- Der Amtseid, das EU-Defizitverfahren & ein Vertrag wird (auch formal) Makulatur - Popeye, 25.11.2003, 07:27
Der Amtseid, das EU-Defizitverfahren & ein Vertrag wird (auch formal) Makulatur
-->Euro-Gruppe sucht nach Kompromiss im Defizitstreit
Zuletzt aktualisiert: 24 November 2003 20:33 CEST
Brüssel (Reuters) - Die Finanzminister der Euro-Länder und die EU-Kommission haben am Montagabend nach einem Kompromiss im festgefahrenen Streit über die zu hohen Staatsdefizite Deutschlands und Frankreichs gesucht.
Vor Beginn der Sitzung in Brüssel zeigten sich beide Seiten kompromissbereit, betonten jedoch ihre gegensätzlichen Positionen. EU-Kreisen zufolge sprachen die Minister auch darüber, die Defizit-Verfahren ruhen zu lassen. Bundesfinanzminister Hans Eichel bekräftigte, die von der EU-Kommission vorgeschlagenen neuen Sparauflagen an Deutschland seien angesichts der Wirtschaftskrise nicht akzeptabel. Allerdings wolle er einen Kompromiss auf Grundlage des Stabilitäts- und Wachstumspakts erreichen.
"Wo eine Kompromisslinie liegt, ist schwer zu sagen", sagte Eichel. Weil Deutschland alle Empfehlungen des Stabilitätspaktes eingehalten habe, gebe es keinen Grund das Defizitverfahren zu verschärfen. Nur wegen schwachen Wachstums sei es nicht gelungen, das Defizit wie geplant zu senken. Deutschland leiste bereits Kraftanstrengungen, um seine Neuverschuldung zu senken. Deutschland wolle einen Kompromiss, sagte Eichel. Doch die Kommissionsvorschläge werde er nicht hinnehmen."Es gibt Dinge, die kann man nicht akzeptieren" und die könne er mit seinem Amtseid als deutscher Finanzminister nicht vereinbaren. Niemand habe ein Auslegungsmonopol für den Stabilitätspakt, sagte er mit Blick auf die Kommission.
Die EU-Kommission will Deutschland und auch Frankreich ein Jahr länger Zeit zum Abbau ihrer Defizite geben und erwartet erst 2005 wieder eine Neuverschuldung unterhalb der EU-Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Im Gegenzug hat die Kommission von beiden Ländern jedoch zusätzliche Sparanstrengungen von bis zu sechs Milliarden Euro im kommenden Jahr verlangt. Beide Verfahren werden zwar getrennt entschieden, hängen politisch aber eng zusammen. Im Gegensatz zu Deutschland hat sich Frankreich bislang nur gegen den Umfang der verlangten Einsparungen, nicht aber gegen das Vorantreiben des Verfahrens gewehrt.
Die Entscheidungen sollen beim Treffen aller 15 EU-Finanzminister am Dienstag fallen. Doch vom Treffen der Euro-Gruppe am Vorabend wurden die wesentlichen Vorentscheidungen erwartet.
Währungskommissar Pedro Solbes zeigte sich vor Beginn der Sitzung ebenfalls grundsätzlich kompromissbereit. Er bekräftigte jedoch, ein Kompromiss solle auf Grundlage der Empfehlungen der Kommission erzielt werden. Ob es am Montagabend eine Einigung gebe, lasse sich nicht sagen.
Italien schlug nach Angaben aus EU-Kreisen als Kompromiss vor, die laufenden Defizitverfahren ruhen zu lassen und nicht weiter zu treiben."Es würde damit nicht vorangehen, aber es würde damit auch nicht zurückgehen. Es ist etwas dazwischen", hieß es in den Kreisen. Doch aus Kommissionskreisen verlautete, der Kommission sei ein solcher Vorschlag nicht bekannt.
Der niederländische Finanzminister Gerrit Zalm zeigte vor den Beratungen zwar Flexibilität, lehnte ein Anhalten des Verfahrens aber ab. Dies sei nicht möglich, sagte er. Entscheidend sei, die nächsten beiden Schritte im Defizitverfahren zu beschließen. Zugleich signalisierte er Kompromissbereitschaft. Entscheidend sei, dass der Stabilitätspakt nicht beiseite geschoben wird. Dies wäre problematischer als den Pakt flexibel zu interpretieren. Zalm hatte mit Ã-sterreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser stets zu den entschiedensten Verfechtern einer harten Linie gehört.
Ã-sterreich wandte sich erneut gegen Zugeständnisse an Frankreich und Deutschland. Grasser verlangte vor dem Treffen erneut, beide Länder müssten schon im kommenden Jahr ihre Defizite unter die Drei-Prozent-Grenze drücken. Sonst würden letztlich die österreichischen Steuerzahler über höhere Zinsen indirekt den Preis für die zu hohen Defizite in anderen Ländern zahlen müssen, sagte er. Entscheidend sei aber, dass es zu einer Entscheidung im Rahmen des Paktes komme.
EZB-Ratsmitglied Yves Mersch schloss Auswirkungen der Entscheidungen der Minister auf die Zinsen nicht aus. Mersch sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Market News International auf die Frage, ob eine Entscheidung Auswirkungen auf die Zinsen haben könnte:"Es könnte.""Es wird offenkundig in unsere Analysen einfließen, aber wir müssen zuerst abwarten, was dabei herauskommt."
Quelle: Reuters

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