- The Daily Reckoning - Crisis Begets Crisis (Christopher Mayer) - Firmian, 19.11.2003, 20:11
- Re: Diesmal keine Übersetzung, zum Trost ein anderer Bonner und Lynn Carpenter - Firmian, 19.11.2003, 20:22
Re: Diesmal keine Übersetzung, zum Trost ein anderer Bonner und Lynn Carpenter
-->Meister des Bandbreiten-Universums
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Heute möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte von
einem Mann namens Gary Winnick, der während des letzten großen Booms
am Aktienmarkt - ich meine den, der bis März 2000 lief - zu einer der
schillerndsten Persönlichkeiten gehörte. Mit ihm verbunden ist der
Aufstieg und Fall von"Global Crossing" - vielleicht erinnern Sie sich
an diesen einstigen Highflyer. Es ist erstaunlich, wie schnell die
Investoren vergessen können. Denn die Geschichte von Gary Winnick ist
weithin unbekannt, dabei könnte man aus ihr durchaus auch für die
heutige Marktsituation seine Schlüsse ziehen. Doch zur Geschichte:
Gary Winnick war ein Anleihenhändler bei Drexel Burnham, bevor er fast
durch Zufall ins Fiberglasgeschäft geriet. Er hatte die Möglichkeiten
der Bandbreite gesehen, nachdem er für AT&T 1997 ein Unterseekabel
finanziert hatte. Sein erstes Kabel brauchte 14 Monate, bis es gelegt
worden war, aber es war extrem profitabel.
So entstand der simple Geschäftsplan für Global Crossing - Geld
erhalten und Fiberglaskabel legen! Die ersten Schätzungen der
Konstruktionskosten lagen bei rund 2,7 Milliarden US$. Das Geld floss
mit Lichtgeschwindigkeit in das Hauptquartier von Global Crossing in
Hamilton auf den Bermudas. Die Aktie wurde im August 1998 zu 9,50 US$
emittiert. Acht Monate später stand der Kurs bei 60 US$ pro Aktie, was
der Gesellschaft eine Marktkapitalisierung von 54 Milliarden US$ gab.
Der Wert des persönlichen Anteils von Winnick an der Gesellschaft
stieg auf 4,7 Milliarden US$. Er träumte bald von der Schaffung eines
Untersee-Breitbandkabel-Netzwerkes, das die Kontinente verbinden und
globale Telekomriesen wie die Deutsche Telekom und AT&T als Kunden
haben würde.
Drei Jahre später, im November 2001,"schockte und ärgerte" Global
Crossing die Investoren, indem die Gesellschaft einen Verlust von 3,35
Milliarden US$ vermeldete, mehr als 6 Mal so viel wie der Verlust im
entsprechenden Vorjahresquartal. In diesem Verlust enthalten war eine
2 Milliarden US$ schwere Abschreibung auf die Beteiligung an einer
anderen Gesellschaft des vergoldeten Zeitalters, Exodus
Communications, die zu diesem Zeitpunkt unter dem Schutz des
amerikanischen Insolvenzrechtes arbeitete. Der Aktienkurs von Global
Crossing stand Mitte November bei nur 1,24 US$ - deutlich über den 38
Cents vom 9. Oktober, aber unter den 13,30 US$ vom Juni, als George
Gilder glaubte, dass diese Aktie eine sichere Wette sei. In eineinhalb
Jahren hatten die Investoren ungefähr 52,9 Milliarden US$ mit der
Aktie verloren.
Dennoch gab Gilder, immer noch in Halluzinationen über die Neue Ära,
nicht auf."Wenn Sie Global Crossing 1998 gekauft hätten", hatte er
nur ein paar Monate früher geschrieben (im Juni 2001),"dann kauften
Sie 5.000 Meilen Kabel. Heute kaufen Sie ein Netzwerk von 102.000
Meilen. Wenn Sie Global Crossing 1998 gekauft hätten, dann hätten Sie
400 Millionen US$ Umsatz gekauft. Heute kaufen Sie über 5 Milliarden
US$ Umsatz und mehr als eine Milliarde US$ bereinigten Cash Flow, mit
einem Wachstum von 40 % pro Jahr. (...) Wenn Sie Global Crossing 1998
gekauft hätten, dann hätten Sie den Traum eines weltweiten Netzes von
Glasfasern und Licht gekauft. Heute kaufen Sie dieses Netz."
"Wenn Sie Global Crossing 1998 gekauft hätten", so hätte ein Zyniker
antworten können,"dann hätten Sie 98 % Ihres Geldes verloren."
Der Traum war ein besseres Investment als das Netz selbst. Als Global
Crossing einen immer weiter steigenden Geldbetrag einsammelte und
immer mehr Kabel verlegte, kam es dem Tag der Abrechnung immer näher.
Statt der"Flut" von profitablem Inhalt waren die Kabelgesellschaften
bald mit einem Überangebot überschwemmt: Finanziell stand ihnen das
Wasser bald so bis zum Hals, dass sie keine Hoffnung auf Entkommen
mehr hatten. Während Gilder die Sterne der Telekoms beobachtete,
richteten smarte Industrie-Insider ihre Augen auf die Erde und sahen
die Sintflut kommen.
Deshalb waren die Investoren im November 2001 nicht mehr die
warmherzigen, großzügigen Naiven, die auf dem Höhepunkt des
Technologiebooms ihr Geld Global Crossing und den anderen
Wunderkindern geliehen hatten. Schließlich hatten die Gläubiger die
Anleihen von Global Crossing inzwischen auf 18 % des Nennwertes fallen
lassen. Die gesicherten Bankschulden der Gesellschaft wurden mit 67
Cents je nominalem US$ Schuld gehandelt.
Das Geschäft mit der Bandbreite schien ein gutes Investment zu sein,
als die Investoren viel Geld und wenig Bandbreite hatten. Aber bald
hatten die Investoren weniger Geld und jede Menge Bandbreite. Die
Preise für Bandbreite brachen ein. Währenddessen wurden laut Experten
weniger als 10 % des Glasfaserkabel-Netzwerks genutzt. Und trotz
dieser Überkapazitäten gab Global Crossing jedes Quartal weiterhin 500
Millionen US$ aus, um weitere Konstruktionen zu finanzieren. In dieser
Phase noch mehr Kapazitäten hinzuzufügen war so, als ob ein
betrunkener Partygast noch eine Flasche Wein öffnen würde.
Nicht überraschend erklärte Global Crossing am 28. Januar 2002
Bankrott, was die Gläubiger mit Verlusten von fast 4 Milliarden US$
zurückließ. Zum Zeitpunkt, als Global Crossing Bankrott erklärte,
hatte Winnick Aktien für 735 Millionen US$ verkauft, und er hatte 15,8
Millionen US$ an anderen Bezügen erhalten. Winnick muss sich ziemlich
smart gefühlt haben. Er hatte das getan, was er hatte tun wollen:
Winnick und seine Familie hatten mehr als 600 Millionen US$ verdient,
indem sie ihre Aktien in den Jahren 2000 bis 2002 verkauft hatten,
selbst als Global Crossing mit einer schweren Schuldenlast, fallenden
Aktienkursen und einem Industriezweig im Umschwung zu kämpfen hatte.
Winnick arrangierte es auch, im Mai 2002 10 Millionen Aktien zum Kurs
von 12 US$ je Aktie zu verkaufen, eine Entscheidung, die vom
"Forbes"-Magazin im Nachhinein ironisch als"gutes Timing" bezeichnet
wurde, nachdem der Aktienkurs bis zum Jahresende 2002 auf 2 Cent
gefallen war.
Es gibt einige Dinge, von denen man zuviel haben kann, ohne Schaden zu
erleiden. Aber zu viel Geld ist eine klare und präsente Gefahr für
einen Menschen... und selbst für eine gesamte Volkswirtschaft. Die
Telekoms waren nicht der erste Industriezweig, der durch einen
Überschuss an Glück ruiniert worden ist - und sie werden nicht die
letzten sein.
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Mittwoch, 19. November 2003
Investieren in China
von Lynn Carpenter
Von den 38 Chinafonds, die in Hongkong gelistet sind, hat es nur das
beste Drittel in den letzten drei Jahren geschafft, überhaupt in die
schwarzen Zahlen zu kommen. Der Rest waren Verlierer (Quelle: Far
Eastern Economic Review). Und das trotz Fondsmanagern, die direkt vor
Ort sind.
Aber das ist nicht die gleiche Story, die wir dieses Jahr gesehen
haben. Dieses Jahr haben einige chinesische Internet-Aktien Gewinne im
vierstelligen Prozentbereich hingelegt. Und immer dann, wenn so etwas
passiert ist, denken breite Anlegerschichten darüber nach, solche
Aktien zu kaufen.
Aber Vorsicht: Jetzt sehen wir hier eine Spekulationsblase! Wenn Sie
Spekulieren wollen und hohe Risiken eingehen wollen, mit ein bisschen
Spielgeld - dann seien Sie mein Gast. Solche Aktien jetzt zu kaufen,
ist nicht schlimmer als Roulette zu spielen. Aber auch nicht besser.
Niemand weiß, wieviel Zeit noch vergehen wird, bis diese
Spekulationsblase platzen wird. Diese aktuelle chinesische
Spekulationsblase könnte im Dezember, Anfang nächsten Jahres oder erst
in zwei Jahren platzen. Aber als Investment sind die bereits sehr gut
gelaufenen chinesischen Internet-Aktien jetzt sehr, sehr riskant. Die
besten Möglichkeiten bieten sich woanders.
Wenn wir über China sprechen, dann müssen wir über das oft genannte
Währungs-"Problem" reden. Ich habe schon Leute gesehen, die zumindest
den Amerikanern versprochen haben, dass sie mit chinesischen Aktien
schnell ein Vermögen machen würden, alleine wegen der
Wechselkursentwicklung.
Was hat es damit auf sich? Nun, das Investieren in chinesischen Aktien
wird US-Anlegern einen Währungsvorteil geben. Denn die chinesische
Währung ist derzeit fest an den Dollar gebunden. Wenn sie freigegeben
wird, dann wird sie voraussichtlich gegenüber dem Dollar stark
steigen. Aber auch hier sollte man wieder einmal vorsichtig sein mit
diesen Theorien. Man muss verstehen, was gut für China ist - und nicht
gut für die USA -, um zu verstehen, wann die Chinesen ihren
Wechselkurs freigeben werden.
Die Amerikaner tendieren dazu, sich keine Sorgen darüber zu machen,
wenn sie ausländische Aktien kaufen und wenig über das Land wissen.
Nun, wahrscheinlich macht es auch keinen großen Unterschied, ob man
weiß, welche Regierung Norwegen gerade hat, wenn man Aktien von Norsk
Hydro kauft. Aber es ist wichtig, welche Regierung es in China gibt.
Chinas Währung ist der Reminbi oder der Yuan. Man kann beide Wörter
benutzen. Vergleichbar mit der britischen Währung, dem"Pfund
Sterling".
Diejenigen, die überall auf der Welt Big Macs essen, sind sich sicher,
dass die chinesische Währung unterbewertet is. Seit der letzten
Abwertung 1994 hat China seine Währung im Verhältnis 8,28 an den
Dollar gebunden. 8,28 Yuan sind ein Dollar. Dieser Zug hat der
chinesischen Währung und Wirtschaft große Stabilität gebraucht... und
auch dem Rest Asiens. Das war ein Faktor, der für die rapide Erholung
Asiens wirkte, nachdem der thailändische Baht und andere Währungen
1997 eingebrochen waren.
Aber zuletzt ist die chinesische Währung wegen des fallenden Dollars
(an den diese Währung ja fest gebunden ist) auf den Weltmärkten eine
billige Währung geworden. Eine billige Währung in einem Land mit
boomenden Exporten und beeindruckenden Wachstumsraten. Diese
Bedingungen führen normalerweise zu einer stärkeren Währung. Und diese
Aufwertung der Währung würde die Exporte normalerweise wieder teurer
machen... und die Exporte der anderen Länder würden dadurch billiger.
So würde sich z.B. ein Ungleichgewicht im internationalen Handel
wieder einrenken.
Aber das geht eben nicht, weil der chinesische Wechselkurs nicht
schwankt - und deshalb gegenüber dem Dollar nicht aufwertet. China hat
den fixen Wechselkurs nicht geändert, während sein Handel und sein BIP
stark gewachsen sind. Viele Länder schreiben"Foul!" Besonders die USA
haben das laut mitgeteilt. Der US-Finanzminister John Snow war im
September in China, um die dortige Regierung zur Neubewertung des
chinesischen Wechselkurses zu bewegen. Und die europäischen
Wirtschaftsminister hatten das schon früher, im Juli, erbeten.
Die Chinesen erklärten, nein danke, das würde China ruinieren. Ihre
Botschaft war die: Eine Neubewertung würde irgendwann kommen, aber den
Zeitplan würde China bestimmen. Währenddessen ist der Rest der Welt
davon überzeugt, dass der Yuan 40 % unter seinem wirklichen Wert
notiert und dass China deshalb Jobs und Handel"stiehlt" - weil es den
Wettbewerbsvorteil einer künstlich niedrigen Währung hat. China
erzielt im Handel mit den USA einen Überschuss von 103 Milliarden
Dollar pro Jahr. In den USA gehen immer noch Arbeitsplätze verloren.
Das ist in einem Wahljahr nicht gut.
Ein paar Fakten: China"muss" nicht irgendetwas tun, das die USA oder
Europa wollen. Es hat Devisenreserven in Höhe von 300 Milliarden
Dollar. Die kann es nutzen, um den Yuan da zu halten, wo es will - für
ziemlich lange. Und der große Handelsüberschuss, den China im Handel
mit den USA erzielt, steht geringeren Überschüssen im Handel mit
anderen Ländern gegenüber. China gewinnt Marktanteile, auf Kosten
anderer Entwicklungsländer. Es sind Länder wie Mexiko oder Korea, die
wirklich großen Grund hätten, sich über Chinas billige Währung Sorgen
zu machen.
Aber was wäre, wenn China seine Währung aufwerten würde, so dass sie
im Verhältnis zum Dollar teurer würde?
Dann würden zwei Dinge passieren. Zunächst einmal würde kein einziger
Job aus China in die USA zurückwandern. Sie könnten nach
Lateinamerika, Indien oder sonst wohin in Asien gehen. Aber nicht
zurück in die USA. Die Levi's Fabrik in San Antonio, die vor kurzem
geschlossen worden war, würde dadurch nicht wieder eröffnet. Und auch
nicht die General Motors Fabrik in Flint.
Zweitens: Vielen amerikanischen Unternehmen würde es mit einem
stärkeren Yuan schlechter gehen. Darunter wären Hunderte von
multinationalen Unternehmen mit Sitz in den USA, die Fabriken in China
haben. Und auch die meisten Einzelhändler, die ihre Waren aus China
beziehen, wären negativ betroffen.
Die Leute wollen billige Güter. Und billige Güter bekommt man aus
Ländern mit billigen Arbeitskräften. Wenn nicht aus China, dann von
woanders. Wal-Mart importiert mehr aus China als Großbritannien, und
die US-Konsumenten kaufen offensichtlich sehr gerne bei Wal-Mart ein.
Das ist wie mit dem Drogenhandel. Man kann den Bauern in Kolumbien
vorwerfen, dass sie Opium anbauen - aber wenn es keine Abhängigen
geben würde, die das Zeug kaufen, dann würde auch keins angebaut.
Fairerweise kann sich kein Amerikaner darüber beschweren, dass Amerika
Jobs verliert, während er gleichzeitig zu Wal-Mart fährt, um billige
Güter"made in China" zu kaufen. Es heißt:"Buy cheap or buy American
- Kaufe billig oder kaufe amerikanisch." Das sind die
Auswahlmöglichkeiten.
Aber bei all diesem Gerangel darüber, wer Jobs stiehlt, wird die
wichtigste Entwicklung der chinesischen Währung nicht
berücksichtigt...
Die chinesische Währung wird eine wirklich frei austauschbare harte
Währung, wie jetzt Dollar, Euro und Yen. Noch nicht, und nicht über
Nacht - aber sie geht Schritt für Schritt in diese Richtung. Die
Märkte werden das berücksichtigen. dadurch wird der Yuan im Wert
steigen - das ist ein langfristiger Pluspunkt für einen Investor, der
chinesische Aktien kaufen will.
Das passiert still und heimlich. Der Yuan soll nur in China benutzt
werden. Chinesen, die ins Ausland reisen, sollen ihre Yuans zu Hause
lassen. Aber mehr und mehr Chinesen tun das nicht. Der Yuan ist
bereits jetzt so etwas wie eine regionale Währung. In Hongkong kann
man damit normal bezahlen, und er ist in einem großen Teil
Südostasiens akzeptiert.
Der Yuan ist wahrscheinlich noch 10 Jahre davon entfernt, eine
weltweit akzeptierte globale Währung zu sein, aber diese unoffiziellen
Bewegungen sind die Testballons der Chinesen, wenn es um eine Änderung
ihrer Wirtschaftspolitik geht. Das ist die interessante Entwicklung,
die man beobachten sollte.
Also was ist jetzt mit der chinesischen Währung? Sie bekommen einen
Bonus, wenn Sie in chinesische Aktien investieren. Die beste Schätzung
von chinesischen Geschäftsleuten, denen mein Mann und ich zustimmen
konnten, ist ein 40 %iger Anstieg des Yuan in den nächsten vier
Jahren. Eine langsame Neubewertung, kein Boom. Angesichts der
bisherigen Art und Weise, wie die chinesische Regierung ihre eigenen
Ziele verfolgt, ist das eine sehr glaubhafte Schätzung.
Investieren Sie in China. Profitieren Sie vom Währungseffekt. Aber
erwarten Sie nicht, dass Sie über Nacht einen großen Gewinn erzielen
können.

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