- Königreich Neapel ohne Staatsschulden? - dottore, 04.12.2003, 10:28
- Re: Staatsschulden im Königreich Neapel - Galiani, 04.12.2003, 13:51
- Oder anders herum: - Zardoz, 04.12.2003, 14:02
- Re: Oder auch so: - dottore, 04.12.2003, 14:13
- Warum Wechsel diskontieren? - Zardoz, 04.12.2003, 15:16
- Re: Warum Wechsel diskontieren? - dottore, 04.12.2003, 16:27
- Warum Wechsel diskontieren? - Zardoz, 04.12.2003, 15:16
- Re: Oder auch so: - dottore, 04.12.2003, 14:13
- Re: Dankeschön und Zusatzfrage: - dottore, 04.12.2003, 14:58
- Ich staune wieder einmal über Ihr Wissen - Galiani, 04.12.2003, 15:28
- Frage zur Größenordnung der Schulden (Kaufkraft, pro Kopf, Staatsanteil)? - mkF - McShorty, 04.12.2003, 16:09
- @McShorty: Frage z Größenordnung d Schulden (Kaufkraft,/Kopf, Staatsanteil) - Galiani, 04.12.2003, 22:14
- Vielen Dank für die ausführliche Antwort - owT - McShorty, 04.12.2003, 23:51
- @McShorty: Frage z Größenordnung d Schulden (Kaufkraft,/Kopf, Staatsanteil) - Galiani, 04.12.2003, 22:14
- Oder anders herum: - Zardoz, 04.12.2003, 14:02
- Re: Staatsschulden im Königreich Neapel - Galiani, 04.12.2003, 13:51
Re: Warum Wechsel diskontieren?
-->>Da fallen mir spontan drei Gründe ein: Ich brauche eher weniger Geld jetzt als mehr Geld später, ich traue dem Schuldner die Zahlung nicht mehr zu, ich traue dem Exekutor die Vollstreckung nicht mehr zu.
Hi Zardoz,
wenn wir den Wechsel mal genau unter die Lupe nehmen, macht er in einem Binnen-Areal so Recht keinen Sinn, weshalb er auch so gut wie ausgestorben ist. Der Wechsel ist zunächst ja nichts anderes als ein Zahlungsversprechen. Wozu muss ich mir eine Zahlung versprechen lassen, wenn ich ebensogut mit dem, was das Zahlungsversprechen auslöst (Kauf meines Abnehmers) erst dann abwickle, wenn er ready cash at hand hat. Was als cash vereinbart wird, muss natürlich klar sein, bevor es überhaupt zu Kauf/Verkauf kommt.
Wir hatten das Problem schon mal mit R.Deutsch am Wickel. Angenommen, es gäbe das Phantom"Privatgeld" wirklich, müssten beim Kauf/Verkauf diese Verträge geschlossen werden:
1. Über das Geld selbst. Beide müssen genau dasselbe meinen, also nicht der eine Geld A, der andere Geld B. Gibt es diesen Vertrag nicht, kann auch kein Preis gestellt werden.
2. Der Kaufvertrag mit Preis.
3. Der Bezahlungsvertrag (Termin, Ort der jeweiligen Leistung/Gegenleistung usw.).
Danach erst haben wir Einigung und es kann zur Übergabe kommen: Nr. 1 erhält von Nr. 2 Gut X und erhält dafür Y (kann Gut sein, kann Geld sein, kann Zahlungsversprechen sein).
Das Zahlungsversprechen (Geld später) muss nicht diskontiert werden, weil der Verkäufer genausogut Geld subito hätte vereinbaren können. Und wenn er seine Ware subito verkaufen will, aber nirgends einen mit Geld subito findet, ist das sein Problem und nicht das irgendeines anderen, schon gar nicht der Gesamtheit aller anderen (weshalb mir auch die entsprechenden Heilslehren vom"idealen Geld", das sich just dann einfindet, sobald die Ware erscheint niemals einleuchten werden - warum erscheint die Ware nicht ebenfalls später? Und wenn niemals Geld erscheint, erscheint halt auch niemals Ware [als einem anderen angeboten], und jeder bosselt das Seine für sich und die Seinen - fertig).
Das ist ja das Elend aller"Tausch"- und/oder"money proper"-Systeme, dass niemand erklären kann, wozu"Geld" gebraucht wird bzw. warum man auf dem Umweg (!) über"Geld" überhaupt zu etwas anderem kommen muss als zu dem, was man ohnehin schon hat. Aber das ist nicht das Thema hier.
Wir nehmen also schon eine"entwickelte" Geldwirtschaft an und fragen, warum der Wechsel selbst überhaupt gebraucht wird. Das liegt mE ausschließlich an der Distanz und daran, dass die Vollstreckung in das Schuldverhältnis, das auch ein Schuldschein dokumentieren könnte, schwierig wird, wenn es in die Ferne geht bzw. wenn wir verschiedene Rechts- und Vollstreckungsordnungen haben. So ist es genial, sämtliche, die auf dem Wechsel schreiben, zur Haftung zu verdonnern - bis hin zum ursprünglichen Gläubiger selbst.
Die Distanz bedeutet nicht nur Entfernung, sondern vor allem anderes Geld am anderen Ort. Deshalb heißt es ja so schön bis heute "Wechselkurs", was nichts anderes ursprünglich bedeutete, als der Kurs des Wechsels, d.h. der auf ihm notierten Summe in der einen"Währung" in der anderen und vice versa.
Da sich diese Kurse logischerweise verändern, wenn auch im Metallstandard nur sehr gering (es sei denn wir haben diverse Metallstandards, sehr schön bei Gold und Silber zu sehen, vgl. Thomas Gresham mit seiner Geldmaschine), lassen sich auch durch die Veränderung der Kurse Profite ziehen und vor allem (und das war das gigantische Geschäft der dry exchange, hinter die als erster de Roover gekommen ist) lassen sich die Kurse selbst beeinflussen - vorausgesetzt am jeweiligen Ort befindet sich cash subito in entsprechender Summe, falls jemand die Profits aus der Wechselreiterei (gemeint sind jetzt hier nicht Kellerwechsel, sondern Finanzwechsel) tatsächlich auf dem Tresen sehen will und nicht immer weiter und höher reitet.
Zwischen Handels- und Finanzwechsel kann der Außenstehende nicht unterscheiden. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass die Finanzwechsel immer wieder die Handelswechsel weit überholt haben, da man mit ihnen selbst Differenzen verdienen konnte und sich nicht auf das mühsame Geschäft des Kaufmanns verlegen musste (heute genau so: lieber Geld an Kursen verdienen und nicht mit Verkäufen). Deshalb kam's immer wieder zu den schweren"Kreditkrisen" - nämlich dann, wenn einer der Reiter vom Pferd wollte oder musste, die sich aus dem Nichtbedienen von Verpflichtungen aus Handel & Wandel allein nicht erklären lassen. Die platzenden Finanzwechsel zogen die Handelswechsel mit in die Tiefe.
Ergo? Diese ganze Diskontiererei und vor allem die Schaffung von Zentralnotenbanken als "lender of last resort" (Bagehot et al.) kommt überhaupt nicht aus der"realen" Sphäre des Wirtschaftens, sondern aus der fiktiven.
Und wieder erscheint die Wirtschaftsgeschichte in einem anderen Licht...
Schönen Dank für die Anregung + Gruß!

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