- Möllemann - Strafverfahren, Steuernachforderungen, Schadensersatzzahlungen - Trixx, 06.12.2003, 16:15
- Mölli kriminell? wenn was kriminell ist, dann das BRDDR-System - turbokriminell (owT) - Baldur der Ketzer, 06.12.2003, 16:28
- Re:Das muß so sein weil es nur so sein darf und nicht anders - Euklid, 06.12.2003, 16:40
- Möllemann - der Text und ne Meinung... - LenzHannover, 07.12.2003, 02:46
- Re: Möllemann - wieso liest eigentlich noch jemand dieses"Nachrichten"magazin? (owT) - CRASH_GURU, 07.12.2003, 08:29
- Re: Möllemann - der Text und ne Meinung... - Euklid, 07.12.2003, 10:44
- verharmlost der Spiegel??? - Pulpo, 07.12.2003, 10:52
- Mölli kriminell? wenn was kriminell ist, dann das BRDDR-System - turbokriminell (owT) - Baldur der Ketzer, 06.12.2003, 16:28
Möllemann - der Text und ne Meinung...
-->Damit es nicht verloren geht, unten der Text.
Meine Meinung:
Rechnen wir mal so: Der"Staat" kauft eine 160 GByte-Festplatte für 200 Euro (teuer), damit kann man bei brauchbarer Qualität (8 MByte pro h) rund 20.000 h Gespräch aufzeichnen. Das sind etwas über 2 Jahre VOLLSTÄNDIGE Aufzeichung!
Es gibt noch kosten für den Rechner usw. usw., nur um mal eine Hausnummer zu haben.
Wenn ich Mossad, CIA, BND oder sonst jemand wär, tät ich speichern ohne Ende, kostet ja fast nix. Abhören vor Ort wird bestimmt"einmalig" teurer. Was man dann mal daraus macht, ist ein andere Sache. Wär zumindest für die Dienste ein sehr sehr effektive Investition.
-----------------------------------------------------------------------
DER SPIEGEL 50/2003 - 08. Dezember 2003
URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,277236,00.html
Affären
Möllemanns Nachlass
Ein halbes Jahr nach dem Todessprung kommen neue Details über den FDP-Politiker zu Tage: über seine Steuerschulden, den Hang zu Verschwörungstheorien und seinen Verfolgungswahn.
Irgendwann im Mai des vergangenen Jahres, so erinnern sich Freunde, schaltete Jürgen Möllemann erst das Radio ein, ehe er zu reden begann. Und schon bald gehörte das Rundfunkprogramm zur festen Geräuschkulisse im Bungalow des ambitionierten FDP-Mannes in Münster-Gievenbeck.
Dem Hausherrn war jedoch keineswegs nach Unterhaltung - er wollte offensichtlich nur vermeintliche Lauscher, an die er fest glaubte, daran hindern, seine Gespräche mitzuhören.
Auch dass sein Telefon angezapft wurde, schien dem Mann, der einst als Vizekanzler die Republik mitregiert hatte, nur schlüssig. Zudem war er davon überzeugt, bei ihm werde in Haus und Büro eingebrochen. Dass es keine Spuren dafür gab, war für ihn eher Bestätigung. Auf eine so große Nummer, wie er eine war, glaubte Möllemann, würden eben nur Profis angesetzt. Und welche dunklen Mächte ihre besten Agenten auf ihn gehetzt hätten, wusste er auch: der israelische Mossad und die amerikanische CIA.
Jürgen W. Möllemann ist am 5. Juni in den Tod gesprungen, so wie es jetzt scheint, auch auf der Flucht vor sich selbst. Der begabte Taktiker, der abgeklärte Ehrgeizling, der kühle Provokateur - nichts davon habe mehr gestimmt in den letzten Monaten seines Lebens, glauben Freunde, Möllemann habe sich nur noch getrieben gefühlt. Offenbar hatte er ein echtes Verfolgungssyndrom.
Und lebte er noch, Möllemann würde das Nachspiel seines öffentliches Todes ganz sicher als ganz große Verschwörung bewerten. Dabei ist es nichts anderes als die nüchterne Bilanz einer ungewöhnlichen Politiker-Karriere, an deren Ende Strafverfahren, Steuernachforderungen und Schadensersatzzahlungen stehen - und das alles in einer Höhe, die das Vermögen der Familie Möllemann wohl weit übertrifft.
Und selbst die Bilanz, die die Staatsanwaltschaft Düsseldorf in der Causa Möllemann in den nächsten Tagen vorlegen will, ist wohl nur vorläufig. Denn noch am Donnerstag vergangener Woche durchsuchten Fahnder Wohnungen und Büros von zwei prominenten Möllemann-Weggefährten - Fritz Goergen, dem früheren FDP-Bundesgeschäftsführer, und dem Medienunternehmer Klaus Golombek, Chefredakteur der FDP-Postille"Forum Liberal".
Golombek steht im Verdacht, noch mehr Geld aus dubiosen Quellen an die FDP weitergeleitet zu haben, als bisher bekannt ist. Zur Finanzierung des nordrhein-westfälischen Wahlkampfs im Jahr 2000 soll er mehr als 400 000 Mark, die nach Überzeugung der Staatsanwälte von einem Konto Möllemanns in Luxemburg stammen, über seine Firmen geschleust haben. Golombek bestreitet die Vorwürfe energisch.
Neue Erkenntnisse könnten die Regressforderungen weiter in die Höhe treiben. Bisher hat der Fiskus eine mögliche Steuerschuld von drei Millionen Euro errechnet, mindestens. Es könnten auch, so ein Finanzkundiger, vier Millionen werden. Das Geld könnte nur aus dem Nachlass kommen.
Auch die FDP-Führung, das ist schon jetzt klar, wird versuchen, die von ihr zu zahlenden Strafgelder aus dem Nachlass zurückzufordern."Aus Pietätsgründen" darauf zu verzichten sei"undenkbar", sagt ein Parteioberer. Außerdem müsste über einen solchen Schritt ein Sonderparteitag entscheiden. Im günstigsten Fall sind das knapp 1,6 Millionen Euro, im schlechtesten womöglich auch 5,2 Millionen.
Doch woher soll das Geld kommen? Den Forderungen steht ein Vermögen gegenüber, das Freunde der Familie auf"zwei bis zweieinhalb Millionen Euro" schätzen. Es könnte sich vergrößern, wenn mögliche Außenstände eingetrieben werden können.
Die relative Baisse auf dem Konto lässt viele staunen. Denn die Provisionszahlungen, die Möllemann für seine Vermittlungsdienste kassierte, bewegten sich manchmal im Millionenbereich. Doch im Nachhinein erweist sich, dass viele Projekte nicht realisiert wurden - aber keineswegs, weil etwa die Geschäftspartner absprangen."Die allermeisten Dinge, die er anfing, führte er nie zu Ende", urteilt heute ein Bekannter.
Das alles sei nur damit zu erklären, so die Erkenntnis, dass es dem umtriebigen Möllemann nicht ums Geld gegangen sei. Er habe all seine Unternehmungen stets als Finanzierungsinstrument für seine politischen Ambitionen gesehen.
Dass ihm bei seinen Transaktionen am Gesetz vorbei die Parteirevisoren erst spät auf die Schliche kommen konnten, ist Möllemanns Erfindungsgeist zuzurechnen: Ab 1999 durfte der NRW-Landesverband auf sein Betreiben hin selbständig Spendenquittungen ausstellen, die Bundespartei hatte da nichts mehr zu suchen. So konnten Spuren verwischt werden.
Auch diese Altlast arbeiten Staatsanwälte und Beamte des Düsseldorfer Landeskriminalamts jetzt ab. Gegen mehr als 40 FDP-Mitglieder, die beim Legalisieren der Gelder halfen, laufen Ermittlungen. Es wird wohl Strafbefehle geben, einige Verfahren sollen gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt werden.
Über sein Finanzgeflecht zur Wahlkampffinanzierung informierte Möllemann nur die Leute, die er zur Abwicklung benötigte - aber jeden Einzelnen auch nur so weit, dass er seinen Part erfüllen konnte.
Als Möllemann kurz vor der Bundestagswahl 2002 Spezi Goergen nach Luxemburg schickte, um dort von seinem Konto bei der Bank BNP Paribas eine Million Euro zur Finanzierung des umstrittenen anti-israelischen Flyers abzuheben, wusste der Helfer wohl, an wen er sich wenden musste. Er hatte dort bereits im März 300 000 Euro abgeholt. Doch dem Finanzamt war diese Geldquelle nicht bekannt. Bei der Bank hatte Möllemann bereits Mitte der achtziger Jahre ein Privat- und ein Geschäftskonto eingerichtet, Letzteres hätte er damals als Staatsminister im Auswärtigen Amt gar nicht gedurft.
Als Goergen am 13. September 2002 in der Bank auftauchte, musste er warten. So viel Bargeld war nicht vorhanden, es musste erst herbeigeschafft werden. Dann bekam er die Knete - in vier Päckchen, die er nach Münster schaffte.
Tags darauf übergab Möllemann seinem langjährigen Vasallen Hans-Joachim Kuhl exakt eine Million -"vier von einem Geldinstitut zu je 250 000 Euro abgepackte Päckchen in 500-Euro-Scheinen", wie Kuhl kürzlich zum ersten Mal vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einräumte. Das Geld wurde dann gestückelt auf das FDP-Konto eingezahlt, um den Eindruck zu erwecken, es sei von vielen Unterstützern gespendet worden. Ein System, das bereits im Wahlkampf 2000 erprobt worden war, ein kriminelles System.
Schon bald brannte es an allen Ecken und Enden. Doch noch immer, berichten diejenigen, die sich jetzt mit dem Nachlass beschäftigen, habe Möllemann geglaubt, die Lage allein beherrschen zu können. Auch gegenüber engsten Weggefährten habe er die Wahrheit nur scheibchenweise zugegeben, selbst was seine persönliche Verfassung anging:"Wenn er mal mit der ganzen Sache herausgerückt wäre, hätte man ja vielleicht noch etwas machen können."
Stattdessen erging er sich in Verschwörungstheorien."Eine Schweinerei" nannte er die Meldung der Barabhebung durch einen Bankmitarbeiter, die schließlich zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens hier zu Lande führte (SPIEGEL 47/2002). Möllemann beschwerte sich bei der Geschäftsführung massiv und erreichte, dass diesem Mitarbeiter gekündigt wurde - erzählte er jedenfalls. Und für das Motiv des korrekten Angestellten hatte er eine Erklärung parat, die in sein neues Weltbild passte:"Jüdisch" sei der Banker gewesen, vertraute Möllemann einem Freund an.
Wie tief er sich schließlich in die vielen losen Enden, die er gelegt hatte, verheddert hatte, bemerkte kaum einer in seinem Umfeld. Nicht einmal, als er den Unfall einer seiner Töchter, auf deren Auto ein unachtsamer alter Mann aufgefahren war, als"eine Warnung" derer interpretierte, die ihm angeblich nach dem Leben trachteten.
Die Sorge um sein Leben äußerte er wiederholt gegenüber Freunden. Erst zurückhaltend, dann, im Frühjahr 2002, immer ernsthafter und offensiver. Im Mai habe er sogar einem Anwalt einen Umschlag übergeben, den dieser erst nach seinem Tod öffnen sollte.
In dieser Grundverfassung sorgten schon Kleinigkeiten für Niedergeschlagenheit - etwa die Tatsache, dass sein Buch"Klartext" nur dreimal in der SPIEGEL-Bestsellerliste geführt worden war.
Am 5. Juni, 30 Minuten nach Aufhebung seiner Immunität, stürzte Möllemann in den Tod. Sein Buch, dessen Misserfolg er beklagt hatte, blieb danach sieben Wochen auf der Bestsellerliste. Das Honorar kommt dem Nachlass zugute.
GEORG BÃ-NISCH, CORDULA MEYER, BARBARA SCHMID

gesamter Thread: