell auf 2,5 Billionen
Dollar neue Schulden in diesem Jahr. Das Leistungsbilanzdefizit
alleine beträgt 1 Million Dollar pro Minute - und kein Ende in Sicht.
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist das Land es unbegrenzten
Schuldenmachens geworden. Deshalb sinkt diese Nation in den Ruin, und
zwar jedes Jahr mit einem Viertel des gesamten Bruttoinlandsproduktes
(BIP).
"Diese stagnierende Wirtschaft braucht einen stetigen Strom von neuen
Stimulierungen, um sie im Fluss zu halten", schreibt Jim Puplava.
"Verglichen mit vorherigen Wirtschaftserholungen war das diesmalige
Wirtschaftswachstum nur halb so hoch, wie es durchschnittlich im
letzten halben Jahrhundert war."
"Was die Situation extreme besorgniserregend macht, ist, dass es 13
Zinssenkungen, 3 Steuersenkungen, massive Haushaltsdefizit und ein
Rekordwachstum der Geldmenge benötigte, um die Wirtschaft wieder zum
Laufen zu bekommen. Wirtschaftlich gesprochen ist das die größte
fiskalische und monetäre Stimulierung, die die Welt je gesehen hat.
Was kann die Fed als Ergebnis ihrer Bemühungen vorweisen, außer
zahlreichen Spekulationsblasen und der Rückkehr der Spekulation an den
Finanzmärkten?"
Jedes andere Land hätte schon längst darunter leiden müssen, dass
jeder aus der Währung dieses Landes fliegen würde. Die Investoren
hätten die Anleihen eines solchen Landes schon längst verkauft. In den
Zeiten des Goldstandards hätten die USA damit auch nicht davonkommen
können. Denn die ausländischen Besitzer von Dollarnoten hätten sich
bei der Fed in eine Reihe gestellt, um ihre Dollar gegen Gold
einzutauschen. Denn das war das Versprechen der Fed, Dollar gegen Gold
einzutauschen - das sogenannte"Goldfenster".
Jahrzehntelang haben die USA dieses Versprechen gehalten - sie haben
für 41 Dollar eine Feinunze Gold ausgezahlt. Aber jetzt ist das
Goldfenster geschlossen. Jetzt kann man Dollar gegen Gold nur noch auf
dem freien Markt eintauschen - und da muss man jetzt mehr als 390
Dollar für jede Feinunze Gold ausgeben.
Wow! Amerika sinkt nicht in den Ruin... es springt per Kopfsprung in
den Ruin. Bewusst. Halsbrecherisch.
Es gibt natürlich nichts, was wir daran ändern könnten. Die Natur muss
ihren Weg haben. Nacht muss auf Tag folgen. Eine offene Bierdose muss
schal werden. Ein Idiot und sein Geld müssen voneinander getrennt
werden.
Was für eine wundervolle Welt das ist."Finde den Trend, dessen
Annahmen falsch sind, und wette dann dagegen", sagt George Soros.
Selten haben so viele Leute geglaubt, dass das nicht gilt. Ihre
Annahme ist, dass sie für immer mit dem Schuldenmachen und Konsumieren
weitermachen können... ohne jemals die Rechnung bezahlen zu müssen.
Sie glauben, dass es für Amerikas Schulden keine Grenzen gibt.
Ich denke, dass sie damit falsch liegen. Ihre Annahme ist falsch.
Nicht, dass ich wüsste, was passieren wird. Aber ich weiß, was nicht
passieren wird. Es gibt jede Menge Ruin in einer Nation. Aber keinen
unbegrenzten Betrag davon.
Jetzt zu Addison, mit mehr News:
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Montag, 17. November 2003
Die großen Trends
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris
Sehen Sie sich die fallenden Aktienkurse an! Damit meine ich Wal-Mart,
den größten Einzelhändler der Welt, und deshalb den Leithammel unter
den Einzelhandelsaktien. Und Wal-Mart hat letzte Woche nicht ganz so
perfekte Zahlen für das dritte Quartal vermeldet. Die Investoren
nahmen dies zum Anlass, den Kurs der Wal-Mart Aktie fallen zu lassen,
was auch den Gesamtmarkt mit nach unten zog.
Die US-Finanzpresse hat zuletzt auch die großen makroökonomischen
Storys aufgegriffen, die wir hier beim Investor's Daily so gerne
mögen: Gold, das Richtung 400 Dollar pro Feinunze wandert... der
Dollar, der sich seinen Tiefs gegenüber dem Euro wieder nähert... das
US-Handelsbilanzdefizit, das sich im September auf 41,3 Milliarden
Dollar erweitert hat... die Fed, die versichert, dass sie die Zinsen
für"einen langen Zeitraum" niedrig halten wird... all diese Storys
hängen zusammen. Natürlich.
Meine Lieblings-Story ist, dass das erste Mal seit rund 20 Jahren das
Gold plötzlich nahe daran kommt, plötzlich der Liebling von allen zu
sein!
"Jeder wartet darauf, dass die 400er Marke getestet wird", so ein
deutscher Goldhändler gegenüber Reuters."Im Hinblick auf die
Entwicklung bei Euro und Dollar und der erneuerten Angst vor
Terrorangriffen und einem sehr bullishen Chartmuster scheint das
Niveau von 400 Dollar nicht schwer zu sein." Es gibt einen
signifikanten Zuwachs bei Gold-Calls mit Basis 400 Dollar... und das
bedeutet, dass die Käufer dieser Scheine darauf setzen, dass Gold bis
Jahresende über dieser Marke notieren wird.
Der Goldpreis hat schon 398,40 Dollar erreicht - das ist der höchste
Wert seit Jahrzehnten. In den letzten 3 Jahren sind die 15 größten
Goldminenaktien der Welt - zusammengefasst im Gold Bugs Index - um
489 % gestiegen."Dieser 489 %-Anstieg", so mein Freund Steve
Sjuggerud,"ist nur ein Indikator der glänzenden Performance des
Goldes - und von der noch helleren Zukunft ganz zu schweigen. Sehen
Sie sich das an: Der Goldpreis selbst hat sich seit seinen Tiefs im
Jahr 1999 um über 50 % erholt; der Preis von Goldmünzen hat in den
letzten 3 Jahren 70 % zugelegt, und Optionsscheine auf Gold sind
regelrecht explodiert..."
In der Zeitung USA Today stand:"Die Investoren kaufen mit fallendem
Dollar Gold", so die Schlagzeile. Gold steigt, wenn der Dollar fällt,
das ist das Argument dieses Artikels."Unsicherheit über die
wirtschaftliche Erholung"..."Niedrige Zinssätze"... und
"Wahrnehmung" werden als Grund für die Dollarschwäche genannt.
Die Devisenhändler glauben, dass die Bush-Administration den Dollar
schwächen will, um die Produktion und die Exporte im Wahljahr zu
stützen. Das"smarte Geld" will mehr Zinsen, als die mageren 1 %, die
es bei kurzlaufenden US-Schuldverschreibungen bekommt... deshalb geht
es aus dem Dollar raus. Viele Devisenhändler glauben auch, dass die
Zahlen zum US-Wachstum im dritten Quartal schön gerechnet sind. Das
alles seien gute Gründe, Gold zu kaufen.
Aber laut Dr. Sjuggerud ist der größte Grund, warum man jetzt Gold
kaufen sollte, dieser:"Es ist super billig." Gold ist billig,...
Aktien sind teuer."Im Januar 1980 standen sowohl der Goldpreis als
auch der Dow Jones auf dem gleichen Niveau: 800. Jetzt, fast 24 Jahre
später, steht der Dow Jones fast bei 10.000, während der Goldpreis die
Hälfte seines Wertes vom Januar 1980 verloren hat." Das ist ein Trend,
der sich einfach umkehren muss.
Der Dollar, der gegenüber dem Euro Kurs auf seine Tiefs nimmt, ist in
der vorletzten Woche gegenüber 14 von 16 größeren Währungen gefallen,
so ein Bloomberg-Bericht. Das ist ein Trend, der sich nicht umkehren
muss.
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Montag, 17. November 2003
"Lange Schweine"
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
***"Ich muss der idiotischste Investor der ganzen Welt sein" - meine
Kollegen im Pariser Korrespondentenbüro des Investor's Daily stimmten
mir da gestern zu. Ich habe einen Anstieg des Goldpreises erwartet.
Ich sehe diesen Anstieg seit 3 Jahren kommen. Meine Prognose war gut.
Aber als Investor war ich eine Null. Ich warte jedes Mal darauf, dass
der Goldpreis noch ein bisschen zurückkommen soll, damit ich
einsteigen kann. Und jedes Mal fällt der Goldpreis dann nicht mehr,
sondern steigt... und zwar noch stärker über mein Kaufziel. Dann
erhöhe ich das Kaufziel... aber wieder steigt das gelbe Metall auf
ein noch höheres Niveau, bevor ich kaufen konnte. Das lässt mich mit
offenem Mund und enttäuschtem Herzen zurück.
***"Die Amerikaner scheinen sich dazu bereit zu machen, den Irak zu
verlassen... so bald wie möglich", so ein Kommentar im britischen
Fernsehen.
Währenddessen gab es in London auf den Straßen große Demonstrationen.
Man konnte einen Mann sehen, der eine Bomberjacke aus der Vietnam-Zeit
anhatte. Hinten drauf stand:"Ich weiß, dass ich in den Himmel komme,
denn ich habe meine Zeit in der Hölle abgedient."
George W. Bush wird nächste Woche nach London kommen. Die Zeitungen
scheinen genau zu wissen, was er sagen wird:"Eure Söhne sind für
einen ehrenvollen Zweck gestorben", so rät die TIMES. Das ist die
"alte Lüge", wie es der Dichter Wilfred Owen schon gemeint hat:"Dulce
et decorum est..."
*** Und hier etwas aus der britischen Zeitung Times:
"Die Einwohner von Fiji haben gestern geweint, als sie sich bei den
Nachkommen von Reverend Thomas Baker dafür entschuldigt haben, dass
sie ihn vor 136 Jahren gegessen hatten." Sie sagten, dass sie das
nicht wieder tun würden.
"Die Menschen würden dort früher 'lange Schweine' genannt, weil ihr
Fleisch dem Schweinefleisch ähnlich sein soll", so die Times.
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Montag, 17. November 2003
Jenseits von Nietzsche
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Wir Menschen schmeicheln uns selbst. Wir glauben, dass wir vernünftige
Leute sind. Wir sind mit unserer Vernunft bei Dingen, von denen wir
etwas verstehen, so erfolgreich, dass wir nicht widerstehen können und
denselben Prozess auch auf Dinge anwenden, von denen wir überhaupt
keine Ahnung haben.
Wir versuchen, den Sinn der Ereignisse zu beschreiben, die um uns
herum passieren, indem wir diesen"Gründe" zuweisen... und dann
schauen wir nach vorne und leiten daraus ab, zu was diese Gründe als
nächstes führen werden.
Aus der Sicht eines Investors sind die Ereignisse, die wir kommen
sehen, uninteressant. Denn diese Ereignisse werden kaum Gewinne
bringen. Eine Gesellschaft, die Jahr für Jahr 20 Cents pro Aktie
erwirtschaftet, für ein gesamtes Jahrhundert lang, bietet wenig
Überraschungen. Die Investoren werden bei einer solchen Aktie selten
von Enthusiasmus oder Verzweiflung überwältigt.
Und dennoch gibt es Zeiten, in denen man diese Aktien kaufen sollte,
und Zeiten, in denen man sie verkaufen sollte. Denn die Welt steht
nicht still. Unter den offensichtlichen und vorhersehbaren Trends
liegen weniger offensichtliche... einige davon scheinen völlig
unvorhersehbar, und dennoch haben auch sie ihre Muster. Es sind diese
Trends, die die tragischen Überraschungen produzieren, die komischen
Momente und die lächerlichen Szenen, die Künstler und Historiker
inspirieren.
Hier beim Investor's Daily sind es genau diese zuletzt genannten
Muster, die uns interessieren. Nicht nur deshalb, weil sie
unterhaltsamer sind, sondern auch, weil das die profitabelsten sind.
Es sind die unerwarteten Ereignisse, die am stärksten in Bezug auf die
Kurse bzw. Preise falsch bewertet sind. Und es ist das
unvorhergesehene Unglück, dass den größten Schaden anrichtet. Aber
gerade dieses Unerwartete zu sehen ist nicht leicht. Auch wir vom
Investor's Daily haben unsere richtigen und unsere falschen
Einschätzungen.
Aber wir verrichten unsere Arbeit mit der Geduld der Proto-Volkswirte
Adam Smith und Adam Ferguson. Ferguson war ein schottischer
Moralphilosoph im 18. Jahrhundert. Ich versuche nicht, die Zukunft
vorherzusagen, sondern nur, die Natur der Menschen zu verstehen. Ich
studiere den Menschen, als ob er zum Beispiel ein Honigbär sei:
Gleichzeitig hinreißend, gefährlich und geistesschwach - und ich
versuche, herauszufinden, was er als nächstes tun wird.
Was einzigartig - mehr oder weniger - am Menschen ist, ist seine
Fähigkeit zur Vernunft. Anders als eine Mücke oder ein Känguru kann
ein Mensch 2 und 2 zusammenzählen. Er kommt dabei öfter auf 4 als
nicht. Aber wenn er dieselbe Logik auf Dinge anwendet, die ihm fremd
sind - wie zum Beispiel auf die Frage, wie man im Nahen Osten Frieden
schaffen kann oder wie man einen Boom an der Wall Street erzeugen kann
-, dann wird aus 2 und 2 zum Beispiel 5,245 oder ein Sumpf in
Indonesien... und die gesamte Gleichung wird kompletter Unsinn.
Vernunft ist die größte Stärke der Menschheit - und gleichzeitig ihre
größte Schwäche.
Nietzsche hat zwei Arten von Kenntnissen identifiziert. Es gibt die
Dinge, die man aus persönlicher Erfahrung und Beobachtung weiß, und
das nannte er"Erfahrung". Und es gibt die Abstraktionen, von denen
man denkt, dass man sie weiß - also die Art von Dingen, die in den
Zeitungen stehen. Das nannte er"Wissen".
Heute fahre ich in der Nietzsche-Tradition der Gelehrsamkeit fort, und
in meiner traditionell pseudo-intellektuellen Art erweitere ich die
Erkenntnisse von Nietzsche. Nicht nur, dass es zwei Formen von
Kenntnissen gibt - es gibt auch zwei komplett verschiedene Wege des
Nachdenkens.
Die erste Art von Nachdenken ist die über Dinge, von denen man etwas
weiß. Wenn man z.B. jemand auf einem Baum herumklettern sieht und dann
bemerkt, dass der Ast abbricht... dann kann man vernünftig
schlussfolgern, dass einem selbst das in vergleichbaren Umständen auch
passieren würde. Ich nenne diese Art von Denken"schwer überlegen".
Aber wenn man über den"Krieg gegen den Terror" oder die nächste Wahl
nachdenkt, dann nutzt man einen ganz anderen Denkprozess. Statt über
Dinge, die man kennt, nachzudenken... denkt man über Dinge nach, die
man nicht kennen kann und noch nicht einmal erklären kann. Ich nenne
diese Art von Denken"leicht denken". Ein Beispiel dafür ist eine
Schlagzeile in einer Zeitung:"Zeit für Amerika, zu intervenieren."
Amerika kann nicht intervenieren, denn die Nation existiert nur als
eine Abstraktion. Ein amerikanischer Soldat kann jemanden
erschießen... ein amerikanisches Flugzeit kann eine Bombe
abwerfen... aber Amerika selbst ist viel zu groß. Was"Amerika" tut,
das wird nur von einem ganz geringen Prozentsatz des Ganzen getan...
die meisten Amerikaner werden dabei keine Rolle spielen, einige werden
dagegen sein... und mehr als ein paar werden überhaupt nicht
mitbekommen, was passiert.
Oder eine weitere Schlagzeile:"Die amerikanische Antwort muss durch
das strategische Bewusstsein aller beteiligten Interessen geleitet
sein."
Was heißt das? Nehmen wir zum Beispiel die amerikanischen Interessen.
Was sind das für welche? Wer kann das sagen? Die Amerikaner haben
verschiedene Interessen - ihre Angehörigen, Urlaub,
Geschäftsbeziehungen -, aber das sind nicht notwendigerweise dieselben
Interessen.
Man könnte allgemein sagen, dass"Amerika ein Interesse an Frieden" im
Mittleren Osten hat. Aber zu welchem Preis? Unter welchen Bedingungen?
Selbst wenn diese Aussage stimmt, dann kann man nicht wissen, welche
Handlungen dazu führen werden.
Aber die Leute nehmen diese Art von Denken ernst. Sie denken, dass sie
die großen Dinge genau wie die kleinen verstehen können, und dass sie
die Weltereignisse so manipulieren können, wie sie durch das
Zusammenreiben von zwei trockenen Stöcken Feuer erzeugen können.
"Deutschland muss zahlen..." das forderte 1919 die französische
Zeitung Le Temps."Der Feind muss für alles zahlen... das ist das
fundamentale Prinzip." Am Ende des Ersten Weltkriegs gab es die große
Illusion, dass Deutschland die hohen Kosten der Alliierten für den
teuersten Krieg der Welt ersetzen würde bzw. könnte. Alle
Kriegsteilnehmer hatten sich während des Krieges stark verschuldet, um
die Kriegsführung finanzieren zu können. Jetzt wollten sie alle, dass
Deutschland ihre Schulden bezahlen sollte.
Womit sollte Deutschland zahlen? Das Land lag am Boden. Die deutsche
Wirtschaft war ruiniert. Deutschland hatte sich selbst kolossal
verschuldet, um den Krieg zu finanzieren - und zwar hatte es Schulden
in der Höhe des Dreifachen des Bruttoinlandsproduktes aufgenommen! Die
deutschen politischen und sozialen Strukturen wankten. Das Land befand
sich bei Kriegsende am Rande einer Revolution.
Und nebenbei gesagt - wie der Ã-konom Keynes betont hat: Der
Waffenstillstand wurde auf der Grundlage der alliierten Zusage
abgeschlossen, dass Deutschland nicht mehr als seinen fairen Anteil an
den Kriegskosten bezahlen sollte. Aber dieses Argument stieß später
auf taube Ohren... aber die jungen Nazis griffen es auf, um zu
zeigen, dass Deutschland einen"Dolchstoß in den Rücken" erhalten
habe.
Natürlich konnte Deutschland die geforderten Summen (die sogenannten
"Reparationen") nicht aufbringen. Von den geforderten 152 Milliarden
Goldmark wurden nur 23 Milliarden gezahlt. Und selbst diese moderate
Summe hatte eine schlimme Folge:"Die Weltwirtschaftskrise von 1929
war zum Teil durch die finanziellen Illusionen von 1919 verschärft
worden", so der französische Historiker Simonnot.
Krieg zahlt sich nicht aus.
Aber vom Kriegsbeginn bis zum Kriegsende half das"leicht Denken" den
Leuten, zu glauben, was sie glauben wollten - dass der Krieg kurz und
siegreich sein würde, dass die Kosten des Krieges jemand anderes
übernehmen würde. Der Erste Weltkrieg lief so ab, wie es wohl kaum
eine einzige Person in der gesamten Welt vorher erwartet hatte. Und er
lief so ab, wie es sich wohl niemand gewünscht hätte - bis auf ein
paar verrückte extremistische Revolutionäre vielleicht.
Wie ist das möglich, liebe(r) Leser(in)? Die klügsten Köpfe der Welt -
Millionen von ihnen - setzten sich mit einem Thema auseinander, bei
dem es um Leben und Tod ging... und trotzdem konnte es kaum eine
einzige Person verstehen oder sogar richtig prognostizieren.
Was soll man davon halten... wenn das Resultat ihres
zusammengefassten Denkens die größte Katastrophe war, die bis dahin
die Menschheit befallen hatte? Denn der Erste Weltkrieg war keine
Naturkatastrophe. Kein Vesuv hat die Menschen in Asche erstickt.
Stattdessen wurden Millionen im europäischen Schlamm durch Kanonen und
Maschinengewehrfeuer niedergemäht. Es war kein Asteroid, der auf die
Erde prallte... keine Dürre oder keine Pest. Und dennoch waren bei
Kriegsende Millionen Menschen tot.
Ein Drittel des französischen Kapitals war dafür verbraucht worden.
Ein Drittel des britischen Kapitals. Und ein Fünftel des deutschen
Kapitals. Und danach ging die Menschheit wieder"back to business"...
auf ihrem Weg zum nächsten großen Fehler.
Ihr Autor Bill Bonner, auf dem Weg dazu, seinen nächsten großen Fehler
zu machen...

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