- Facts-Artikel: Fondsmania total - Frank1, 09.11.2000, 00:00
- Re: Facts-Artikel: Fondsmania total / Surmgewehr parat? - dottore, 09.11.2000, 00:27
- Re: Facts-Artikel: Fondsmania total / Surmgewehr parat? - Frank1, 09.11.2000, 00:42
- Darf ich mal ein paar ganz dumme Gedanken zu Sparschweinderln und Fonds... - Hardy, 09.11.2000, 09:52
- Re: Facts-Artikel: Fondsmania total / Surmgewehr parat? - dottore, 09.11.2000, 00:27
Facts-Artikel: Fondsmania total
Jeder dritte Schweizer legt sein Erspartes in Anlagefonds an. Die Banken locken mit schönen Renditen. Von den Risiken spricht kaum jemand.
Das Plakat ist nicht zu übersehen. Es bedeckt das ganze Gerüst eines Neubaus im Zentrum der Schweizer Finanzmetropole Zürich. Die Botschaft ist kurz und bündig: Mit einem Fondskonto, liebe Betrachterin, lieber Betrachter, können Sie reich werden.
Der Werbespot der Grossbank UBS verspricht vergleichsweise wenig. Andere Fondsanbieter geben sich um einiges aggressiver. Die Vaudoise vermarktet ihr Produkt FundValor als «Lebensversicherung für Gipfelstürmer», und die Swissca, die Fondsgesellschaft der Kantonalbanken, insinuiert mit dem Spot «High Performance - Controlled Risk» hohe Gewinne mit Anlagefonds - bei kleinem Risiko.
Geht es darum, Anlagefonds an den Mann oder die Frau zu bringen, scheinen die Werber derzeit keine kreativen Grenzen zu kennen. Besonders originell kommt Rentenanstalt/Swiss Life daher. «Fondssparen mit schlagkräftiger Rendite» verspricht die Lebensversicherung den jungen Leuten. Das ganzseitige Inserat zeigt drei leicht bekleidete Models mit schweren Boxhandschuhen in angriffiger Pose. Peng. Entweder du bist dabei oder k. o.
Anlagefonds sind der totale Renner bei den Anlegern. Sie «bringen das Geld auf Touren» (UBS) - für Jung und Alt, fürs dicke oder dünne Portemonnaie. Die Fondsindustrie boomte in den letzten Jahren wie nie zuvor. Ende 1999 waren in der Schweiz 2100 Fonds zugelassen, darunter 379 Schweizer und 1734 ausländische Produkte. Mittlerweile ist die Zahl auf 2600 angestiegen, und fast täglich werden neue Fonds auf den Markt geworfen.
Die Fondsvermögen stiegen gigantisch. «Der Markt», weissagt Christoph Ledergerber, Fondsverantwortlicher der Vontobel-Gruppe, «wird im gleichen Stil weiterwachsen.» Seit 1995 haben die Anlagen um 164 Prozent zugenommen - von 184 Milliarden auf 486 Milliarden Franken. Allein in diesem Jahr beträgt die Steigerung 13 Prozent (Stand Ende September). Eindrücklich ist die Zunahme bei den Aktien- und den Strategiefonds, denn bei den Geldmarkt-, Obligationen- und Immobilienfonds herrscht seit Mitte der Neunzigerjahre Flaute, sie kommen nicht vom Fleck.
1995 waren knapp 34 Milliarden Franken in Aktienfonds investiert, jetzt sind es 181 Milliarden - ein Plus von 439 Prozent. Bei den Strategiefonds sind die Werte noch eindrücklicher. Sie legten um 473 Prozent zu, von knapp 20 Milliarden auf derzeit 112 Milliarden Franken. Vor zehn Jahren noch waren die beiden Fondstypen praktisch inexistent. Ihr Vermögen belief sich damals auf knapp 11 von total 77 Milliarden Franken Fondseinlagen.
Fondsmania total. «Im Sparverhalten der Schweizer Bevölkerung hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden», frohlocken die Fondsmanager. Das traditionelle Sparkonto sei passé, die Schweizer zu einem Volk von Börsianern geworden, die von den hohen Renditen an den Finanzmärkten profitieren wollen. «Die Leute», sagt Adrian Spring von der Swissca-Fondsleitung, «sind auf die Rendite sensibilisiert.»
Die Zahlen geben ihnen recht. Derzeit legt 37,8 Prozent der Bevölkerung ihr Erspartes in Anlagefonds an, wie eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Swiss Banking Institute der Universität Zürich ergab. Davon investieren über zwei Drittel in Strategiefonds, ein Viertel in reine Aktienfonds. Die restlichen knapp zehn Prozent in andere Fondsprodukte. Neun von zehn Fondssparern, so das Fazit der Umfrage, investieren in spekulative Werte. «Die Leute werden mit allen Methoden des modernen Marketings in die Fonds gehetzt», sagt ein Kritiker. Dabei sei das Fondsgeschäft nach wie vor mit erheblichen Risiken belastet, das Angebot völlig unübersichtlich. In der Tat. «Der Anleger findet sich heute nicht mehr zurecht, er braucht Beratung», sagt Peter Wüthrich vom VZ Vermögenszentrum in Zürich und Mitautor des K-Tipp-Ratgebers «Sparen mit Fonds». Doch für Kleinanleger mit wenigen tausend Franken Anlagekapital zahlt sich eine unabhängige Beratung oft nicht aus, da zu teuer. Er muss sich mit den bestehenden Risiken selbst auseinander setzen - und davon gibts einige:
Risiko 1:
Aktienfonds und Strategiefonds mit einem erheblichen Aktienteil sind oft starken Schwankungen unterworfen. Sie können in kurzer Zeit 20 Prozent nach unten sausen - wie die Aktien selbst. Besonders anfällig auf Kursschwankungen sind kleine Aktienfonds. Mindestanforderung an die Grösse eines Fonds sind gemäss Experten 50 bis 60 Titel im Portefeuille und minimal 100 Millionen Franken Vermögen.
Risiko 2:
Die Anlageberater sind nicht in jedem Fall über alle Zweifel erhaben. Zudem sind sie einem doppelten Druck ausgesetzt: Die Fondsgesellschaft will möglichst viele Produkte verkaufen und der Kunde eine hohe Rendite bei minimalem Risiko. «Die Anlageberater», sagt Roland Vogel von der PBS Privat Bank Schweiz, «waren jüngst oft gezwungen, noch aggressivere Produkte zu verkaufen.»
Risiko 3:
Währungsverluste können der Performance eines Fonds einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Global agierende Aktienfonds investieren in fremde Währungen, die erodieren können, und in Firmen, die Gewinne in fremden Währungen machen. Diese Verluste sind oft nicht kalkulierbar.
Risiko 4:
Der Fondsmarkt ist derzeit völlig undurchsichtig. Fondsratings sind oft nichts wert, weil selbst gleichlautende Fonds gar nicht wirklich vergleichbar sind. Dies gilt besonders für Strategiefonds, deren Aktienanteil nicht nur unterschiedlich ist, sondern auch schnell wechseln kann.
Risiko 5:
Die Kosten, die ein Fonds verrechnet, sind in vielen Fällen höchst undurchsichtig, weil ein Teil davon direkt vom Fondsertrag abgezogen wird. Die herumgebotenen Durchschnittskosten von 1,7 Prozent der Anlagesumme bei Aktienfonds sagen nicht viel aus. Als Faustregel gilt laut VZ-Spezialist Wüthrich, dass im ersten Jahr fünf Prozent Kosten anfallen.
Risiko 6:
Fondsmanager stützen sich bei ihren weltweiten Investitionen auf die Prognosen ihrer Konjunktur-Experten. Diese können total daneben liegen, was in letzter Zeit oft passierte. Die Spezialisten unterscheiden zwischen Konjunktur-, Zins-, Währungs- und Firmenprognosen, die in einem mehr oder weniger lockeren Zusammenhang stehen. Sind diese Prognosen falsch, kommt es zu Fehlinvestitionen, und das Fondsmanagement realisiert eine schlechte Performance oder gar Verluste.
Risiken sind die eine Seite der Fondsmedaille, die Chancen die andere. Gut gemanagte Aktienfonds rentieren auf lange Sicht mit acht bis zehn Prozent pro Jahr - eine wirklich schöne Rendite. Die eher defensiven Strategiefonds kommen bei höherem Aktienanteil von über 40 Prozent auf eine ähnliche Performance - ein professionelles Management vorausgesetzt. «Die Qualität des Managements», sagt Vontobel-Spezialist Ledergerber, «wird künftig eine noch wichtigere Rolle spielen.» Rating-Agenturen wie Moody's schaffen hier bei den rund 80 Fondsgesellschaften zunehmend Transparenz.
Mit solchen Vermögenszuwächsen kann das Sparkonto mit zwei Prozent Zins nicht mehr mithalten, es wird marginalisiert. Berechnungen haben nämlich ergeben, dass die Sparer zwischen 1970 und 1996 nach Abzug von Inflation und Steuern viel Geld verloren haben - exakt 28 Prozent.
Mein Kommentar zum Artikel: Also das passt gut zur Crash-Szenario (Aktien-Manie via Anlagefonds!). Falls es wirklich crashen sollte, dann werden viele Schweizer Ihr Geld nachtrauen...
Gruss
Frank
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