- Russland - Roulette im Wunderland!? - wheely, 19.11.2003, 12:33
Russland - Roulette im Wunderland!?
-->Was meinen die Russland-Experten? Ă-lwerte schon wieder interessant oder doch noch warten? Gazprom sagt mir sehr zu, Lukoil u.a. auch...
manager-magazin.de, 18.11.2003, 13:45 Uhr
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R U S S L A N D
Roulette im Wunderland
Von Kai Lange
Russische Aktien haben vielen Osteuropa-Fonds einen Renditekick beschert. Seit der Machtkampf zwischen PrĂ€sident Putin und den Ă-l-Oligarchen eskaliert, rĂŒcken die Risiken der boomenden Volkswirtschaft wieder in den Blick. Zitterzeit an der Moskauer Börse - doch Fondsmanager trauen dem Land weiterhin viel zu.
Hamburg - Eine Wiederauferstehung wie aus einem russischen MĂ€rchen. Im Sommer 1998, auf dem Höhepunkt der Krise, konnten Investoren ihr Geld gar nicht schnell genug aus Russland abziehen. Der Ă-lpreis bei gerade mal zehn Dollar, der Rubel im freien Fall und ein Staatshaushalt, der unter einem schwerfĂ€lligen PrĂ€sidenten Boris Jelzin und einer drĂŒckenden Schuldenlast zusammenbrach. Raus aus Russland, hieĂ es damals. Doch gelohnt hat es sich fĂŒr diejenigen, die blieben.
[M]DPA,mm.de
Machtkampf in Moskau: Mit der Festnahme Michael Chodorkowskijs (rechts) hat PrÀsident Putin die heimische Wirtschaftselite alarmiert
Mehr als 700 Prozent hat der russische Leitindex RTS seit 1999 zugelegt. Jelzins Nachfolger Wladimir Putin erhielt massive RĂŒckendeckung durch den anziehenden Ă-lpreis, der dem Land stetig steigende Einnahmen bescherte und den Rubel stĂŒtzte.
Mit der Steuerreform des Jahres 2001 gelang Putin zudem der erste Schritt, die berĂŒchtigte Schattenwirtschaft einzudĂ€mmen und an den Gewinnen der Unternehmerelite teilzuhaben. Russland wird in diesem Jahr das fĂŒnfte Jahr in Folge einen soliden HaushaltsĂŒberschuss ausweisen: Die Devisenreserven des Landes betragen stolze 60 Milliarden Dollar.
Russlands Reichster im GefĂ€ngnis: Investoren grĂŒbeln
Teures Ă-l und mutige Reformen: Das könnten die TriebkrĂ€fte sein fĂŒr eine russische Revolution in Richtung Wirtschafts-Wunderland. Doch an der Reformfreudigkeit des Landes kommen erneut Zweifel auf, seit Putin den Chef des Ă-lkonzerns Yukos, Michail Chodorkowskij, per Handstreich verhaften und einen GroĂteil der Yukos-Aktien beschlagnahmen lieĂ.
Fonds go East
Die meisten Investmentfonds mit Schwerpunkt Russland / Osteuropa weisen auf Jahressicht ein deutliches Kursplus auf. WĂ€hrend der CapitalInvest Russia (668272) oder der DWS Russia (939855) sich auf die aufstrebende Volkswirtschaft konzentrieren, sind der Activest Lux Osteuropa (973916), der Dit Osteuropa (974574) oder der Nestor Osteuropa (930905) auch in Ungarn, Polen und Tschechien aktiv. Ein hoher Anteil russischer Aktien hat den Fonds besonders im ersten Halbjahr 2003 gut getan.
Der PrĂ€sident wirft seinem politischen Gegenspieler Betrug und Steuerhinterziehung vor. Chodorkowskijs Kollegen, die Energie-Oligarchen Roman Abramowitsch und Boris Beresowskij, haben sich lĂ€ngst nach London abgesetzt. Der HauptaktionĂ€r des gröĂten russischen Unternehmens im GefĂ€ngnis, wĂ€hrend zahlreiche seiner Unternehmerfreunde auĂer Landes weilen oder ihr Geld ins Ausland schaffen: Auf diesem Wege lĂ€sst sich kaum das Vertrauen auslĂ€ndischer Investoren gewinnen.
"In Russland gibt es weiterhin ein hohes politisches Risiko - die Turbulenzen um Yukos und Chodorkowskij haben dies eindrucksvoll bestĂ€tigt", sagt Konrad Reuss, Russland-Experte bei der internationalen Ratingagentur Standard & Poors's (S&P). Die politischen UnwĂ€gbarkeiten und die starke AbhĂ€ngigkeit der russischen Volkswirtschaft vom Ă-l- und Gaspreis halten S&P davon ab, dem Land ein"Investmentgrade" zu verleihen: Mit dem Rating"BB" ist S&P noch zwei Stufen von einem Investmentgrade entfernt, das fĂŒr viele institutionelle Investoren wie etwa amerikanische Pensionsfonds die Voraussetzung ist, in einem Land Geld zu investieren.
"Putin kann sehr schnell starke Signale setzen"
Eine Heraufstufung auf"Investmentgrade", wie sie im Oktober die Ratingagentur Moody's vollzogen hat, ist fĂŒr S&P derzeit kein Thema."Der Machtkampf zwischen Politik und Wirtschaftselite dĂŒrfte sich bis zu den Duma-Wahlen im Dezember und den PrĂ€sidentschaftswahlen im MĂ€rz eher noch verschĂ€rfen", schĂ€tzt Reuss. Erst wenn sich die Unruhe legen, die Regierung nachhaltige Wirtschaftsreformen durchsetzen und das Vertrauen der Investoren zurĂŒckkehren sollte, sei an eine Rating-Verbesserung zu denken.
Also erneut raus aus Russland? Nicht unbedingt."PrĂ€sident Putin hat es in der Hand, nach einer Wiederwahl im MĂ€rz 2004 sehr schnell sehr starke Signale zu setzen", sagt Reuss. Schlichte Schadensbegrenzung nach der Yukos-AffĂ€re reiche nicht aus: Putin mĂŒsse zeigen, dass er es ernst meine mit Privatisierung und Wirtschaftsreformen."Putin muss die Bankenreform beschleunigen und den Energiebereich öffnen, indem er zum Beispiel den ĂŒbermĂ€chtigen Gazprom-Konzern privatisiert."
Wachstum: Deutschland null, Russland sechs Prozent
BemĂŒhungen um eine Aufnahme in die Welthandelsorganisation WTO seien ein ebenso starker Beleg, dass der PrĂ€sident den Reformprozess nicht umkehren will:"In diesem Fall dĂŒrfte sich das Investitionsklima wieder deutlich verbessern und das Vertrauen auslĂ€ndischer Unternehmer und Investoren zurĂŒckkehren", meint der S&P-Experte. Es liege an der russischen Regierung selbst, HandlungsfĂ€higkeit zu zeigen und sich nach den Yukos-Wirren eindrucksvoll zurĂŒckzumelden.
S&P-Analyst Konrad Reuss: Russlands Haushalt ist in Ordnung, doch das Reformtempo enttÀuscht
Die Voraussetzungen fĂŒr ein Comeback sind nicht schlecht, denn immerhin sitzt Russland auf einem dicken Kapitalpolster. Die russische Wirtschaft wĂ€chst derzeit mit Jahresraten zwischen fĂŒnf und sechs Prozent, der Etat ist ausgeglichen, und die Schulden werden pĂŒnktlich bedient.
Mit den stolzen Devisenreserven von rund 60 Milliarden Dollar kann das Land fĂŒr eine gewisse Zeit sogar verkraften, dass Unternehmer Kapital aus Russland ins Ausland schaffen. Auf knapp acht Milliarden Dollar hat sich die Kapitalflucht von Juli bis September verstĂ€rkt, im vierten Quartal dĂŒrften es noch mehr sein.
Von Krise wie 1998 weit entfernt
Der hohe Ă-lpreis bietet aber weiterhin einen komfortablen Puffer."Erst wenn der Ă-lpreis unter 18 Dollar fallen sollte, wird sich das negativ im Budget bemerkbar machen. Davon sind wir mit aktuell 30 Dollar je Barrel aber noch weit entfernt", sagt Reuss. Die dramatische Haushaltskrise des Jahres 1998 dĂŒrfte sich also so schnell nicht wiederholen.
Zwar fĂŒhrt die Tatsache, dass Ă-l und Gas rund 55 Prozent der russischen Exporte ausmachen, zu einer extremen AbhĂ€ngigkeit von den weltweiten Energiepreisen und ist eines der gröĂten Haushaltsrisiken des Landes. Andererseits sorgt diese Besorgnis erregende Konzentration bei den derzeit hohen Energiepreisen fĂŒr eitel Sonnenschein:"Es mĂŒsste schon zu einem raschen und starken Ă-lpreisverfall kommen, damit wir unser BB-Rating senken", so der S&P Analyst.
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Am Tropf: Seinen deutlichen HaushaltsĂŒberschuss hat Russland vor allem dem hohen Ă-lpreis zu verdanken
Beim aktuellen Ă-lpreis-Niveau könne man trotz Kapitalflucht und politischer Turbulenzen nicht von einer prekĂ€ren Situation fĂŒr Russlands Haushalt sprechen: Genug LiquiditĂ€t ist da.
"Wir glauben, dass eine Wiederwahl Putins im MĂ€rz 2004 dem Reformprogramm neuen Schwung verleihen wird", meint Peter Jarvis, Analyst bei Invesco in London. Der verstĂ€rkte Ă-lexport beschleunige das Wirtschaftswachstum. Die Bevölkerung profitiere von steigendem Wohlstand und neuen unternehmerischen Möglichkeiten, was sich auch in einem stĂ€rkeren Konsum spiegele.
Fondsmanager: Nervöse MÀrkte bis zu den Wahlen
Mittelfristig sieht Jarvis in Russland weiteres Wachstumspotenzial. Auch sein Kollege Alain Bourrier, Fondsmanager bei Merrill Lynch, bleibt zuversichtlich. Der Markt werde bis zu den Parlaments- und PrÀsidentswahlen zwar sehr volatil bleiben - doch er wage schon wieder vereinzelte KÀufe bei staatsnahen Unternehmen.
Der Fall Chodorkowski hebe zwar die Unsicherheiten in der Gesetzgebung und bei den Eigentumsrechten hervor, wie auch Edward Parker, Russland-Analyst bei der Ratingagentur Fitch, betont. Doch darĂŒber sollte man nicht vergessen, dass einige Reformen bereits gegriffen und das Staatsbudget auf stabile FĂŒĂe gestellt haben."Ein Einheitssteuersatz von 13 Prozent erscheint vielen lĂ€cherlich niedrig", bemerkt Reuss."Doch er hat die Einnahmen des Staates beeindruckend verbessert. Die 1998 verlorene Haushaltskontrolle wurde zurĂŒckgewonnen."
Warum sich kaum jemand nach Russland wagt
Ein solides Budget, krÀftiges Wirtschaftswachstum, ein anziehender privater Verbrauch, hohe Devisenreserven. Dennoch bleiben auslÀndische Unternehmer vorsichtig, wenn es um Investitionen in dem wachsenden Markt geht. Seit Jahren lockt das Riesenreich Russland deutlich weniger auslÀndische Direktinvestitionen an als zum Beispiel Polen, Tschechien oder anderen Volkswirtschaften in Osteuropa.
Fonds go East
Die meisten Investmentfonds mit Schwerpunkt Russland / Osteuropa weisen auf Jahressicht ein deutliches Kursplus auf. WĂ€hrend der CapitalInvest Russia (668272) oder der DWS Russia (939855) sich auf die aufstrebende Volkswirtschaft konzentrieren, sind der Activest Lux Osteuropa (973916), der Dit Osteuropa (974574) oder der Nestor Osteuropa (930905) auch in Ungarn, Polen und Tschechien aktiv. Ein hoher Anteil russischer Aktien hat den Fonds besonders im ersten Halbjahr 2003 gut getan.
"Die geringen Direktinvestitionen sind ein groĂer Nachteil fĂŒr das Land - denn wie jeder andere Emerging Market auch ist Russland auf das Knowhow und auf das Kapital, das auslĂ€ndische Unternehmen mit sich bringen, angewiesen", sagt Reuss. Um den Mittelstand zu stĂ€rken, die Wirtschaft auf mehrere Standbeine zu stellen und damit die AbhĂ€ngigkeit vom Energiesektor zu verringern, brauche Russland dringend mehr Direktinvestitionen. Die FĂŒhler sind zwar ausgestreckt: Doch seit die Verhandlungen zwischen Yukos und dem US-Ă-lriesen Chevron auf Eis liegen, haben sich aber auch Unternehmen aus anderen Branchen wieder einen Schritt zurĂŒckgezogen.
Bankenreform schleppend und enttÀuschend
"Das ist ein Vertrauensproblem - der Reformprozess verlĂ€uft fĂŒr viele nur schleppend und enttĂ€uschend", begrĂŒndet Reuss die ZurĂŒckhaltung. Beispiel Bankenreform: Seit Monaten liegt ein Entwurf fĂŒr ein"Deposit Insurance Scheme" in der Duma zur Entscheidung vor. Es soll Sparer-Einlagen der Banken absichern und damit den privaten Bankensektor gegenĂŒber den ĂŒbermĂ€chtigen Staatsbanken stĂ€rken."Doch das dauert alles zu lange", meint der S&P-Experte. Von Reformlust sei wenig zu spĂŒren.
Noch immer erhalten mittelstĂ€ndische Unternehmen kaum Kredite, denn die Mehrzahl der russischen Banken sind lediglich ausgelagerte Vermögensabteilungen der groĂen Wirtschaftsunternehmen. Die Kredite an den privaten Sektor liegen in Russland bei rund 20 Prozent des BIP - in Polen und Tschechien sind es dagegen bereits rund 30 Prozent.
Die Folge: Kleine Privatunternehmer steuern in Russland derzeit nur rund zehn Prozent des BIP bei, wĂ€hrend der GroĂteil der Kredit an die handverlesene Schar groĂer Unternehmen flieĂt."Von einem funktionierenden Bankensektor, der auch den Mittelstand mit Krediten versorgt und damit zu einem breit aufgestellten Wirtschaftsaufbau beitrĂ€gt, sind wir noch weit entfernt", sagt Reuss.
Viel Geld stĂŒrzt sich auf wenig Aktien
Kreditwesen, Ă-ffnung des Energiesektors, Privatisierung: In Russland gibt es neben dem Machtkampf zwischen Politik und Wirtschafts-Oligarchen noch viele Baustellen. Hinzu kommen die volatilen FinanzmĂ€rkte, die Investoren in den vergangenen Wochen den Investoren wieder schlaflose NĂ€chte bereitet haben."Der Markt ist heiĂgelaufen. Wir haben hier zuviel Geld aus den groĂen Emerging-Market-Fonds, das sich auf ein geringes Angebot von Aktien stĂŒrzt", sagt James Fenkner, Chefstratege beim Moskauer Brokerhaus Troika Dialog.
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Markt mit Risiko: Vor allem Geld aus internationalen Emerging-Market-Fonds hat den RTS-Index hochgetrieben
Die Deutsche Schutzvereinigung fĂŒr Wertpapierbesitz rĂ€t potenziellen Russland-Investoren daher zum Kauf von Fonds. Der Erwerb einzelner Aktien sei riskant, da der Markt fĂŒr auslĂ€ndische Investoren kaum zu ĂŒberschauen sei, sagt DSW-Sprecher JĂŒrgen Kurz.
Vielen Osteuropa-Fonds bescherte der Anteil russischer Aktien dabei erst den richtigen Renditekick: Zwischen Januar und Oktober hatte der RTS-Index noch einmal 80 Prozent zugelegt und auch die Fondsbilanz verbessert.
Dass sich das flĂŒchtige Geld aus den Aktien- und AnleihemĂ€rkten schnell wieder verabschieden kann, haben die KursrĂŒckschlĂ€ge Anfang November angedeutet. Einige Investoren sehen bereits jetzt Einstiegschancen. Wer kurzfristige Irritationen durchstehen kann, sollte das Land im Blick behalten: SpĂ€testens nach der Wahl im FrĂŒhjahr bietet Russland Raum fĂŒr weitere Ăberraschungen, und die könnten diesmal positiv sein.
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