- Bill Bonner und Wiggin in deutsch von heute - off-shore-trader, 02.12.2003, 18:09
- Re:The Daily Reckoning - Uncomprehending Disbelief (Mogambo Guru) - Firmian, 02.12.2003, 20:11
Bill Bonner und Wiggin in deutsch von heute
-->Taxi in Paris
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Ihr Amerikaner habt es richtig gemacht", sagte mir mein Taxifahrer in Paris heute Morgen."Ihr habt die Zinsen schnell gesenkt. Deshalb habt ihr die Beschäftigung hoch gehalten und die Wirtschaft ordentlich weiterlaufen lassen. Hier in Europa, also ich weiß nicht was da mit unserer Zentralbank nicht stimmt. Die scheinen die Zinsen nicht senken zu können. Die scheinen überhaupt nichts zu tun."
Wenn Taxifahrer einen volkswirtschaftlichen Rat geben, dann ist es normalerweise Zeit, zu verkaufen. Wenn Ihnen zum Beispiel ein Taxifahrer empfiehlt, die Aktie der Deutschen Telekom zu kaufen - dann ist das das beste Zeichen dafür, zu verkaufen. Aber was sollte ich auf diesen aktuellen Rat hin verkaufen?
"Das ist nicht ganz so einfach" versuchte ich ihm zu sagen."Wenn man eine Konsumentenwirtschaft hat, wo jeder bereits stark verschuldet ist, dann werden die Leute durch niedrigere Zinsen nur zu noch mehr Schuldenmachen verleitet. Die Leute können sich aber nicht immer weiter verschulden; irgendwann wird ihnen das Geld für die notwendigen Zahlungen ausgehen. Früher oder später müssen sie zurückstecken - und dann geht es ihnen schlimmer als zuvor."
"Schlimmer noch, in den USA... kaufen die amerikanischen Konsumenten soviel aus Übersee, da hilft es der heimischen Wirtschaft kaum, wenn sie mehr in den Konsum stecken. Denn nur ein Drittel der amerikanischen Konsumausgaben ging seit der letzten Rezession in Güter, die in den USA selbst produziert wurden. Der Rest half mit, in Übersee Jobs zu schaffen... und ausländische Volkswirtschaften zu beleben."
Der Taxifahrer sah verwirrt aus. Es war so, als ob ich ihm gesagt hätte, dass es den Nikolaus gar nicht gibt. Wo kommen dann all die Geschenke her, hätte er dann gefragt.
Der Euro stand zum Zeitpunkt meines Gesprächs mit dem Taxifahrer bei rund 1,20."Aber das ist schlecht für unsere Exporte, und es hilft Euch", erklärte er mir.
Mir ist dazu ein Vergleich von Dr. Kurt Richebächer, der hier gelegentlich Gastbeiträge schreibt, eingefallen:
"Seit Ende 2000 - also der Schaffung der gemeinschaftlichen Währung Europas - ist das amerikanische Bruttoinlandsprodukt nominal um 9,9 % oder 4 % pro Jahr gewachsen. Im Fall der Eurozone lag das nominale Wachstum bei 11 % oder 4,2 % pro Jahr."
Irgendwie schafft es also das"Alte Europa", ein vernünftiges Wachstum hinzulegen - ohne seine Einwohner immer weiter zu weiteren Schulden zu ermuntern. Bis jetzt ist das von Taxifahrern in Europa und Zentralbankern in den USA noch nicht zur Kenntnis genommen worden.
Jetzt zu Addison...
Dienstag, 2. Dezember 2003
Der Konsument - die Stütze der US-Wirtschaft
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin with in Paris
"Warum die Amerikaner weiter konsumieren müssen", so versucht uns ein Artikel in der New York Times zu erklären. Der allmächtige amerikanische Konsument gibt pro Jahr knapp 7,6 Billionen Dollar für Güter und Dienstleistungen aus. Im Vergleich dazu: Der amerikanische Staat gibt pro Jahr insgesamt 2,1 Billionen Dollar aus; die Unternehmen weitere 1,2 Billionen Dollar."Nichts beflügelt die Wirtschaft mehr als die Konsumenten, und ein Rückgang der Konsumausgaben macht den Analysten Angst", so die New York Times.
In dem Artikel wurden die 227 Quartale seit 1947 untersucht. Das Ergebnis:"In nur 20 dieser Vierteljahre führte ein Rückgang oder eine Schwäche der Konsumausgaben zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums. Meistens passierte das in den früheren Jahrzehnten. Nur drei Mal in den letzten beiden Jahrzehnten gingen die Konsumausgaben stark genug zurück, um die Wirtschaft zu schädigen - zweimal während der Rezession von 1990/1991 und einmal, als die langsame Erholung danach in Gang kam."
Aber was wird dieses Jahr passieren? Wie man sich denken kann, ist die allgemeine Meinung - nun, rosig. Der Chefvolkswirt der Bank of Amerika proklamiert zuversichtlich:"Der wirtschaftliche Aufschwung hat Stehkraft."
Im derzeitigen Szenario müssen sich die Konsumenten einfach immer weiter verschulden, bis sich die Schulden auf ihren Kreditkarten in Hunderttausende neue Jobs verwandeln. Das haben die amerikanischen Konsumenten seit 1947 immer relativ leicht geschafft - warum nicht auch dieses Mal?
Natürlich könnten nachdenkliche Investoren sich diesen Trend ansehen und denken"Hmmmm... das ist ein Trend, der nicht immer so weitergehen kann." Und ein solcher Investor könnte daran denken, mit Put-Optionsscheinen auf Einzelhandelsunternehmen Geld zu verdienen. Aber Vorsicht:"Bärenmärkte sind gewalttätiger als Bullenmärkte", schreibt mein Freund Dennis Gartman.
Dienstag, 2. Dezember 2003
Durban Deep - kein Kauf
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
***"Ich habe eine Cousine, die wohnt in Pennsylvania", so der Taxifahrer weiter (siehe mein Artikel oben)."Sie erzählt mir, wie schön es in Amerika is. Sie sagt, dass jeder einen Job bekommen kann. Hier sieht das anders aus. Es ist fast schon gegen das Gesetzt, jemanden einzustellen."
*** Nun, ich hatte eben erwähnt, dass es Zeit zu verkaufen ist, wenn sich Taxifahrer über wirtschaftliche Themen äußern. Wenn sie eine bestimmte Aktie empfehlen, dann sollte man diese am besten verkaufen. Aber was soll man verkaufen, wenn ein Taxifahrer eine bestimmte volkswirtschaftliche Strategie empfiehlt?
Alles, so meine Antwort - Aktien, US-Anleihen, US-Immobilien... und besonders den Dollar. Der Wert von Vermögensanlagen hängt vom Vertrauen der Investoren ab. Und diese Investoren scheinen derzeit nicht zu bemerken, dass die Volkswirtschaftslehre nur ein Teil der gesamten Wissenschaft ist. Sie ignorieren die Gefahren, die bei einem Vertrauensverlust für die gerade genannten Vermögensanlagen bestehen.
Aber wenn ich das alles zum Verkauf empfehle, was sollte man dann mit dem Geld tun? Gold kaufen, so meine Antwort. Gold ist das Gegenstück zu Humbug. Gold gibt keine Prognosen ab. Es macht keine Empfehlungen. Es bietet keine Analysen, keine Rezepte, keine Entschuldigungen. Gold ist die Anlage, der sich die Investoren zuwenden, wenn sie bemerken, dass ihre führenden Wirtschaftler Scharlatane sind.
*** Ich habe meinen Freund und Goldexperten Paul van Eeden gefragt, was er von der Aktie Durban Deep hält:
"Die mag ich nicht. Wenn der Goldpreis steigt, dann (...) wird auch der südafrikanische Rand steigen. Die Aktiva von Durban Deep sind gering, und meiner Ansicht nach ist die Aktie deutlich überbewertet, selbst wenn man sie als spekulativen Gold-Titel sieht. Die Aktiva von Durban Deep bieten viel weniger Aufwärtspotenzial bei einem steigenden Goldpreis als die von, sagen wir, Harmony. Das ist eine bessere Gesellschaft."
"Durban Deep befindet sich außerdem fast immer kurz vor dem Bankrott, und das Management hat nicht das gleiche Kaliber wie das von anderen südafrikanischen Goldminengesellschaften, die ich lieber kaufen würde, wenn ich in diesem Land investieren würde."
"Das klingt so, als ob Durban Deep bei steigendem Goldpreis etwas für Antizykliker sein könnte, aber das glaube ich nicht. Manchmal ist der Kauf einer Gesellschaft mit schlechtem Management und unterdurchschnittlichen Aktiva und einer schwachen Bilanz einfach das Risiko nicht wert."
Dienstag, 2. Dezember 2003
Die China-Story - Teil 2
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
China hat nicht nur ein fast unbegrenztes Angebot an willigen und billigen Arbeitskräften - sondern es gibt in China auch eine aufgestaute Konsumnachfrage. Fast niemand im Herzen Chinas (ich rede nicht von den Küstenregionen) hat sich jemals bedeutende Konsumgüter"gegönnt". Und es gibt Millionen und Abermillionen solcher"Niemande".
An der chinesischen Küste sieht man überall Kräne. In Shanghai ist das Gewicht der neuen Gebäude so schwer, dass die Stadt angeblich 1 Zentimeter pro Jahr versinkt.
In den USA ist das Thema"China" unter Investoren mittlerweile zum Modethema geworden - was eigentlich nicht gut ist, wenn man dort investieren will. Ich habe von Robert Friedland gehört, dass er bei einem Investment-Vortrag zum Thema"Gold" auf einmal zum Thema"China" wechselte... und die Investoren konnten davon nicht genug bekommen.
Auf der anderen Seite des Japanischen Meers berichtet die japanische Zentralbank, dass"die wirtschaftliche Aktivität insgesamt immer noch weitgehend stagniert... der private Konsum bleibt weiter schwach, die Investitionen am Immobilienmarkt bleiben zäh und die öffentlichen Investitionen gehen zurück." Aber die ausländischen Investoren sind von Japan begeistert; sie denken, dass sie auch in Japan von der"China-Story" profitieren! So sah zum Beispiel ein Fondsmanager, den ich in London traf, die japanischen Gesellschaften als Profiteure des Booms in China."Japan hat das Geld, das Know How, die wirtschaftlichen Beziehungen, die Technologie - alles was die Chinesen für ihre Entwicklung brauchen", erklärte er.
Auf Grundlage der dünnen Oberfläche der westlichen Finanzpresse könnte das wirklich fast wahr sein. China wächst so schnell, dass die chinesische Regierung jetzt sogar angeblich die Wachstumsraten schon untertreibt; die ausländischen Investoren könnten alarmiert sein, wenn sie wüssten, was wirklich passieren würde.
Nun, das war zumindest die Meinung der Sinologin, mit der ich mich zum Mittagessen getroffen hatte (siehe dazu mein gestriger Artikel an dieser Stelle).
Diese Frau sprach ein makelloses Chinesisch, dazu malaiisch und kambodschanisch, und sie hatte lange in China gelebt. Sie sieht zwar nicht chinesisch aus,"aber das ist egal", erklärte sie mir,"wenn man die Sprache spricht und die Sitten versteht, dann wird man wie eine Chinesin behandelt. Was nicht notwendigerweise positiv ist. Denn das Leben in China ist sehr hart."
"Es ist nicht so, wie die Leute im Westen denken. Die sehen nur die Bauarbeiten an der Küste. Aber sie wissen nicht, ob diese Projekte profitabel sind. Die Zahlen... die grundlegenden Informationen... sind nicht verfügbar. Und wenn diese Leute ins Landesinnere fahren würden, dann würden sie eine andere Welt sehen. Es gibt Millionen und Abermillionen Chinesen, die nur versuchen, zu überleben. Man sieht Kinder mit aufgeblähten Bäuchen; die bekommen einfach nicht genug zu essen."
"Die Leute im Westen sehen das chinesische System als großartig an... denn im Vergleich zum, z.B., Indien, scheint es so gut zu funktionieren. Aber das stimmt einfach nicht. In Indien gibt es eine mehr oder weniger freie Presse. Deshalb weiß man über die Dinge, die schief laufen, Bescheid. Aber in China weiß man das nicht. Indien ist letztlich ein freies Land. In China ist das nicht der Fall. China ist immer noch kommunistisch. Vorher war es ein totalitärer Staat. Es war fast immer ein totalitärer Staat. Und jeder, mit dem man spricht - selbst wenn es ein erfolgreicher, mächtiger Unternehmer ist - hat jemanden hinter sich, einen Schatten, mit der realen Macht."
"Die Amerikaner und Europäer glauben, dass die Welt sich fundamental geändert hat. Der Triumph des westlichen Modells scheint total. Ja, die Chinesen mögen sich zwar noch Kommunisten nennen, aber sie folgen denselben Regeln wie jeder andere... den Regeln des zivilisierten Handels nach westlichem Modell. So denken die Amerikaner und Europäer."
Aber die Chinesen haben ihre eigenen Regeln - das sagte mir meine schöne Sinologin. Als Ausländer wird man nicht wissen, was das für Regeln sind... bis es zu spät ist.
Die"China-Story" ist ein großer Betrug, so meint mein französischer Freund Michel. Er vergleicht das mit der"Russland-Story" vor dem Ersten Weltkrieg. Damals waren die Franzosen die größten Investoren, wenn es um russische Entwicklungsprojekte ging. Russland war damals sozusagen eine"Wachstumsaktie", die jeder kaufen wollte. 50 Jahre später gab es kaum eine französische Familie, die nicht eine wertlose russische Anleihe auf dem Dachboden hatte.
Dann wurde die"Russland-Story" zur"Sowjet-Story". Und es gab wieder im Westen viele Intellektuelle, die von den Wundern der kommunistischen Organisation beeindruckt waren. Es gab überall Infrastruktur-Projekte - Kanäle, Dämme, Eisenbahnen, Fabriken wurden gebaut. Niemand schien allerdings zu bemerken, dass diese Projekte mit Zwangsarbeitern errichtet wurden, und dass diese Projekte niemals profitabel oder manchmal auch nur nützlich sein würden.
Übrigens, was oft vergessen wird: Es gab auch eine"deutsche Story" während der Nazi-Zeit. Das Land schien in den 1930ern, vor Kriegsbeginn, so dynamisch... so gut organisiert... so voller Energie und Selbstbewusstsein. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es viele ausländische Intellektuelle, die das Land besuchten und mit der Überzeugung zurückkamen, dass Deutschland einen möglichen Weltkrieg gewinnen würde. Wir wissen mittlerweile, wie falsch diese Einschätzung war.
"Auch in Indien läuft vieles schief", so das Fazit der Sinologin."Aber jedes Mal, wenn ich von China nach Indien fahre, dann atme ich erleichtert auf. Denn in Indien gibt es keine Schatten, die einem folgen... keine versteckten Regeln. Indien ist verglichen mit China ein Paradies."
Beim Abschied sagte ich:"Pao mo."
"Entschuldigung?"
"Pao mo. Ist das nicht chinesisch für 'Blase' im Sinne von 'Spekulationsblase'?"
"Oh, achja... pao mo", sagte sie, und sie betonte die Worte so, dass sie nur entfernt den von mir gesagten ähnelten."Pao mo. Genau."

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