- Bonner u.a. in deutsch - off-shore-trader, 24.11.2003, 19:24
Bonner u.a. in deutsch
-->Zunehmende Warnsignale...
von Martin Weiss
In der abgelaufenen Handelswoche mußten die deutschen Standardwerte bisweilen deutliche Einbußen hinnehmen. Mit einem Wochenverlust von 4 Prozent ging der Dax am Freitag aus dem Handel, konnte aber die wichtige 3600-Punkte-Marke halten.
Nicht zuletzt geopolitische Einflüße, sprich die Terroranschläge von Istanbul, waren für diese Entwicklung nicht unmaßgeblich. Gerade die Ereignisse am Bosporus zeigen klar auf, daß die weltpolitische Gemengelage keinesfalls stabil ist. Eher im Gegenteil, zumal ob der weltweit vielen Konfliktherde bzw. Ungleichgewichte sich die Situation wohl kaum schnell zum Guten hin verbessern wird. Nach wie vor schwebt das Damokles-Schwert der globalen Instabilität und Unsicherheit über den Märkten. Insofern bleibt nur zu hoffen, daß uns allen Schlimmeres erspart bleiben möge.
Wie auch immer, die vergangenen Tage brachten an vielen"Fronten" zunehmende Spannungen, deutliche Warnsignale.
Die US-Administration scheint auch einem Handelskrieg mit China nicht ausweichen zu wollen. Denn der Weg in den Protektionismus, so jetzt auch mit Strafzöllen gegen bestimmte in China gefertigte Textilien, mag zwar angesichts der im nächsten Jahr anstehenden Wahl durchaus verständlich sein, beinhaltet aber letztlich mittel- bis langfristig deutlich mehr Risiken als Chancen.
Sicherlich ist es das legitime Ziel der US-Administration, Arbeitsplätze - selbst in maroden Industriezweigen - im eigenen Land zu halten. Gewiß mag Bush jr. dadurch auch für seine Kampagne Wähler gewinnen, aber es bleibt doch fraglich, ob er seinem Land insoweit wirklich mehr nutzt als schadet. Nicht zuletzt warnte ja auch der Präsident der US-Notenbank vor einer protektionistischen Handelspolitik.
Abgesehen davon, daß die US-Regierung insofern auch die WTO-Vereinbarungen geringschätzt, handelt es sich dabei um ein Spiel mit dem Feuer. Denn nach wie vor sind die USA zur Finanzierung des gewaltigen Leistungsbilanzdefizits auf ausländisches Kapital angewiesen, vor allem asiatisches. Und daß dabei die Chinesen immer wichtiger werden, ist keinesfalls von der Hand zu weisen, zumal sie bzgl. der Devisenreserven schon jetzt den weltweit zweitgrößten Währungsschatz mit umgerechnet knapp 270 Milliarden Euro halten.
Einen Vorgeschmack, wie brenzlig es werden könnte, zeigt sich unter anderem in den Zahlen vom September diesen Jahres, als ausländische Investoren nurmehr US-Assets im Gegenwert von 4,19 Milliarden $ kaufen wollten.
In diesem Kontext ist es kaum erstaunlich, daß der US-Dollar, vor allem gegenüber dem Euro, zunehmend unter Druck kam. Gegenüber dem Yen wurde -wie aus Devisenkreisen berichtet- abermals von der Bank of Japan in den Handel eingegriffen und so eine weitere Dollarabschwächung aufgehalten.
Hoch interessant ist auch die gegenwärtige Entwicklung bei den Verbraucherpreisen in den USA. Denn oberflächlich erschienen diese sehr moderat ausgefallen zu sein. Aber in einigen Schlüssel-Sektoren war die Preisentwicklung alles andere als beruhigend. Beispielsweise ziehen die Preise bei Bekleidung, Energie, Medizin und Nahrung gewaltig an. Daß ein solcher Trend angesichts kaum steigender Einkommen, eines nach wie vor eher schwachen Arbeitsmarkts alles andere als positiv ist, bedarf keiner tieferen Eröterung. Angesichts einer derart inflationären Entwicklung bei den (über-)lebensnotwendigen Ausgaben der Verbraucher ist es kaum verwunderlich, daß manche Branchen, wie bspw. die Reise- oder Luxusgüterindustrie, sich auch weiterhin sehr schwertun werden. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß mehr denn je dunkle Wolken aufziehen. Und insofern gilt weiterhin die Devise:"safety first!"
Montag, 24. November 2003
Wann wird endlich nachgedacht?
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Auf den ersten Seiten der Zeitungen konnte man letzte Woche Bilder vom Anschlag in Istanbul sehen. Ich frage mich... wann beginnen die Leute, sich zu fragen? Zu fragen, ob der amerikanische Krieg gegen den Terror überhaupt richtig gewonnen werden kann? Oder ob er überhaupt Sinn macht.
Denn vielleicht führt er nur zu mehr Problemen?
Und wenn die Leute über den amerikanischen Krieg gegen den Terror nachdenken, könnten sie dann nicht auch über das amerikanische Leistungsbilanzdefizit nachdenken? Und darüber, ob die Amerikaner jemals ihre Schulden zurückzahlen werden bzw. können? Und was das amerikanische Papiergeld überhaupt wert ist? Und was die Aktien und Anleihen, die die US-Regierung und die Unternehmen ausgegeben haben - in der gerade erwähnten Währung - wirklich wert sind?
Heute müssen sich besonders die Chinesen das fragen. Zusammen mit den Japanern sind sie die größten Käufer von US-Anleihen in der Welt. Die meisten ihrer Währungsreserven sind in Dollar. Und ihre größte Quelle von neuen Jobs, Fabriken, Gewinnen und Technologien ist der US-Markt. Die Chinesen haben sogar ihre Währung an den US-Dollar gebunden, um diese sehr wichtige Beziehung zu stabilisieren.
Aber Tag für Tag fällt der Dollar... und mit ihm fällt der reale Wert der Milliarden Dollar-Reserven der Chinesen, die zum größten Teil in US-Staatsanleihen gehalten werden. Sie kaufen diese US-Schulden, um die Amerikaner mit Krediten versorgt zu lassen, damit die Amerikaner weiter einkaufen können. Aber die Chinesen müssen sich fragen, ob es das wirklich wert ist.
Der fallende Dollar tut den Chinesen doch nicht weh, könnte man argumentieren. Denn der Yuan und der Dollar sind ja in einem festen Verhältnis aneinander gebunden, und deshalb werden bei einem Rückgang des Dollarkurses die chinesischen Güter gegenüber dem Rest der Welt (ohne USA) sogar wettbewerbsfähiger. Aber jetzt plötzlich präsentiert die Bush-Administration etwas, das wie ein Relikt aus der sowjetischen Zentralplanungs-Ära anmutet: Eine Importbeschränkung für chinesische Textilien. Wenn man demnach ein Paar in China hergestellte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zum freien Marktpreis verkaufen will, dann muss man sie ins Land schmuggeln.
Es gab schon einmal eine Zeit, in der der Protektionismus Hochkonjunktur hatte. Das kam im Zuge der Weltwirtschaftskrise, zu Beginn der 1930er. Die Folge war, dass Millionen Amerikaner in die Armut sanken. Nach dem sogenannten"Smoot-Hawley Act" (so benannt nach zwei US-amerikanischen Protektionisten) kollabierte der Welthandel... und mit ihm die US-Wirtschaft. Besonders deutlich betroffen war natürlich auch die schon damals stark auf Export ausgerichtete deutsche Wirtschaft.
Bald war jeder Vierte arbeitslos... und der Aktienmarkt brauchte ein Vierteljahrhundert, um sich zu erholen.
"China erhöht die Zölle auf US-Güter", so kam es vor ein paar Tagen über die Reuters-Ticker, die Antwort auf die Bush-Pläne.
Da muss doch jemand nachdenken...
Jetzt zu Addison, mit mehr News:
Montag, 24. November 2003
Blutbad!
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin
"Blutbad!" schreibt unser Londoner Korrespondent Adrian Ash."Die Angriffe auf das britische Konsulat und HSBC (eine der größten britischen Banken) in Istanbul dominieren hier die Presse." 'Wird Großbritannien als nächstes dran sein?' fragt die Zeitung 'Daily Mail' in großen Buchstaben.
An der Istanbuler Börse wurde der Handel vorzeitig beendet, nachdem die Kurse um 7,4 % gefallen waren...
Die Angriffe gaben letzte Woche den Anti-Bush-Demonstranten in der britischen Hauptstadt neue Munition."Das wäre nicht passiert, wenn wir nicht in den Krieg gezogen wären", so ein Demonstrant gegenüber der Financial Times. Laut Polizeitschätzungen waren 110.000 Leute auf der Straße, die zusammen"F *** k Bush!" riefen.
"Die, die niemals Wahlen gewinnen können, gehen immer auf die Straßen", schreibt Antti Nupponen, ein iranischer Schriftsteller, zu den Demonstrationen in London."Die Politik der Straße ermöglicht es ihnen, Debatten über komplexe Themen auszuweichen, die nicht auf ein paar einfache Slogans reduziert werden können." Der Artikel meint, dass es vielleicht kein Zufall war, dass die Bomben explodierten, als der US-Präsident gerade mit der britischen Queen Tee trinken sollte.
Nupponen weiter:"Die Politik der Straße ermutigt die irrationalen Tendenzen von Massen, die sich in (...) Lynch-Mobs verwandeln können. Macht, die in den Straßen gewonnen wird, produziert nur eine Ochlokratie (Herrschaft der Schlimmsten)."
Zurück zu den Finanzmärkten. Der Euro steht gegenüber dem Dollar wieder bei 1,19."Die Investoren sind nicht darauf vorbereitet, US-Vermögensanlagen zu halten", so Tony Dolphin, Fondsmanager des 32 Milliarden Dollar schweren Henderson Global Investors Fonds gegenüber Bloomberg."Wenn man News wie die über diese Attacken erhält, dann rennen die Investoren vom Dollar weg." Die Investoren vielleicht, aber was ist mit der Bank of Japan? Wenn die jüngste Transaktion der Bank of Japan vom letzten Dienstag bestätigt wird, dann wird sie seit August insgesamt rund 80 Mrd. Dollar gekauft haben - das sind fast genau 1 Mrd. Dollar pro Tag, was genug ist, um fast 75 % des amerikanischen Handelsbilanzdefizits für diesen Zeitraum zu finanzieren.
Wie lange noch, frage ich mich, kann die Bank of Japan im Licht der geopolitischen Absurdität weiterhin zur Rettung des Dollar beitragen? Laut Derek Halpenny, Währungsanalyst bei der Bank of Tokyo-Mitsubishi, nicht allzu lange. Halpenny sagte der Financial Times, dass die Bank of Japan für Dollarkäufe nur noch 8.500 Milliarden Yen zur Verfügung hat (in einem speziellen Fonds). Derzeit ist 1 Dollar 107 Yen wert, was heißt, dass die Bank of Japan den Dollar nur noch für 79 weitere Tage stützen kann, wenn Sie in dem Volumen weitermacht, das wir seit August gesehen haben.
Übrigens haben auch die US-Börsen den Anschlag in Istanbul nicht gut aufgenommen - der Dow Jones kam zurück. Aber kurioserweise ist auch der Goldpreis wieder ein wenig zurückgekommen."Die Investoren bauen ihre Positionen in Gold-Futures, die vorher auf Rekordniveau standen, etwas ab", so Devisenhändler Kevin Morrison gegenüber der Financial Times. Ich hatte mich schon gefragt, ob es nicht ein Verkaufssignal war (aus antizyklischer Sicht), dass in"USA Today" letzte Woche auf der Titelseite das Thema Gold gebracht wurde. Nun, es sieht so aus, als ob es wirklich ein Verkaufssignal war.
Montag, 24. November 2003
Von Bananen und Unterhosen
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
*** Das Fortune-Magazin teilt uns mit, dass die Verpflichtungen der US-Bundesregierung dieses Jahr wahrscheinlich um 1,6 Billionen Dollar wachsen werden... und dann jedes Jahr so weiter. Dieser Betrag entspricht dem gesamten Marktwert allen Goldes, das jemals seit dem Beginn der Zeit aus der Erde geholt worden ist.
Gold oder Papier? Das Angebot an Papier(geld) explodiert. Das Angebot an Gold ist immer noch sehr begrenzt. Ich weiß nicht, wer das Rennen machen wird... aber ich wäre ein Idiot, wenn ich nicht die Wahrscheinlichkeiten annehmen würde, die das Gold bietet.
*** Patriotismus ist als"die letzte Zuflucht der Schurken" bezeichnet worden. Nun, es könnte auch die erste sein. Ich denke da gerade an die Schutzzölle...
... die die USA jetzt gegen in China hergestellte Unterwäsche erheben wollen. Warum sollen die Amerikaner für ihre Unterhosen mehr zahlen wollen, damit George W. Bush wiedergewählt wird?
Aber ich stelle mir im Hinblick auf diese Maßnahme auch die Frage nach dem moralischen oder ethischen Prinzip. Warum ist es für einen Amerikaner so wichtig, 10 Mal so viel wie ein Chinese zu verdienen?
Die Weltwirtschaft wächst durch Spezialisierung. Bananen, um ein Beispiel zu nehmen, das aus meinem heutigen Frühstück besteht, werden nicht in Deutschland angebaut, weil die im Ausland besser und billiger herangezogen werden können. Jeder profitiert davon, wenn diese Bananen dann gegen Güter aus Deutschland eingetauscht werden. Aber wenn man die Deutschen dazu zwingen würde, eigene Bananen anzubauen - durch Schutzzölle, Quoten und andere Restriktionen - dann würde die Weltwirtschaft schrumpfen. Die Deutschen müssten mehr für Bananen zahlen, und die Leute in den Bananen produzierenden Ländern wären ärmer dran. Das ist ein Beispiel dafür, dass Welthandel für alle Seiten gut sein kann - ein positives Beispiel für Globalisierung.
Protektionismus ist unehrenhaft und absurd, aber das bedeutet nicht, dass er nicht populär wäre."Amerikanische Jobs sichern" könnte eine schöne Kampagne für den kommenden Wahlkampf werden.
*** Jede Spekulationsblase muss ihre Nadel finden. Das ist nicht meine Absicht... aber es sieht so aus, als ob das einfach so ist. Die amerikanische Militärmacht ist nach dem Kollaps der Sowjetunion 1989 gewaltig angeschwollen, auf Blasenniveau. Wo würde die Nadel sein, fragte ich mich? Keine Nation... und keine konventionelle Armee... konnte dagegen ankommen.
Ohne Nadeln, die scharf genug waren, mussten neue erfunden werden. Und irgendwie hat es die Bush-Administration unabsichtlich geschafft, einen Titanen-Gegner auszugraben, der ihrer selbst wert ist. Der"Krieg gegen den Terror" begann. Schließlich war ein Gegner gefunden worden, der nicht durch Hightech und überlegene Militärmacht vernichtet werden konnte. Das Problem war, dass dieser neue Gegner zu klein, zu schwach, zu zerstreut war, um mehr als eine sehr gefährliche Störung zu sein... besonders nach dem 11. September, als die ganze Welt gegen diesen neuen Gegner war. Aber jetzt lese ich in der International Herald Tribune, dass es gerade der amerikanische Krieg gegen den Irak war, der den Terroristen geholfen hat, sich zu"regenerieren"."Jetzt sind sie wieder dazu fähig, Angriffe im großen Maßstab durchzuführen", so August Hanning, Chef des deutschen Militärgeheimdienstes.

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