- The Daily Reckoning - The Perpetual Chinese Bubble Machine (Lynn Carpenter) - Firmian, 27.11.2003, 21:51
- Bonner, Wiggin und Lynn Carpenter für Freunde der deutschen Sprache - Firmian, 27.11.2003, 21:55
- Re: Frage zu Q3 GDP growth - Firmian, 27.11.2003, 22:13
- Re: Antwortversuch - Cosa, 28.11.2003, 10:42
Bonner, Wiggin und Lynn Carpenter für Freunde der deutschen Sprache
-->Eine Diskussion ums Gold
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Atemberaubend!" nennen sie es.
Und mit"sie" meine ich die Kommentatoren im britischen Fernsehen, die
ich mir heute Morgen angehört habe, wie sie über das Wachstum der
US-Wirtschaft im 3. Quartal gesprochen haben. Das Wachstum gegenüber
dem Vorjahr soll bei 8,2 % gelegen haben.
"Die Erholung kommt in die Gänge", so ein Volkswirt bei der United
Bank of Switzerland. Es sah fast so aus, als ob die Kommentatoren im
TV gleich mit Champagnergläsern anstoßen würden; die News wurden mit
Lob, Bewunderung und Freude aufgenommen. Aber mein Gesicht traf das
wie der Genuss eines Zitronenkuchens.
"Hast Du die News denn noch nicht gehört", fragte mich ein bullischer
Fondsmanager, mit dem ich abends einen Drink genoss."Die
US-Wirtschaft ist im letzten Quartal um mehr als 8 % gewachsen."
Du und Deine Leute, Ihr wisst wahrscheinlich gar nicht, über was Ihr
schreibt, das dachte er sich wahrscheinlich.
"Ich habe vor ein paar Jahren Amazon-Aktien gekauft. Und seitdem sind
die nur gestiegen", fügte er hinzu.
Sehen Sie, liebe(r) Leser(in), ein Prophet des Schicksals zu sein, ist
nicht immer einfach. Man muss die Sticheleien von jungen Fondsmanagern
ertragen, die mehr Geld als man selbst hat... und mehr Haare auf dem
Kopf.
Unweigerlich kam unser Gespräch auf das Thema Gold:
"Wenn man in einen Rohstoff investieren will, warum dann nicht in
einen mit besseren Aussichten als Gold, so wie Kupfer oder Zinn",
fragte er."Das Problem mit Gold ist, dass man es nicht verbraucht.
Ein Rohstoff, der niemals aufgebraucht wird, ist nicht exakt ein
sicheres Investment, wenn Du verstehst was ich meine. Vielleicht
werden sie eines Tages für Gold einen kommerziellen Nutzen finden.
Dann wird es ein gutes Investment sein. Bis dahin, nun..."
Er beendete diesen Satz nicht. Mit ein paar Worten hatte er seine
Einstellung gegen Gold begründet. Gold wird nicht länger als Geld
gebraucht; Papiergeld funktioniert gut. Die US-Wirtschaft wächst um
mehr als 8 % pro Jahr. Wer braucht da Gold? Und als reiner Rohstoff
ist Gold ein Verlierer.
Und dennoch kaufe ich nicht Zinn. Oder Bauxit. Oder Kohle. Ich kaufe
Gold. Ich kaufe Gold, weil ich denke, dass die Leute, die das
Papiergeld kontrollieren, nicht so smart sind, wie sie es von sich
selber denken... und nicht smarter als die, die die Papiergeldsysteme
der Vergangenheit (die alle scheiterten) kontrollierten...
Und ich kaufe Gold, weil ich denke, dass es eine Art von rauer
Gerechtigkeit in der Welt gibt - die Leute können nicht alles
bekommen, was sie wollen... sondern sie bekommen mehr oder weniger
das, was sie verdient haben.
Ich kaufe Gold, weil ich glaube, dass es ein authentischeres"Geld"
ist als ein Stück Papier, das von der Bank of England oder der EZB
oder der Fed"Geld" genannt wird. Und ich glaube, dass die
Krügerrand-Goldmünzen auch dann noch einen Wert haben werden, wenn es
keine Bank of England und keine Fed mehr geben wird.
Ich kaufe Gold, weil ich nicht weiß, was vor uns liegt. Vielleicht
wird es den Dollar und das Pfund noch sehr, sehr lange geben - ohne
eine Anbindung an das Gold. Aber ich bemerke, dass sich die Leute
immer mehr Geld leihen, je länger die negativen Konsequenzen
ausbleiben... und je mehr Geld sie sich leihen, desto negativer
werden die Konsequenzen.
Und jetzt zu Addison mit mehr News:
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Donnerstag, 27. November 2003
Hart. Schnell. Und bald.
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris
- Die US-Staatsausgaben explodieren... der Dollar bricht ein...
- Vergeben Sie mir. Ich hatte hier im Investor's Daily das hohe
US-Wirtschaftswachstum von 7 % bezweifelt. Wie falsch ich lag - jetzt
soll das Wachstum ja sogar bei 8,2 % liegen! Das wäre das höchste
Wachstum seit 20 Jahren. Oh là là ...
Auch das US-Verbrauchervertrauen ist im Oktober auf ein 12-Monats-Hoch
gestiegen. Aber all diese guten News haben es nicht geschafft, die
Aktienkurse auf neue Höchstkurse zu hieven."Die Aktienkurse bewegten
sich kaum trotz der starken US-Wirtschaftszahlen", so das Wall Street
Journal. Die Kleinanleger scheinen den Zahlen entweder nicht zu
trauen, oder sie hatten sie vorher bereits"eingepreist"."Die
US-Staatsanleihen kümmern sich nicht um die starken Zahlen", so eine
Schlagzeile in der Financial Times. Die Nachfrage nach
US-Staatsanleihen bleibt stark, deren Rendite ist auf 4,17 %
zurückgegangen. In Japan, Euroland und London fallen die Preise. Und
in Japan ist der Nikkei-Index über die Marke von 10.000 Punkten
getrieben worden.
Die Erbsenzähler der US-Regierung könnten froh sein, ein so
unglaubliches Wachstum vorweisen zu können; und die globalen Märkte
könnten dumm genug sein, ihnen das zu glauben. Aber der Dollar bleibt
unter intensivem strukturellem Druck... und er scheint für einen
Kollaps vorherbestimmt zu sein. Hart. Schnell. Und bald.
Sie werden wissen, dass ich bereits mehrfach vor US-Staatsanleihen
gewarnt habe. Und vorgestern warnte die Rating-Agentur Moodys: Laut
Financial Times sollten die USA ihre"Finanzen verbessern". Es sei
schön und gut, die Steuern zu senken, und der Welt ein glückliches
Gesicht zu zeigen - und das Geld in die Hände der glücklichsten
Konsumenten der Welt zu geben. Aber wenn die USA Ihr"AAA"-Rating für
ihre Anleihen behalten wollen, so Moody's, dann werden sie die Steuern
wieder erhöhen müssen - oder die Ausgaben senken. Ha!
Dennoch scheinen die Entscheidungsträger in den USA alles tun zu
wollen - sogar ihre Kinder als Sicherheiten für Kredite zu nehmen - um
die USA weiter als Wachstumsmotor der Welt laufen zu lassen. Und die
OECD scheint bereit zu sein, da mitzumachen. Laut der italienischen
Zeitung La Repubblica hat die OECD die Wachstumsprognose für die EU
von 2,4 % auf 1,9 % nach unten revidiert, und für die USA von 4 % auf
4,2 % nach oben revidiert.
Übrigens geht der"Handelskrieg" der USA mit China weiter: Diesmal
haben die Protektionisten in den USA trotz der Lektionen der
Geschichte weitere Restriktionen für chinesische Importgüter
eingeführt. Diesmal sollen die Farbfernseher an der Reihe sein. Das
US-Handelsministerium bestimmte, dass die Fernseher von vier
chinesischen Herstellern, die unter"ihrem fairen Wert" verkauft
worden sind, Aufschläge von 28 %-46 % auf ihre Preise hinnehmen
müssen, die an den US-Fiskus wandern."US-Fernsehhersteller und
Gewerkschaften haben sich beschwert", so CNN,"dass die Importe aus
China und Malaysia von 210.000 Stück im Jahr 2000 auf 2,65 Millionen
im Jahr 2002 explodiert sind."
Kurioserweise gab es keine Importbeschränkungen gegen Fernseher aus
Malaysia.
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Donnerstag, 27. November 2003
Glory, Glory Hallelujah
von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in London
*** Ich kann mir nicht helfen, ich muss dazu meinen Kommentar abgeben:
Das angebliche 8,2 %ige Wachstum der US-Wirtschaft ist zum großen Teil
dem Zuwachs der Konsumausgaben zu verdanken. Es wurde kaum neues Geld
verdient - sondern nur das Geldausgeben gefördert. Die Autoverkäufe
sind im dritten Quartal mit einer Jahresrate von 25 % gewachsen. Die
Bauausgaben wuchsen um 22 %.
Und woher kam das Geld? Zum großen Teil von Steuersenkungen. Das gab
den US-Konsumenten das Geld, das sie zum Ausgeben brauchten... und
gleichzeitig wurden die Staatsausgaben erhöht. So wuchs die Wirtschaft
um 8 % - indem Geld ausgegeben hatte, das eigentlich niemand wirklich
hatte. Wenn das Wachstum so schnell weitergeht, dann werden bald alle
in den USA pleite sein!
Und ich denke, dass ich nicht der einzige bin, der das bemerkt hat.
Der Goldpreis ist ja in einem Aufwärtstrend. Es muss noch andere
geben, die daran zweifeln, dass man sich seinen Weg in den Reichtum
durch Geldausgeben ermöglichen kann. Und es muss andere geben, die
Geld, das aus dem Nichts geschaffen wird, skeptisch gegenüberstehen.
Und die skeptisch gegenüber einem"Wachstum" sind, das das Resultat
einer gewaltig steigenden Verschuldung ist.
*** Es ist schon wieder wie in den späten 1990ern... sogar die
Neuemissionen sind zurück. Zumindest in den USA. Den Frankfurter Neuen
Markt gibt es in seiner alten Form ja nicht mehr.
Aber es ist nicht exakt wie in den späten 1990ern. Damals wurde die
US-Spekulationsblase durch Investoren aus Übersee finanziert, die auf
eine gute Rendite ihrer Investments im Technologiesektor hofften.
Heute wird die Spekulationsblase durch die US-Regierung angefacht.
Steuersenkungen, Zinssenkungen, und ausländische Zentralbanken, die
die US-Schuldtitel kaufen - all das hilft mit, die Schuldenblase
expandieren zu lassen. Glory, Glory Hallelujah.
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Donnerstag, 27. November 2003
Auch in China gibt es Spekulationsblasen
von Lynn Carpenter
"Diese unergründlichen Chinesen", scheinen derzeit viele westliche
Anleger zu denken.
Während eine Hälfte der Investoren durchaus Investmentchancen in China
wahrnehmen will und denkt, dass dies sehr einfach ist, denkt die
andere Hälfte, dass China zu"unergründlich" sei, um dort sein Geld zu
riskieren. Beide liegen falsch.
Erfolgreiche Investoren werden verstehen müssen, wie der Fortschritt
in China abläuft. Aber das ist nicht unergründlich. Die Chinesen tun
das, was sie tun, aus guten Gründen - und diese Gründe machen im
Kontext Sinn.
Lassen Sie es mich klar sagen. China ist die größte Chance, die wir
Investoren jemals gesehen haben (denn ich glaube nicht, dass jemand
unter meinen Lesern über 150 Jahre alt ist). Die letzte vergleichbar
große Investmentchance gab es damals in einem jungen Land, das USA
genannt wurde.
Aber hier ist der Deal: Derzeit sehen wir in China eine
Spekulationsblase. Wenn der Name einer chinesischen Aktie relativ weit
bekannt ist, dann sollte man wahrscheinlich nicht mehr investieren.
Jetzt hat man die erste Chance, eine chinesische Spekulationsblase von
Nahem zu sehen. Die meisten Investoren, die den letzten Crash
chinesischer Aktien in den Jahren 1992 und 1994 mitmachten, lebten in
Asien - nicht in Europa und Amerika. Diese Crashs drehten sich um die
staatseigenen chinesischen Betriebe.
China begann 1990 mit dem Listing von Aktien. Es war relativ einfach
für Staatsbetriebe, ein Listing zu erhalten. Aber nicht für neue
private Gesellschaften.
Aber was machte das schon? Die Kapitalisten waren über das noble
Experiment der Kommunisten so blauäugig, dass sie kauften, was sie
kriegen konnten. Die Theoretiker bestätigten sie darin noch.
Leider können die richtigen Ideen zu falschen Investments führen. Die,
die damals lausige Unternehmen zu hohen Preisen kauften, waren mit den
Käufern von US-Hightechaktien in den 1990ern vergleichbar. Und sie
erlitten das gleiche Schicksal.
Inzwischen wollen auch die Chinesen, die private Gesellschaften
gegründet haben, ihre Babies an den Markt bringen. Und diese neuen
Unternehmen werden sowohl in China selbst als auch in Hongkong und den
USA gelistet. Aber die Aktienkurse dieser Unternehmen werden oft auch
auf das Niveau von Mondkursen hochgetrieben. Man muss solche Aktien
früh erkennen.
Das muss man verstehen: China will starke Unternehmen entwickeln, aber
es ist noch immer widerwillig, private Unternehmen zu stark nach vorne
stürmen zu lassen. Denn das würde die Macht und Kontrolle der
Regierung bedrohen. Kapitalismus ist in China ein Werkzeug, keine
Religion.
Unabhängig davon - das Wachstum Chinas ist beeindruckend. In den
letzten drei Jahren ist die Weltwirtschaft um 2 % pro Jahr
gewachsen... aber China wuchs um 8 % pro Jahr, und so wird es wohl
noch einige Zeit bleiben. Wieso? Die Antwort: Exporte.
China hat das, was jedes Land will, was aber nicht alle bekommen
können: Wachsende Exporte. Und das Ausgangsniveau ist immer noch nicht
besonders hoch.
Wir stellen uns China als groß vor. Und in Bezug auf Größe,
Bevölkerung und politischer Macht ist es das auch. Aber wirtschaftlich
gesehen ist es immer noch nicht auf dem Status eines voll
industrialisierten Landes.
Es passiert in China derzeit mehr, als die breite Finanzpresse uns
erzählen kann. Und ein Großteil davon wird unbemerkt stattfinden.
Aber trotz der mangelnden Informationen ist China ein extrem
attraktives Investment. China ist der WTO beigetreten, und es wird
Regeln übernehmen, die den Handel noch erleichtern werden. Die
chinesische Politik wird weiter dem westlichen Demokratiegefühl von
Zeit zu Zeit widersprechen. Aber China braucht verzweifelt Geld. Und
der langfristige Ausblick in Bezug auf den Ausbau der Industrie und
des Handels ist sehr stark.
Vor nicht langer Zeit wurde die Hälfte von Chinas
Bruttoinlandsproduktes dafür ausgegeben, die maroden Staatsbetriebe zu
stützen. China kann es sich nicht leisten, zurück zu gehen. Aber Sie
als Investor(in) sollten die chinesische Geschichte und Kultur nicht
ignorieren. China wird seinen Weg vorwärts auf seine eigene Weise
gehen.

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