- @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - JoBar, 10.12.2003, 16:46
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - FOX-NEWS, 10.12.2003, 17:29
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - dottore, 10.12.2003, 17:37
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - JoBar, 11.12.2003, 14:23
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - Galiani, 11.12.2003, 00:55
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - dottore, 11.12.2003, 15:27
- Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung? - FOX-NEWS, 10.12.2003, 17:29
Re: @dottore Weist"Macht" in"Macht-Theorie" nicht eine verkehrte Richtung?
-->Hi,
dazu gern:
>Irgendwo schreibt Hayek im Kontext der Entstehung des Proletariates sinngemäß:
>Vor der Industrialisierung konnte nur der überleben, der von seinen Vorvätern ein bebaubares Land und Werkzeuge zu dessen Bearbeitung übernommen hat. Frage: Wo kommt dabei die Macht vor? (Gab's vor dem 18. Jh. überhaupt keine Macht? Das wäre doch eine lächerliche Annahme.)
Von den Vorvätern wurde zunächst nur die Leibeigenschaft bzw. Grundabhängigkeit geerbt. Wurde - nach entsprechenden Auseinandersetzungen mit dem Ziel der"Befreiung" von den damit verbundenen, erzwungenen Leistungen - privates Eigentum der Menschen an sich selbst (Bauernaufstände,"Stadtluft macht frei" usw.) und an Grund und Boden bzw. Sachen ("privates Eigentum") von den Machthaltern zediert, kann der Sub-Machthalter jetzt mit sich selbst und seinem Unter-Eigentum wirtschaften. Die dazu erforderlichen Umstände (Besicherung, Vollstreckung) belassen die Obermacht weiterhin im Spiel.
>Mit der Industrialisierung entsteht das sog. Proletariat als Bevölkerungsschicht, die früher zu einem frühen Tod (durch Verhungern) verurteilt gewesen wäre. Wer ist nun die Macht? Der Staat oder der Kapitalist?
Das Proletariat entstand nicht durch die Industrialisierung, sondern durch die Übertragung des Rechts (Eigentum) an der eigenen Person (Bauernbefreiung usw.). Im Kapitalismus stehen sich letztlich zwei Sub-Mächte gegenüber: Der Sub-Eigentümer an Grund und Boden und den darauf zu errichtenden Anlagen (Kapitalist) und der Sub-Eigentümer an der eigenen Person (Lohnarbeiter). Warum der Kapitalist im Vorteil ist, muss nicht groß erklärt werden: Der Lohnarbeiter muss sich zwar genauso erhalten wie der Kapitalist, er hat aber den Nachteil, aufgrund fehlenden Sub-Eigentums an Grund und Boden dem Sub-Eigentümer daran schon deshalb unterlegen zu sein, da er sich auf etwas aufhalten muss, was ihn dem Sub-Eigentümer an Grund und Boden zinspflichtig macht.
Die Ober-Macht sorgt dafür, dass dieser Zins (Boden"rente", Mietzins) vollstreckt wird.
>Schließlich: Die höheren Erträge durch die Verwendung von Maschinen erlauben es dem Kapitalisten erstmals in der Geschichte, zu investieren, (um noch mehr Gewinn zu machen) und - als Nebeneffekt - Leute anzustellen. Wer repräsentiert die"Macht" für den Kapitalisten? (Na endlich! Der Staat! [img][/img] )
Richtig. Der Staat besichert das Sub-Eigentum des Boden- bzw. Kapital-Halters und exekutiert die zwischen diesen Sub-Eigentümern zu Stande kommenden Kontrakte, sofern sie nicht termingemäß ("wie vereinbart") erfüllt werden. Dies gilt selbstverständlich auch für die Kontrakte zwischen Kapitalisten und Lohnarbeitern (sog."Arbeitsteilung").
>Du hast Recht: Die"Macht" ist wahrscheinlich gar kein operationeller Begriff. Deshalb ist es auch für dottore relativ einfach, diesen"schwammigen" Begriff, ständig blitzartig neuen Fragestellungen anzupassen.
Es ist ein operationaler Begriff. Macht bedeutet, bewaffneten Zwang in Krieg und Frieden gegen Menschen sanktionsfrei einsetzen zu können. Der das vollziehen kann, ist der jeweilige Machthalter.
Da der bewaffnete Zwang zu abnehmenden Erträgen führt (diseconomies of scale), was den jeweiligen Machthalter gefährdet und ihn der Gefahr von Sanktionen aussetzt (Machtverlust, Umsturz, Rache, usw.), muss er immer weitere Teile seiner Macht abtreten (zedieren), vornehmlich das zunächst im allein zustehende Eigentum an Personen und Sachen sowie an Machterträgen (Abgaben) im von ihm und seiner Macht-Clique unterworfenen Machtareal: Bauernbefreiung, Entlassen der"Untertanen" (F. Galiani) aus Leibeigenschaft und Grundherrschaft oder aus Sklaverei, Erlaubnis zum Privateigentum, Erlaubnis zum indirekten Abgabeninkasso über Staatsverschuldung - eben alles was unter Privilegien zusammenzufassen ist.
Mit Hilfe der Privilegierungen (Teil-Macht-Zessionen) sichert sich der Machthalter seine Ober-Macht: Obereigentum an Menschen, die zu Diensten aller Art verpflichtet bleiben wie Wehrdienst, persönliche Steuerpflicht über Einkommensteuer, u.a.; Obereigentum an Grund und Boden (Grundsteuer, Zustimmung zu Eigentumsübertragungen zwischen den Privaten, Besteuerung dieser Übertragungen in Form von Eigentumswechselsteuern, zu denen auch die sog. Verbrauchsteuern zählen); Obermacht über das Abgabenwesen insgesamt (jederzeitige Möglichkeit, die Abgabensätze zu verändern); Obermacht über das Geldwesen (Bestimmung, was als GZ zu gelten hat); Obermacht über das Waffenwesen (insbesondere Kriegswaffen).
Kennzeichen der Obermacht ist die sog. "Souveränität", die sich schon vom Wort selbst her als ultimative und selbst nicht mehr zedierbare Form der Macht über das Machtareal erklärt.
Ist der Reigen der überhaupt möglichen Zessionen, Privilegierungen, Abtreten von Rechten usw. abgeschritten, d.h. sind keine Bildungen von Unter-Macht mehr möglich ("alle sind frei","alles Eigentum 'privatisiert'", usw.), wird die den bewaffneten Zwang ausübende Macht von ihren diseconomies of scale eingeholt, auch wenn sich auf den einzelnen Stufen der Zession nach der Zession zunächst immer die allseits bekannten"positiven" Auswirkungen ergeben. Es kommen dann:"Abstieg", zunehmender Widerstand der"Untertanen", Leistungsverweigerung, politische Unzufriedenheit, um sich greifende"Systemkritik", Stagnation,"Verelendung" usw.)
Die Macht scheitert auch auf ihrer letztmöglichen Stufe ("freiheitliche, demokratische Grundordnung" mit sanktionsfreiem Machthalterwechsel über"freie Wahlen" usw.) an ihrem ursprünglichen Widerspruch: Der Zwang ist mit der menschlichen Natur nicht vereinbar.
Das müsste doch jedem"Freiheitlichen" Balsam sein!
Gruß!

gesamter Thread: